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Freiheit und Sicherheit

Ende des Pandemiejahres 2020 ist es angebracht, einige Gedanken und Worte über die traurigen Geschehnisse zu verlieren. Zuerst ist es mir auch ein Anliegen, jenen Menschen zu gedenken, die Leid und Tod erfahren haben.

Ja, es hat uns alle kalt erwischt und ja, wir haben gesehen, wie unvorbereitet wir waren. Wir, das sind die Bürgerinnen und Bürger, die Wissenschaft, die Verwaltungen, das Gesundheitssystem, die Privatwirtschaft, die Parlamente und die Regierungen.

Begonnen hat alles als Gesundheitskrise, darauf folgten in kurzen Abständen die Wissenschaftskrise, die Arbeitsmarktkrise, die Wirtschaftskrise, die psychologische Krise und eine umfassende Gesellschaftskrise, in der wir nach wie vor stecken.

In Italien und auch in Südtirol war es so, dass zu Beginn die Insassen der Seniorenwohnheime am stärksten von der Corona-Krankheit betroffen waren und ehe wir uns versahen, wurden auch wir Bürgerinnen und Bürger zu Insassen. Der italienische Lockdown im Frühling hatte es in sich, die Maßnahmen waren einschneidend und eine Gesellschaft, die auf Freiheit, Verantwortung und Toleranz gründet, sah sich über Nacht Teile ihrer Freiheit beraubt. Wir wurden zu Insassen unserer Wohnungen und Häuser.

In der anfänglichen Chaosphase sehnten sich wohl viele nach Sicherheit und nahmen die heimatliche Klausur in Kauf. Erst nach und nach kamen Stimmen auf, die Zweifel an den einschränkenden Bestimmungen vorbrachten: verfassungsrechtliche, politische, wirtschaftliche und prinzipielle Fragen wurden aufgeworfen. Antworten gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine, erst jetzt beschäftigen sich Gerichte, Philosophen, Journalisten und Bürgerinitiativen intensiv damit.

Während der Lockdown im Frühling irgendwie hingenommen und schließlich mit vielen Entbehrungen überwunden wurde, traf der zweite Lockdown auf eine verletzte Volksseele: gestresste Familien, verängstigte Kinder, unglückliche Jugendliche, verunsicherte Arbeiterinnen und Angestellte, lautstark fordernde Unternehmer und zaudernde Regierungen haben ein Klima des Misstrauens erzeugt.

Je länger die Pandemie andauert, desto häufiger melden sich Menschen zu Wort, die nicht mehr bereit sind, auf ihre Freiheiten zu verzichten. Bewegungsfreiheit und Freiheit der sozialen Kontaktaufnahme sind neben Meinungsfreiheit eben auch starke Säulen unserer liberalen Demokratie. Die Regierungen nehmen das mittlerweile auch zur Kenntnis und sind in der Formulierung der Verordnungen wesentlich vorsichtiger geworden. Der Grat zwischen Freiheit und Sicherheit ist sehr schmal und dieser muss wohl in solchen Krisenlagen von Tag zu Tag neu erklommen werden.

Wir alle hatten bisher wenig Ahnung, was eine Epidemie so anrichten könne. Liegen doch die spanische Grippe bereits 100 Jahre, die letzte Pest in Europa gar über 300 Jahre zurück. Das heißt aber nicht, dass internationale Organisationen wie die WHO und die EMA oder staatlichen Gesundheitsorganisation Epidemien nicht auf ihrer Agenda hatten. Das hatten sie sehr wohl, völlig neu war aber die rasante Ausbreitungsgeschwindigkeit der Krankheit in einer globalen Welt, wo zu jedem Zeitpunkt mehrere Millionen Menschen in Flugzeugen in der Luft herumreisen (die Einwohner eines kleinen Landes befinden sich permanent in der Luft). Nicht die Krankheit selbst war also das Neue, sondern eine noch nie dagewesene Ausbreitungsgeschwindigkeit hat alle überrascht.

Die Wissenschaft wird daraus lernen, die öffentlichen Gesundheitssysteme erleben hoffentlich ein Revival, es wird neue Frühwarnsysteme geben und zwei bis drei Generationen wissen nun, dass im Notfall die AHA-Regel zu gelten hat. Aber all die neuen Erkenntnisse und Vorbeugemaßnahmen werden beim derzeitigen Lebenswandel nicht verhindern können, dass es früher oder später zur nächsten Epidemie oder gar Pandemie kommen wird. Nach Corona ist vor Corona und daher ist es strategisch notwendig, das öffentliche Gesundheitssystem stetig auszubauen. Neoliberale Sparpolitik und Privatisierungen haben sich als totaler Reinfall erwiesen.

Die Massentestung in Südtirol wurde von der Landesregierung als großer Sicherheitscoup lanciert. Hinter vorgehaltener Hand wurde Anfang November gesagt, damit würde die Inzidenzrate bereits Anfang/Mitte Dezember auf unter 50 gedrückt und sowohl das Weihnachtsgeschäft als auch der Pistenzauber könnten ungehindert florieren. Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich und die Grüne Fraktion waren für diese Aktion, weil auf jeden Fall ein Erkenntnisgewinn  zu erwarten war.

Was ich aber stark bemängle, ist die unredliche Kommunikation in dieser Sache: die Landesregierung ging nämlich von der These aus, dass mit dem Massenscreening über 30.000 Infizierte abgeschöpft und isoliert würden und dass es so gelingen könnte, Dezembershopping und den Weihnachtstourismus zu retten.

Das 30.000iger Ziel wurde mit gut 3000 Infizierten bei weitem verfehlt und so gesehen war der ganze millionenteure Aufwand ein Schlag ins Wasser. Um dieses Fiasko zu vertuschen, haben dann Landeshauptmann und Landesregierung die sehr gute Beteiligungsrate und die logistische Höchstleistung der Verwaltung gebetsmühlenartig als Erfolg verkauft. Beides ist zutreffend, aber der ursprüngliche Zweck der Massentestung war die Rettung des Weihnachts- und Wintergeschäftes.

Auch dieser Zweck ist legitim, aber dann hat die Bevölkerung das Recht, von Anfang an reinen Wein eingeschenkt zu bekommen. Immerhin sind für die Massentestung viele Millionen Steuergelder verwendet worden. Vertrauensbildende Maßnahmen schauen anders aus, redliche Kommunikation übrigens auch.

Die multiple und die institutionelle Krise

Neben der multiplen Corona-Krise, darf die durch die Regierungen verursachte Krise der Grundrechte nicht vergessen werden. In der ersten Phase nach dem massiven Ausbruch der Krankheit musste zuallererst das Feuer gelöscht werden. Alle Regierungen in Europa konnten nur auf Sicht segeln und mussten sich von Tag zu Tag neu orientieren. Und das nach bestem Wissen und Gewissen.

Was in dieser Phase von vielen Regierungen und auch von der Landesregierung völlig vernachlässigt wurde, ist die Einbeziehung der Parlamente und des Landtages. Immer wieder blickte ich neidvoll nach Rom, wo Ministerpräsident Conte viel öfters im Parlament Rede und Antwort stand als es der Landeshauptmann hier im Landtag tat.

Zwei schiefe Ebenen

Eine Krise deckt auf, was so im Verborgenen liegt. Bei uns hat sich jedenfalls eine schiefe Ebene eingestellt, wo sich die Exekutive oben festkrallte und die Legislative unten den eigenen Absturz verhindern musste. Dieses Bild und die damit zusammenhängende Dynamik ist einer liberalen Demokratie nicht würdig und darf sich in dieser Form nicht mehr wiederholen.

Eine zweite schiefe Ebene konnte beobachtet werden: während die Wirtschaftsverbände einen direkten Draht (ein rotes Corona-Telefon) zu Landeshauptmann und Landesregierung hatten, hatten es Sozialverbände ungleich schwerer Kontakt aufzunehmen und Umweltschutzverbände spielten überhaupt keine Rolle. Das ist einseitiges, unfaires und ungerechtes Regieren.

Wissenschaftskrise

Aber auch die Wissenschaft als Institution schlitterte in eine Krise, sie war der Wucht des Corona-Aufpralls nicht gewachsen. Anfangs mussten sich auch etablierte Institute immer wieder neu ausrichten, was den Regierungen die Entscheidungsfindung nicht unbedingt erleichterte. Erst mit der Zeit bekamen Einrichtungen wie das Istituto Superiore di Sanitá oder das Robert Koch Institut wieder festen Boden unter den Füßen und konnten den Regierungen wirksame Hilfestellung anbieten.

Alte Herausforderungen bleiben trotz Corona bestehen, neue kommen hinzu

Trotz Corona-Krise bleiben uns ja die regionalen und globalen Herausforderungen erhalten. Die Erderhitzung schreitet voran, die Biodiversitätskrise wird in Südtirol von der Landesregierung nach wie vor nicht ernst genommen, der europäische Wohlfahrtsstaat bekommt Risse und Südtirol ist nicht auf eine aktive Arbeitsmarktpolitik vorbereitet.

Ich sehe im Haushalt keine Ansätze für eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Wie schwer die Corona-Krise den Arbeitsmarkt schlussendlich treffen wird, kann wohl niemand zum jetzigen Zeitpunkt sagen. Corona wird aber Verwerfungen erzeugen, auf die die Landespolitik überhaupt nicht vorbereitet ist. Das ist zwar verständlich, aber vollkommen unverständlich ist die momentane Nicht-Reaktion darauf: es kann arbeitslose Erwachsene geben, die mit Konzept umgeschult werden müssen, es kann junge Menschen geben, die den Einstieg in die Arbeitswelt nicht schaffen, der Südtiroler Arbeitsmarkt nach Corona wird wahrscheinlich anders ausschauen als davor. Dafür braucht es neue Konzepte, dafür braucht es einen aktive Arbeitsmarktpolitik.

Die Erderhitzung schreitet voran

Der vorliegende Haushalt lässt bezüglich Maßnahmen gegen die Erderhitzung wenig Fortschrittliches erahnen: die Geldmittel für die Umweltpolitik wurden halbiert. Wie sollen wir auf diese Weise den CO2 Ausstoß der Gebäude drastisch verringern? Wie sollen wir auf diese Weise Verkehr vermeiden? Wie sollen wir die Methan- und Lachgasemissionen in der Landwirtschaft reduzieren?

Bei der Sanierung von Gebäuden kommt uns der Staat mit seinem Superbonus 110% zu Hilfe. In der Haushaltsrede ist angeführt, dass vermehrt mit Holz gebaut werden soll. Das ist ein wichtiger Ansatz und wird von uns voll unterstützt. Darüber sind auch andere nachwachsende Baustoffe wie Hanffasern oder Stroh zu forcieren. Alles besser als die unglaublichen Betonmengen, die in den vergangenen Jahren und wohl auch in den kommenden verbaut werden. Beton ist aus technischer Sicht ein toller Baustoff, aus der Sicht der CO2-Emissionen aber eine reine Katastrophe.

Bezüglich Verkehrsvermeidung oder Verkehrsreduzierung sei angemerkt, dass die Geldmittel im Haushalt 2021 für den Bau von Straßen, Brücken, Unterführungen und Tunnels mit 120 Mio. Euro um ein Vielfaches höher sind als das Umwelt- und Naturschutzbudget mit rund 30 Mio. Euro. „Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten.“, das wissen wir seit über 20 Jahren, als Professor Knoflacher uns den Unterschied zwischen Mobilitäts- und Verkehrskonzepte erklärte. Diese Infrastrukturpolitik steht doch im klaren Gegensatz zur Klima- und Umweltpolitik. Es kann doch nicht sein, dass im Jahr 2021 mehr Geld für Straßenbau zur Verfügung steht als in den Jahren zuvor..

Es findet sich auch kein Hinweis, wie die Landesregierung die Reduktion der Emissionen aus der Milch- und Viehwirtschaft angehen will. Südtirol importiert derzeit über 50% des Futterbedarfs für den Viehbestand, das heißt nicht nur, dass wir landesweit eine Überdüngung der Wiesen haben, sondern auch, dass die Super-Treibhausgase Methan (20 x CO2) und Lachgas (300 x CO2) überproportional ausgestoßen werden. Wenn die Landesregierung die Landwirtschaft nicht in ihre Klimapolitik aufnimmt, werden die Klimaziele nie und nimmer erreicht werden können.

Biodiversität ist mehr als ein Modewort

Die Biodiversitätskrise wird von dieser Landesregierung überhaupt nicht ernst genommen. Klägliche 7 Mio. Euro stehen für den Natur- und Landschaftsschutz zur Verfügung, das sind ein Promille oder ein tausendstel des Haushaltes. Der Weltbiodiversitätsbericht 2019, der Biodiversitätsbericht der Europäischen Umweltagentur, nationale Biodiversitätsberichte und die Berichte von hiesigen Ökologinnen und Ökologen zeigen hinlänglich auf, wie schlimm es um die Biodiversität in Europa und auch in Südtirol bestellt ist. Der Artenschutz wird vollkommen vernachlässigt, nicht nur in der mangelhaften Zuteilung der Geldmittel sondern auch in der personellen Ausstattung der Ämter. Der Artenschutz ist bei dieser Landesregierung vollkommen unten durch.

Die Ökowende zum Schutz der Artenvielfalt kann nur durch Einbeziehung der Landwirtschaft gelingen. Der Intensiv-Obstbau mit dem Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden, mit der Bepflanzung des letzten Quadratmeters und mit den technischen Stütz- und Schutzwerken muss endlich in die Pflicht genommen werden.

Die Agrios-Richtlinien sehen seit Jahren vor, dass es ökologische Ausgleichflächen von 5% der Betriebsfläche braucht. Diese Ausgleichsflächen gibt es kaum, sie bestehen höchstens auf dem Papier. Die Ausgleichsflächen müssen aber auch funktional sein, das heißt ein Heckenspalier genügt einfach nicht. Hierzu braucht es Geld, auch viel Geld um die Landwirte bei dieser Mini-Ökologisierung zu helfen. Das Land Tiro nimmt beispielsweise jährlich 22 Mio. Euro für umweltgerechte Landwirtschaft in die Hand.

Aber auch die Viehwirtschaft muss ihren Beitrag leisten. Auch hier wird das Land Geld in die Hand nehmen müssen, um den Unfug der Gülleausbringung auf Bergwiesen endlich Einhalt zu gebieten. Der Autor Oswald Stimpfl (schreibt Wander- und Landschaftsführer) hat vor kurzem sein Entsetzen über die dicke Gülleschicht auf den Lärchenwiesen am Salten geäußert. Er hat sich damit buchstäblich einen Shit-Storm eingebrockt.

Auch heuer wieder wurden mir Fotos von den zugegüllten artenreichen Verlui-Bergwiesen in Graun und von artenreichen Bergwiesen in Rojen geschickt. Daraufhin habe ich die Forstbehörde kontaktiert und hingewiesen, dass diese Praxis laut Naturschutzgesetz verboten ist, weil der Artenreichtum binnen 4 Jahren zerstört wird. Bereits vergangenes Jahr habe ich Landesrätin Hochgruber Kuenzer und Landesrat Schuler auf diese rechtwidrige Ausbringungsmethoden schriftlich hingewiesen. Passiert ist nichts, einfach nichts. Die Mitglieder der Landesregierung missachten die Landesgesetzte. Ja geht´s noch?

Es will mir einfach nicht in den Kopf, dass das reichste Land weit und breit nicht in der Lage ist, seine Hausaufgaben in puncto Artenschutz zu machen. Es will mir einfach nicht in den Kopf, dass ein Land, das tagtäglich mit Natur und Landschaft wirbt, nichts aber schon rein gar nichts für aktiven Artenschutz unternimmt. Und es will mir einfach nicht in den Kopf, dass diese Landesregierung keinerlei Verantwortung für die Allerschwächsten in unserer Biosphäre übernimmt.

Mit den Allerschwächsten meine ich wildlebende Pflanzen, wildlebenden Insekten und wildlebende Tiere. Und wenn ihnen geschätzte Mitglieder der Landesregierung der Artenschutz aus ökologischer Sicht schon nichts bedeutet, dann schützen sie doch bitte aus ihrer christlich-sozialen Tradition heraus die unterdrückten Geschöpfe. Papst Franziskus zeigt sich in „Laudatio si“ sehr besorgt über den zerstörenden Umgang mit wildlebenden Pflanzen und Tieren.

Der New Green Deal: zwischen Hoffen und Bangen

  • IST-Situation: Extensivierung / Intensivierung
  • SOLL-Situation: European Green Deal
    • Biodiversitätsstrategie
    • Farm to Fork Strategie
  • GAP wäre das Instrument gewesen, konservative Weiterführung zum Nutzen der Großgrundbesitzer und der Agrarlobby. Kleinstrukturierte Landwirtschaft wird;

Bildung in der Krise – Bildungskrise

Die Lehrpersonen warten seit Jahren auf den Landeszusatzvertrag, diesen Vertrag nicht zu machen ist ein gewaltiger Vetrauensbruch. Es geht nicht nur um den Lehrkörper sondern schlussendlich geht es um die Bildungspolitik, um die Zukunft der Bildungspolitik. Welche zukünftige Gesellschaft wollen wir gestalten? Welche sozialen Kompetenzen wollen wir vermitteln? Welche Werte wollen wir vermitteln? Welche technischen Kompetenzen wollen wir vermitteln (MINT)? Dazu gibt es keinen politischen oder gesellschaftlichen Diskurs, es gibt kein Ziel und keine Strategie sondern es wird weitergemacht wie bis hierher aber kosten soll es weniger. Wo bleibt die Bildungsvision, wo sind die Bildungsziele? Während heuer aus dem Coronatopf 30 Mio. Euro für die Tourismuswerbung locker gemacht wurden heißt es im Bildungswesen sparen, sparen, sparen.

Die Pensionierungswelle baut sich immer steiler auf und die Landesregierung erzeugt parallel dazu mit ihrer Verhandlungsstrategie Frust bei den Lehrerinnen und Lehrern.

Wo bleibt das Employer Branding für das Bildungswesen? Die Schulen müssten von innen heraus Attraktivität ausstrahlen. Dann werden sie auch zukünftig als Arbeitsplatz interessant bleiben. Es kann doch nicht sein, dass die Menschen, die sich tagtäglich mit 75.000 Schülerinnen und Schülern beschäftigen, nicht genauso großzügig behandelt werden wie die Führungskräfte des Landes. Die Führungskräfte werden ordentlich bezahlt, das muss auch für das Bildungs- und Sanitätswesen gelten.

  • Bildungswesen, wo über 95% der Geldmittel in das Personal investiert werden;
  • Investitionen nicht Kosten: Gute 15% des Landeshaushaltes sind für das Recht auf Bildung vorgesehen, das sind etwas weniger als eine Milliarde Euro. Viel Geld, keine Frage. International werden die Bildungsbudgets untereinander verglichen, indem entweder deren Anteil am BIP errechnet wird oder indem die Bildungsausgaben pro Einwohner oder pro Schülerin/Schüler ermittelt werden. Es zeigt sich dabei, dass Südtirol mit Bildungsausgaben von ungefähr 4,1% vom BIP im Vergleich zu Deutschland (4,5%), Österreich (5,4%) und der Schweiz (5,1%) relativ schlecht abschneidet.
  • Umgerechnet auf Einwohner oder Schüler ergibt sich ein ähnliches Bild. Südtirol liegt im hinteren Mittelfeld. Was passiert hier?
  • „Petition Lehrerwunderland“ ist mit 3000 Unterschrift Ausdruck einer Bildungskrise, die starken Schul-Gewerkschaften sind offensichtlich auf dem Weg der Sozialpartnerschaft nicht in der Lage, die öffentliche Delegation und somit die Landesregierung von den Bedürfnissen des Lehrpersonals zu überzeugen. Es entwickelt sich eine Art „außersozialpartnerschaftliche“ Opposition, die an Bedeutung zunimmt.
  • Es gibt so viele eindeutige Zeichen, dass die Landesregierung beim Lehrpersonal (aber nicht nur dort) den Bogen zu überspannen droht, oder vielleicht schon überspannt hat.

Antizyklisches oder doch zyklisches Agieren? Die Investitionsstrategie

Zitat aus meiner Haushaltsrede 2020: „Aber nehmen sie doch Geld aus dem überbordenden Investitionsvolumen und stecken es jetzt in die Entwicklung des öffentlichen Dienstes, es sind so viele Bereichs- oder Landeszusatzverträge offen: Lehrerinnen und Lehrer, Krankenpflegerinnen, Pflegekräfte sowie die Bediensteten der Gemeindestuben und der Landesämter. Machen Sie es jetzt.“

Seit ich in diesem Landtag sitze, höre ich von den Wirtschaftsvertretern bei den Debatten zum Haushalt, zum Nachtragshaushalt und zu den Haushaltsänderungen die immer gleich lautende Botschaft, der Landeshaushalt müsse die Investitionen erhöhen und die Fixkosten senken.

Dieses Credo kommt aus den Reihen jener Landtagsabgeordneten, die in irgendeiner Form ein Naheverhältnis zu den Wirtschaftsverbänden haben. Es hat den Anschein, als ob die Wirtschaftsbünde eine gemeinsame Strategie entwickelt hätten, sich den Landeshaushalt zurechtzulegen, um die Investitionsgelder abzuschöpfen.

In erster Linie sind öffentliche Haushalte in Europa dazu da, das Gemeinwohl und den Wohlfahrtsstaat zu finanzieren. Also jene Bereiche des öffentlichen Lebens, die allen Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes zugute kommen: Die Öffentliche Verwaltung mit ihren unglaublich vielen Aufgaben (Berufsfeuerwehr bis Wohnbau, Arbeitsvermittlung bis Straßendienst, Berufsberatung bis Wildbachverbauung usw.) das öffentlich finanzierte Gesundheitssystem (vom Prinzip her, das beste aller Systeme bezogen auf die Kosten und bezogen auf Leistungen), der Pflegebereich (mit den anwachsenden Herausforderungen) und der Bildungsbereich. Diese Bereiche sind in der Haushaltsplanung zuerst großzügig zu dotieren, weil alle Menschen davon profitieren. Erst anschließend kommen das Investitionsprogramm und die Transferzahlungen für Investitionen.

Für Investitionen bringt sogar dieser besondere Haushalt rund 17% der Gesamtausgaben auf, vergangenes Jahr waren es sogar 20%. Das bedeutet, dass wir jährlich deutlich mehr Geld für Investitionen als für Bildung ausgeben. Dies ist für sich allein zwar interessant, hat aber – so redlich möchte ich auch sein – keine besondere Aussagekraft.

Im Vergleich mit ähnlichen Volkswirtschaften stellt sich aber über den Daumen gepeilt heraus, dass Südtirol mit der jährlichen Investitionsquote im Spitzenfeld liegt. Bezogen auf ihre öffentlichen Haushalte liegen die Investitionsquoten bei rund der Hälfte, also so um acht Prozent. Besser eignet sich der internationale Vergleich bezogen auf das BIP: während bei uns die Investitionsquote bezogen auf das BIP bei rund 5% liegt, kommen Deutschland und Österreich auf 2 – 3%. Was nun besser oder schlechter ist, müsste noch vertieft werden und kann ich hier und heute nicht sagen.

Aber zwei Erkenntnisse ergeben sich trotzdem:

Erstens: Deutschland und Österreich, vermutlich auch die Schweiz investieren mehr Geld in die Bildung als in die Investitionsausgaben.

Zweitens: Die DACH-Staaten investieren anteilsmäßig mehr Geld in die Bildung als es Südtirol macht.

Wenn diese meine Analyse einigermaßen richtig ist, lässt sich damit auch das Brodeln im Bildungsbereich gut erklären. Wir sind bildungspolitisch gesehen keine Vorzugschüler sondern wohl eher Hinterbänkler.

Die Zwischenbilanz (die großen Fragen harren auf Antworten)

Ja, es ist schwer, mit diesen neuen Rahmenbedingungen den Haushalt zu schnüren. Alle Interessengruppen wollen mehr, haben Angst zu kurz zu kommen, sind vielleicht auch hektisch oder gar hysterisch. Ich beneide die Regierung nicht. Es wird an allen Ecken und Enden gezogen und gezerrt, es wird lautstark gefordert und wahrscheinlich unter der Hand auch gedroht. All das ist bei Gott nicht einfach.

Corona hat viele Tragödien verursacht, Corona hat viele Schwierigkeiten geschaffen, aber Corona hat auch viele Menschen zum Nachdenken gebracht. War die maßlose Überhitzung der Wirtschaft wirklich positiv? War der Alltagsstress nicht des Guten zu viel? Plötzlich nahmen viele Menschen im Lockdown die Natur wieder wahr, Stille, Rehe am Waldesrand, keine Kondensstreifen am Himmel, bessere Luftqualität oder Nachbarn, die Gemüse über den Gartenzaun reichten oder sich gegenseitig aushalfen. Das sind schöne Zeichen der Mitmenschlichkeit und hie und da hörte ich die Aussage, weniger kann auch mehr sein.!

Die großen Herausforderungen bleiben trotz Corona bestehen. Die Europäische Kommission hat nach Fridaysforfuture ein Leuchtturmprojekt mit dem European Green Deal ausgearbeitet. Das war ein starkes Zeichen. Die alte Dame Europa geht wieder einmal voraus, Europa will Maßstäbe setzen. Europa hat endlich verstanden, dass es eine Klima- und Biodiversitätskrise gibt. Allerdings und das muss gesagt werden, hat die Agrarlobby mit tatkräftiger Unterstützung des SVP-Europa-Parlamentariers Herbert Dorfmann, Urusla von der Leyen und Frans Timmermans einen Riegel vorgeschoben.

Deshalb möchte ich abschließen mit dem „Prinzip Verantwortung“.

Verantwortung: Erderhitzung und Klimawandel. Jeder muss seinen Teil dazu beitragen, der Verkehr, das Bauen, die Landwirtschaft, das Heizen, die Industrien. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Landesregierung den Mainstream erkannt hat aber der neue Klimaplan (refresh) lässt immer noch auf sich warten. „Warten“ heißt manchmal auch auf die lange Bank schieben.

Verantwortung: Biodiversität, das ist eine reale Gefahr. Die meisten Menschen bekommen den Verlust an Artenvielfalt nicht wirklich mit. Das ist kein Vorwurf, sondern eine Feststellung. Die Wissenschaft hingegen weist seit Jahrzehnten auf diese massive Krise hin und es liegt in der Verantwortung der Politik, diese Krise wahrzunehmen, sie zu vertiefen, zu übersetzen, die Menschen zu sensibilisieren und gegen die starken Widerstände von Interessengruppen trotzdem Umweltpolitik zu machen. Da passiert einfach gar nichts.

Verantwortung: Zur Aktiven Arbeitsmarktpolitik gibt es nicht viel zu sagen: es gibt einfach keine Spur davon. Ich habe auch Verständnis dafür, ein Land der Vollbeschäftigung (und das seit Jahrzehnten) musste sich nicht mit aktiver Arbeitsmarktpolitik auseinandersetzen. Aber jetzt, jetzt unter geänderten Vorzeichen ist damit ganz dringend zu beginnen. Heuer wurden beträchtliche Geldmittel für die passive Arbeitsmarktpolitik in die Hand genommen und wahrscheinlich ist noch nachzuschießen. Aber wir sehen kein Geld und keine Projekte für die aktive Arbeitsmarktpolitik, die braucht es ganz dringend für ältere Arbeitslose, für Frauen und vor allem auch die Jugendlichen.

Verantwortung: Zur Aktive Bildungspolitik habe ich meine Gedanken bereits deponiert. Was wir jetzt in den Bildungsbereich investieren bekommen wir alle und die ganze Gesellschaft mehrfach zurück. Wenn Frust erzeugt wird, werden wir Frust ernten, wenn wir Wertschätzung erzeugen, bekommen wir Wertschätzung zurück.

Verantwortung Corona-Krise: meine prinzipielle Kritik zur mangelhaften Partizipation, zur Schwächung der Institutionen und gelegentlich unredlichen Kommunikation habe ich bereit angebracht. Sie werden aber von der Grünen Fraktion selten oder nie inhaltliche Kritik an den Entscheidungen gehört haben, weil wir versucht haben, verantwortlich zu sein. Wir sind nämlich davon ausgegangen, dass die Landesregierung nach bestem Wissen und Gewissen handeln wird, weil sie über viel mehr Informationen, Daten und Expertisen verfügt, als wir Landtagsabgeordnete im Lockdown.

 

Hanspeter Staffler

17.12.2020

BESCHLUSSANTRAG.

Das Contact-Tracing gilt als eine der wenigen erwiesenermaßen wirksamen Methoden zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus. In Südtirol ist die Nachverfolgung bereits Ende September zusammengebrochen. Sie konnte vom Sanitätsbetrieb nicht mehr aufrecht erhalten werden, weil zu personalaufwändig. Ende November sollte das Massenscreening Erleichterung bringen. Das Screening war von der Teilnahme her ein großer Erfolg. Allerdings wurde von Expert*innen immer wieder darauf hingewiesen, dass Massenscreenings nur unter mehreren Bedingungen wirksam sein können. Eine davon ist die sofortige Versetzung in Quarantäne nicht nur der positiv Getesteten, sondern auch der Kontaktpersonen.

Dies gilt natürlich auch für die Kontaktpersonen der von den Hausärzt*innen mit Antigentest positiv getesteten Personen. Die Regelung hierzu ist derzeit so, dass die Hausärzt*innen bei positiver Antigentestung einer Person sofort die Krankschreibung vornehmen. Es erfolgt die Meldung an den Dienst für Hygiene und öffentliche Gesundheit und die betroffene Person kommt somit unmittelbar in Quarantäne. Die Hausärztin oder der Hausarzt ist aber nicht befugt, auch die Kontaktpersonen krank zu schreiben und sie auf demselben Weg in Quarantäne zu versetzen. Dies kann nur der Hygienedienst machen – und das dauert zu lange, derzeit 3-7 Tage. In dieser Zeit können die Kontaktpersonen unbewusst in ihrem Umfeld das Virus weiter verbreiten – zugleich können sie nicht krankgeschrieben werden.

Die Nachverfolgung würde sich radikal verbessern, wenn die Hausärzt*innen hier Handlungsspielraum erhielten.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. Den Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin die Befugnis zu erteilen, die Kontaktpersonen von Covid19-positiv-getesteten Personen direkt krank zu schreiben und dem Dienst für Hygiene zu melden, der eine automatische Quarantäne derselben verfügt.
  2. Eventuell dafür notwendige finanzielle Mittel dafür bereit zu stellen und die Allgemeinärzt*innen organisatorisch zu unterstützen.

Bozen, 17.12.2020

 

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

Hanspeter Staffler

 

Le lezioni della pandemia e il mondo che stiamo preparando.

Dalla pandemia usciremo ben diversi da come ci siamo entrati. Il modo in cui affrontiamo l’emergenza attuale determinerà la direzione in cui usciremo dalla crisi. Con le scelte di oggi noi stiamo preparando il mondo di domani.

Quindi chiediamoci: il mondo che stiamo costruendo sarà più equo o più ingiusto? Più democratico o più autoritario? Più ecologico o più inquinato? Il Presidente Kompatscher ha indicato due valori: la coesione, che io intendo come solidarietà, e la fiducia nelle istituzioni, che io intendo come fiducia nella democrazia, nella capacità della democrazia – e non delle dittature! – di affrontare e vincere il virus.

I cittadini e le cittadine la fiducia l’hanno dimostrata, e tanta! Per esempio, partecipando in massa al test antigenico. Qualche incauto ha promesso che sarebbe stato un “Brefreiungsschlag”, un atto liberatorio., e che grazie al test saremmo tornati alla “normalità” in quattro e quattr’otto. Non credo che le 360.000 persone, tra cui oltre 10.000 volontarie, abbiano creduto a questa illusoria promessa. Hanno partecipato come atto di fiducia e solidarietà in un’azione collettiva. Come reazione democratica collettiva.

Hanno partecipato come atto di fiducia nella scienza e nelle istituzioni. Avete ascoltato forse il discorso di Angela Merkel al Bundestag sul bilancio 2021: a un certo punto ha mollato i fogli e ha parlato a braccio sfidando la destra che la derideva. Ha riaffermato l’illuminismo come fondamento della civiltà europea, la fiducia nella scienza, la validità di scelte che hanno come bussola prima di tutto i dati epidemiologici e la tutela della salute a partire dalle persone più deboli.

Quando dico fiducia nella scienza intendo fiducia nel metodo scientifico, non certo fede in quello o quell’altro esperto intervistato in TV. La scienza è un procedimento, non una carrellata di VIP tra cui ciascuno si sceglie chi meglio conferma i suoi pregiudizi. Il metodo scientifico è analisi, ricerca, verifica, trasparenza, possibilità di ripetere l’esperimento, confutarne i risultati e migliorarli. La scienza è opera collettiva e in quanto tale fondamento delle moderne democrazie. È ciò che garantisce che prevalga l’interesse collettivo, che le persone vengano efficacemente curate, che i vaccini vengano accuratamente testati, che vengano equamente distribuiti e impiegati come rimedio affidabile.

Questa è la scienza, questa è la democrazia, questa è la fiducia e la coesione. I cittadini e le cittadine l’hanno capito e hanno partecipato.

Meno l’hanno capito alcuni politici (uso consapevolmente solo la forma maschile) anche qui da noi. Se si sono viste crepe nella coesione, queste si sono viste nella Giunta provinciale!

Si è visto alcuni fare a gara a chi apriva di più, a che apriva prima. Avendo probabilmente lo sguardo alle prossime elezioni, o alla prossima carica di Landeshauptmann. Inviterei questi assessori ad ascoltarsi per Natale il discorso di Angela Merkel almeno tre volte!

La lezione di questi mesi è una sola: NON CI SI SALVA DA SOLI (E DA SOLE, ma le donne lo sanno molto bene!).

Ci si salva solo come comunità democratica che persegue il bene comune. E questo bene non è solo la somma degli interessi personali. Mai come oggi ha torto Adam Smith quando diceva che “la somma degli egoismi, attraverso la selezione del mercato, produce l’interesse collettivo della società”. Non è così!

Impariamo dal passato. Esattamente un secolo fa il mondo ha vissuto un’altra grande pandemia: l’“influenza spagnola”. Ci sono molte similitudini con oggi. Anche allora fu all’inizio sottovalutata. Anche allora ci fu chi disse che era tutta un’invenzione. Molti dei rimedi di allora sono i rimedi di oggi: igiene personale, mascherina, evitare assembramenti, isolare gl’infetti, quarantena. E anche allora ci furono tre ondate di infezione.

Anche allora il mondo uscì mutato dalla crisi. Su un aspetto vorrei attirare l’attenzione: da quella pandemia nacquero i sistemi sanitari pubblici universali. Si capì che il medico privato da un lato e le istituzioni caritatevoli dall’altro non bastavano a salvare la vita delle persone.

Dall’influenza spagnola, che infettò mezzo miliardo di persone e fece quasi cento milioni di morti, nacquero i moderni sistemi sanitari pubblici. Così quella pandemia cambiò il mondo.

È il tema che mi sta a cuore: il rapporto tra spazio pubblico e spazio privato, tra bene comune e profitto, tra comunità e individui.

Io credo che da questa pandemia usciremo bene solo se rilanciamo lo spazio pubblico come spazio dei diritti fondamentali garantiti in modo equo e universale.

E mentre dico questo lancio un allarme. Negli ultimi anni il Sudtirolo si è mosso nella direzione esattamente opposta: più privato e meno pubblico.

Vorrei dimostrarlo analizzando tre campi fondamentali per la vita di ciascuno e ciascuna: il trasporto pubblico, la casa, la salute.

 

IL TRASPOSTO PUBBLICO

Avevamo questa situazione di partenza: la posizione dominante di un imprenditore privato (SAD), cui erano state affidate anche numerose funzioni pubbliche: sistema di biglietteria, orari, informazione all’utenza, rilevamento dati su linee e passeggeri.

Erano altri tempi, i tempi di un altro Landeshauptmann e di altre Giunte provinciali. Erano i tempi in cui pareva che i destini del trasporto pubblico passassero tutti da Falzes.

Poi sono arrivate le norme europee che imponevano gare di affidamento entro il 2018, oppure – come alternativa – una gestione interamente pubblica. Era chiaro che chi fino ad allora aveva goduto di una posizione dominante avrebbe fatto di tutto per non cederla. È accaduto così in tutta Italia: gare impugnate, funzionari denunciati. Non siamo un’eccezione.

Giorni fa come commissione di inchiesta sulle gare per il trasporto pubblico abbiamo tenuto una audizione coi consulenti della Provincia. Il prof. Pierluigi Mantini – che ha affiancato la Giunta provinciale fin dall’inizio – ci ha descritto i conflitti esplosi in tutta Italia, ma ha anche aggiunto che in provincia di Bolzano si è avuto un tasso di aggressività che non ha paragoni. Un’aggressività direttamente proporzionale alle posizioni che qui si erano consolidate nel tempo col sostegno della politica.

Conosciamo la storia della gara prima indetta e poi revocata. Giudicare chi ha ragione è compito della magistratura, che sta indagando. Compito della politica era trovare una via d’uscita.

La via d’uscita questo Consiglio provinciale l’ha indicata nella Mozione n. 103 approvata il 6 giugno 2019. In questa si impegnava la Giunta provinciale a adottare “per il trasporto pubblico locale un modello in house o un’azienda speciale”.

Chi come noi ha approvato questa mozione aveva in mente il modello pubblico del vicino Trentino (Trentino trasporti): una gestione al 100% pubblica, con possibilità di sub affidamenti a privati da un minimo del 10% a un massimo del 30% delle linee. Ma mantenendo standard omogenei e regia interamente pubblica!

La Giunta e la maggioranza Svp-Lega Salvini hanno attuato questa mozione con la legge provinciale n. 3, luglio 2019, articolo 4, comma 2, che recita: “Il servizio di trasporto pubblico locale è prevalentemente garantito dalla Provincia autonoma di Bolzano, attraverso un modello di gestione pubblica in house o azienda speciale… (Der öffentliche Personennahverkehr wird grundsätzlich von der Autonomen Provinz Bozen gewährleistet, durch eine öffentliche Führung mittels In-House-Gesellschaft)”.

Così si arriva all’ultimo atto: pochi mesi fa la Giunta provinciale ci ha comunicato a sorpresa di aver scelto un modello misto: il 45% dei servizi verranno assegnati alla società pubblica in house SASA, il 55% sarà affidato a privati con gara suddivisa in 10 lotti.

Questo modello “misto” deciso dalla Giunta non corrisponde a quanto deliberato dal Consiglio provinciale, né alla legge che dice: gestione pubblica prevalente.

Nell’audizione in commissione ho chiesto alla consulente della Provincia Maria Cristina Carmeli se un modello 100% pubblico fosse stato possibile, o se ci siano ostacoli normativi nazionali o europei che lo impediscono. La consulente non ha avuto dubbi: un sistema pubblico al 100% (con sub affidamenti fino al 30%) sarebbe stato possibile. La scelta del modello misto (45/55) è stata una scelta politica.

Il consulente prof. Mantini ha aggiunto: “Capisco la delusione di chi ha votato quella mozione, capisco che chi ha votato la parola “prevalente” pretenda che il pubblico abbia almeno il 51%. Ma evidentemente la Giunta è voluta venire incontro ai privati”.

Ma c’è un altro aspetto ancora più preoccupante in questa scelta. Il modello misto presentato dall’assessore Alfreider mettendo tanta enfasi sulla “sostenibilità” ha anche un’altra faccia, che si scopre solo se non ci si fa annebbiare dal fumo della retorica: la definizione di “rete di trasporto ecosostenibile” viene applicata solo alla quota pubblica (45%) e non nello stesso modo a quella privata (55%). Il motivo è chiaro: la sostenibilità costa e dispensarne i privati garantisce loro più ampi margini di profitto!

Ma così si costruisce il Sudtirolo verde e resiliente auspicato da Kompatscher? Così si raggiunge entro il 2030 la neutralità climatica, quando tutti sappiamo che sono proprio i trasporti a dare il contributo più forte alle emissioni di anidride carbonica?

 

LA CASA

Si comincia finalmente a discutere sulla nuova legge sull’edilizia pubblica agevolata.

L’edilizia agevolata ha costituito dal dopoguerra ad oggi il fondamento del welfare locale: se non abbiamo una quota più alta di persone povere o in difficoltà è proprio grazie alla politica pubblica della casa, alle 13.000 case Ipes, alle case realizzate in cooperativa, ai contributi per la prima casa, ai sostegni per l’affitto, alla messa a disposizione per legge per l’edilizia pubblica di una quota fissa (60%) di ogni nuova area edificabile.

Oggi questa politica è rimessa profondamente in discussione.

Fin dalla preparazione della nuova legge urbanistica (2014) erano apparse nella maggioranza e in particolare nella SVP due linee contrapposte:

  • Continuare con un forte intervento pubblico in edilizia sociale e agevolata, col sistema 60% pubblico / 40% privato per le nuove aree edificabili, aggiungendo una più efficace politica per gli affitti.
  • Oppure finirla con l’intervento pubblico e lasciare al mercato e ai privati il compito di garantire una casa alle cittadine e ai cittadini.

Il conflitto tra queste due linee non è stato risolto nella legge “Territorio e Paesaggio” che sull’edilizia pubblica è un vero guazzabuglio di norme contraddittorie.

Quale linea prevarrà si decide ora nella scrittura della nuova Legge sull’edilizia agevolata. E qui lancio un altro allarme: la linea del privato e del mercato ha già lasciato segni profondi nella normativa urbanistica oggi vigente!

Ecco alcuni esempi:

  • Il vecchio obbiettivo di “soddisfare il fabbisogno abitativo primario” (cioè garantire a tutte e tutti la prima casa) è stato sostituito dal concetto di alloggi per RESIDENTI, che non è la stessa cosa, perché il residente può essere anche ricco e può possedere più alloggi e farci i suoi affari.
  • La regola della suddivisione 60/40 delle nuove aree edificabili nella nuova legge urbanistica è stata rovesciata: a cooperative e Ipes tocca ora solo il 40% dei terreni.
  • Il restante 20% del 60% ex pubblico è riservato ad appartamenti a prezzo calmierato (che non si sa ancora cosa vuol dire) e ad appartamenti per residenti: in entrambi i casi realizza il privato. In questo modo alle imprese private viene concesso l’utilizzo di terreni finora riservati all’edilizia pubblica.
  • Il 40% residuo diventa totalmente libero, grazie a una modifica alla legge urbanistica approvata qualche settimana fa e finora passata inosservata. È stato modificato l’art. 19 sul “plusvalore di pianificazione”, che originariamente prevedeva che anche nel 40% riservato al privato, comunque il 60% (quindi il 24% dell’intera area) dovesse essere almeno convenzionato per residenti. Questa frase è sparita con ultima modifica di legge (DdLp n. 63/2020, art 4). Quindi adesso il 40% è totalmente libero, lasciato alla ricerca del massimo profitto privato, neppure vincolato per residenti!
  • I progetti di riqualificazione urbanistica (PRU, art. 30) da fare con accordi urbanistici (art. 20), prescindono sia dagli obblighi di realizzare una quota minima di abitativo, sia dagli obblighi di convenzionamento. Tutto dipende dagli accordi che gli enti pubblici riusciranno a stipulare con i privati che realizzano la riqualificazione dell’area. Gli esempi li abbiamo a Bolzano: nell’AREALE della STAZIONE ferroviaria su 1500 appartamenti, solo 400 sono riservati all’Ipes (26% del totale) e nulla, del resto, è convenzionato; nel PRU BENKO gli alloggi convenzionati sono una quota infinitesimale (meno del 5%?).

Io sono convinto che nel campo della casa è una illusione pensare che il privato spontaneamente risolva il problema del diritto a una casa per tutti a prezzi abbordabili.

Il privato – legittimamente, sia chiaro – ha come obbiettivo di ottenere il massimo profitto possibile dall’investimento che ha fatto. Non risponde a obbiettivi sociali. Oppure la maggioranza SVP-Lega Salvini è disposta a prendere misure che comprimono i margini di profitto dei privati? Ad esempio, pensando a una forma di “EQUO CANONE PROVINCIALE”?

Fino ad oggi le case vendute dai privati non hanno mai diminuito “spontaneamente” il proprio prezzo; fino ad oggi i canoni di affitto privati non sono mai calati, ma sempre costantemente aumentati. Se non trovavano acquirenti ai prezzi richiesti, piuttosto lasciavano vuoti gli appartamenti! Sul diritto alla casa la “mano invisibile del mercato” di Adam Smith non funziona proprio per nulla!

Su questo sarebbe bene davvero prendere esempio dall’Austria, da Vienna: garantire il diritto alla casa è un compito dell’ente pubblico e delle politiche pubbliche! E queste politiche oggi c’è chi le vorrebbe abbandonare.

 

LA SANITA’

Negli ultimi anni si è ampliata enormemente la sanità privata. Le cliniche private sono spuntate come funghi, o si sono ampliate. E i/le pazienti sempre più spesso si vedono dirottare verso il settore privato, perché il pubblico non è in grado di occuparsi di loro.

Finora il Sudtirolo aveva cercato di evitare una sanità a due classi, privata per chi può spendere e pubblica per chi non se lo può permettere. Adesso invece siamo al proliferare del privato e abbiamo un assessore competente, l’assessore Widmann, che questa soluzione la teorizza come rimedio alle difficoltà del sistema pubblico.

In questo momento ci troviamo in una fase intermedia: si sposta sul privato ciò che la sanità pubblica non riesce a garantire. Ad esempio, le visite specialistiche: il ricorso al privato è stato presentato dall’assessore Widmann come la soluzione per accorciare i tempi di attesa.

In questo modo il privato non è complementare al sistema sanitario pubblico, ma sostituisce il pubblico per l’esercizio di funzioni essenziali come le visite specialistiche, la prevenzione e la cura.

Per chi deve curarsi le condizioni (per ora) non cambiano: il ticket resta (alto) uguale, sia che si venga operati nel pubblico che nel privato. La differenza dei costi infatti (e per ora) la copre il bilancio pubblico provinciale.

In questo modo però una quota di anno in anno maggiore della spesa pubblica sanitaria viene dirottata verso le cliniche private.

Così il settore privato cresce, attira professionisti, estende le sue specializzazioni e offre servizi che gli ospedali fanno sempre più fatica a offrire: la “ritirata” della sanità pubblica (già compiuta in alcuni settori, come l’odontoiatria) si fa sempre più percepibile. E questo rappresenta anche un disincentivo per il pubblico di sforzarsi e di migliorare.

Io non credo che su questa strada avremo un servizio sanitario più efficiente e meno costoso per i bilanci pubblici!

Anzi, con questo doppio canale le pratiche si complicano (lo sa chi deve prenotare una visita facendo lo slalom tra pubblico e privato) e i costi aumenteranno, perché con quello che la Provincia rimborsa alle cliniche private non dovremo solo coprire i costi dei servizi, ma anche il margine di profitto che i privati esigono!

 

UN SUDTIROLO DEGNO DELL’EUROPA

Bene pubblico o profitto privato? A me pare che questo dilemma attraversi da tempo la politica e che la sua soluzione determinerà il modo in cui usciremo dalla pandemia. Se usciremo con un mondo più equo o un mondo più ingiusto.

Casa, trasporti, sanità sono ambiti in cui si giocano diritti umani essenziali e in cui il dilemma pubblico/privato è attuale e decisivo.

La tendenza della maggioranza provinciale Svp-Lega Salvini è decisamente a favore del privato. Ma siamo ancora in tempo a correggerla!

  • Siamo ancora a tempo a riorientare gli investimenti verso la sanità pubblica, per il diritto alla salute in un sistema sanitario pubblico, universale, equo, gratuito, laico, di qualità, no profit, democratico, accogliente, integrato con le politiche sociali e ambientali.
  • Siamo ancora in tempo a garantire il diritto alla casa a tutte e tutti con un massiccio intervento pubblico che metta un limite preciso ed invalicabile alla speculazione. Perché non è ammissibile speculare su un bisogno umano primario.
  • Siamo ancora in tempo a fissare chiari criteri di sostenibilità per l’intero trasporto pubblico locale, fissando regole uguali per tutti per raggiungere l’obbiettivo della protezione del clima, con l’orizzonte di zero emissioni entro il 2030.

Solo così potremo uscire dalla pandemia costruendo quella Europa verde, giusta, resiliente che il Presidente Kompatscher ha auspicato.

Su questo piano, l’Europa ha fatto in questa pandemia importanti passi avanti. Gli accordi tra i 27 paesi per gli investimenti per la conversione ecologica, la resilienza e la solidarietà dimostrano che nella pandemia l’Europa ha ritrovato sé stessa.

Riascoltiamo il discorso al Bundestag di Angela Merkel!

E cerchiamo di fare in modo che il Sudtirolo diventi degno di questa Europa!

 

Riccardo Dello Sbarba, 16 dicembre 2020

ANFRAGE ZUR SCHRIFTLICHEN BEANTWORTUNG.

Auf der News-Seite der Südtiroler Landesverwaltung ist zu lesen, dass „Zwei Vorschläge für Standseilbahnverbindungen Meran-Schenna über öffentlich-private Partnerschaft der Landesregierung vorliegen. Diese lässt die Vorschläge nun von Experten überprüfen“.

Daher richten wir folgende Fragen an die Landesregierung:

1. Wer sind diese Experten?
2. Wie lange haben sie Zeit?
3. Nach welchen Kriterien überprüfen sie die Projekte?
4. Welche Möglichkeiten zur Einbringungen haben die folgenden Subjekte?
a. Interessensgruppen
b. Bürger*innen
c. Gemeinden
5. Wann will die Landesregierung wieder zu den Projekten tagen und welche Entscheidungen stehen dann an?
6. Ein Projekt sieht nur die Anbindung Meran-Schenna vor. Das andere auch nach Dorf Tirol: Wie will das Land die Anbindung an Dorf Tirol auf nachhaltige Weise garantieren?
7. Wie viele Busse werden pro Tag durch die Standseilbahn nach Schenna ersetzt?
8. Wie viele Busse werden pro Tag durch die Anbindung nach Dorf Tirol ersetzt?

Bozen, 16.12.2020

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Hier könnt ihr die Antwort der Landesregierung herunterladen.

Tagesordnung zum Landesgesetzentwurf Nr. 65/20 „Landesstabilitätsgesetz für das Jahr 2021“

Vielfach wurde während des Lockdown m März/April und darüber hinaus die Tatsache beklagt, dass der Besuch der Bewohner*innen von Seniorenwohnheimen nicht möglich war. Der Verlust der sozialen Kontakte war für die älteren Menschen besonders schwerwiegend und die Auswirkungen dieser Isolation sind erst noch vollständig zu erheben. Der Schutz der besonders Gefährdeten, wie es Bewohner*innen von Seniorenwohnheimen zweifelsohne sind, ist und bleibt vorrangig. Neben der physischen Gesundheit gilt es aber auch dem existentiellen Bedürfnis nach Beziehung, Nähe, Berührung Rechnung zu tragen. Eine Möglichkeit beide Ansprüchen Genüge zu tragen, bieten die Antigen-Schnelltests, wie sie auch beim Massenscreening zur Anwendung gekommen sind. Ein Antigentest für Besucher*innen in den Seniorenenwohnheimen alle 5 bis 7 Tage, bzw. 1 Tag vor dem Besuch für sporadische Besucher*innen, würde mehr Besuche ermöglichen und die Lebensqualität der Bewohner*innen verbessern sowie das Infektionsrisiko vermindern. Hausärzt*innen, Apotheker*innen könnten diese Tests durchführen und somit die Bürger*innen
unterstützen.

 

Daher ersucht der Südtiroler Landtag, im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Stabilitätsgesetzes

  • die nötigen Maßnahmen zu treffen, damit Besucher*innen von Bewohner*innen in Seniorenwohnheimen die Möglichkeit erhalten, einen Antigen-Schnelltest kostenfrei und freiwillig bei Allgemeinärzt*innen und Apotheken vornehmen zu lassen.

Bozen, 16.12.2020

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Geehrte Kolleginnen und Kollegen im Südtiroler Landtag!

Wir haben heuer die Diskussion über den Landeshaushalt mit zwei Gedenkminuten begonnen.

Das war sehr ungewöhnlich und sehr angebracht.

Die Gedenkminuten galten den über 600 Menschen, die in Südtirol 2020 in Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben sind. In diesen beiden Minuten der Stille haben wir dieses Jahr reflektiert, gespiegelt. Es ist heuer kein Jahr, in dem unsere Haushaltsreden der Anlass für die kleine Kritik sind. Es geht um mehr.

2020 ist das Jahr, in dem nichts mehr ist, wie es war.

Wir waren in das Jahr gegangen, mit dem besten Business as usual. Der x-te Rekordhaushalt in Folge versprach ein blühendes Jahr. Aufgerüttelt von den Fridays for Future gab es innige Versprechungen einer verstärkten Aufmerksamkeit gegenüber dem Klimaschutz. Jedes Gesetz sollte auf seine Klimaverträglichkeit geprüft werden. Nachhaltigkeit, seit Jahren Motto der Haushaltsreden, sollte zum Leitansatz der Landespolitik werden. Die Wintersaison war voll im Gange und man schöpfte aus dem Vollen. Ein paar lästige Mahner*innen nervten zwar mit Wachstumskritik und radikalen Umbauabsichten der Gesellschaft, aber das war wie ein Raunzen, an das man sich längst gewöhnt hatte.

Dann kam Corona, und wie es im Theater das „Freeze“ gibt, so gab es auch bei uns das Große Einfrieren. Mir kam damals das Bild der Eiswürfel. Jede und jeder von uns war in seinem Kästchen eingefroren. Und da war es plötzlich fundamental, wie dieses Kästchen war. Soziale Unterschiede, im Leben vor Corona zum Teil noch aufgefangen durch Mobilität und Geselligkeit, erhielten eine absolute Dimension.
Hatte man einen Balkon oder gar einen Garten, dann gab es Möglichkeit zum Frischluftschnappen, sonst nicht.
Hatte man kleine Kinder, war man plötzlich im Hauptberuf Pädagogin und den eigentlichen Hauptberuf führte man irgendwie weiter.
Wohnte man in Bozen, Meran oder Leifers, wurde einem der Auslauf limitiert, wohnte man am Wald, drohten Strafen vom Förster.
War man im öffentlichen Dienst, hatte man zumindest ein sicheres Gehalt, war man freiberuflich oder, schlimmer, eine Künstlerin – ja, wie tat man da?
Hatte man einen Betrieb, dann war es gut möglich, dass man, auch wenn man solide aufgestellt war, um die Existenz bangen musste, immer noch muss.
War man in einem systemrelevanten Beruf, wusste man nicht mehr, wo einer der Kopf stand.
War man zum Stillstand verdonnert, musste man sich mit nie enden wollenden Tagen zurechtfinden. Es gab auch Menschen, denen die Auszeit gut getan hat. Für sie war es ein langes Luftholen in einem Alltag, der sie sonst ausbeutet und auspresst wie Zitronen.
Es gibt Menschen, die den zweiten Lockdown schlimmer empfinden als den ersten, die sich jetzt unter der Schwere der Dauervideokonferenz oder der Einsamkeit erdrückt fühlen.

Die Wahllosigkeit von Corona macht so ratlos.

Persönlich empfinde ich eine Art Zärtlichkeit, wenn ich Szenen des Ersten Lockdown sehe, nicht die schrecklichen Szenen von Tod und Qual, sondern jene der Menschen, die sich trösteten und halfen und erfinderisch wurden, um geistig und psychisch (aber auch physisch, denken wir an die Bilder der Turnübungen auf den Dächern und Balkonen) zu überleben.

Die Absonderung voneinander macht unser Gesellschaftsgefüge spröde. Es gibt es Sprünge. Brüche sind aufgegangen. Wir wissen, dass Bruchlinien immer entstehen, wo es Verwerfungen gibt, die nur darauf warten, aufzubrechen. Heuer ist klar geworden, dass unser Südtiroler Gefüge voller Oberflächenkitt ist.

Denn 2020 sind die notdürftig gekitteten Stellen in voller Wucht aufgebrochen:

Deutsche verstanden die Italiener*innen plötzlich überhaupt nicht mehr.
Stadt und Land hatten völlig andere Bedürfnisse und aufgrund derer entwickelten sich entgegengesetzte Haltungen im Hinblick etwa auf Freiheit und Disziplin.
Die Alltage von Männern und Frauen drifteten auseinander und der Rückfall in alte Rollenbilder war immediat.
Wer sozial besser gestellt war, konnte sozial Schwache ausblenden (man lief sich ja auch nicht mehr über den Weg). Neid, Zorn, Frustration machten sich breit.
Die Kluft zwischen Politik und Bevölkerung riss total auf. „Die da oben“ wurden zur Projektionsfläche für jeglichen Ärger. Der LH spricht von einer „gereizten Stimmung“. Das ist sehr gnädig formuliert.

Es handelt sich um die größte Polarisierung, die Südtirol seit 1939 erlebt haben dürfte. Die Risse gehen quer durch die Familien und Freundschaften. (Kommt Ihnen diese Formulierung bekannt vor?) Es gibt einen permanenten Zwang zum Bekenntnis. Ist man für die Maßnahmen oder dagegen? Für die Freiheitseinschränkungen oder dagegen? Jetzt: Für die Schigebiete oder dagegen? Für die orange Zone oder dagegen? Für die Weihnachtsfeier oder dagegen? Irgendwann war man sogar „für Corona“ oder dagegen! Eine absurde Fragestellung, die wir aber vermutlich alle nicht nur einmal beantworten mussten.

Erklärbar ist diese Polarisierung mehrfach: Erstens kollidieren in der Coronakrise zwei Grundrechte, das Recht auf Freiheit und das Recht auf Gesundheit. Und je nachdem, was man im Moment mehr braucht (ich sehe das sehr existenziell und konkret, und sage daher nicht: je nachdem was einem wichtiger ist), steht man auf der einen Seite oder auf der anderen. Wer vulnerabler ist, wird eher auf die Maßnahmen pochen, die sie oder ihn schützen. Wer sich sicherer fühlt, kämpft wahrscheinlich eher für die Freiheit. Kulturelle Prägungen tragen ebenfalls zur Polarisierung bei.
Es gab und gibt auch Changierende, je nach Kontext.
Und es gibt Abdriftende. Die „Freiheitsfraktion“ ist gefährdet, den Verschwörungstheorien anheim zu fallen (bitte nennen wir sie nicht Verschwörungstheoretiker, denn sie sind schlicht keine Theoretiker!). Die „Gesundheitsfraktion“ ihrerseits ist, in extremis, einer Neigung zu Kontrolle und Denunziation ausgesetzt. Beide Richtungen sind in ihrer radikalisierten Version autoritär und darin liegt auch die große Gefahr dieser Polarisierung. Denken wir daran, dass vor den großen Faschismen des 20. Jahrhunderts nicht nur der Erste Weltkrieg gewesen war, sondern auch die gigantische Welle der Spanischen Grippe.

Hier sehe ich die Notwendigkeit des starken Parlamentarismus – und ich glaube, das eint uns über die Parteigrenzen hinweg. Soviel gesundes politisches und demokratisches Gespür haben in diesem Haus alle Abgeordnete (Enzian vielleicht ausgenommen), als dass wir uns nicht alle zusammen klar von diesen Radikalisierungen abgrenzen würden. In diesem Jahr habe ich das sehr geschätzt.

Der zweite Grund für diese Polarisierung liegt in der erzwungenen Trennung zwischen den Menschen. E qui voglio tornare al minuto di silenzio con cui ho iniziato questo discorso. Il primo minuto di silenzio lo abbiamo dedicato alla forse più conosciuta vittima del Covid, a Lidia Menapace. Conoscevo Lidia, ma non tanto da vicino. Ci incontravamo alle manifestazioni, dove a volte marciavamo accanto, e alle conferenze sulle donne, dove a volte dialogavamo insieme. Lidia era per noi femministe un grandissimo punto di riferimento.
Sono stata al suo funerale.
È stato il più triste funerale a cui io abbia mai assistito. Non perché eravamo meno in lutto di altre volte. Ma perché sentivo che si erano spezzati tutti i fili tra noi. Lo racconto in italiano in onore di Lidia che avrebbe credo compreso questo discorso. Si sono spezzati i fili, die Fäden sind gerissen. Auch unter uns Frauen, die wir uns normalerweise auf einem Gewebe bewegen, das uns hält und an dem wir gemeinsam weben. Wir haben es auch hier im Landtag erlebt. Leider.

Die Einsamkeit der Menschen hat den Diskurs verändert, auch den politischen Diskurs.

Negli spazi tra la mia opinione e la tua ci sono le sfumature e parlando, scambiandoci, discutendo, litigando, le scopriamo e le condividiamo. Se questo spazio in mezzo è annientato, ognuno resta con la sua opinione e quindi è più probabile che ci si trovi in una posizione estrema piuttosto che in mezzo. Die Mitte entsteht meistens aus der Begegnung. Parlamentarismus ist diese Begegnung, in aller archaischen Dimension ist der gute alte Parlamentarismus bedeutsamer denn je. Ich bin gerade in diesen Monaten zur glühenden Parlamentaristin geworden. Sono in totale disaccordo su questo con il M5* che pensa che la democrazia fatta da videoconferenze e votazioni a botte di clic sia un passo avanti. Invece proprio quest’anno io sento di dover difendere il parlamentarismo in cui ci si deve guardare in faccia, in cui senti le parole non solo attraverso l’orecchio, in cui ti incontri, e a volte a metà strada.

Indessen hat sich heuer die Debatte im Landtag, genau wie die gesellschaftliche Debatte, polarisiert, verkantet und verhärtet. Noch nie waren wir weiter voneinander entfernt. Vielleicht haben wir auch das Verständnis füreinander verloren. Nichts ist mehr wie es war, auch hier in unserem Landesparlament nicht.

Der Landeshauptmann hat seine Rede in einem fast leeren Saal gehalten. Noch nie war er so allein wie heuer. Die Einsamkeit an der Spitze spiegelt die Einsamkeit der Menschen.

Vorrei citare su questo un passaggio di uno splendido saggio che sto leggendo in questo periodo, di Chiara Valerio, “La matematica è politica”: Dice Chiara Valerio: “Ovviamente la matematica non procede per voto o alzata di mano, ma per ipotesi e verifiche. Se i nostri politici avessero studiato matematica, e se studiandola l’avessero capita, si comporterebbero diversamente rispetto alle cariche dello Stato che ricoprono perché non agirebbero come singoli, ma come funzioni di un sistema più ampio del loro ego, e soprattutto non si preoccuperebbero delle cose, ma delle relazioni tra le cose […], sarebbero consci di quanto l’abuso di posizione e di occasione indebolisca altre posizioni del medesimo sistema democratico.”

Diese Worte geben zu denken (was für eine schöne Redewendung übrigens!). Wären sie anerkannt, dann würden vielleicht einige der wilden Machtkämpfe, die in der politischen Mehrheit toben, aufgegeben (immer zum Stichwort Zusammenhalt) – weil auch die Herren der Landesregierung merken würden, wie sehr sich die ganze Achse schwächt, und in diesem Jahr auch gleich das ganze gesellschaftliche Gefüge mit.

2020 ist das Jahr der Krise.

In diesen Wochen zu Jahresende wird darüber viel gesagt und geschrieben. Es ist die größte Krise der Nachkriegszeit. Die wirtschaftlichen Dimensionen sind noch gar nicht in Zahlen zu fassen. Die Daten zur Arbeitslosigkeit indessen werfen immense Schatten voraus. Die Daten zur psychischen Belastung, zu Trauer, Gewalt, Stress, zu Zukunftsangst werden schnell ihre Abstraktheit verlieren und als konkrete Folgen in der unmittelbaren Umgebung von uns allen spürbar sein.

In unserer westlichen Erfolgskultur gilt Krise als Problem („Regierungskrise“, „Ehekrise“, „Sinnkrise“, „Wirtschaftskrise“ – wer möchte da schon drin stecken?). Oft gilt während dieser Zeit, dass man nur warten muss, bis sie vorbei ist, dann wird schon wieder „Normalität“ einkehren. Das Abwarten, also das Totstellen, ist eine der drei menschheitsgeschichtlich gefestigten Reaktionsmuster auf Krisensituationen (die beiden anderen sind Angriff und Flucht – wir erleben derzeit alle drei Formen!). Kollektive Krisen schaffen Ohnmacht.

Derzeit wird Krise normalerweise behandelt wie eine Krankheit (auch Krankheit ist, per se, Krise – und in der Krankheit gibt es dann noch die Krise, wenn’s schlimm wird). Sie wird separat behandelt, wie ein fehlgelaufener Mechanismus, der wieder in Gang, in den Rhythmus gebracht werden muss.

Dabei hat Krise eine andere Bedeutung. So wie wir nach einer Krankheit nicht mehr die selben sind, so wird auch die Welt nach dieser Krise nicht dieselbe sein. Nach der Krise ist etwas anders. Damit dies nicht Bruch und Chaos ist, muss aber die Art der Krise erkannt werden. Wenn nicht die Gesamtströmung angegangen wird, sondern nur stabilisierende Maßnahmen gesetzt werden, dann ist Krise zerstörend.

In diesem Sinne vermisse ich ganz radikal etwas in der Rede des Landeshauptmanns zum Haushalt 2021: Das radikale Reformprogramm nach der Krise durch Covid-19. Non poca roba.

Ich habe heuer nicht vermisst, dass in der Haushaltsrede einzelne Punkte nicht angesprochen wurden. Es ist nicht das Jahr, in dem wir über die Zukunft des Postdienstes oder die Zusammenlegung von Tourismusverbänden diskutieren müssen. Es ist das Jahr, in dem es zu erkennen gilt, wo die Brüche verlaufen und wie man das Auseinanderbrechen der Gesellschaft verhindern kann. Vielleicht.

In der Analyse können wir davon ausgehen, was uns Covid gelehrt hat.

2020 war das Jahr der Verletzlichkeit, der Verwundbarkeit, der Infragestellung alles bisher Gewohnten. Wir haben gemerkt, dass nichts, kein Managementkonzept, kein Wirtschaftsprogramm, kein Business-Plan einem Virus standhält, das sich dank Globalisierung aufmacht, um die Welt zu erobern. Wie schnell ist doch alles zusammengebrochen. Leider nachhaltig zusammengebrochen. 20-30% der Betriebe könnten in Italien gar nicht mehr aufmachen.
Wir haben gemerkt, dass unsere überdrehte Mobilität zur Verbreitung des Virus beigetragen hat. Und was es für Luft und Natur bedeutet, wenn der Verkehr ausbleibt.
Wir haben gemerkt, dass das Tabuisieren und Ghettoisieren von Alter und Tod dazu führte, dass das Virus die Verletzlichsten am massivsten getroffen hat. Und wie wichtig plötzlich jene sind, die überbeschäftigt und unterbezahlt in der Pflege und Betreuung arbeiten.
Wir haben gemerkt, wie die Einsparprogramme der letzten Jahre das Gesundheitssystem beeinträchtigt haben. Und wie froh wir um die peripheren Krankenhäuser waren, die man bis vor kurzem noch der Rationalisierung opfern wollte.

2020 war auch das Jahr der Erschöpfung.

Erschöpft, das waren viele schon vor Covid. Heuer hat sich die Anspannung und Belastung um ein Vielfaches gesteigert. Die Familien, insbesondere die Frauen haben sich in diesem Jahr als Airbag der Gesellschaft bewähren müssen. Sie haben abgefedert und abgefangen. Und alle vor schlimmen Blessuren bewahrt. Aber Achtung! Ein Airbag ist erstens auch gefährlich – und zweitens hat er die Eigenschaft, dass er nur einmal aufgehen kann. Daher muss die Erschöpfung der Frauen, der Arbeitenden, der Familien (auch der Jugendlichen in Fernunterricht! Ich habe letzte Woche eine Klasse virtuell durch den Landtag führen dürfen und als ich die Frage stellte: E voi, come state?, da ist mir der resignierte, müde, frustrierte Tonfall der Antwort der Oberschüler*innen in den Ohren geblieben. Die Antwort war: Male.) zutiefst ernst genommen werden.

Von Verletzlichkeit und Erschöpfung ausgehen, das wäre schon einmal ein radikaler Perspektivenwechsel.

Ein Landeshaushalt der Nachhaltigkeit und des Zusammenhalts, wie vom LH beschworen, muss von denen ausgehen, die an der schwächsten Stelle stehen.

Das war heuer nicht ganz so. Die längste Zeit wurde den Stärksten und Lautesten im Land nachgegeben. Die rabiate Auflehnung mancher Verbände in den letzten Wochen zeigte, wie wenig man es gewohnt war, sich einordnen – ja, unterordnen! – zu müssen, in die größere Aufgabe des allgemeinen Gesundheitsschutzes. Auf dem Diktat der Verbände hatte sich denn auch der „#Sonderweg Südtirol“ (es war übrigens auch das Jahr der Hashtag-Gesetze) gestützt. Die Autonomie unseres Landes wurde bemüht, vielleicht missbraucht (wir haben gewarnt!), um eine Woche früher zu öffnen. Ob man das heute noch so machen würde, ist fraglich. Das gute alte Südtiroler Sprichwort „Alles Schlechte kommt aus Rom“ hatte immer auch Bequemlichkeiten geschaffen (das weiß der Bildungslandesrat sehr gut, der in letzter Zeit diesen Durnwalderschen Ansatz mit großem Erfolg aufgegriffen hat). Ganz sicher hätte auch der Landeshauptmann lieber auf dem berühmten bitteren Schild zur Ladenschließung gelesen „Wegen Conte geschlossen“. Selbstverwaltung ist zweischneidig. Vor allem, wenn ein Virus dazwischenkommt, das sich eigenwillig über die Grenzen hinweg bewegt und zwischen Autonomie und Normalregion keinen Unterschied macht.

Was wir daraus lernen können, ist vor allem aber, dass es die Zusammenhänge zwischen Zentralverwaltung und Lokalverwaltung immer wieder neu zu diskutieren gilt. Und dass Autonomie immer im Binom mit Demokratie gesehen werden muss. Nach oben (zum Zentralstaat hin). Und nach unten.

Und hier, Herr Landeshauptmann, muss ich kurz verweilen. Ich hatte heuer vorgehabt, nachdenklich und nachsichtig zu sein und auch zu würdigen, was Sie leisten. Sie hatten es gewiss nicht leicht und ich habe Sie nie beneidet.

Es war ein sehr schwieriges Jahr für die Demokratie, für alle Parlamente. Die Exekutive musste schnelle und oft unbeliebte Entscheidungen treffen, manchmal wurden sie auch erst im Nachhinein von der Legislative ratifiziert oder diskutiert. Wir haben darüber viel gesprochen in diesem Jahr. Es ist der Eindruck, dass diese 16. Legislatur gar nicht mehr auf die Beine kommt. Durch das Stolpern von einer Notlage in die nächste dehnt sich die Zeit. Dieses Jahr kann man wie 2 rechnen. Wir alle sind 2 Jahre älter geworden. Einigen sieht man es auch an. Es gab Höhen und Tiefen. Der Hickhack um den Untersuchungsausschuss zu den Schutzausrüstungen war für den Landeshauptmann kein Ruhmesblatt. Die Informationsschleife (Diskussionsschleife wäre besser) mit dem Landtag, die sich während der 2. Welle eingebürgert hat, ist in Ordnung. Hier könnte man ansetzen, um die Demokratie, die demokratischen Abläufe, zu verbessern – auch hier ausgehend von den Schwächsten. In einer Demokratie ist das die Bürgerin und der Bürger.

Aber was Sie für das nächste Jahr vorhaben, Herren Landeshauptmann und Landtagspräsident, das ist, ich kann es nicht anders sagen, eine Sauerei. Ich spreche vom LGE Noggler zur direkten Demokratie. Abschaffung des bestätigenden Referendums. Aushöhlung des Bürgerrates. Aussiedelung des Büros für politische Bildung vom Landtag an die Eurac (vielleicht an das Büro für Autonomy Experience, also ans Autonomiemarketing?) und Ausbau des politischen Einflusses.

Wir sehen: Die Raumordnung soll nicht das einzige Gesetz bleiben, das man noch nicht mal zur Anwendung kommen lässt, bevor man beginnt, es zu ändern und zu verschlechtern. Nun soll das Gesetz für direkte Demokratie dasselbe Schicksal ereilen. Liegt es vielleicht daran, dass beide Gesetze mit Einbindung der Bürger*innen entstanden sind? Offensichtlich ist das eine ganz schlechte Voraussetzung für die Haltbarkeit der Gesetze in unserem Land.
Sepp Noggler, Arno Kompatscher, was Sie da vorhaben, ist ein Hohn für alle jene, die sich für mehr Beteiligung eingesetzt haben, die ihre Gedanken eingebracht haben, die zu den Veranstaltungen gekommen sind, die gestritten haben, um zu einem Kompromiss zu gelangen. Ich spreche wohlgemerkt von den Bürgerinnen und Bürgern, die dieses Gesetz mitgeschrieben haben und die sie jetzt regelrecht verschaukeln. Ohne Grund noch dazu. Es hat bis dato keine einzige schlechte Erfahrung mit einem bestätigenden Referendum gegeben. Noch kein einziger Bürgerrat hat stattgefunden. Das Büro für politische Bildung hat noch keinen Bleistift gebraucht. Was für ein schlechtes Zeichen, Landeshauptmann und Sancho Landtagspräsident Pansa. Sie werden nie mehr als Verfechter von Partizipation zu gelten haben. Das war einmal.

Angesichts dieses Sündenfalls sind auch die Nachhaltigkeitsbeteuerungen in Ihren Haushaltsreden leere Worte.

Nachhaltigkeit ohne Beteiligung ist nicht.

Wie wollen Sie die Nachhaltigkeit vorantreiben, wenn Sie die Beteiligung zurückschrauben?

Am Prozess erkennt man immer, ob der Inhalt ehrlich ist oder nicht. Und an den demokratischen Prozessen kann man die Ehrlichkeit der politischen Führung verifizieren.

Die Reform nach dem Krisenjahr 2020 müsste eine radikale Reform sein. Mein Vorschlag für den passenden Hashtag: #brauchenwirdaswirklich? Die Grundfrage der Nachhaltigkeit ist die Verifizierung dessen, was wirklich wichtig und notwendig ist.

Wir können gern auf den Kinderlandtag hören, da war es in der Klarheit der Jugend deutlich formuliert. Die Forderungen der jungen Leute waren nicht:

  • Ausbeutung
  • Recht des Stärkeren (mit Betonung auf „des“)
  • Interessensvorzug
  • Raubbau
  • Trennung der Sprachgruppen
  • Ausgrenzung
  • Kommando

Vielmehr wünschte man sich:

  • Gesundheit
  • Wohlbefinden
  • Gemeinschaft
  • Auskommen
  • Schutz der Umwelt
  • Gerechtigkeit

Auf dieser Grundlage dürfte es gar nicht einmal so schwer sein, die Agenda 2021 festzulegen und die wichtigsten Gesetzesvorhaben umzusetzen.

Die Wohnbaureform (sie kommt ja auch heuer wieder nächstes Jahr) nach Maß der Menschen, der Generationen, der Umweltverträglichkeit.
Den Sozialplan, ausgehend von Mitsprache und Schutz der Verletzlichkeit.
Die Klimaagenda, mit einer ehrlichen Debatte über Energie, Demokratie und Verantwortung.
Die Landwirtschafts- und Verbraucherwende im Zeichen von Klimaschutz und Biodiversität.
Die Enthierarchisierung und Horizontalisierung des Gesundheitswesens mit Schwerpunkt von Prävention und Territorium.
Eine neue Würdigung der Arbeit.

Die Verantwortungsübernahme für das Gemeinwohl seitens aller (mit dem Lob an die Steuermoral im Lande wäre ich vorsichtig, wenn das Ausmaß der nicht gezahlten Steuern 1/5 des Landeshaushalts ausmacht).

Die Gleichstellungsreform, Thema, in dem jeder einzelne Schritt ein unendlicher Kampf ist. Und, NEIN, Herr Landesrat für Chancengleichheit, das Bügeln ist sehr wohl ein Maßstab für Geschlechtergerechtigkeit! Auch an den Hemden werdet ihr sie erkennen (die Machos)! Und, JA, das Problem ist weitreichender und geht von der Gehalts- und Rentenschere über die Vertretung in den Gremien bis zum elementarsten Grundrecht des Schutzes vor Gewalt. Was gibt es hier noch alles an Kultur- und Vereinbarkeitsarbeit zu leisten!

Zusammenhalt und Vertrauen waren die Schlüsselworte, die der Landeshauptmann, Chef der Regierung Svp/Lega Salvini für das Jahr 2021 ausgegeben hat. Gute Worte. Wenn sie mit Leben gefüllt und nicht von den Prozessen selbst schon an der Wurzel widerlegt werden.

Ich würde daher noch ein Schlüsselwort dazu fügen, nämlich Ehrlichkeit.

Das würde uns auch in der Kommunikation nach Außen nicht schaden. Vor allem aber würden wir unserem Selbstbild gerechter werden.

Wir können damit beginnen, ehrliche Worte zu verwenden.

Wir sind ein Land, in dem es sich zu leben lohnt. Wir müssen uns aber nicht dazu erheben, alljährlich der „lebenswerteste Lebensraum in Europa“ zu werden. Das ist eine Floskel, die gar nichts bedeutet, und uns nur stresst. Denn woran wollen wir unsere Lebenswertigkeit messen? Am BIP pro Kopf, an der Suiizidrate, an den Scheidungen, an den Quadratmetern pro Familie?
Ist das Trentino lebenswerter als Südtirol? Mecklenburg Vorpommern lebenswerter als Andalusien? Schauen wir, dass das Leben im Lande ganz simpel und einfach lebenswert ist. Das ist schon viel genug, das ist alles was wir für unser Land tun können.

Dass wir aufhören uns so zu überschätzen, könnte ein Effekt von Corona sein. Dass wir Demut nicht nur in Antrittsreden üben, sondern im politischen Alltag und, warum nicht, auch im Marketing. Ehrlichkeit, Wahrheit. Zeigen wir uns auch in unserer Verwundbarkeit. Dann wird auch das Vertrauen wachsen.

Forse così qualche filo si riallaccia.

Gute Arbeit für 2021. E buona vita.

 

Brigitte Foppa, 15.12.2020

PRESSEMITTEILUNG.

Vom 16. bis zum 18. Dezember wird sich der Landtag intensiv mit dem Haushaltsgesetz 2021 auseinandersetzen. Unter anderem sorgt sich die Grüne Fraktion um das Lehr- und Sanitätspersonal, das vom Haushaltsvorschlag nur stiefväterlich bedacht wurde.

Voraussichtlich wird der Haushalt 2021 um 100 bis 200 Millionen Euro geringer ausfallen als der Haushalt 2020. Exakte Daten werden wir dazu erst im Laufe des ersten Halbjahres 2021 erhalten. Unter diesen Voraussetzungen und wohl auch Corona-bedingt haben die Gesundheits- und die Sozialpolitik relativ gut abgeschnitten. Dabei ist es unbedingt notwendig, dass zukünftig deutlich mehr Geldmittel in eine aktive Personalpolitik des Gesundheitsbetriebes fließen und dass endlich der ausständige Bereichsvertrag für das nichtärztliche Personal abgeschlossen wird. „Das war längst fällig” unterstreicht Hanspeter Staffler.

Im Finanzpaket, das in den nächsten Tagen behandelt wird, lässt hingegen die Bildungspolitik weiterhin zu wünschen übrig: Wiederum hat es den Anschein, dass das unterrichtende Personal der Grund-, Mittel- und Oberschulen durch die Finger schauen wird. Der Landeszusatzvertrag ist seit Jahren ausständig, die Lehrerinnen und Lehrer sind an der Grenze der Belastbarkeit angelangt. Die Geringschätzung dieses Berufsstandes erzeugt nicht nur Frust in den Reihen des Lehrpersonals, sondern gefährdet insgesamt den Bildungsbereich, weil junge Pädagoginnen und Pädagogen einen weiten Bogen um die Schulen machen werden.

Wenn wir aus dieser Krise einen Weg finden wollen, müssen wir nicht nur der Wirtschaft, sondern auch jenen Personen Sicherheit geben, welche die Stützen für Sanität und Bildung der künftigen Generationen darstellen. Davon sind wir überzeugt.

 

Landtagsabgeordnete
Hanspeter Staffler
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba

Tagesordnung zum Landesgesetzentwurf Nr. 66/20 „Haushaltsvoranschlag 2021-2023“

Am 15. April 2020 hat sich dieser Landtag mit dem Landesgesetzentwurf „Änderungen zum Haushaltsvoranschlag der Autonomen Provinz Bozen für die Finanzjahre 2020, 2021 und 2022 und andere Bestimmungen“ befasst. Das Besondere an diesem Gesetzesentwurf war die Tatsache, dass dieser zwar in der Sitzung vom 9. April 2020 vom 3. Gesetzgebungsausschuss in einer Höhe von rund 200 Mio. Euro genehmigt wurde, aber dass bei der Behandlung im Plenum die Gesamtsumme durch einen Abänderungsantrag des Landeshauptmannes auf rund 500 Mio. Euro aufgestockt wurde. Bereits diese Vorgehensweise war bemerkenswert, da der zuständige 3. Gesetzgebungsausschuss keinerlei Prüfung über Einnahmen und Ausgaben der Geldsumme von 300 Mio. vornehmen und somit seine ureigenste Aufgabe nicht erfüllen
konnte.

Zum damaligen Zeitpunkt war es laut Ausführungen des Landeshauptmannes noch unklar, wie diese Mehreinnahmen zustande kommen würden, „entweder durch die Aufnahme von Schulden, Bonds (…) bzw. über den Ausgleich in Bezug auf die Verhandlungen betreffend die berühmten 476 Millionen Euro.“ Der Landehauptmann fügte hinzu, was passieren würde „wenn wir weder regionale Bonds ausgeben können, noch die Verhandlungen mit Rom zum Erfolg führen. Das wäre der Worstcase. Das würde bedeuten, dass wir innerhalb von drei Jahren einen Ausgleich im Landeshaushalt schaffen müssten.“ Ebenso wenig war der Landtag in der Lage, die 300 Mio. Euro ausgabenseitig zu hinterfragen. Die Übersicht dieser Ausgaben nach Aufgabenbereichen, Programmen, Titeln und Gruppierungen ist zurzeit noch ausständig.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. Dem Landtag eine Erklärung über die Finanzierung der in den Prämissen zitierten Mehreinnahmen von 300 Mio. Euro abzugeben;
  2. Dem Landtag die Übersicht der in den Prämissen zitierten Ausgaben von 300 Mio. Euro nach Aufgabenbereichen, Programmen, Titeln und Gruppierungen zu übermitteln.

Bozen, am 14.12.2020

Landtagsabgeordnete

Hanspeter Staffler
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba

ANFRAGE ZUR SCHRIFTLICHEN BEANTWORTUNG.

Bürger*innen der Gemeinde Terlan konnten auf der Grundparzelle 2254/1 in Terlan/Siebeneich Eisvögel beobachten. Auf besagter Grundparzelle befindet sich ein Teich, welcher einen winziger Rest der ehemaligen Auenlandschaft des Etschtales darstellt. Dieser Teich ist von Feuchtvegetation, Ufergebüsch und einigen Bäumen umsäumt und bildet nach uns vorliegenden Informationen eines der letzten Refugien für gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Mittlerweile wurde die Anwesenheit der Eisvögel auch von Ornitholog*innen vor Ort bestätigt.
Der Eisvogel (Alcedo atthis) findet sich in Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie. Laut Artikel 4 dieser Richtlinie sind besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden,um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.

Daher richten wir folgende Fragen an die Landesregierung:

  1. Kann die Landesregierung das Vorkommen von Eisvögeln auf besagter Grundparzelle bestätigen?
  2. Welche Maßnahmen möchte die Landesregierung ergreifen, um die beobachteten Eisvögel ausreichend zu schützen?
  3. Wie steht die Landesregierung zum Vorschlag, rund um die besagte Grundparzelle ein Biotop auszuweisen, was nicht nur für die Eisvögel, sondern auch für andere schützenswerte Tierarten maßgeblich zum Überleben beitragen würde?

Bozen, 11.12.2020

Landtagsabgeordnete
Hanspeter Staffler
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba

 

Hier kann die Antwort der Landesregierung heruntergeladen werden.

PRESSEMITTEILUNG.

„Schön grün“, das war die Haushaltsrede von LH Kompatscher auch heuer wieder. Der Chef der Landesregierung setzt auf Nachhaltigkeit, Green Deal, Klimaziele und Gendergerechtigkeit. Schön und gut. „Wir nehmen das zufrieden zur Kenntnis“, so die Abgeordneten der grünen Landtagsfraktion. Auch Bekenntnisse und Zielbestimmungen haben eine Wichtigkeit.

Nur sprechen die nackten Zahlen des Landeshaushalts eine andere Sprache. Das mit Abstand finanziell schwächste Ressort ist das der Landesrätin Kuenzer, die für Natur- und Landschaftsschutz, Raumordnung und Denkmalpflege zuständig ist. Ihr Budget ist 1/100 des Ressorts Widmann. Die Kultur, arg gebeutelt vom Krisenjahr 2020, muss Federn lassen, die Umwelt sowieso. Und das Soziale, Schlüsselfaktor in Krisenzeiten und immer schon gefährdet, bleibt knapp. Nicht umsonst weisen die Interessensvertretungen des Sozialen mit Nachdruck darauf hin, dass hier nicht gespart werden darf.

Ein Landeshaushalt der Nachhaltigkeit und des Zusammenhalts, wie vom LH beschworen, muss von denen ausgehen, die an der schwächsten Stelle stehen.
Weiterhin den Stärksten und Lautesten im Land nachzugeben, das ist ein anderer Weg. Er wird uns schwerlich aus der Krise führen.

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hanspeter Staffler

Hier findet ihr die Minderheitenberichte zu den LGE 65/66 und 67 des Abg. Staffler (Mitglied des 3. Gesetzgebungsausschusses)