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Prioritäten für 2019: Wofür die Europäischen Grünen kämpfen

 

Den Klimawandel durch einen stufenweisen Kohleausstieg, die Förderung der Energieeffizienz und eine Umstellung auf 100 % erneuerbare Energien bekämpfen

 Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Ohne Eindämmung des Klimawandels wird die Menschheit gewaltige Schäden anrichten und viele Teile der Erde praktisch unbewohnbar machen. Aber es gibt eine Antwort auf die Klimakrise: Sie beginnt mit Solar- , Wind- und anderen erneuerbaren Energien! Wir müssen unseren Strom aus 100% erneuerbaren Energien beziehen, diesen effizient nutzen, stufenweise aus fossiler und Kernenergie aussteigen und gleichzeitig nachhaltige Arbeitsplätze in den betroffenen Regionen schaffen. Um die Emissionen schnell genug zu reduzieren und die weltweit geltende 1,5°C-Grenze zu erreichen, werden wir uns für einen gerechten Übergang auf eine Wirtschaft mit Netto-Null-Emissionen einsetzen. Ein EU-CO2-Haushalt und hohe CO2-Mindestpreise sind notwendig, um unsere Anstrengungen zu unterstützen. Wir plädieren dafür, bis 2030 aus der Kohle und bald darauf aus anderen fossilen Brennstoffen auszusteigen. Die Subventionierung fossiler und nuklearer Energieträger muss sofort eingestellt werden. Europa muss sich von fossilen Brennstoffen trennen. Private und öffentliche Mittel sollten aus fossilen Investitionen abgezogen werden.

In eine gerechte grüne Wirtschaft, Forschung und Innovation investieren

 Europa hat die Chance, durch einen gerechten Übergang auf eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft mit einem Green New Deal weltweiter Vorreiter zu werden, das Paradigma der Sparpolitik zu beenden und eine wirtschaftliche Entwicklung zum Wohle aller zu gewährleisten. Dies verspricht ausreichende und gute Arbeitsplätze, Nachhaltigkeit, soziale Integration, verbesserte Krisenresistenz und Stabilität. Um dies zu erreichen, wollen wir gemeinsam Partnerschaft mit Wirtschaftsakteur*innen, Arbeitnehmer*innen, Gewerkschaften und Unternehmen daran arbeiten. Wir fordern eine wirksame und unabhängige EU-Behörde für die Aufsicht über den digitalen Sektor, um die Marktmacht von Großunternehmen zu kontrollieren und zu begrenzen. Europa braucht eine gemeinsame nachhaltige Industriepolitik. Wir fordern, dass sowohl das verarbeitende Gewerbe als auch der Finanzsektor grüner werden und lehnen dabei ein Greenwashing ohne wahre Nachhaltigkeit ab. Die Entwicklung einer angemessenen Infrastruktur muss hohe Priorität haben; der Schwerpunkt muss auf Forschung und Öko-Innovation liegen. Die Entwicklung digitaler und sauberer Technologien muss Hand in Hand gehen und sich an den gesellschaftlichen Bedürfnissen und den Zielen der internationalen Gemeinschaft für nachhaltige Entwicklung orientieren. Wir dürfen nicht zulassen, dass industrielle (De-)Regulierungen und Handelsabkommen den ökologischen und sozialen Fortschritt untergraben oder behindern.

Ein angemessenes Mindesteinkommen in den Mitgliedsländern gewährleisten

Europa muss zu einer echten Sozialunion werden, die die Arbeitnehmer stärkt, Armut bekämpft und Ungleichheit verringert. Das soziale Versprechen von Gerechtigkeit und Integration für alle Bürgerinnen und Bürger muss erneuert werden. Es darf weder der Sparpolitik noch der Gier der Unternehmen zum Opfer fallen. Wir bekämpfen Sozialdumping. Faire Bezahlung, Gewerkschaftsrechte und angemessene Arbeitsbedingungen müssen gewährleistet sein. Die europäische Rahmengesetzgebung muss durch eine vom nächsten Europäischen Parlament zu verabschiedende Mindesteinkommensrichtlinie durchsetzen, dass die Mitgliedstaaten ihren Bürgerinnen und Bürgern ein angemessenes/ Mindesteinkommen unter Wahrung der nationalen Sozialversicherungssysteme garantieren. Wir Grüne kämpfen auch für fair bezahlte Krankentage und fairen Elternurlaub in allen Mitgliedsländern. Soziale Rechte müssen rechtlich durchsetzbar werden. Wir befürworten nationale Experimente zu universellem Grundeinkommen und Arbeitszeitverkürzungen.

Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte wahren, Transparenz erhöhen und Korruption bekämpfen

Die Rechtsstaatlichkeit ist sowohl in Europa als auch im Ausland gefährdet. Ihre Verteidigung gegen den Autoritarismus ist ein Kampf um die Seele Europas. Die europäischen Institutionen und Mitgliedstaaten müssen in diesem Konflikt zusammen stehen. Die EU braucht einen verbindlichen und umfassenden Mechanismus zur regelmäßigen Überwachung des Zustands der Demokratie, des Rechts der Oppositionskräfte  gehört zu werden, der Rechtsstaatlichkeit, der Pressefreiheit und der Grundrechte in allen EU-Mitgliedstaaten. Sie braucht auch ein System, das den politischen Dialog fördert, ein schnelles Eingreifen ermöglicht, Unterstützungsmaßnahmen für unabhängige Medien und die Zivilgesellschaft ergreift und gegebenenfalls angemessene Sanktionen verhängt. Transparente EU-Institutionen sind für die Bürgerinnen und Bürger unerlässlich. Mangelnde Transparenz im Rat gefährdet die demokratische Rechenschaftspflicht und führt dazu, dass Brüssel leichtfertig die Schuld zugeschoben wird. Die EU muss Minderheiten zuverlässig vor jeder Art von Diskriminierung schützen. Sie muss Aktivist*innen, Journalist*innen und Whistleblower*innen schützen, die geheime Informationen im öffentlichen Interesse preisgeben. Europäische Mittel dürfen nicht dazu verwendet werden, europäische Regeln zu brechen. Nationalen Regierungen, die die Rechtsstaatlichkeit untergraben, muss die Kontrolle über EU-Mittel entzogen werden, während die Endbegünstigten geschützt werden müssen. Korruption muss entschlossen bekämpft werden.

Das Recht auf Asyl verteidigen und legale und sichere Migrationswege schaffen

Sicherheitsgarantien für Asylsuchende resultieren aus den Lehren, die wir aus der dunklen Geschichte Europas gezogen haben. Das Recht auf Asyl ist für uns nicht verhandelbar. Wir wollen eine Asylpolitik, die auf Solidarität, Menschlichkeit und einem geordneten Prozess basiert, der eine gerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen den Mitgliedstaaten und die Wiedereinführung eines europäischen Programms zur Seenotrettung vorsieht. Europa muss gemeinsame Normen und Regeln für Arbeitsmobilität und Migration schaffen. Wir wollen, dass die EU Länder und Gemeinden unterstützt, die Geflüchtete oder Migrant*innen aufnehmen. Migrant*innen zu helfen sollte niemals illegal sein. Menschen gehören nicht ins Gefängnis, nur weil sie Asyl suchen.

Züge zu einer echten Alternative zu Flugzeugen in Europa machen

Ein zentrales grünes Ziel ist es, den Verkehrssektor in ganz Europa zu verändern, um unsere Abhängigkeit von umweltschädlichen Autos so schnell wie möglich zu überwinden, die zunehmende Verschmutzung durch den Luftverkehr zu stoppen und umfangreiche Investitionen in regionale und grenzüberschreitende Eisenbahnnetze zu tätigen. Die CO2-Emissionen des Verkehrssektors steigen weiter an, insbesondere durch Autos und Flugzeuge. Die Verbindung von Ländern und Regionen mit Schnellzügen, Nachtzügen und Regionalzügen bietet eine gute Alternative. Um die Wettbewerbsbedingungen zwischen Zug- und Flugverkehr zu verbessern, müssen Flüge angemessen besteuert werden.

Die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger durch die Bekämpfung von Luft- und Wasserverschmutzung und die Reduzierung von Kunststoffabfällen schützen

Entschlossenes Handeln im Umweltbereich kann das Leben von Millionen von Menschen verbessern. Um die Luft, die wir atmen, und das Wasser, das wir trinken, zu schützen, müssen wir die Verschmutzung schnellstmöglich reduzieren. Tausende sterben jedes Jahr an Feinstaub und anderen Luftschadstoffen. Eine signifikante Zunahme von Krankheiten ist auf die Umweltzerstörung und einen ungesunden Lebensstil zurückzuführen. Chemikalien, Hormone, Nitrat oder Mikrokunststoffe in unserer Nahrungskette stellen gesundheitliche Gefahren dar. Die EU muss die Ursachen des Problems angehen und angemessene Maßnahmen ergreifen. Nicht recyclebare Kunststoffe sollten besteuert oder verboten, nachhaltige Alternativen entwickelt und die Recyclingziele erhöht werden. Um unsere wertvolle Natur zu erhalten, wollen wir die Naturschutzgebiete deutlich ausdehnen, um so wichtige Ökosysteme zu schützen. Die EU braucht ein neues Umweltaktionsprogramm. Die EU sollte keine Schäden an der Umwelt oder der biologischen Vielfalt finanzieren. Meeresschutzgebiete sollen 20 % unserer Meere ausmachen.

Gute lokale, gentechnik- und pestizidfreie Lebensmittel produzieren; eine Landwirtschaft ohne Tierquälerei

Die Gelder der europäischen Steuerzahler*innen sollen in Zukunft nur noch eine gesunde Nahrungsmittelproduktion für die europäischen Bürgerinnen und Bürger fördern, anstatt die Agrarindustrie zu subventionieren, die unsere Böden zerstört, die Biodiversitätskrise verschärft und die Nahrungsmittelproduktion monopolisiert. Die giftigsten Pestizide müssen so schnell wie möglich verboten werden. Wir sind dagegen, dass europäische Agrarerzeugnisse zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt gebracht werden, wodurch die lokale Lebensmittelproduktion in vielen Entwicklungsländern zerstört wird. Wie sehr die Landwirt*innen von der europäischen Agrarpolitik profitieren, sollte davon abhängen, wie sehr sie Klima, Wasser und die biologische Vielfalt schützen, in den Tierschutz investieren und auf die Verwendung von GVOs verzichten. Wir wollen faire Produktpreise für die Landwirt*innen in lebenswichtigen ländlichen Regionen, anstatt einige wenige multinationale Unternehmen mit riesigen Einnahmen zu unterstützen. Wir Grüne stehen für den Schutz von Nutztieren statt Massenzuchtquälerei und der Tortur der Tiere beim Langstreckentransporten ausgesetzt sind.

Freien Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Ausbildung, fair bezahlten Praktika und guten Arbeitsplätzen für junge Menschen gewährleisten

Junge Menschen gestalten die Zukunft Europas. Wir schulden ihnen dafür die bestmöglichen Bedingungen und das Recht auf Emanzipation. Deshalb müssen junge Menschen das Recht auf eine bezahlbare Hochschulbildung, gute Ausbildungsbedingungen und einen fairen Zugang zu Arbeitsplätzen mit gutem Einkommen haben. Der soziale Schutz junger Menschen soll durch Mindesteinkommen und Experimente mit Grundeinkommen gewährleistet werden. Die EU sollte die Mitgliedstaaten ermutigen, mehr in Bildung zu investieren. Europa muss massiv in die Finanzierung des lebenslangen Lernens und der Umqualifizierung investieren. Die EU-Finanzierung von Austauschprogrammen wie beispielsweise dem Erasmus-Programm muss verzehnfacht werden. Jeder junge Mensch sollte die Möglichkeit haben, an einem Austauschprogramm teilzunehmen, unabhängig von seinem finanziellen Hintergrund und seiner Bildungslaufbahn. Eine ausreichende Finanzierung des Europäischen Solidaritätskorps sollte jungen Menschen die Möglichkeit bieten, ihre eigenen Freiwilligenprojekte zu entwickeln. Wir werden gegen arbeitsmarktpolitische Vorschriften kämpfen, die jungen Menschen einen fairen Zugang verweigern. Ein europäischer Kulturpass würde das Erasmus-Programm bereichern.

Jetzt für Steuergerechtigkeit kämpfen

Jeder muss seinen gerechten Anteil an Steuern zahlen, denn Steuerhinterziehung und Steuerumgehung untergraben unsere Demokratie. Unsere Gesellschaften sind zunehmend gespalten. Ungerechte Besteuerung trägt zu Ungleichheit bei. Wachsende Ungleichheit, ungehinderte Lobbyarbeit und Korruption stellen eine große Gefahr für die Demokratie dar. Wir Grüne werden Steuersysteme entwickeln, die große multinationale Konzerne und wohlhabende Einzelpersonen nicht länger bevorzugen. Wir haben im Europäischen Parlament hart für mehr Steuergerechtigkeit gekämpft. Wir werden weiterhin gegen Steueroasen, Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und Geldwäsche vorgehen. Es ist inakzeptabel, dass eine Reihe multinationaler Unternehmen und großer Internetplattformen fast keine Steuern zahlen. Deshalb wollen wir eine Digitalsteuer in Europa einführen. Wir Grüne treten gegen einen unfairen Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedsländern, der die öffentlichen Haushalte belastet, ein.

Für ein feministisches Europa, gegen geschlechtsspezifische Gewalt und für Gleichberechtigung kämpfen

Die Gleichstellung der Geschlechter steht im Mittelpunkt grüner Politik. Wir wollen, dass das Recht auf Abtreibung in die Charta der Grundrechte der EU aufgenommen wird. Wir wollen eine freie und zugängliche, qualitativ hochwertige und sichere sexuelle und reproduktive Gesundheitsversorgung und Dienstleistungen für alle, einschließlich der Option auf Abtreibung, gewährleisten. Europa muss geschlechtsspezifische Gewalt bekämpfen, wie sie in dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, der Istanbul-Konvention, festgelegt ist. Alle europäischen Länder müssen dies als Priorität behandeln und umsetzen. Wir sind entschlossen, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und eine ausgewogenere Zusammensetzung der Machtstrukturen zu gewährleisten. Wir wollen auch, dass alle Regierungen und Institutionen die wahre Vielfalt der Europäerinnen und Europäer anerkennen und alle Formen von Diskriminierung und Gewalt, einschließlich gegen LGBTIQ*, bekämpfen und verhindern.

Waffenexporte an Diktatoren und Kriegsparteien stoppen und die Entwicklung fördern

Die EU ist immer noch ein Friedensprojekt. Um den Frieden zu wahren, braucht Europa eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, indem es Ressourcen bündelt und teilt sowie die Bemühungen der Mitgliedstaaten auf europäischer Ebene koordiniert. Europa darf keine Gewinne aus skrupellosen Exporten von Rüstungs- und Überwachungstechnologien an Diktatoren oder Kriegsparteien erzielen. Strenge Exportrichtlinien müssen strikt durchgesetzt werden. Stabilität und Entwicklung dürfen nicht nur mit militärischen Mitteln gewährleistet werden. Europa muss seine Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit auf mindestens 0,7 % des BIP erhöhen und seine Mittel für die Prävention, Lösung und Eindämmung ziviler Konflikte aufstocken, statt sie zu verringern. Wenn Menschenrechte und Umwelt ernsthaft bedroht sind, muss Europa in der Lage sein, seine Werte durch den umfassenden Einsatz seiner außenpolitischen Instrumente zu verteidigen. Ein umfassendes Konzept für die menschliche Sicherheit wird nur in einem Umfeld des Multilateralismus, der internationalen Gerechtigkeit, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Menschenrechte Erfolg haben.

Liebe Wählerinnen und Wähler,

die bevorstehenden Wahlen werden für die Zukunft Europas entscheidend sein. Wir wollen den Status quo überwinden und ein neues Kapitel für unsere gemeinsamen europäischen Bemühungen aufschlagen. Die Welt um uns herum steht nicht still und wir in Europa können es uns nicht leisten, Zeit zu verschwenden. Lasst uns den europäischen Wandel gemeinsam vorantreiben! Lasst uns radikale Analysen mit visionären Zielen und einem pragmatischen Ansatz verbinden.

Wir europäische Grüne verpflichten uns, für die Prioritäten zu kämpfen, die wir hier vorgestellt haben. Wir bitten alle europäischen Bürgerinnen und Bürger, uns bei diesem Kampf zu unterstützen. Wenn mehr grüne Mitglieder aus mehr Ländern in das Europäische Parlament gewählt werden, können wir diese Ziele erreichen. Um diese Prioritäten zu verwirklichen, werden wir versuchen, im nächsten Europäischen Parlament progressive Allianzen und Mehrheiten zu bilden. Wir Grüne versprechen, eine Spitzenkandidatin oder einen Spitzenkandidaten der Europawahl als Präsidentin oder Präsidenten der nächsten Europäischen Kommission zu unterstützen, die oder der bereit ist, diese Bemühungen zu fördern. Lasst uns für ein besseres Europa kämpfen.

Im Falle von Diskrepanzen haben die Angaben in der englischen Version Gültigkeit