HomeCovid-19Minderheitenbericht zu den Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Landesstabilitätsgesetz für das Jahr 2021

Minderheitenbericht zu den Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Landesstabilitätsgesetz für das Jahr 2021

MINDERHEITENBERICHT LGE 67/20.

Mit den Bestimmungen zum Landesstabilitätsgesetz für das Jahr 2021 versucht die Landesregierung, mit rund 20 Artikeln über 70 Gesetzesänderungen einzuführen. Die vorgeschlagenen Änderungen gehen Querbeet von den „Bestimmungen zur Aufnahme des Lehrpersonals“ über die „Neuregelung des Landesgesundheitsdienstes“ bis zur „Handelsordnung“, um nur einige Beispiele zu nennen. Unsere besondere Aufmerksamkeit haben die verzögert nachgereichten Änderungen wie jene über die „Finanzinstrumente für den Neustart der Wirtschaft“ oder jene über die „Verwaltung des Vermögens des Landes Südtirol“ geweckt.

Obwohl einige Gesetzesänderungen als direkte oder indirekte Folge der Coronakrise vorgeschlagen werden, ist es doch bemerkenswert, dass der Begriff COVID-19 lediglich ein einziges Mal im gesamten Gesetzestext vorkommt, als ob es gegen Ende dieses Pandemiejahres eine gewisse Müdigkeit gebe, das Kind beim Namen zu nennen.

Mit Artikel 5 werden die Sanitätsbauten von der Landesregierung auf den Sanitätsbetrieb übertragen, was technisch nachvollziehbar ist. Allerdings nehmen wir verwundert zur Kenntnis, dass es sich dabei nicht um eine einmalige Kompetenzverschiebung handelt, sondern dass die Verantwortung über die Sanitätsbauten eine Pingpong-Vergangenheit hat: 2015 bereits wurden die Sanitätsbauten vom Sanitätsbetrieb zur Landesverwaltung gespielt, einige Jahre vorher – so um das Jahr 2010 – von der Landesverwaltung zum Sanitätsbetrieb. Das Budget für Sanitätsbauten ist mit über einer halben Milliarde Euro dotiert und somit lässt es sich auch erklären, warum diese Kompetenz seit Jahren zwischen den Ressorts hin und her gespielt wird und nicht zur Ruhe kommen will.

Mit Artikel 16/quinquies (Finanzinstrumente für den Neustart der Wirtschaft) beabsichtigt die Landeregierung über die In-House-Gesellschaft „Euregio Plus SGR“ Finanzinstrumente zu lancieren, um kleinere und mittlere Unternehmen auf verschiedene Art und Weise zu finanzieren: zum Beispiel sollte die Unterstützung auch durch den Erwerb von Schuldinstrumenten erfolgen. Innovative Unternehmen (welche das sein könnten, wird nicht gesagt) sollen mit Risikokapital unterstützt und das Management des Fremdenverkehrssektors (was das auch immer sein könnte) soll durch Investmentfonds innovativer gestaltet werden. Schuldinstrumente, Risikokapital und Investmentfonds sind Begriffe, die viel eher zu Banken oder zu unabhängigen Finanzinstituten passen als zu einer In-House-Gesellschaft der Landesverwaltung.

Dass es die Landesregierung mit den Investmentgeschäften ernst zu meinen scheint, zeigt sich darin, dass sie sich mit dieser Gesetzesänderung ermächtigten lassen will, die Kontrolle über die Euregio Plus SGR AG zu übernehmen. Dafür bräuchte das Land rein rechnerisch 1.208.388,00 Euro, veranschlagt werden von der Landesregierung aber 10.600.000,00 Euro.

Zum jetzigen Zeitpunkt hat die Euregio Plus SGR AG ein Gesellschaftskapital von 9.868.500,00 Euro, welches sich folgendermaßen auf die drei Gesellschafter verteilt: 51% Pens Plan Centrum S.P.A., 45% Autonome Provinz Bozen, 4% Autonome Provinz Trient. Um die Kontrolle der Gesellschaft mit 51% zu übernehmen, müsste das Land Südtirol 1.208.388,00 Euro in die Gesellschaft einbringen. Laut vorliegender Gesetzesänderung werden aber 10,6 Millionen Euro eingezahlt, wodurch sich die Frage ergibt, wofür die Differenz von rund 9,4 Mio. Euro an Steuergeldern vorgesehen sind.

Die Landesregierung lässt sich gleichzeitig auch ermächtigen, Anteile an Investmentfonds zu zeichnen, was möglicherweise mit der Differenz von 9,4 Mio. Euro erfolgen könnte. Interessant wäre zu wissen, um welche Investmentfonds es sich dabei handeln könnte? Aber ganz unabhängig von dieser Detailfrage, ist die angestrebte Beteiligung an Finanzgeschäften kritisch zu beurteilen und es sei an dieser Stelle an den guten alten Spruch erinnert, Schuster bleib bei deinen Leisten!

Neben der neu aufgelegten Investmentstrategie lässt sich auch eine Neuausrichtung der Vermögensstrategie erkennen: Teile des öffentlichen Gutes des Landes Südtirol, also das Gut aller Menschen dieses Landes, sollen zukünftig aus der Gebarung der Landesregierung in die Hände des Landesrates für Vermögen gelegt werden, was weder sinnvoll ist noch den geltenden Gesetzen entspricht.

Artikel 16/sexies beinhaltet eine starke Dehnung oder möglicherweise eine Überdehnung von Artikel 54 des Autonomiestatutes. In Artikel 54 des Autonomiestatutes werden taxativ die Obliegenheiten des Landesauschusses (Landesregierung) aufgezählt, wobei unter Punkt 4 „die Verwaltung des Vermögens der Provinz“ aufscheint. Nachdem es sich dabei um eine ausschließliche Obliegenheit der Landesregierung handelt, müssen alle Entscheidungen zum Landesvermögen per Beschluss der Landesregierung gefällt werden. Die Landesregierung ist somit laut Statut DER Garant für das Vermögen des Landes, also für das Vermögen aller Südtirolerinnen und Südtiroler. Zwischen 1972 und 2016 hat die Landesregierung stets diese Obliegenheit wahrgenommen.
Im Jahr 2016 kam es dann zu einer ersten Erosion dieses Prinzips, indem in das Landesgesetz vom 21. Jänner 1987, Nr. 21 „Verwaltung des Vermögens des Landes Südtirol“ folgender unscheinbarer Absatz (3) in Artikel 16 eingefügt wurde:

„(3) Der Landesrat für Vermögensverwaltung kann den Verkauf und Ankauf von Liegenschaften verfügen, sofern deren Wert nicht mehr als 10.000,00 Euro beträgt. Die entsprechenden Verträge bis zu genanntem Schwellenwert können vom Direktor der Landesabteilung abgeschlossen werden.“ (Artikel 32 Absatz 3 des Landesgesetzes vom 18. Oktober 2016, Nr. 21)

Mit dieser kleinen aber „feinen“ Gesetzesänderung wurde geschickt eine ausschließliche Obliegenheit der Landesregierung erstmals seit Beginn der 2. Autonomie auf den verantwortlichen Landesrat übertragen. Geschickt deshalb, weil es im Jahr 2016 wahrscheinlich ein Leichtes war, dem Landtag dies als Effizienzgewinn anzupreisen: Die Landesregierung hätte bedeutend wichtigeres zu tun, als sich mit kleinen Immobiliendeals bis zu 10.000 Euro zu beschäftigen. Dieses Argument könnte aus betriebswirtschaftlicher Sicht oder aus dem Blickwinkel einer Controllingstelle einleuchten, Artikel 54 des Autonomiestatuts und das Landesgesetz vom 21. Jänner 1987, Nr. 21 „Verwaltung des Vermögens des Landes Südtirol“ untersagen aber prinzipiell diesen Ansatz.

Denn der Landesrat für Vermögensverwaltung hat zwar laut Artikel 1 Absatz 2 des LG 21/1987 „die Sachen der öffentlichen Hand sowie die Vermögensgüter zu verwalten; die Zuständigkeit der Landesregierung gemäß Artikel 54 des Autonomiestatuts wird dadurch nicht berührt.“

Also die Zuständigkeit der Landesregierung wird durch die Verwaltungsarbeit des zuständigen Landesrates nicht berührt; und nicht berührt heißt in anderen Worten nicht angetastet, nicht umgeschrieben, nicht geändert. Aber trotzdem kam es im Jahr 2016 zu einer ersten Änderung, die inhaltlich unbedeutend ist, aber formal einem Haarriss in der Stützmauer des Artikel 54 des Autonomiestatus gleichkommt.

Nun wird mit diesem Artikel 16/sexies der im Jahr 2016 angelegt Haarriss deutlich um das 26-fache pro Handlung erweitert. Der Vermögenslandesrat kann aufgrund eines Jahresprogrammes der Landesregierung, Vermögensgütern bis zu einem Wert von 260.000 Euro je Vermögensgut kaufen, verkaufen, mieten oder vermieten. Auf diesem Weg könnte die Landeregierung dem Landesrat ein umfangreiches Jahresprogramm genehmigen, welches viele Millionen Euro ausmachen könnte. Es liegt auf der Hand, dass damit ein Großteil der jährlichen Transaktionen aus der Hand der Landesregierung in die Hand eines Landesrates übergehen.

Genau diese Entwicklung wollten sowohl das Autonomiestatut als auch das einschlägige Landesgesetz zur Verwaltung des Vermögens des Landes vermeiden, aus diesem Grund werden wir gegen diesen Artikel und gegen das Gesetz stimmen.

Landtagsabgeordneter
Hanspeter Staffler

Author: Heidi

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