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PRESSEMITTEILUNG.

Der 4. Gesetzgebungsausschuss hat heute mit der Behandlung des von Brigitte Foppa zusammen mit Vallazza (Erstunterzeichner), Locher und Noggler mitunterzeichneten Gesetzes „Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern in der Gemeinschaftsverpflegung“ begonnen. Heute wurde der Übergang zur Artikeldebatte beschlossen. Im Jänner wird im Ausschuss darüber abgestimmt.

Seit jeher setzen sich die Grünen für mehr Transparenz bezüglich Herkunft von Lebensmitteln in der Gastronomie ein. In den letzten Jahren haben wir mehrere Beschlussanträge und Gesetzesentwürfe zum Thema eingereicht – immer mit unterschiedlichen Ergebnissen. Hier die letzten Etappen:

Am 29. April 2021 präsentierte die Grüne Fraktion einen Gesetzentwurf für mehr Transparenz über die Herkunft von tierischen Produkten in der gesamten Gastronomie.

Am 13. Mai 2021 wurde nach Verhandlungen mit der SVP im Landtag ein Beschlussantrag genehmigt, in dem wir forderten, dass die Herkunft von Produkten (tierischer Art, aber nicht nur) in allen gastronomischen Betrieben obligatorisch sein sollte.

Am 11. November 2022 wurde mit „Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern in der Gemeinschaftsverpflegung“ ein weiterer Gesetzentwurf eingebracht, der von Brigitte Foppa gemeinsam mit Manfred Vallazza (Erstunterzeichner), Franz Locher und Josef Noggler mitunterzeichnet wurde.

Über letztere wurde heute im zuständigen Ausschuss beraten. Und es gab einen weiteren Schritt nach vorne: Der 4. Gesetzgebungsausschuss billigte einstimmig den Übergang zur Artikeldebatte. Die Diskussion wird im Januar fortgesetzt.

„Wir sind an einem guten Punkt angelangt“, so Brigitte Foppa am Ende der Debatte im 4. GGA „Umweltschutz und Landwirtschaft können zusammenarbeiten. Dieses Gesetz ist ein weiterer Schritt in Richtung eines größeren Bewusstseins für die Herkunft von Lebensmitteln, für die Aufwertung lokaler Produkte, für eine echte Wahlfreiheit der Bürger:innen und für die Lebensqualität der Tiere“. Nun warten wir auf die definitive Genehmigung des Ausschusses im Januar.

Bozen, 22/12/2022

Landtagsabgeordente
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

 

Wie vom Landesgesetz 5/2022 vorgesehen, wurde der Entwurf der Durchführungsverordnungen dem zuständigen 4. Gesetzgebungsausschuss zur Begutachtung übermittelt. Das Gutachten ist verpflichtend, aber nicht binden.

Im Anhang das Gutachten der Grünen Vertreterin im Vierten Gesetzgebungsausschuss Brigitte Foppa, das am Donnerstag, den 22. Dezember, im Ausschuss diskutiert werden soll.

Natürlich finden sich die „Mängel“ des Gesetzes auch in den Durchführungsverordnungen wieder. Wir erwähnen zwei davon, die unserer Meinung nach zu den schwerwiegendsten gehören:

  • da auch die Mittelschicht Zugang zu WOBI-Wohnungen hat, von denen es viel zu wenige gibt, riskiert man einen „Krieg der Armen“.
  • Die Begrenzung der Mietverträge auf vier Jahre wird das Leben der Familien noch prekärer machen.

Dies einige spezifische Kritikpunkte:

  • Eine Fortschreibung der strikten Trennung nach Sprachgruppen ist aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäß. Bedarf und Bedürftigkeit müssen vor Sprachgruppe stehen.
  • Der Zugang zu Sozialwohnungen für Migrant:innen wird immer schwieriger. Menschen auf der Flucht dürfen erst ansuchen, wenn sie Asylstatus erhalten haben. Für sie gilt eine getrennte landesweite Rangliste. Nicht mehr als 10% der Wohnungen, die für Nicht EU-Bürger:innen reserviert sind, dürfen an Menschen mit Asylstatus vergeben werden.
  • Ein Kind aus anderen Zeiten ist die Tatsache, dass für die Eheschließung (und nur für sie!) 5 Punkte vergeben werden. Das ist eine grobe Diskriminierung für Menschen, die in anderen Lebensformen zusammenleben – und vor allem für jene Paare, denen eine Eheschließung bis heute nicht erlaubt wird.

Bozen, 21/12/2022

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Haushalt 2023 – Zwei grüne Agenden genehmigt

Der Landtag hat heute zwei von der Grünen Fraktion vorgelegte Tagesordnungen angenommen. Die Landesregierung hat sich darin verpflichtet, einen nachhaltigen Landesplan zu entwickeln, um den Bedürfnissen von Obdachlosen und Geflüchteten in der kalten Jahreszeit gerecht zu werden; auch durch die Einrichtung eines „Kältelefons“. Zudem soll der Bahnhof Bozen barrierefrei werden, denn leider ist er bislang einer der einzigen nur sehr schwer zugänglichen Bahnhöfe Südtirols. Wenigstens dies sind gute Nachrichten zu Jahresende.

Der tragische Tod eines 19-Jährigen Ägypters in Bozen Süd hat die Südtiroler Bevölkerung erschüttert. Die Grünen haben den Appell von Verbänden, Diözese, Caritas, Institutionen und Zivilgesellschaft aufgenommen und in Form einer Tagesordnung in den Südtiroler Landtag gebracht: Im reichen Südtirol darf niemand vor Kälte sterben! Die Landesregierung hat daraufhin unsere Vorschläge genehmigt: Die über das gesamte Gebiet verteilten Notunterkünfte werden reaktiviert, eine Mahlzeit und ein warmes Bett werden denjenigen garantiert, die unser Gebiet durchqueren, und es wird ein „Kältetelefon“ eingerichtet, über das man um Hilfe bitten kann. Hier findet ihr den angenommenen Text.

Südtirol setzt sich seit langem für den Abbau von architektonischen Barrieren ein, insbesondere an sensiblen Orten wie Bahnhöfen. Die meisten Bahnhöfe im Vinschgau und Pustertal sind mit erhöhten Bahnsteigen ausgestattet, um beeinträchtigten Personen ein selbstständiges Ein- und Aussteigen zu ermöglichen. Natürlich sind diese Verbesserungen auch für Menschen ohne Beeinträchtigung nützlich, da sie keine hohen Stufen erklimmen müssen. Der Bozner Bahnhof bildet hier leider eine gravierende Ausnahme. Heute ist der wichtigste Bahnhof des Landes für Menschen mit Beeinträchtigung nur sehr eingeschränkt zugänglich. Der Landtag hat sich daher heute verpflichtet, den Bozner Bahnhof so schnell wie möglich von architektonischen Barrieren zu befreien, und zwar unter Einbeziehung des Beirats für Menschen mit Behinderung. Hier der genehmigte Text .

Zwei gute Nachrichten an diesem turbulenten Jahresende. Hoffen wir, dass sie ein gutes Omen sind.

Bozen, 16.12.2022

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

 

Landeshaushalt 2023

Dies war eine Gelegenheit, Bilanz über diese Legislatur zu ziehen und in die Zukunft zu blicken

Brigitte Foppa, Hanspeter Staffler und Riccardo Dello Sbarba nutzten die Debatte zum Landeshaushalt für eine Analyse der Fehler und Schwächen dieser zu Ende gehenden Legislaturperiode und betonten die Bedeutung von Klima, sozialer Gerechtigkeit und guter Politik.

Die hinter uns liegenden Jahre waren nicht einfach und die Folgen sind immer noch deutlich sichtbar. Die Klimakrise lässt nicht nach und die Politik tut sich schwer, eine klare Richtung vorzugeben. „Meine Befürchtung ist“, so Brigitte Foppa in ihrer Rede, „dass wir im kommenden Jahr eine Reihe von Plänen der Landesregierung sehen werden, die den Eindruck erwecken, dass sich etwas bewegt, die aber in Wirklichkeit nur eine Wunschliste bleiben. Der Klimaplan ist das krasseste Beispiel. Wir alle wissen es: Der Klimaplan des ehemaligen Landesrates Laimer verstaubt schon seit Jahren in der Schublade, bis weit in die Ära Kompatscher hinein. Wenn ich mir als Landeshauptfrau 2013-2023 etwas vorhalten würde, dann als erstes, dass ich dieses Thema so lange so kolossal unterschätzt oder verdrängt habe. Es ist eine Zeit der wachsenden Komplexität. Das macht vielen Menschen Angst, sie flüchten in einfache und populistische Konzepte. Als progressive politische Kraft wollen wir daran arbeiten, die Menschen stark zu machen, damit sie Komplexität aushalten und bewältigen können. Denn es geht nicht mehr darum, das alte patriarchale Rezept anzuwenden, das auf Hierarchie und Macht fußt, sondern darum, gemeinsam mit der Gesellschaft die Komplexität zu managen“.

Die Wirtschaftskrise trifft alle Arbeitnehmenden hart. Der Verlust des Kaufwerts der Löhne ist dramatisch. Die Landesregierung sollte als Arbeitgeberin des gesamten öffentlichen Sektors ein konkretes Signal an seine Mitarbeiter:innen geben. „Unsere Verwaltung leistet in den Gemeinden und beim Land Außerordentliches; sie kümmert sich um das Gemeinwohl, wacht mit Argusaugen auf unsere Autonomie und verteidigt sie bei Angriffen aus Rom. Dafür gehören die Menschen des öffentlichen Dienstes mit fairen Gehältern bezahlt“, daran hat Hanspeter Staffler keinen Zweifel, „und das betrifft auch diejenigen, die in den Schulen arbeiten und für die Erziehung künftiger Generationen verantwortlich sind, diejenigen, die in Pflegeeinrichtungen arbeiten; es ist nicht hinnehmbar, dass die Landesregierung bei einem Haushalt von 6,7 Milliarden Euro keine zusätzlichen Mittel für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bereitstellen will. Für das nächste Jahr schlagen wir vor, 50 Millionen für den bereichsübergreifenden Kollektivvertrag zu investieren, was die Aushandlung eines Lohnausgleichs von vorerst 5 Prozent ermöglichen würde. Ein kleiner, unverzichtbarer Schritt!“.

Krieg im Herzen Europas mit dem Gespenst einer nuklearen Eskalation, eine globale Erwärmung um mindestens 3 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts, eine weltweite Pandemie, welche die Schere zwischen Arm und Reich weiter vergrößert hat. Die schlimmsten Prophezeiungen scheinen sich zu bewahrheiten. Welchen Beitrag kann unser kleines Südtirol in dieser aus den Fugen geratenden Welt beitragen?

„Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, und das ernsthaft und wahrhaftig: Für Propaganda und leere Versprechungen ist kein Platz mehr. Uns fehlt es nicht an Techniken, sondern an einem neuen Bewusstsein, an einer neuen Kultur, an neuen sozialen Beziehungen“, unterstrich Riccardo Dello Sbarba mit Vehemenz in Richtung der Landesregierung, „doch leider sind die tragenden Strukturen der Gesellschaft jene der Vergangenheit geblieben. Der Landeshaushalt spiegelt diese Unfähigkeit zu einer wahren Veränderungen wider: Er behält die gleiche Struktur der letzten 20 Jahre bei, nur eine Million mehr auf der einen und eine Million weniger auf der anderen Seite. Ein Haushalt von 6,7 Milliarden prägt die Gesellschaft. Ein Haushalt, der so ist, wie er immer schon war, ist ein Spiegelbild derselben unnachhaltigen, egoistischen und abhängigen Gesellschaft, mit der wir den Planeten ruinieren. Eine echte Klima- und Solidaritätspolitik braucht einen anderen Haushalt, der sich auf zwei grundlegende Aufgaben konzentriert: die Finanzierung des ökologischen Wandels in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft sowie die Errichtung eines Sozialfonds für Klimagerechtigkeit, um Ungleichheit und Armut zu bekämpfen. Damit der ökologische Wandel von allen Menschen als Chance zur sozialen Wiedergutmachung erlebt wird“.

 

Hier finden Sie die vollständigen Reden:
Brigitte Foppa
https://www.verdi.bz.it/eine-verzagte-gesellschaft/
Hanspeter Staffler https://www.verdi.bz.it/nichts-ist-so-fein-gesponnen/
Riccardo Dello Sbarba https://www.verdi.bz.it/anders-ist-mehr/

 

Bozen, 16.12.2022

 

Rede von Riccardo Dello Sbarba zum Landeshaushalt 2023.

Care colleghe e colleghi, egregio Presidente Kompatscher,

questa mattina ho attraversato una Bolzano imbiancata per venire da casa a qui. Il panorama con la neve era meraviglioso; tante persone spalavano non solo i marciapiedi, ma anche i passaggi pedonali, anche se non spettava a loro; in via della Mostra c’era un ragazzo seduto per terra, vestito con una sola felpa e un cartello: “Ho fame”; in piazza Walther c’era la solita frenesia per l’allestimento mattutino del mercatino.

Come vedete, in meno di un chilometro ho incontrato tutto il bello e anche tutto il dolore che ci sono nel nostro Sudtirolo.

Quando sono arrivato qui, in questo Palazzo del Consiglio, mi sono guardato intorno e ho deciso di rinunciare al lungo e dettagliato discorso che avevo preparato. Ieri il vescovo ci ha invitato a “rinunciare”. Ho pensato che se non cominciamo per primi noi a rinunciare– noi vecchi uomini bianchi europei, che abbiamo procurato tanti guai a questo pianeta – chi dovrebbe farlo?

Quindi, nach dem Motto “weniger ist mehr”, ho preparato una sintesi di poche righe di quello che volevo dire.

Siamo di fronte a quello che il cancelliere tedesco Olaf Scholz, in un saggio dai toni drammatici pubblicato il 5 dicembre scorso sui maggiori media di lingua inglese e tedesca, ha chiamato “die globale Zeitwende”, il cambio d’epoca globale.

Abbiamo una guerra nel cuore dell’Europa che ha reso concreto il rischio di una terza guerra mondiale con l’uso dell’arma nucleare.

Il riscaldamento del pianeta non è più una minaccia futura ma una realtà del presente, con un ormai inevitabile aumento medio della temperatura di almeno di 3 gradi entro fine secolo, che vuol dire 6 gradi all’interno dei continenti. Sulle Alpi siamo già a più 1,6 gradi di inverno e più 2,6 gradi in estate. Già ne viviamo le conseguenze: eventi estremi, scioglimento dei ghiacciai, siccità, grandi migrazioni climatiche.

Siamo usciti dalla pandemia con l’aumento vertiginoso di ricchezze sempre più grandi e di povertà sempre più estese. La paura della malattia e i lunghi lockdown hanno strappato le connessioni sociali, hanno creato solitudine e diffuso un esasperato individualismo.

Ce ne aveva avvertito nel 2020 uno dei miei autori preferiti, Jonathan Franzen, nel saggio: “E se smettessimo di fingere?”: le profezie peggiori sembrano sul punto di realizzarsi.

Io appartengo a una generazione che credeva nelle utopie. Ora ho purtroppo la sensazione di cominciare a vivere in una distopia.

Che cosa possiamo fare noi, piccolo Sudtirolo, in questo mondo che rischia di precipitare? Prendere i nostri compiti con serietà e sincerità: non c’è più spazio per la propaganda e le chiacchiere. Quello che ci manca non sono le tecnologie: quello che manca è una nuova consapevolezza collettiva e individuale, una nuova cultura, nuovi rapporti sociali.

In sintesi: serve una società nuova, fondata sull’empatia invece che sull’egoismo; sulla sufficienza invece che sul massimo profitto; sulle reti sociali invece che sulla fredda burocrazia; sulla condivisione di oggetti, servizi e beni comuni invece che sulla privatizzazione dello spazio pubblico; sulla distribuzione del potere invece che sulla sua concentrazione; sulla partecipazione invece che sulla delega.

Molte persone, innanzitutto giovani e innanzitutto donne e soprattutto giovani donne, vivono già la trasformazione come presupposto di una vita che resti semplicemente umana.

Più che il principio “weniger ist mehr”, io vedo queste giovani donne, come mia figlia, e mi viene piuttosto da dire che: “Anders ist mehr”! Voglio dire: un’altra società è possibile. Più umana, più giusta, più mite, e per tutto questo molto più felice.

Ciò che ancora ostacola la trasformazione è il fatto che le strutture portanti della società sono rimaste le stesse. Guardiamoci intorno, appena fuori dalla porta!

Appena fuori dalla porta di questo Palazzo trionfa il turismo mordi e fuggi del Mercatino di Natale, un’orgia di stress e consumismo che rende infelice sia chi vi partecipa, sia chi deve sopportare questi 40 giorni di follia.

Poco lontano il cantiere del multimiliardario René Benko ci promette boutique firmate, un hotel stallato e appartamenti di lusso, come di lusso sono quasi tutti i cantieri in costruzione in questo momento in città. Come se ci mancasse il lusso! No, quello che manca sono alloggi a prezzi ragionevoli per la maggioranza “normale” della popolazione!

Lo stesso bilancio provinciale dimostra questa incapacità di immaginare il cambiamento: Anche quest’anno il bilancio conserva la stessa struttura degli ultimi 20 anni, limitandosi a spostare un percento in più di qua o in meno di là.

E’ un bilancio ricco: 6,7 miliardi! Dovrebbero bastarci e avanzarci! Invece un collega della maggioranza anche oggi ha affermato che questi soldi non bastano mai. Ma allora non si è capito nulla del momento in cui ci troviamo!

Ma soprattutto, dobbiamo renderci conto che con un bilancio così, di 6.7 miliardi, noi diamo forma alla società, la modelliamo! E quale società modelliamo?

Un bilancio identico al passato riproduce l’identica società insostenibile, egoista, dipendente che ci ha portato alla crisi climatica.

Una vera politica climatica ha bisogno di un altro bilancio, che – in estrema sintesi – dovrebbe essere totalmente ristrutturato e concentrato su due missioni fondamentali:

  • il finanziamento della transizione ecologica in tutti i settori dell’economia e della società,
  • un fondo sociale per la giustizia climatica, per combattere disuguaglianze e povertà, affinché la transizione ecologica sia vissuta da ogni persona come occasione di riscatto sociale.

Due missioni attorno a cui riorganizzare tut\ti i nostri investimenti. Una cosa semplice a dirsi, difficilissima a farsi. Ma se vogliamo prendere sul serio i buoni propositi che anche quest’anno abbiamo qui sentito, dobbiamo metterci al più presto al lavoro.

Non abbiamo più tempo, non possiamo più perdere tempo!

Buon Natale a voi.

Rede  von Hanspeter Staffler zum Haushalt 2023-2025.

Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

Es ist auch dieses Jahr verstörend, die Haushaltsrede des LH mit den effektiven Zahlen des Haushaltes zu vergleichen. Die Rede ist auf Ausgleich, soziales Engagement und Nachhaltigkeit ausgelegt, die Zahlen zeugen von Wirtschaftslastigkeit, krasse Unterfinanzierung des Sozialen und wenig Geld für die Energie-, Mobilitäts- und Ökowende. Kurzum ein Haushalt der zwei Gesichter, ein bisschen wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde.

Wie jedes Jahr wissen wir, dass die eigentlichen politischen Akzente erst kommen werden. Heute, wo der mediale Fokus auf den Landeshaushalt 2023 gerichtet ist, ist dieser weder Fisch noch Fleisch. Im Lauf des kommenden Jahres werden aber Haushaltsänderungen und Nachtragshaushalt unterfinanzierte Bereiche ausgleichen (einerseits) und Infrastrukturprojekte finanzieren (andrerseits).

Es bahnt sich auch immer deutlicher ein Schattenhaushalt an, also Geldmittel, die der direkten Kontrolle des Landtages entzogen werden. Über 150 Millionen Euro Olympiagelder fließen in den Ausbau der Pustertaler Straße, diese Landeregierung baut fleißig an einer neuen Transitroute.

Über 600 Millionen Euro PNRR-Gelder gehen in den Hochbau.

Drei Themenbereiche liegen mir heute besonders am Herzen, die ich mit „Anders wirtschaften“, „Gemeinwohl im Fokus“ und „Mut für Erneuerung“ titulieren möchte.

Anders wirtschaften und das Konzept der Nachhaltigkeit

Ein ganzes Jahr Nachhaltigkeitstour hinterlässt einen schalen Nachgeschmack: es wurden die 17 SDGs so von Ihnen beworben, als ob sie für Südtirol konzipiert worden wären, dabei sind sie für Inter- und supranationale Vergleiche entwickelt worden. Marketing! Es wird gebetsmühlenartig darauf hingewiesen, dass Nachhaltigkeit immer drei Aspekte beinhalte, nämlich den ökologischen, sozialenund wirtschaftlichen Aspekt. Nachhaltigkeit müsse immer in diesem Dreiklang gedacht werden.

Das klingt gut, wurde aber in der Anwendung auf Südtirol falsch verwendet oder nicht zu Ende gedacht: Das Konzept der Nachhaltigkeit basiert auf dem zitierten Dreiklang und auch auf dem Gesetz des Minimums. Dieses Gesetz besagt, dass Nachhaltigkeit nur so gut sein kann, wie das schwächste Glied in der Kette. Es nützt also gar nichts, wenn das Wirtschaftsglied (in der Nachhaltigkeitskette) aus gehärtetem Stahl, das Sozialglied aus Hanfseilen und das Ökologische Glied aus Pappmaché ist. Bei der leichtesten Beanspruchung reißt die Nachhaltigkeitskette, weil das Ökologische Glied im Vergleich zu den anderen Gliedern aus Papier besteht.

Unter dem Deckmantel der 17 SDGs und des nachhaltigen Dreiklanges wurde und wird mit Steuergeldern das Wirtschaftsglied massiv gestärkt, das Sozialglied mehr schlecht als recht verwaltet und das Ökologische Glied vernachlässigt. Das Nachhaltigkeits-Gesamtergebnis ist demnach – im Sinne des Gesetzes des Minimus – bisher ungenügend. Das ist die erste Verantwortung der Landesregierung Kompatscher, es wird viel über Nachhaltigkeit kommuniziet aber wenig getan, viel Marketing, wenig Inhalte.

Die zweite Verantwortung ist ebenso schädlich für die Sache. Haben Sie sich Herr LH Kompatscher oder Ihre Marketingabteilung jemals Gedanken über die Verantwortung gemacht, was sie mit der Nachhaltigkeitstour ohne Inhalte anrichten können? Greenwashing ist der allgemeine Begriff dafür, wenn politische Ankündigung und politisches Handeln sich nicht decken wollen.

Aber noch gravierender ist meiner Meinung nach die Beschwichtigungs- oder „Einlullungstaktik“. Mit den perfekt inszenierten Nachhaltigkeit-Shows wird das Publikum (also die Bürger:innen) im Glauben gelassen, dass sich der LH eh um die ungemütlichen Themen der Energie-, Klima- und Naturkrisen kümmern werde. Man sei also irgendwie auf Schiene.

Aber „an den Früchten werdet ihr sie erkennen“, wobei die Früchte das realpolitische Handeln sind, welches Akzente setzt wie Straßen- und Seilbahnbau, Erweiterung von Schigebieten, Bau von Beschneiungsbecken, Projekte wie die Erlebnisstraße Stilfserjoch, Industrieprojekte auf der grünen Wiese wie in Siebeneich (Alpitronic) oder den Abbruch von intakter Bausubstanz wie im Falle der Schlanderser Kasernen.

Die politische Botschaft ist eindeutig:

  • Mehr Straßen, mehr Verkehr
  • Mehr Seilbahnen, mehr Tourismus

Die psychologischen Effekte sind fatal:

  • Ach so, sagt die Seilbahnwirtschaft, wenn wir gewusst hätten, dass Südtirols Nachhaltigkeit auch weiterhin den Seilbahnbau forciert, wären wir schon viel früher nachhaltig geworden;
  • Ach so, sagt die Immobilienwirtschaft, wenn wir gewusst hätten, dass Südtirols Nachhaltigkeit auch weiterhin industrielle Ansiedlungen auf landwirtschaftlichen Bioflächen forciert, wären wir schon viel früher nachhaltig geworden.

Die Menschen glauben Ihnen Herr Kompatscher, sie glauben, dass Sie sich tatkräftig um die Probleme unserer Zeit kümmern, um die Energiewende, um die Ökowende, um die Mobilitätswende. Aber Sie machen durch ihr operatives Handeln die Menschen auch glauben, dass ressourcenfressende Wachstumsprojekte Teil Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie sind (viele wollen dies auch glauben). Hatten Sie nie den Gedanken oder das Gefühl, dass Ihre inszenierte Nachhaltigkeitspolitik ein großes Täuschungsmanöver ist?

Dabei wäre anders wirtschaften angesagt:

  • Keine zusätzlichen strom- und wasserfressenden Beschneiungsbecken, sondern Natur schonende Weideprojekte;
  • Keine neuen Straßenprojekte sondern Vorfinanzierung der notwendigen Bahninfrastrukturen;

Gemeinwohl im Fokus – Resilienz

Wenn der Präsident des Unternehmerverbandes in regelmäßigen Abständen gegen die öffentliche Verwaltung wettert und Bürokratieabbau oder mehr Effizienz einfordert, dann herrscht großes Schweigen im Palais Widmann. Niemand verteidigt die öffentliche Verwaltung, niemand verteidigt die öffentliche Sache, niemand verteidigt das Gemeinwohl.

Wenn die Privatwirtschaft Bürokratieabbau einfordert, meint sie Privatisierung öffentlicher Dienste. Was das für eine tolle Idee ist, haben wir ja in Coronazeiten gesehen: Länder mit einer guten öffentlichen Gesundheitsinfrastruktur haben es gut gemacht, Länder mit einer guten Verwaltung sind resilienter.

Das „goldene Kalb“ Effizienzkonzept hat ausgedient, was es heutzutage braucht, ist Resilienz. Resilienz als dynamische Widerstandsfähigkeit gegen die multiplen Krisen, effiziente Betriebe und Gesellschaften sind auf Kante genäht, beim leichtesten Gegenwind knicken sie ein.

Oder kaum hatte unsere reiche Tourismusbranche eine Krise, musste die öffentlichen Verwaltung „über Nacht“ hunderte Millionen an Krisengeldern verteilen. Wenn die Geschäfte laufen, werden die Gewinne privatisiert, wenn es kriselt, müssen Steuergelder und öffentliche Verwaltung einspringen.

Was aber diese Landesregierung mit der Verwaltung und eigenen Personal vorhat, bleibt ein Rätsel. Sie vermitteln den Eindruck, dass sie die Verwaltung noch effizienter machen wollen, dass sie den Mitarbeitenden noch mehr abverlangen wollen. Das sind alte Betriebskonzepte, die schleunigst in die Mottenkiste gehören.

Über 15 Prozent Reallohnverlust seit 2013, das ist bei unseren prächtigen Landeshaushalten zynisch. Ich weiß, es gibt Kompetenzstreitigkeiten mit Rom aber die gab es auch bei der Jagdausübung. Dort haben Sie eine Durchführungsbestimmung auf den Weg gebracht, bei den öffentlich Bediensteten noch nicht. Das sagt viel über die Prioritäten dieser Landesregierung aus.

Ganz hart trifft es die Pflegekräfte und die Lehrer:innen der Grund- , Mittel- und Oberschulen. Beide Berufsstände steuern auf eine gewaltige Krise zu, seit Jahren müsste diese Landesregierung gegensteuern. Und das wissen sie auch! Aber bisher wurde viel zu wenig unternommen. Sie gefährden mit ihrer Sparpolitik (Effizienzpolitik) bei den Mitarbeitenden die soziale Gerechtigkeit, sie setzen bewährte Gesellschaftsverträge aufs Spiel.

Erneuerung der Gesellschaftsverträge – vom Wachstum zum Wohlstand

Gesellschaftsvertrag Kollektivvertragsverhandlungen

Diese Landesregierung hat die sieben fetten Jahre zwischen 2013 und 2019 verstreichen lassen, um die öffentliche Sache zu stärken und die öffentlich Bediensteten gut zu bezahlen. Unsere Verwaltung leistet in den Gemeinden und beim Land Außerordentliches, die Verwaltung kümmert sich um das Gemeinwohl, die Verwaltung schaut mit Argusaugen auf unsere Autonomie und verteidigt sie bei Angriffen aus Rom. Dafür gehören die Menschen der öffentlichen Dienste mit fairen Löhnen und Gehältern bezahlt.

Bildungsoffensive 2030

Das Unwohlsein bei den Lehrer:innen ist nicht mehr zu verheimlichen: der Frust ist groß, die Bezahlung ist unwürdig, die Attraktivität der Bildungsberufe wird von Anwärter:innen immer häufiger in Frage gestellt, Herausforderungen und Komplexität an den Schulen nehmen zu. Selbst bei uns melden sich angehende Lehrer:innen und wollen wissen, ob sie die attraktiveren Angebot in Österreich annehmen sollen? Von der Schweiz gar nicht zu reden. Unsere deutschsprachigen jungen Leute sind im Ausland sehr gefragt.

Es bräuchte daher dringend eine Bildungsoffensive, mit viel besserer Bezahlung, mit Begleitungsprogrammen für die Lehrer:innen, mit kreativer Autonomie für die Schuldirektionen, mit finanzieller Aufwertung des unterstützenden Schulpersonals. Eine Mrd. Euro sind viel Geld, aber angesichts der Herausforderungen, die auf die Schulwelt einstürzen, viel zu wenig.

Pflegeoffensive, Wohnungs- und Mobilitätsoffensive

Ähnliche Überlegungen gelten auch für das Pflegepersonal, die Pflegekrise ist da und wird immer schlimmer, wenn nicht sofort eine Pflegeoffensive gestartet wird. Die Österreichische Bundesregierung hat es bereits vorgemacht, die Pflegereform wurde zeitlich vorgezogen, Österreich eilt uns davon und wahrscheinlich auch mit einem Teil unserer Südtiroler Mitarbeiter:innen.

Wohnungs- und Mobilitätskrise möchte ich nur als Schlagworte nennen, auch hier gibt es nichts neues unter der Sonne zu berichten. Der öffentliche Wohnungsbau für die Mittelschicht kommt nicht in die Gänge, der Individualverkehr nimmt laufend zu. Hierzu hat diese Regierung keine nennenswerten Fortschritte vorzuweisen, ohne ambitionierte Wohnbauprogramme und ohne Reduzierung der Tourismuswerbung oder einem echten Bettenstopp wird es nicht gehen.

Die Naturkrise als Spiegel Südtirols Politik – Wegschauen anstatt erneuern

Die Weltgemeinschaft spricht in zurzeit in Kanada vom sechsten Artensterben, Südtirol baut Seilbahnen und rodet Wälder für Pisten. Der Weltbiodiversitätsbericht befürchtet den Verlust von einer Million Arten, Südtirol diskutiert über den bösen Wolf. Die EU möchte 30 Prozent des Territoriums unter Naturschutz stellen, Südtirol diskutiert die Güllewirtschaft in Natura 2000 Gebieten.

Das Artensterben ist eine schleichende Krise, die von der Bevölkerung kaum wahrgenommen wird. Wissenschaftler:innen und Künstler:innen hingegen schlagen Alarm und beknien alle Regierungen, endlich etwas zu unternehmen. Wenn gewartet wird, bis die Bevölkerung, die Landwirte, die Tourismustreibenden, die Seilbahnwirtschaft, die Immobilienwirtschaft, die Bauwirtschaft das Artensterben als existentielle Krise anerkennen, ist es zu spät. Viel zu spät! („Man müsse alle mitnehmen.“)

Hier müsste sich die Landesregierung diese Krise zu eigen machen und handeln. Ja, dies mag in Südtirol unpopulär sein, aber es gibt keine Alternative dazu. Es bräuchte bei uns mutige Politker:innen, die mit den Möglichkeiten eines der reichsten Länder weit und breit, die Ökowende in die Hand nehmen. Und dafür braucht es kein zusätzliches Monitoring der EURAC, womit nur auf Zeit gespielt wird, keine fadenscheinigen Nachhaltigkeitskonzepte der Landwirtschaft, wo es zum wiederholten Male um Vertuschung geht. Dafür braucht es einen offenen Geist, die Bereitschaft das vorhandene Wissen anzunehmen und die längst bekannten Maßnahmen in die Wege zu leiten:

  • Ausstieg aus der Pestizidwirtschaft im Obst- und Weinbau;
  • Schluss mit der Erschließung der alpinen Regionen durch Straßen, Seilbahnen, Schutzhäuser und Hotels;

Zum Schluss „kommt alles an die Sonnen“

Ich knüpfe an, an die eingangs gemachte Beobachtung, dass es sich um einen Haushalt der zwei Gesichter handeln würde, wofür Sie Herr LH verantwortlich sind. Aber diese  Ambivalenz setzt sich in der SVP fort,  eine Partei mit zwei Gesichtern. Wir sind auch ein Land mit zwei Gesichtern, nach außen Tourismusweltmeister, nach innen Gehalts-Sparmeister, wir haben eine Medienlandschaft der zwei Gesichter.

Diese Ambivalenz erzeugt eine Glaubwürdigkeitskrise (als ob es nicht schon genug Krisen gebe) , die sich vom LH über die Landeregierung bis in den Landtag zieht.

Die Ambivalenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Ankündigung und Umsetzung, zwischen Landesregierung und Landtag (Haushalt) zieht immer weiter ihre schädlichen Kreise. Es fühlt sich krank an.

Ambivalenz verunsichert die Menschen, dabei sollten gerade politische Institutionen Sicherheit geben, sie sollten inkludieren und nicht spalten. Politische Spaltpilze sind am Werk in Ihrer Partei, in der Landesregierung und im Landtag. Sie sind bei diesen Prozessen immer mittendrin und natürlich tragen Sie als Spitze der Politik die Hauptverantwortung dafür.

Somit ist dieser Haushalt der zwei Gesichter auch Spiegelbild Ihrer Politik der zwei Gesichter. Diese ständige Ambivalenz tut nicht gut, weder Ihnen,  noch der Landesregierung, noch dem gesamten Politikbetrieb und schon gar nicht unserer Gesellschaft.

So wie die betriebswirtschaftliche Effizienz durch Resilienz abgelöst werden wird,

So sollte die politische Ambivalenz durch politische Verlässlichkeit abgelöst werden. Das ist mein Anspruch und mein politischer Wunsch!

Bozen, 14.12.2022

Rede von Brigitte Foppa zum Landeshaushalt 2023.

Der Landeshaushalt 2023 und seine Reden fallen in eine besondere Zeit.

Es ist Ende 2022.

Wir stehen am Ende der 16. Legislaturperiode. Eine „Legislatur“, wie wir auf südtirolerisch sagen, die uns alle verändert hat. 2 Jahre Pandemie, 1 Jahr Krieg – sie sind auch an uns nicht spurlos vorüber gegangen.

Die Politik steht anders in der Welt als zu Beginn der Legislatur 2018. Bis dahin gab es eine Ordnung, die man durchaus auch in Frage stellte, aber die Größenordnungen, die Denkkategorien, die Systembeschreibungen – die waren in ihren Grundlagen unumstritten. Und die politische Ebene versuchte, auf eben dieser gemeinsamen Grundlage, die Gewichte zu verschieben.

Dass dies alles der Vergangenheit angehört, merkt man schon rein daran, wie aus der Zeit gefallen politische Kämpfe und patriarchale Machtspielereien wirken. Entnervt schaut Südtirol in diesem 2022 auf eine Mehrheitspartei, die die grundlegenden Veränderungen nicht wahrnimmt und sich indessen in Grabenkämpfen überbietet.

In der Kulturgeschichte nennt man solche Degenerationen eines bis dahin anerkannten Stils den Manierismus. Das, was die SVP derzeit beutelt, ist in ihrer Ausdrucksform reiner Manierismus.

Seltsam überdrüssig sind denn auch die Menschen in diesem Land, die auf das unwürdige Schauspiel blicken. Nach der Veröffentlichung der Abhörprotokolle war man noch erschüttert und entsetzt. Das sollen unsere Volksvertreter:innen sein?, fragte man sich.  Eine große Enttäuschung machte sich breit. Inzwischen wäre das noch zu positiv gesagt.

Die Bürger:innen sehen ein Schauspiel, das sie großteils abstößt. Sie blicken auf ein politisches System, das nur mit sich selbst und dem Krieg in der eigenen Partei beschäftigt ist. Das dabei ist, sich selbst in die höchste Eskalationsstufe zu treiben („gemeinsam in den Abgrund“). Das gezielte Zuspielen von parteiinternen Dokumenten an die politischen Mitbewerber, mit dem Ziel, die internen Gegner jeweils zu vernichten, bzw. sich als Opfer zu inszenieren, ist Zeichen dieser perversen Mechanismen, die die ehrwürdige Volkspartei ergriffen haben wie ein Fieber.

Es ist ver-rückt und verantwortungslos und hat zweierlei fatale Folgen: Erstens führt es zum massiven Sich-Abwenden der Menschen von der Politik in ihrer Gesamtheit. Und zweitens, man weiß nicht, was schlimmer ist, bringt es auch die sachpolitische Ebene völlig durcheinander und vergiftet sie.

Es sei nur das blamable Finale des Wohnbaugesetzesprozesses genannt, das nicht nur LH und LRin Deeg gleichermaßen als Verlierer:innen darstellte – und vor allem bis zuletzt offen ließ, ob die Ausweitung der Förderung auch finanziell gesichert war.

Gesetzgebung kann, bei aller Auseinandersetzung, auch eine gewisse Eleganz und Erhabenheit in sich tragen. Das Gedoktere und Geschustere beim Wohnbaugesetz hat vielmehr Kleingeistigkeit und politische Prioritätenverschiebung (weg von der Sachpolitik und hin zum Kleinkrieg) aufgedeckt. Und dies vor dem Hintergrund der dramatischen Wohnungsnot im Lande.

Ich möchte unterstreichen, dass wir als Grüne in dieses grässliche Spiel nicht eingegriffen haben. Nicht nur, weil in unseren Briefkasten keine Dokumente eingeworfen wurden (was ich als Qualitätsmerkmal für unsere politische Bewegung werte), sondern weil es uns total fremd ist. Als eine der wenigen Oppositionsparteien haben wir uns bewusst und vorsätzlich heraus gehalten. So ist nicht die Politik, die wir wollen. Es ist die Arbeit an der Öffentlichen Sache, die uns beseelt.

Das Zaudern rund um die Wiederkandidatur des LH hat zusätzlich geschadet. Man konnte sich des Eindrucks nicht verwehren, dass sich die SVP inmitten einer Weltkrise eine Führungskrise leistet. Das wurde als abgehobenes Luxusspiel wahrgenommen.

Der einsame Tanz auf der Titanic des Landeshauptmanns hat offengelegt, wie schwach und isoliert der LH in seiner Partei ist. Es gelingt ihm nicht (oder er versucht es gar nicht) (oder er kann es nicht), den Laden zusammenzuhalten. Wir sehen ihn im Landtag meistens allein, und das seit Jahren. Es ist eine grobe Asymmetrie, einerseits der Chef zu sein und zugleich im Abseits zu stehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das auf Dauer zu halten ist. Der Eindruck ist schon seit Längerem, dass das Boot schlingert und inzwischen überdreht ist. Ob es noch auf Kurs zu bringen ist, ist die Frage des Augenblicks.

Es könnte uns gleichgültig sein, wenn nicht der Alltag und das Wohlergehen der Menschen in diesem Land so wesentlich von seiner politischen Führung abhängen würden. Diese gegenseitige Verbindung der Gewählten zu ihren Wähler:innen und umgekehrt muss ein Verhältnis des Vertrauens sein. Es ist momentan ebenso gespannt oder schon gerissen wie der Geduldsfaden der Südtirolerinnen und Südtiroler im Hinblick auf ihre politische Vertretung.

Es ist Ende 2022 – in welcher Gesellschaft leben wir

Dass viele Menschen ihre Geduld verloren haben, hat ganz sicher nicht nur mit der Selbstvergessenheit der politischen Vertretung zu tun. Es ist die Gesamtsituation der Gesellschaft, die an diesem Jahresende aufrüttelt, vielleicht auch etwas ratlos macht.

Wir haben in unserem Grünen Rat die verschiedenen Wahrnehmungen aus den diversen Landesteilen und Städten Südtirols zusammengetragen, um eine gemeinsame Analyse vorzunehmen. Wir stellten fest: Die Menschen sind gestresst. Zorn greift um sich. Auf den Straßen, in Zug, im „Kondominium“ gibt es Streit. Menschen toben, schimpfen, zanken sich.

Der Druck steigt. Pandemie, Krieg, Energiepreiskrise, das alles vor dem Hintergrund der inzwischen konkret wahrnehmbaren Erderwärmung, haben Sorgen wie eine dichte Wolkenschicht über die Menschen und Familien gelegt. Die Gesellschaft ist erschöpft, viele sind am Ende ihrer Kräfte.

Hoffnungslosigkeit macht sich vor allem unter der Jugend breit. Sie ist es, die sich unter erschwerten Umständen einen Weg in die Zukunft freischaufeln muss. Nicht umsonst bilden sich viele junge Menschen zu Energieexpert:innen und Klimawissenschaftler:innen aus. Vom Wissen oder Nichtwissen kann jetzt die Zukunft abhängen.

Dahingegen haben ältere Menschen oftmals keine Kraft mehr, hier mitzuziehen. Sie sind überfordert von einer Digitalisierung, die als Vereinfachung und Demokratisierung gestartet ist – aber auch als Ausschlussgrund und Anschlussverlust wahrgenommen wird. SPID steht für eine digitale Identität, die als Vereinfachung empfunden werden kann. Oder aber, je nachdem, als beängstigendes Kürzel für eine Reihe von Abläufen, die zu groß sind für eine einzelne Person, die es nicht gewohnt ist, mit Scannern und Dateien zu hantieren.

Wir sind vielleicht zum ersten Mal an einem Punkt angelangt, an dem sich ältere Menschen gleichermaßen sorgen wie die jungen, wenn auch mit anderen Vorzeichen und vor allem mit anderen Perspektiven. Die einen kommen nicht mehr mit, die anderen haben eine beinahe unbewältigbare Aufgabe vor sich. Die Ressourcen scheinen aufgebraucht.

Mittendrin drückt die gesellschaftliche Hauptlast schwer auf die Schultern der Familien. Wir alle kommen mit den Existenzängsten der Menschen täglich in Kontakt.

Wie kann jene Kleinunternehmerin über die Runden kommen, die ein kleines Geschäft mit einer Angestellten führt und monatlich mindestens 7.000 Euro Fixkosten hat?

Wie jene alleinerziehende Mutter, die mit ihrer vormals mithelfenden Ursprungsfamilie gebrochen hat?

Wie kann jener junge Akademiker von zu Hause ausziehen, für den als Parasubordinato ein Wohnungskaufkredit undenkbar bleibt?

Wie ernährt die Schulwartin mit ihren 1.200 Euro netto ihre Familie?

Was für Aussichten hat jene Familie, in der das Elternpaar sich nicht mehr erträgt und sich die Trennung schlicht nicht möglich ist?

Wie werden die vielen Frauen überleben, die auf dem Weg in ein Alter mit beitragsbezogener Rente sind?

Wir erleben eine erschöpfte, ja, schlimmer, eine verzagte Gesellschaft. Diesen Begriff hat die scharfsinnige junge Gemeinderätin Sadbhavana Pfaffstaller verwendet, um ihre Beobachtungen zu subsumieren. Ich bin in diesem Wort verhangen geblieben. Verzagt. Als Beschreibung einer jungen Frau zu unserer Gesellschaft. Wikipedia sagt dazu: Verzagt = ohne Mut und Selbstvertrauen; kleinmütig. Es ist ein Wort, das 1950 noch 3x so oft verwendet wurde als heute. Nach dem Krieg war man vielleicht sehr verzagt. Die Etymologie des Wortes führt zu Wortwurzeln, die mit Furcht und Unentschlossenheit besetzt sind.

Das ist wichtig. Es sagt uns, dass sich das Gefühl der Verzagtheit tief in die Gemüter eingegraben hat. An einem solchen Grundgefühl ändern ganz sicher Bonuszahlungen oder andere Soforthilfemaßnahmen, die Abhängigkeit schaffen, gar nichts. Es muss bewusst sein, dass der Verlust an Selbstvertrauen große und langfristige Folgen haben wird.

Insbesondere ist dies auch für den gesamten Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsdiskurs von allergrößter Bedeutung. Wir Grüne wissen um die Wichtigkeit dieses Diskurses – und um seine enge Bindung an soziale Befindlichkeiten.

Denn:

Wer Angst vor Statusverlust hat, ist nicht offen für Veränderungsdiskurse.

Wer Angst vor Verarmung hat, ist nicht offen für Verzichtsdiskurse.

Wer Angst vor Digitalisierung hat, ist nicht offen für Modernisierungsdiskurse.

Wer Angst vor Entlassung hat, ist nicht offen für Rationalisierungsdiskurse.

Wer Angst vor Vorteilsverslust hat, ist nicht offen für Gleichstellungsdiskurse.

Wer Angst vor noch mehr Schwierigkeit hat, ist nicht offen für Komplexitätsdiskurse.

Wer Angst vor der Stromrechnung hat, ist nicht offen für Luxusdiskurse.

Wir fürchten daher etwas ganz besonders: Dass Nachhaltigkeit und Klimaschutz bald wieder zurückgewiesen werden in die Ecke „jener, die es sich leisten können“.

Das wäre dann die ultimative Fraktur zwischen den genannten verzagten Jugendlichen (die sich existentiell um ihre Zukunft sorgen) und den genannten verzagten Senior:innen (die sich Nachhaltigkeit schlicht nicht leisten können). Der Optimismus und die Hoffnung der letzten Jahre, es könne doch einen Schulterschluss der Generationen und sozialen Klassen im Hinblick auf den Klimaschutz geben, könnte zerschellen an den Klippen der Familienhaushalte. Außer, ja, außer, es gibt hier einen wirklich ernst zu nehmenden Weg, der diese Schwierigkeiten annimmt und überwindet.

Die Haushaltsrede des Landeshauptmanns – sie hätte diesen Weg aufzeigen können und sollen – war hierzu äußerst entmutigend. Sie war von einer beeindruckenden Unoriginalität. Darin ist sie deckungsgleich mit dem Haushalt selbst. Der Landeshaushalt 2023 ist beeindruckend unoriginell. Besondere Zeiten bräuchten auch besondere Maßnahmen. Nicht nur im technischen Sinne, sondern vor allem im Hinblick auf das Vertrauen, die Zuversicht, die die Menschen nun wieder brauchen, um die Hoffnung auf eine Veränderung, auf die Rettung vielleicht, nicht vollkommen zu verlieren.

Denn es gilt, genau, die Nachhaltigkeit mit der sozialen Frage ursächlich zu verknüpfen. Mir hat es Mut gemacht, als ich voriges Jahr in Mailand bei der Kundgebung der Fridays for Future dabei sein durfte – und genau das gehört habe. Wie eng von den jungen Vordenker:innen das Thema des Klimaschutzes mit der Gerechtigkeit verbunden wurde.

Climate justice ist der “Schlachtruf“, der diesen Ansatz verdichtet. Vorgebracht wurde er in Mailand nicht von ungefähr von der Uganderin Vanessa Nakate.

Klimagerechtigkeit klingt in den reichen Staaten des globalen Nordens nach Verlust von Privilegien oder auch nur von Gewohntem. Klimagerechtigkeit, das bedeutet für uns vor allem eins: Bezahlen, was bisher gratis war, nämlich der Ausstoß von Klimagasen. Klimagerechtigkeit, das klingt nach Carbon Tax, Plastic Tax, nach teuren Spritpreisen oder zumindest nach Kompensationsmaßnahmen. Klimagerechtigkeit, das klingt für das normale Ohr des globalen Nordens nach lauter schlimmen Dingen, wie: Kosten, Zahlen, Verlust, Verzicht. Wir nehmen zur Kenntnis, dass wir Jahrzehnte auf Kosten anderer Kontinente gelebt haben und für deren geringe Überlebenschancen die Verantwortung übernehmen müssen. Eine Erkenntnis, die zu Zeiten der eigenen Krise mehr als schmerzhaft ist.

Ganz anders die Sichtweise von Vanessa Nakate. Sie und ihre Schwestern sehen Klimagerechtigkeit als die einzige Chance auf Überleben, vielleicht auch die einzige Möglichkeit, einer Flucht aus dem Heimatland zu entgehen. Vanessa Nakate und ihre Schwestern kommen aus der Krise, die aus Ausbeutung, Verarmung, Kolonialismus und Gewalt erwachsen ist, und sie fordern zu Recht: climate justice. Now.

Wir brauchen dafür gesellschaftliche Diskussion und Diskussionsplattformen. Klimabürgerräte jetzt! stand zwei Tage vor den Parlamentswahlen auf den Pflastersteinen unserer Landeshauptstadt. Wir müssen uns verständigen, wie wir zu Klimagerechtigkeit finden, ohne die Verzagtheit und die Ängste weiter zu verstärken.

Das geht nur mit Partizipation.

Lassen Sie mich daher diesen Moment nutzen, um mit Nachdruck zu fordern, Herr Kompatscher, dass wir das Büro für politische Bildung endlich einrichten, wo auch immer, aber dass das seine Tätigkeit aufnehmen kann. Ich erinnere Sie daran, dass Sie und Ihre Mehrheit heuer das Referendum zu Ihrem Gesetz zur direkten Demokratie verloren haben. Beinahe 100.000 Südtiroler:innen (Sie fanden das wenig!) haben gesagt, dass sie Ihre Einschränkungen der direkten Demokratie nicht wollen.

Es braucht nun die Bürgerräte, es braucht das gemeinsame Nachdenken über diese Konfliktthemen.

Sie können die Leere des demokratischen Diskurses nicht mit Großveranstaltungen in der Industriezone kompensieren!

Nachhaltigkeit ist in erster Linie eine Methode. Ich sagte das in unserer gemeinsamen Diskussion an der unibz. Die verschiedenen Standbeine des Sozialen, der Wirtschaft und der Ökologie abgleichen, immer wieder und in unterschiedlicher, zum Teil auch zufälliger Besetzung – das ist ein Bürgerrat.

Es braucht jetzt, das ist mein Credo im Jahr 2022, alles. Nicht ein Ausspielen des Einen gegen das Andere, nicht das Ausgleichen des Einen durch das Andere. Jetzt, angesichts der rasanten Erwärmung, braucht es… ALLES. Und, noch wichtiger: ALLE.

Es ist Ende 2022 – in che tempi viviamo

Fine anno 2022. Sono giorni e notti di freddo ottundente. A Bolzano Sud è morto un giovane uomo, dicono che è morto di freddo. I volontari e le volontarie che da anni aiutano le persone che transitano per Bolzano e altri che non hanno una casa dove abitare, giustamente hanno corretto questa dizione.

Il giovane uomo a Bolzano è morto di non-accoglienza.

Spero che siate andati a vedere, colleghi, il luogo in cui è morto il giovane uomo. Ci sono i cartoni sotto un cavalcavia. C’è scritto sopra: Vor Nässe schützen. Evidentemente questi cartoni in origine contenevano qualcosa che andava protetto.

Anche il giovane uomo andava protetto.

Molti altri e molte altre in questi tempi vanno protetti. Ci dice chi lavora sul campo, le psicologhe, i medici, le operatrici sociali: La gente sta male. In molti non ce la fanno. Altri hanno la sensazione di non farcela. Aumentano i suicidi, le dipendenze. C’è chi si ritira dal mondo, chi si ferisce, chi non esce più da un mondo virtuale che si sostituisce a quello reale.

Il nostro sistema sociale, formativo e socio-sanitario non riesce a far fronte a tutto questo. Anche perché in una società sempre più liquida, mobile e fluida le persone si adeguano sempre meno a strutture prestabilite. La depressione non sempre si acuisce in orari d’ufficio. La solitudine magari diventa schiacciante proprio in un momento in cui nessuno è reperibile. Il giovane uomo arriva a Bolzano proprio la sera che non ci sono posti liberi, neanche nello squallido supermercato di periferia messo a disposizione per chi non ha casa.

Mich hat dieser Tod in Bozen sehr getroffen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Unser Europa, dem wir uns so zugehörig fühlen und in das wir so große Hoffnungen legen, hat so große Verantwortung für diesen Tod. Wir haben in der kolonialen Vergangenheit den Menschen im globalen Süden unsere Wirtschaftssysteme aufgedrückt, ihnen ihre Würde und Lebensgrundlage genommen. Wir haben Arbeitskräfte, Energie und Bodenschätze in unsere Länder transferiert.

E oggi con il nostro stile di vita e il nostro consumo di energia, di nuovo roviniamo la possibilità di sopravvivenza nel sud globale, dove desertificazione e surriscaldamento rendono invivibile la terra. E poi facciamo morire a Bolzano chi fugge da tutto questo. Pensate che catena di responsabilità che si concentra in quei cartoni sotto il cavalcavia sotto Bolzano fiera. Vor Nässe schützen. Già.

Auch beim letzten Glied der Verantwortungskette haben wir versagt. Gemeinde und Land spielen sich für den Vorfall gegenseitig den Ball zu. Darüber hinausschauend erinnern wir uns daran, dass sich Landesrätin Deeg beim Beschluss der Landesregierung zum Haushalt der Stimme enthalten hat. Ein Signal, das im Normalfall eine Regierungsmehrheit politisch erzittern lässt (wenn sie nicht schon seit Monaten schlottern würde…). Die dahinter liegende Aussage, dass das Budget für den Sozialbereich seit Jahren keineswegs reicht, weist darauf hin, dass man entgegen den Beschwörungen von sozialem Ausgleich das Sozialwesen abwertet und aushungert.

Das macht sich bemerkbar.

Im Juni wurde die Stellschraube bei der Zuweisung von Sozialwohnungen enger gedreht. Wohnungssicherheit wird für sozial Bedürftige künftig zeitbegrenzt sein. Auch das war leider ein starkes Signal. Menschen, Familien, die es erst schon schwer haben, werden in Zukunft noch eine zusätzliche Prekarietät auf sich lasten sehen: Nach 4 Jahren könnte Schluss sein. Landesrätin Deeg sagte, Armut dürfe kein Dauerzustand sein. Damit kann man nur einverstanden sein, wenn es sich um eine Zielformulierung handelt. Als Zustandsbeschreibung allerdings ist eine solche Aussage wahrlich schlimm. Denn wer arm ist, und das schon das ganze Leben oder darüber hinaus (auch Armut ist leider vererbbar), der oder die wird eine solche Aussage als Hohn erleben.

Auch die Löhne treten auf der Stelle. Im Jahr von Energiepreissteigerung und Inflation hat vor allem eines an Wert verloren, nämlich der Wert der Arbeit.

Die Wochenzeitschrift DIE ZEIT sagt von dem ablaufenden Jahr: Dieses Jahr ist eine Zumutung.

Dieses Jahr ist eine Zumutung, auch für unser Land.

Fine 2022. La politica.

In questo anno in Italia è stata eletta un primo ministro (così vuol essere chiamata e io rispetto sempre e ovunque la scelta delle persone) dell’estrema destra. Le scelte del personale di governo e le prime misure prese dal governo Meloni non lasciano dubbi rispetto alla collocazione politica. Per molti versi si profila un ritorno a posizioni pensate superate. Era quello che l’Italia voleva, evidentemente, visto che era una scelta, per Giorgia Meloni, netta e non casuale.

Credo che ci sia molto da capire su questo voto. Sarà un desiderio di ritorno a valori forti, tradizionali. A un mondo ordinato e che semplifichi la complessità. Non a caso la questione di genere è diventata simbolica per una complessità che viene percepita da molte persone come “überfordernd”. Quando i sessi erano 2, era tutto più semplice – forse in questa frase, o una simile, si condensa il desiderio di semplificazione di molte persone in questo frangente di secolo.

Infatti è tornato alla ribalta il termine “normalità”. Dissi già in uno dei miei primi interventi in quest’aula, che la “normalità è un pessimo parametro per una società”. Perché normale è un concetto sempre arbitrario. Fissa una norma ed esclude chi in quella norma non ci sta. Chi non ci sta, diventa “altro”. Noi donne ne sappiamo qualcosa, di essere “l’altro sesso”, e quanto è faticoso uscire da una zona di “altra-normalità”.

Come forza politica progressista ovviamente non siamo a favore di questo appiattimento. Vogliamo invece lavorare per rafforzare le persone, renderle forti per sopportare e gestire la complessità. La fine del patriarcato sarebbe soprattutto questo. Non più: Comandare con la gerarchia e il potere, ma invece:  Gestire, paritariamente, la complessità.

Was braucht es also, in diesem Szenario?

Zweierlei: einen Plan und eine Gesellschaft, die mitgeht, bzw. sagen wir es besser: Einen Plan, der im Konsens und im Gleichschritt mit der Gesellschaft umgesetzt wird.

Wir haben verstanden, dass die Regierungsmehrheit im nächsten Jahr kurz vor den Wahlen ein Feuerwerk an Plänen abzünden wird. Es wird der Gleichstellungsplan kommen (an dem wir schon alle fleißig mitarbeiten), der Sozialplan (an dem wir schon alle fleißig mitarbeiten), der Klimaplan (an dem wir, ca va sans dire, schon alle fleißig mitarbeiten), vielleicht gibt es noch weitere (für jeden Landesrat mindestens 1 Plan, nehme ich an).

Sie, werte Landesregierung, werden also am Ende Ihrer Amtszeit sagen, was Sie in Ihrer nächsten Amtszeit (für viele wird es die letzte sein) umsetzen wollen. Eine kuriose Vorgangsweise – stehen Pläne normalerweise am Beginn einer Amtszeit. Ich nehme an, das Signal, das Sie geben wollen, ist, dass man etwas tut. Die Gefahr ist halt, dass das, was als Versprechen verkauft wird, in Wirklichkeit ein Wunschkatalog sein wird.

Ich möchte nur auf den Klimaplan kurz eingehen. Wir Grüne sagen es jährlich in unseren Haushaltsreden und beinahe monatlich in den Landtagssitzungen, seit ewigen Zeiten: Die Zeit drängt.

Nun ist sie inzwischen schon abgelaufen. Wir wissen: Der Klimaplan von LR Leimers Zeiten verstaubte in einer Schublade, auch in den ersten Jahren der Ära Kompatscher. Wenn ich mir als Landeshauptfrau 2013-2023 etwas vorhalten würde, dann als erstes, dass ich dieses Thema so lange so kolossal unterschätzt oder verdrängt habe. Es ist erst 4 Jahre her, dass das Schlüsselthema Energie und Umwelt an den völlig ahnungs- und wirkungslosen Kollegen Vettorato übergeben wurde. Diese strategische Fehlentscheidung lastet schwer auf der Zweiten Amtszeit Kompatscher, wir müssen dies in aller Deutlichkeit sagen.

Nun bleiben wenige Jahre. Die gesetzten Ziele sind ambitioniert und scheinen die Versäumnisse der letzten Jahre wettmachen zu wollen. Vielleicht sollte man das auch hie und wieder sagen. Bloß: die Zielformulierungen waren auch im Klimaplan von 2010 nicht schlecht. Leider ist dann nichts geschehen. Es ging alles weiter wie bisher, Südtirol blieb strikt wachstumsorientiert.

Das Jahr 2022 hat hier eine Wegmarke gesetzt. Nicht so sehr, was die erzielten Maßnahmen betrifft. Die sind sehr mager. Weniger Weihnachtsbeleuchtung. Eine kleine Bettenbremse. Das alles in keinem Verhältnis zu:

kontinuierlicher Erschließung

Weiterausbau der Infrastrukturen im Tourismus,

zu Olympia, Flughafen und mercatino,

zu Millionenwerbung und Millionennächtigungszahlen

usw.

Und auch das Energiesparen hat Südtirol sehr schneller durch den Preisanstieg gelernt als durch Sensibilisierungsbroschüren gegen den Klimawandel, das muss man offen sagen.

Nein, den Markstein haben die Diskussionen gesetzt. Wenn auch wenig herausgekommen ist, so hat doch die notwendige gesellschaftliche Debatte über die Grenzen des Wachstums eingesetzt. Die Bruchlinien sind offen zutage getreten. Das Kollidieren von gegensätzlichen Interessen war vehement. Es zeigt auf, worauf wir uns einzustellen haben, wenn‘s ernst wird mit dem Klimaschutz.

Die Betten waren erst der Anfang, ein Vorgeschmack auf die Verteilungskämpfe, die kommen werden. Stellen wir uns erst vor, was passieren wird, wenn wir die 625.000 Fahrzeuge Südtirols entweder eliminieren oder auf elektrisch umrüsten müssen, wie der Klimaclub Südtirol vorrechnet.

Oder wenn die 180.000 Heizungen von fossil auf erneuerbar umgestellt werden müssen.

Wird auch da mancher beim Alten bleiben wollen? Und wer wird dann den Vorrang erhalten?
Die Landwirtschaft, die schließlich unsere Lebensmittel produziert?
Der Tourismus, der mit seiner Wirtschaftskraft argumentieren wird?
Die sozial Schwachen, die es sich nicht leisten können?

Wir sehen, es ist gar nicht absehbar, wie die Diskussionen laufen könnten. Das geht nicht ohne einen genauen Plan, und zwar einen, den alle mittragen. Ob die auf dem Magnagoplatz vorfahrenden Wasserstoffautos den nötigen Konsens schaffen werden, ist zu bezweifeln.

Ich warne vor elitärer Aura.

Wenn es nicht ein geteiltes Ziel ist, die Emissionen bis 2030 auf 45% zu senken, dann wird die Gleichgültigkeit zäh wie Kaugummi auf den Menschen kleben bleiben – und jeder wird für Ressourcensparen und Kontingentierung sein… sofern es den Nachbarn trifft, oder das andere Wirtschaftssegment.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, werter Landeshauptmann, plädiere ich so vehement für das B&B der Zukunftsfähigkeit. Das heißt in diesem Fall nicht Bed&Breakfast, sondern Beteiligung und Bildung.

Ohne Beteiligung und Bildung bleibt der schönste und teuerste Nachhaltigkeitsdiskurs Lari Fari.

Und so möchte ich schließen, indem ich vom Jahr der Zumutungen zur Zumutbarkeit komme.

Ingeborg Bachmann sagte zu ganz anderen Zeiten (1959): Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.

In beiden Wörtern steckt das Wort „Mut“. Wir brauchen ihn in dieser Zeit mehr denn je. Ohne mutige Entscheidungen lassen wir das Bekannte weiterschleifen. Unsere Enkelkinder würden uns das nicht verzeihen. Zur Zeit von Ingeborg Bachmann, 1959, drehten sich die gesellschaftlichen Diskurse um Unabhängigkeit, um die Befreiung vom Alten. Das ist umso mehr heute gültig. Wir müssen Altes definitiv hinter uns lassen. Ging es damals auch und vor allem um die Wahrheit über die Vergangenheit, so geht es heute vor allem um die Wahrheit über die Zukunft.

Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar. Sie muss das auch in aller Komplexität bleiben.

Das wäre ein guter Plan für die nächste Legislatur.

Vielen Dank. Grazie.

 

Brigitte Foppa, Bozen, am 13.12.2022

Der tragische Tod eines 19-Jährigen ägyptischer Herkunft in einer Behelfsunterkunft in Bozen Süd hat das Gewissen der gesamten Südtiroler Bevölkerung erschüttert. Freiwilligenverbände, die Diözese, die Caritas, Institutionen auf verschiedenen Ebenen und viele Menschen aus der Zivilgesellschaft haben einen dringenden Appell gestartet: Im reichen Südtirol sollte man nicht erfrieren müssen. Der Bürgermeister von Bozen, einer Stadt, die mehr als andere durch das tragische Schicksal vieler Obdachloser betroffen ist, hat Solidarität und Beteiligung gefordert. All diese Appelle können nicht unbeantwortet bleiben. Das Land hat sich um Notlösungen bemüht, aber es sind größere Anstrengungen und dauerhafte Maßnahmen erforderlich, denn der Winter kommt jedes Jahr und wir können nicht jedes Mal unvorbereitet von Problemen überrollt werden, die weitgehend vorhersehbar wären.

Die Bedürfnisse sind unterschiedlich, und erfordern angemessene Maßnahmen. Die Zahl der Menschen, die sich in der Caritas-Kantine eine warme Mahlzeit holen, ist in wenigen Wochen von 130 auf 400 gestiegen, berichtet Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer. Vielen von ihnen fehlt nicht nur eine Mahlzeit, sondern auch ein Bett. So präsentiert sich dieses Phänomen in seinem ganzen Ausmaß und in seinen unterschiedlichen Facetten. Seit Wochen nimmt der Migrantenzustrom stetig zu: Der Referent für Soziales der Gemeinde Bozen spricht von durchschnittlich 20 bis 30 Ankünften pro Tag. Einige reisen von Süden nach Norden und ver-suchen den Brennerpass zu passieren. Andere kommen aus dem Norden und sind nach Italien, dem Land ihrer ersten Identifizierung, zurückgewiesen worden; viele andere erreichen Italien über die Balkanroute. Einige dieser Personen befinden sich auf der Durchreise und bleiben für einen begrenzten Zeitraum in Südtirol. Andere stellen einen Antrag auf humanitären Schutz in Bozen und wollen sich bei uns integrieren.

Bei jenen, die in Behelfsunterkünften Zuflucht finden, handelt es sich daher um Menschen verschiedener Herkunft, die sich in unterschiedlichsten Situationen befinden: Obdachlose, darunter auch Einheimische, Personen, außerhalb des vorgesehenen Kontingents, deren Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wurde und worauf sie nun Rekurs eingelegt haben, aber auch Personen, die humanitären Schutz oder Asyl erhalten haben, jedoch die Erstaufnahmeeinrichtungen verlassen mussten, und keine andere Unterkunftsmöglichkeit gefunden haben, oder Personen, die regelmäßig arbeiten oder eine Ausbildung absolvieren, aber keine Unterkunft finden (oder diese nicht bezahlen können), oder Personen mit abgelaufener Aufenthaltsgenehmigung, die diese nicht verlängern können, weil sie keinen Wohnort angeben können.

Auch der Rechtsstatus dieser Personen ist unterschiedlich: Einige, die selbstständig nach Südtirol gekommen sind und einen Schutzantrag gestellt haben, wären eigentlich berechtigt, Zugang zu den außerordentlichen Aufnahmezentren (CAS) zu erhalten oder in das Aufnahme- und Integrationssystem (SAI, ehemals SPRAR) aufgenommen zu werden, wenn der Zugang nicht auf die vom Ministerium über das nationale System ausgewählten Personen beschränkt wäre. Die Einrichtungen des SAI-Netzes sind auf dem Landesgebiet von 6 auf 3 reduziert worden; diese sind für ein über das gesamte Gebiet verteiltes Aufnahme- und Integrationsnetz erforderlich.

Andere Menschen haben einfach das Recht auf Leben, das Recht, nicht erfrieren zu müssen, wenn sie unser Land durchqueren oder sich dort kurz aufhalten. Die Gewährleistung dieses elementaren Rechts ist ein humanitäres Grundprinzip, welches das Land Südtirol nicht verweigern kann.
Unter den siebzehn UN-Zielen für eine nachhaltige Entwicklung, die von der Landesregierung offiziell übernommen wurden, gibt es mindestens sechs Ziele, die sich auf diese Aspekte beziehen: das erste, „keine Armut“; das zweite, „kein Hunger“; das dritte, „Gesundheit und Wohlbefinden“; das sechste, „sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen“; das zehnte, „weniger Ungleichheiten“; das sechzehnte, „Frieden und Gerechtigkeit“.
Wenn es uns nicht gelingt, diese Ziele für ein paar hundert Menschen sicherzustellen, die auf beschwerlichen und lebensgefährlichen Wegen unser Land erreichen, wie sollen wir dann glaubhaft erklären können, dass wir auch bereit sind, diese Ziele in einem viel größeren Umfang zu verfolgen?

Südtirol verfügt sowohl auf institutioneller als auch auf ehrenamtlicher Ebene über Ressourcen und Mittel, um sich für all diese Rechte einzusetzen. Das haben wir mit der außergewöhnlichen Aufnahmebereitschaft gegenüber jenen Menschen bewiesen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen mussten. In nur wenigen Tagen konnte die Landesregierung im vergangenen März eine Task Force einrichten, den Zivilschutz mobilisieren und ein erstes Aufnahmezentrum vor der Bozner Messe in einem Gebäude der Südtiroler Transportstrukturen AG, STA einrichten, das mit Toiletten und Notbetten ausgestattet wurde.

Es ist tragisch und absurd, dass nur wenige Dutzend Meter von diesem Bauwerk entfernt der 19-jährige Ägypter vor einigen Tagen erfrieren musste!

Wir müssen uns also der Realität stellen: Wir haben es mit einem neuen kontinuierlichen Zustrom von Migranten und Flüchtlingen zu tun, für den der Staat und das Land zuständig sind. Wir brauchen daher eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Staat, Land, Gemeinden, dem Dritten Sektor und dem Ehrenamt; wir brauchen gegenseitige Unterstützung und eine Koordinierung der Maßnahmen. Um einen Ausweg aus der Notstandslogik zu finden, ist ein nachhaltiger Plan erforderlich.

Allerdings ist in bestimmten unvorhergesehenen Situationen auch eine gezielte und rasche Hilfestellung wichtig. In Österreich betreibt die Caritas bei¬spielsweise das so genannte „Kältetelefon“, das sowohl Menschen, die ohne ein Dach über dem Kopf der eisigen Kälte ausgesetzt sind, als auch normale Bürger und Bürgerinnen anrufen können, um Hilfe anzufordern. Auf diese Weise wird eine der Situation angemessene Hilfe aktiviert: ein geeigneter Schlafsack, die Unterbringung in einer Notunterkunft oder auch nur ein offenes Ohr für die betroffene Person. Die Verfügbarkeit solcher Kommu¬nikationskanäle macht den Unterschied und rettet Leben!

verpflichtet der Südtiroler Landtag die Landesregierung,

  1. 1. eine Arbeitsgruppe einzurichten, an der Land, Regierungskommissariat, Gemeinden, Organisationen des dritten Sektors und Experten im Bereich der Obdachlosenaufnahme auf europäischer Ebene teilnehmen, um einen nachhaltigen Landesplan für die Aufnahme von Obdachlosen und Personen, die internationalen Schutz beantragen und sich in Südtirol aufhalten, auszuarbeiten und zu teilen,
  2. 1. auch in Zukunft durch die Zusammenarbeit zwischen Staat, Land und Gemeinden ein den effektiven Bedürfnissen entsprechendes Aufnahmesystem mit den über das gesamte Gebiet verteilten außerordentlichen Aufnahmezentren (CAS) zu gewährleisten,
  3. 2. eine Form der „niedrigschwelligen“ Aufnahme vorzusehen, um denjenigen, die sich auf der Durchreise in Südtirol befinden und nicht in der Lage sind, sich selbst zu versorgen, angesichts der niedrigen Temperaturen unverzüglich eine warme Mahlzeit und ein Bett anzubieten,
  4. 3. einen Kommunikationskanal nach dem Vorbild des österreichischen „Kältetelefons“ zu schaffen, an den sich Menschen in Not, aber auch einfache Bürgerinnen und Bürger rasch wenden können, um gezielt jenen zu helfen, die in der eisigen Kälte ohne ein Dach über dem Kopf das Leben riskieren; zu diesem Zweck kann auch eine Organisation des dritten Sektors mit ent¬sprechenden Kompetenzen und Erfahrungen beauftragt werden.

gez. Landtagsabgeordnete
Riccardo Dello Sbarba
Brigitte Foppa
Hanspeter Staffler

Landeshaushalt 2023-2024 – Mut- und kraftlos

Minderheitenbericht LGE 119/22-XVI, LGE 120/22-XVI, LGE 121/22-XVI

Der vorliegende Haushaltsentwurf 2023 wirkt eigenartig kraftlos. Kraftlos, weil er bis auf einige wenige Arbeitsbereiche eine schlichte Fortschreibung des Anfangshaushaltes 2022 ist. Und mutlos, weil sich keine besonderen politischen Schwerpunkte erkennen lassen, keine Neuausrichtung der Politik und schon gar keine Nachhaltigkeitswende für die Zukunft. Es bleibt geldmäßig alles beim Alten, Energiekrise, Klimakrise und Naturkrise wurden nicht in den Haushalt aufgenommen.

So wenig die bisherigen Anfangshaushalte der Regierung Kompatscher eine besonders große Aussagekraft hatten, so hat auch der vorliegende Anfangshaushalt eher den Charakter einer Beruhigungspille. Alle politischen Aufgabenbereiche und Ressorts haben 2023 eine Basisfinanzierung erhalten, sie könnten das kommende Jahr schon irgendwie überstehen, würde man meinen.

In Wirklichkeit werden die politischen Akzente – und diese waren in den vergangenen Jahren immer wirtschaftlicher Natur – durch nachfolgende Haushaltsänderungen und durch den Nachtragshaushalt 2023 gesetzt. Im Laufe des Jahres werden freie oder zusätzliche Geldmittel auf direktem Weg und immer häufiger auch indirekt über den Reservefonds in die Arbeitsbereiche Tourismus, Straßenbau und Wirtschaftliche Entwicklung gelenkt.

Als Beispiel ein kurzer Exkurs in das Haushaltsjahr 2021: Der Anfangshaushalt hatte 6,5 Mrd. Euro, im Laufe des Jahres wuchs der Betrag durch Haushaltsänderungen und Nachtragshaushalt auf 7,7 Mrd. Euro an und in der Rechnungslegung 2021 (Endabrechnung) wurden gar 8,8 Mrd. Euro abgerechnet. Während also zu Jahresbeginn 2021 der Haushalt einigermaßen ausgeglichen war, wenngleich Wirtschafts- und Investitionsschwerpunkte klar erkennbar waren, so erzeugte der üppige Geldfluss im Laufe des Jahres eine eklatante Wirtschafts- und Investitionslastigkeit. Die Investitionsquote stieg von anfangs 15 % auf schlussendliche 25 %, was angesichts der prekären Lohn- und Gehaltssituationen im öffentlichen Dienst geradezu obszön ist.

Die Investitionsquote eines öffentlichen Haushaltes ist der Gradmesser für freie Geldmittel, die für Infrastrukturen (Bruttoanlageinvestitionen) oder für Investitionsbeiträge verwendet werden und somit für die Privatwirtschaft ankurbelnd wirken. Die Investitionsquote errechnet sich aus der Summe des Haushaltes abzüglich aller laufenden Ausgaben für Bildung, Gesundheit, Mobilität, Pflege und Verwaltung.

Die Investitionsquote sollte nicht zu niedrig sein, weil dadurch im Laufe der Zeit die Infrastrukturen funktionsuntüchtig werden und ein volkswirtschaftlicher Nachteil entsteht. Sie sollten aber auch nicht zu hoch sein, weil der Wirtschaftsmotor dadurch zu überhitzen droht, es kommt zur überproportionalen Nachfrage nach Lohnarbeitern, Produktions-, Wohn- und Lebenshaltungskosten steigen.

Die Südtiroler Landesregierung fährt seit Jahren eine der höchsten Investitionsquoten im EU-Raum: sechs Prozent des BIP (Bruttoinlandprodukt) sind in Südtirol die Regel, häufig liegt die Quote auch deutlich darüber. Der EU-Durchschnitt liegt bei drei Prozent. Die Steuermilliarden der Südtiroler: innen fließen in den Straßen- und Seilbahnbau, in die Tourismusindustrie, in den Bau von Beschneiungsbecken, an Unternehmen, in die Landwirtschaft und auch in den Urlaub am Bauernhof.

Auf der Strecke bleiben dabei viele Menschen: einerseits Mitarbeiter:innen des öffentlichen Dienstes, welche seit dem Jahr 2013 über 15 Prozent Reallohnverlust erleiden mussten und andererseits alle Bürger:innen, welche die öffentlichen Dienste wie Gesundheit, Pflege, Mobilität und Bildung stärker denn je beanspruchen müssen. Die soziale Schere geht auseinander, ein Gegensteuern ist auch in diesem Haushalt 2023 nicht in Sicht.

Die Landesregierung hat die sieben guten Jahre zwischen 2014 und 2020 fahrlässig verstreichen lassen, um die öffentlich Bediensteten besser zu bezahlen und damit die öffentliche Sache zu stützen. Jetzt, so scheint es, steuern wir auf sieben magere Jahre zu.

Analyse der vorliegenden Haushaltszahlen

Obwohl der vorliegende Haushalt mit 6,7 Mrd. Euro nominal sehr üppig ausfällt, büßt er im Vergleich zum Vorjahr durch die Inflationsrate über zehn Prozent (September 2021 – September 2022) Euro ein. Somit steht momentan für das Jahr 2023 ein Haushalt mit einem Realwert von gut 6 Milliarden zur Verfügung. Das ist ein gewaltiger Einbruch im Vergleich zum Jahr 2022!

Landeshauptmann Kompatscher rechnet zwar im Nachtragshaushalt mit weiteren 250 Millionen Euro, welche aber angesichts der aktuellen Teuerung lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein sind. Vermutlich werden aber PNRR- und Olympiagelder, welche im Landeshaushalt nicht abgebildet sind, das eine oder andere Budgetloch im Straßen- und Seilbahnbau stopfen.

Dennoch sind bereits jetzt einige Problembereiche zu erkennen, die ohne deutliche Nachfinanzierung in Schwierigkeiten geraten werden. Angesichts der neoliberalen Politikagenda überrascht es nicht, dass es sich dabei um die Sozial-, Personal- und Umweltbereiche handelt.

 

Die Sorgenkinder

  • Arbeitsbereich Sozial- und Familienpolitik – Krass unterfinanziert

Der Sozialbereich mit Fürsorge und Pflege ist demographischen gesteuert, die notwendigen Geldmittel steigen von Jahr zu Jahr. Vorgesehen sind einstweilen 695 Mio. Euro, die aber laut meinen Berechnungen bei Weitem nicht reichen werden: Mehraufwand und Teuerungsrate ergeben einen zusätzlichen Bedarf von rund 150 Mio. Euro. Damit wäre rein theoretisch der Nachtragshaushalt bereits zur Hälfte konsumiert.

  • Arbeitsbereich Gesundheitsschutz

Obwohl der Gesundheitsschutz mit 1,48 Mrd. Euro über einen passablen Anfangshaushalt verfügt, erzwingt die Inflation eine zusätzliche Finanzierung von schätzungsweise 50 Millionen Euro, wahrscheinlich werden es deutlich mehr sein.

  • Arbeitsbereich Wohnungsbau – Leistbares Wohnen bleibt Wunschdenken

Der öffentliche Wohnungsbau ist mit 58 Millionen auch im langjährigen Vergleich sehr schwach aufgestellt. Eigentlich ist im Bezug auf die letzten zehn Jahre ein absoluter Tiefpunkt erreicht, der eventuell durch Kreditaufnahmen, PNRR-Gelder oder andersartige Finanzierungen etwas entschärft werden kann. Die chronische Wohnungsnot wird jedoch bleiben, diese Landesregierung will das große gesellschaftliche Problem des Leistbaren Wohnens auch im Jahr 2023 nicht angehen.

  • Bereichsübergreifender Kollektivvertrag – Öffentlich Bedienstete schauen durch die Finger

Vor wenigen Tagen kam es in Österreich zum Gehaltsabschluss 2023 für den öffentlichen Dienst. Ab 1. Jänner 2023 gibt es für die öffentlich Bediensteten eine Gehaltserhöhung von 7,32 Prozent, damit ist den Verhandlern eine dauerhafte Kaufkraftsteigerung gelungen. Zwischen 2014 und 2022 (Regierungszeit Kompatscher) sind die Löhne und Gehälter des öffentlichen Dienstes in Österreich um über 25 Prozent gestiegen. Im reichen und überteuerten Südtirol waren es magere 6 Prozent. Im Vergleich zu den österreichischen Kolleginnen haben Südtirols öffentlich Bedienstete das Nachsehen.

Aufgrund der effektiven Teuerung der Jahre 2021 und 2022 braucht der öffentliche Dienst mindestens 50 Mio. Euro für das kommende Jahr. Im entsprechenden Kapitel der Bereichsübergreifenden Kollektivverträge herrscht jedoch gähnende Leere.

  • Arbeitsbereiche Energie, Natur- und Umweltschutz – Kapitulation

Ein Jahr lang hat Landeshauptmann Kompatscher das Land mit Nachhaltigkeitsshows beglückt, im Haushalt 2023 fehlen aber jegliche finanzielle Akzente zur Nachhaltigkeit. Eine Verdoppelung der Mittel für die Energiewende, für den Naturschutz und für Ökowende wäre aus unserer Sicht das Mindeste gewesen. Ehrlich gesagt, hatte ich mir dies nach dem diesjährigen Nachhaltigkeits-Trommelfeuer so erwartet. Für die Energiewende finden sich magere sieben, für die Ökowende verschwindende zwei Investitions-Millionen in den entsprechenden Programmen.

 

Mehr Steuergerechtigkeit braucht das Land

Die IRAP-Steuer ist in Unternehmerkreisen höchst umstritten und unbeliebt, wer will auch schon gerne Steuern zahlen? Allerdings dürften sich die Unternehmer nicht beklagen, denn ihr Anteil an den Gesamtsteuereinnahmen des Staates nimmt seit Jahren ab. In den OECD-Staaten sind die nominalen Gewinnsteuersätze der Unternehmen seit 1985 von 51 auf 29 Prozent gesunken. Das hat zur Folge, dass kleine und mittlere Einkommen überproportional zum Steueraufkommen beitragen müssen. Es ist deshalb nur gerecht, wenn Unternehmen einen zusätzlichen Steuerbeitrag leisten.

Ein ständiger Zankapfel ist die Gemeindeimmobiliensteuer (GIS), die den einen zu hoch und den anderen zu niedrig ist. Ferienwohnungen und Urlaub am Bauernhof werden dieses Mal zu Recht unter die Lupe genommen: Warum bei gleicher Tätigkeit Privatzimmervermieter mehr GIS zahlen wie die Betreiber vom Urlaub am Bauernhof ist völlig unverständlich und ungerecht. Beide Kategorien haben aus unserer Sicht denselben Steuersatz zu entrichten.

Noch unverständlicher ist jedoch die seltsame Steuerregelung, dass gewerbliche Tourismus-Immobilien einer weitaus geringeren GIS unterliegen als Wohnungen für Mietzwecke. Tourismustreibende zahlen 0,2 % GIS für die Unterkünfte, Herr und Frau Südtiroler berappen je nach Gemeinde von 0,76 bis 3,5 Prozent für ihre Wohnungen. Viel ungerechter kann ein Gesellschaftsvertrag nicht sein!

Mehr Respekt für die parlamentarischen Institutionen notwendig

Im Begleitgesetz (121/22) wiederholen sich die schlechten Gewohnheiten dieser Landesregierung, wichtige und umfangreiche Gesetzesänderungen an den zuständigen Gesetzgebungskommissionen vorbeizuschleusen. Im Konkreten geht es um die Neuordnung des Landesstatistiksystems (Art. 4), Neuregelung des Landesgesundheitsdienstes (Art. 5, Art. 15) und um die Neuordnung der Örtlichen Körperschaften (Art. 7). All diese Änderungen müssten in den entsprechenden Gesetzgebungsausschüssen von den kompetenten Kolleg:innen des Landtages eingehend geprüft, diskutiert und korrigiert werden.

Diese ständige Missachtung der institutionellen Gremien wirft einen autokratischen Schatten auf die Landesregierung Kompatscher, untergräbt die Autorität des Südtiroler Landtags und beschädigt zum wiederholten Mal die eh schon schwächelnde Demokratie unseres Landes.

 

Bozen, 29.11.2022

Der Landtagsabgeordnete

Hanspeter Staffler

TAGESORDNUNG LGE 119/2022, 120/2022 und 121/2022.

In den vergangenen Jahren wurden des Öfteren Grasproben von Spielplätzen untersucht, die sich in der Nähe von landwirtschaftlichen Obstanbaugebieten befinden. Mit teils besorgniserregenden Ergebnissen. Mehrfach hat die Grüne Fraktion im Landtag darauf hingewiesen, dass dies ein ernst zu nehmendes Thema ist. Besonders Spielplätze und Schulhöfe nahe Obstplantagen mit intensiven Anbauweisen gilt es genauestens zu beobachten.

Eine jüngst veröffentlichte Studie („Pesticide drift mitigation measures appear to reduce contamination of non-agricultural areas, but hazards to humans and the environment remain“) kam zu dem Ergebnis, dass die Pestizidkontamination zwar leicht abgenommen habe, das Risiko für den Menschen durch Abdrift allerdings weiterhin bedeutend geblieben sei. Eine wesentliche Verbesserung habe nicht stattgefunden.

Die Ergebnisse bergen eine gute und eine schlechte Nachricht, wobei die gute sicherlich in der Abnahme der Kontamination besteht. Gehen wir davon aus, dass durch Abdrift immer noch beträchtliche Risiken für den Menschen verbleiben, heißt dies, dass wir uns weiter auf den Weg machen müssen, um diese Risiken zu minimieren. Es heißt auch, dass die eingeschlagenen Wege zu fruchten beginnen. Doch genau an so einem Moment wäre es fatal, nicht weiter zu insistieren. Denn das Ziel muss heißen: Keine Kontamination und keine Risiken dadurch für Menschen und vor allem Kinder.

Nicht umsonst werden Grasproben oft auf Spielplätzen oder an Orten gezogen, an denen sich viele Kinder aufhalten: Sie sind den Schadstoffen am schutzlosesten ausgeliefert. Sie zu schützen muss immer unsere Priorität sein.

Der Landtag fordert daher die Südtiroler Landesregierung auf, in Zusammenhang mit der Umsetzung der Landesgesetze Nr. 119/2022, 120/2022 und 121/2022

  1. Periodische Monitorings der Pestizidbelastung in den so genannten „sensiblen Zonen“ Südtirols durchzuführen, die Bevölkerung über die Ergebnisse zu informieren und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheit der Menschen und vor allem der Kinder sicherzustellen.
  2. Beschilderungen an Spielplätzen und Schulhöfen Südtirols vorzunehmen, die an Obstwiesen mit intensiven Anbauweisen grenzen, damit Kinder und deren Eltern darüber informiert werden, dass dort Pestizide ausgebracht werden.
  3. Gemeinsam mit den betroffenen Interessensgruppen darauf hinzuarbeiten, dass Landwirt:innen die Zeiten, in denen sie Pestizide ausbringen, im Vorfeld kommunizieren- und die Verwaltung diese den Bürger:innen auf geeignete Art und Weise zur Verfügung stellen muss.
  4. Die notwendigen Mittel dafür im Landeshaushalt bereit zu stellen.

Bozen, 12.12.2022

 

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

Hanspeter Staffler