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LandtagIm Landtag sind gestern Aussagen getätigt worden, die dem Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und dem Artikel 1 der Europäischen Charta der Grundrechte zuwiderlaufen: Nach diesen Grundnormen sind alle Menschen gleich an Rechten geboren und haben die gleiche gesellschaftliche Würde.
Aussagen der KollegInnen, die von „Menschen, die zu viel sind auf der Welt“ und von der Notwendigkeit eines „gesunden Egoismus“ gegenüber Menschen auf der Flucht sprechen, verletzen die Würde des Landtags und dessen Auftrag als Vertretung des Volkes.
Als Landtagsabgeordnete distanzieren wir uns ausdrücklich von derartigen Aussagen und bekräftigen unseren Einsatz für Menschen- und BürgerInnenrechte.
Sie haben Geltung auch im Südtiroler Landtag.
7. Mai 2015
L.-Abg. Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba

Anfrage zur aktuellen Fragestunde.
WahlempfehlungPünktlich zu den Gemeindewahlen warten die Verbände landauf landab wieder mit einer besonderen „Dienstleistung“ auf: der Wahlempfehlung. Der Kaufleuteverband Meran, der Handwerkerverband in Gröden, der KVW in Tramin im Dienste der Mehrheitspartei… das sind nur einige Beispiele für die Fortsetzung einer alten Unsitte, die in unserem Land schon überlang geduldet wird. Wer diese offensichtliche Chancenverzerrung der Vorwahlzeit duldet, ist wohl allzuoft auch Nutznießer: Alle Beispiele betreffen die Südtiroler Volkspartei. Es sind immer deren KandidatInnen, die von Verbänden, die öffentlich mit Steuergeldern aller Bürgerinnen und Bürger gefördert werden, empfohlen werden. Das Regionalgesetz vom 13. August 1998, Nr. 7, spricht hierzu zwar eine klare Sprache, da keine Sanktionen vorgesehen sind, bleibt es aber toter Buchstabe.

Wir stellen in diesem Zusammenhang folgende Fragen an die Landesregierung:

  • Wie steht die Landesregierung zu den genannten Wahlempfehlungen? Findet sie sie rechtlich und aus ethischer Sicht korrekt?
  • Wird die Landesregierung in Zukunft eine rechtliche Regelung vorantreiben, die diese leidigen Wahlempfehlungen vonseiten öffentlich geförderten Verbänden unterbindet und entsprechende Sanktionen vorsieht?
  • Wird der Landeshauptmann zumindest einen öffentlichen Appell machen, mit dem er die Verbände auffordert, diese Empfehlungen zu unterlassen?

BZ, 06.05.2015
L.Abg.
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hans Heiss

ItalicumDer Südtiroler Grünenvertreter im Parlament, Florian Kronbichler, hat zusammen mit der gesamten Opposition und einer Minderheit der Regierungspartei PD dem neuen Wahlgesetz „Italicum“ seine Zustimmung verweigert. Dieses Gesetz für die Wahl des künftigen Parlaments ist inakzeptabel, weil es nicht die Demokratie im Sinn hat, sondern die Zementierung der momentan herrschenden Machtverhältnisse: auf gesamtstaatlicher Ebene das System Renzi, in der Region Trentino-Südtirol die Zweckehe SVP-PD.
Der PD hat der SVP innerhalb des Wahlgesetzes ein Sonderwahlgesetz zugestanden, das ihr de facto alle in Südtirol zu vergebenden Parlamentssitze reserviert. Der Preis dafür ist: ewige Treue dem Partito democratico. Das Gesetz ist der SVP so unverschämt auf den Leib geschneidert, dass diese drei der vier Südtiroler Einpersonen-Wahlkreise für sich selber vorbehält; den vierten, den Wahlkreis Bozen-Leifers, der den Italienern gehört, wird die SVP mit ihrem Stimmengewicht entscheidend mitbestimmen. Es wird wohl ein italienischsprachiger Abgeordneter werden, aber immer ein italienischer von SVPs Gnaden. Welche negativen Auswirkungen eine solche ethnopolitische Bevormundung auf das friedliche Zusammenleben im Land hat, ist in Vergangenheit hinlänglich bewiesen worden und trägt den Namen „disagio degli italiani“.
Durch ein nicht anders als hinterhältig zu nennendes Verrechnungssystem wird sich die SVP über das Proporz-Wahlsystem auch noch jenen letzten, fünften, Sitz holen, der nach dem Geist des Gesetzes und den Erklärungen von SVP und PD eigentlich der politischen Minderheit zustünde. Einen „Betriebsunfall“ wie die Wahl des Grünen-SEL-Abgeordneten für die laufende Legislatur darf es offenbar nicht noch einmal geben.
Das für Südtirol ausgeklügelte Wahlrecht ist so parteiisch, dass selbst Regionen-Staatssekretär Gianclaudio Bressa, der den Handel mit der SVP erledigt hat, es nicht mehr technisch zu verteidigen vermochte, und das Gespräch mit dem Abgeordneten Kronbichler abbrach mit dem Hinweis: „Florian, devi accettare che sono anche politico“.
Anche politico. Will heißen: Parteikalkül ergeht vor Recht und Billigkeit. Das Wahlgesetz „Italicum“ ist auf Südtirol bezogen ein Kuhhandel zwischen Partito Democratico und Südtiroler Volkspartei und einer auf Frieden und Demokratie ausgerichteten Autonomiepolitik nicht würdig.
Florian Kronbichler, Kammerabgeordneter
Brigitte Foppa, Co-Sprecherin Verdi-Grüne-Verc, Regionalrats- und Landtagsabgeordnete
Giorgio Zanvettor, Co-Sprecher Verdi-Grüne-Verc
Riccardo Dello Sbarba, Landtags- und Regionalratsabgeordneter
Hans Heiss, Regionalrats- und Landtagsabgeordneter
Bozen, 5.5.2015

BuonaScuolaMinisterpräsident Matteo Renzi stattet Bozen und Trento genau am Tag des Generalstreiks der Schule einen Besuch ab. Lehrerinnen und Lehrer protestieren gegen das Gesetz „buona scuola“, das mitnichten „gut“ zu heißen ist.
Die Grünen stehen auf Seiten der Lehrerinnen und Lehrer, der Jugendlichen und Familien, die sich eine öffentliche, demokratische und qualitativ hochwertige Schule wünschen. 
Wir fordern die Regierung auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen und sich einer vertieften Auseinandersetzung mit Lehrpersonal und Jugendlichen zu öffnen, um eine gemeinsam getragene Reform zu ermöglichen.
Sollte das Gesetz von Renzi nicht geändert werden, plädieren die Grünen dafür, dass Südtirol seine autonomen Kompetenzen wahrnimmt und nur die positiven Aspekte des Gesetzes anwendet und  die Maßnahmen, die der Schule, ihrer Autonomie und ihrer Qualität schaden, nicht annimmt.

Als negativ bewerten wir insbesondere folgende Aspekte des Gesetzes:

  • Die einseitige gesetzliche Festlegung von wichtigen Verhandlungspunkten, die eigentlich mittels demokratisch verhandelter Verträge zu regeln sind. Dieser Ausschluss des gewerkschaftlichen Verfahrens in wichtigen Bereichen eines Gesetzes erinnert stark an das Vorgehen der Landesregierung beim Personalgesetz, das wir Grüne diese Woche im Landtag mit unseren Anträgen zu ändern versuchen.
  • Die ausbleibende Einstellung von Hunderttausenden prekär angestellter Lehrkräfte, die nach vielen Arbeitsjahren keine Festanstellung erhalten, sondern die Kündigung riskieren.
  • Die hohe Anzahl von Ermächtigungen, mit denen das Gesetz grundlegende Punkte der Schulreform komplett der Regierung überlässt.
  • Die Berufung, die Bewertung und sogar Teile des Gehalts der Lehrpersonen werden dem Ermessen der SchulamtsleiterInnen überantwortet, entgegen den Prinzipien von Transparenz, Demokratie und der guten Verwaltungspraxis.
  • In der Schule nach dem Modell Renzi wird die zentrale Rolle der Schulgemeinschaft aus SchülerInnen und Lehrpersonal vom Zentralismus der Schulbehörden abgelöst, durch ein fragwürdiges Modell von Schule als Unternehmen und Kompetenzzentrum.

Die Grünen bekunden ihre Solidarität mit den Streikenden, die sich heute für eine demokratische und qualitativ hochwertige öffentliche Schule einsetzen.
BZ, 05.05.2015
Landtagsabgeordnete
Riccardo Dello Sbarba
Brigitte Foppa
Hans Heiss

Pressekonferenz PersonalgesetzDer grüne Minderheitenbericht zum LGE 34/15
Breit diskutiert?
In dieser Woche werden die insgesamt 53 Artikel des neuen Personalgesetzes im Landtag diskutiert. Der Vorsatz war gewesen, das Gesetz im Vorfeld „breit“ zu diskutieren.
Es gab einige Treffen der Landesregierung mit den Gewerkschaften (3 laut Gewerkschaften, „Dutzende“ laut Landesrätin) und, buchstäblich im letzten Moment, eine Anhörung der Landtagskommission. Das Personal des Landes wurde – in allgemeiner Unzufriedenheit – verständigt. Der von der Landesrätin geleitete Familienbeirat wurde mit dem Gesetz befasst und gab ein positives Gutachten (!). Für die Kommission gab es einen Vorab-Informationstermin, bei dem insbesondere das ausgeprägt positive Selbstbild der Personalabteilung verifiziert werden konnte.
Ziel erreicht?
Welches Ziel, möchte man fragen?
Allgemein (und auch von uns Grünen) wird die Absicht gutgeheißen, dass die Gesetzeslage gebündelt wird und eine Art Einheitstext entsteht.
Große Teile des Personalgesetzes übernehmen aber nicht nur Gesetzesbestimmungen, sondern auch vertraglich errungene Übereinkünfte wie den Bereichsübergreifenden Kollektivvertrag (BÜKV) oder die Disziplinarordnung. Diese Vertragstexte erhalten damit Gesetzesstatus und sind in Zukunft auch nur auf dem Gesetzeswege abänderbar. Der Arbeitgeber Land greift einseitig in eine Materie ein, die bilateral vertraglich zu regeln ist – das kann er nur tun, weil er Arbeitgeber und Gesetzgeber zugleich ist.
Dass die Gewerkschaften diese Vorgangsweise einhellig und einstimmig verurteilen, liegt auf der Hand – zumal an einigen Stellen des Gesetzes auch schon Änderungen am BÜKV vorgenommen wurden. Ohne Zustimmung der Gewerkschaften, wohlgemerkt.
Abgesehen von diesem inakzeptablen Eingriff, ist keine klare Zielrichtung erkennbar. Was das Gesetz erreichen will, wird weder aus dem Text selber noch aus dem Begleitbericht sichtbar. Dort wird zwar auf den nötigen Erneuerungsprozess der Verwaltung hingewiesen (auch die Landesrätin selbst spricht in den Stellungnahmen immer davon, dass die Verwaltung „zukunftsfit“ gemacht werden müsse) – woraus aber diese Erneuerung ersprießen soll, geht aus dem Gesetz nicht klar hervor.
Pressekonferenz Personalgesetz 2Die 7 Hauptkritikpunkte –
und die entsprechenden grünen Verbesserungsvorschläge:

  1. Verletzung der Kollektivvertragsebene
    s. oben.
    Wir haben Streichungsanträge für alle Artikel, die auf Kollektivvertragsebene verhandelt werden müssen, insbesondere was die gewerkschaftlichen Rechte, die Disziplinarordnung und den Verhaltenskodex betrifft, vorgelegt.
  2. Mobilität der Bediensteten
    Die Verlängerung der möglichen Anfahrtsstrecke zur Arbeit um ganze 50 km (!) ist ein gravierender Eingriff in den Arbeitsalltag, insbesondere für Frauen, die oft einen eh schon eng gesteckten Tagesstundenplan haben. Die vielen Versprechungen der Landesregierung zum Thema Vereinbarkeit Familie und Beruf werden durch die vorgesehene Maßnahme Lügen gestraft und die von Josef Noggler eingebrachte Änderung ist nur ein Palliativ, außerdem mit schwieriger Handhabe.
    Wir fordern die Streichung dieses Artikels oder zumindest eine Milderung, allermindestens die Anwendung nur auf Vollzeitstellen.
  3. Freistellungen für politisches Mandat: Die Tatsache, dass GemeinderätInnen in Zukunft keine Zeit mehr für die Vorbereitung der Gemeinderatssitzungen beanspruchen können, ist eine nicht annehmbare Abstrafung der demokratischen Arbeit von GemeinderätInnen. Gute Gemeinderatsarbeit braucht Zeit und Vertiefung, nicht nur aber vor allem auch in der Opposition. Die Vermutung liegt nahe, dass man gerade hier Potenzial zunichte machen will. Keine guten Aussichten für die Gemeindewahlen 2015!
    Wir fordern die Beibehaltung der Freistellung, damit zumindest die Landesangestellten die Arbeit im Gemeinderat auch in Zukunft ernst nehmen können. In einer vorgelegten Minimalforderung schlagen wir zumindest einen Halbtag Freistellung pro Gemeinderatswoche vor. Wenn auch das nicht angenommen wird, werden die Gemeinderäte in absehbarer Zeit ein Reservat von Begüterten, RentnerInnen und/oder nicht vorbereiteten MitläuferInnen werden.
  4. Das Recht auf Weiterbildung muss weiterhin gesichert bleiben und nicht nur als allgemeiner Wert im Gesetz ein Alibidasein fristen.
  5. Dass die Nebentätigkeiten der Landesangestellten freier und unbürokratischer gehandhabt werden, begrüßen wir. Nicht einverstanden sind wir mit der Tatsache, dass nur die Nebentätigkeit in der Landwirtschaft wirklich „frei“ ist.
    Wir fordern hier, dass Pflege, kulturelle und soziale Tätigkeiten sowie allgemeine Dienstleistungen der Landwirtschaft gleichgestellt werden. Die privilegierte Stellung der Landwirtschaft ist aus heutiger Sicht überholt.
  6. Die alte Krankheit der Ad-Hoc-Bestimmungen scheint auch in der Ära der neuen Landesregierung noch nicht ganz ausgemerzt zu sein: Sowohl bei der Weiterbeschäftigung der Landesangestellten im Ruhestand als auch bei einem dubiosen „Sanierungsversuch“ der PflegedienstleiterInnen in der Sanität besteht der Verdacht, dass es hier um ganz bestimmte Personen geht, für die Artikel maßgeschneidert werden. Dasselbe galt für die FahrerInnen, persönliche MitarbeiterInnen und „PrivatjournalistInnen“ der Landesregierung. Die Nicht-Opportunität dieses letzten Punktes wurde von der Landesregierung selbst eingesehen und der berüchtigte Artikel 11 wurde gestrichen.
  7. Indes erstaunt der billige Trick, mit dem auf die Proteste zur Finanzbestimmung reagiert wurde. Angestellte und Gewerkschaften protestierten dagegen, dass Mehrkosten von 1,5 Millionen (wie schon 2012 vorgesehen) direkt beim Personal eingespart werden. Nun wurde der Artikel umformuliert und es werden nur mehr die Nummern der Landeshaushaltskapitel angeführt, mit denen die Finanzierung erfolgen soll. Es sind – wie zu erwarten war – die Personalkapitel. Und für die Zukunft verweist man allgemein auf das jährliche Finanzgesetz – folglich keine Sicherheit, dass am Ende nicht wieder ins Personal investiert wird, indem… beim Personal gespart wird.

Nicht alles ist zu verteufeln. Generationenpakt, Aufnahme von Menschen mit Beeinträchtigung, die Vereinfachung bei Nebentätigkeiten sind zu begrüßen. Schließlich hat auch die Arbeit im Gesetzgebungsausschuss ein paar Verbesserungen hat die gebracht, etwa

  • a) die leistungsbezogene Entlohnung: Die transparente Handhabung der Leistungsprämien wurde auf unseren Vorschlag ins Gesetz aufgenommen. Das ist sehr wichtig, damit das Leistungsprämienprinzip nicht zum Machtinstrument verkommt.
  • b) Der fast schon zu Heiterkeit Anlass gebende Passus, nach dem die Landesangestellten das Aktienvermögen „ihrer Verwandten“ offen legen müssen, wurde gestrichen.

Fazit
Es gäbe aber noch Vieles zu verbessern. Insbesondere hätte man den Anlass nutzen könne, um tatsächlich eine Richtung vorzugeben, in der sich die Personalgestaltung des Landes entwickeln soll. Man hätte klare Aussagen machen und eine Gesamtvision liefern können.
So bleiben die Grundfragen aber offen: Wird man in der Landesverwaltung künftig besser arbeiten? Wird der Führungsapparat des Großbetriebes Land effizienter? Wird es weniger Doppelungen und Abgrenzungsunklarheiten geben? Kann im Land ergebnisorientierter und partizipativer gearbeitet werden? Werden die Sozialpartner einen ausgewogenen und korrekten Umgang miteinander pflegen können? Die Landesverwaltung der Zukunft ist aus diesem Gesetz eindeutig nicht herauslesbar. Eher schon verbleibt der Eindruck, dass dieses Gesetz nicht am Anfang einer neuen Ära steht, sondern dem Geiste der Vergangenheit entspricht.
Dass dieser hiermit einen Abschluss findet, sozusagen seinen Dienst quittiert – oder ob er weiterhin wirk- und spürsam sein wird, das wird sich in den nächsten Gesetzen zum Personal und zur Verwaltungsreform zeigen.
Daran werden wir dann auch reell messen können, ob die angekündigte „Zukunftsfitness“ erreicht wird. Das wäre ja tatsächlich ein schönes Ziel.
Bozen, 4. Mai 2015
L.-Abg. Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba

MareNostrumDer Begehrensantrag an das römische Parlament und die Regierung wurde heute mit 33 Stimmen vom Regionalrat genehmigt.
Massengrab Mittelmeer: Zur Rettung von Flüchtlingen auf See sollte die Operation „Mare Nostrum“ dringend wieder aufgenommen werden.
Seit 2013 haben die Flüchtlingswellen über das Mittelmeer sprunghaft zugenommen, verursacht durch das Ende des „Arabischen Frühlings“, die Krise in Lybien, am Horn von Afrika und den Bürgerkrieg in Syrien, wo die Regierung Bashir-al-Assad hauptverantwortlich ist für den Tod von inzwischen über 220.000 syrischen Männern, Frauen und Kindern. Schließlich treibt im Nahen Osten auch das brutale IS-Terrorregime zahlreiche Menschen in die Flucht.
Die Folge all dieser katastrophalen Entwicklungen ist die Flucht von Millionen Menschen, die vor allem die Türkei, Libanon und Jordanien erreicht, aber auch über das Mittelmeer das europäische Festland anpeilt. Ein vorläufiges Hauptziel der Fluchtbewegung ist Italien, das 2014 von rund 200.000 Flüchtlingen erreicht wurde, wovon allerdings nur 37.000 registriert worden sind; der Rest hält sich illegal im Lande auf. Die Mehrzahl der gelandeten Flüchtlinge hat – ohne in Italien registriert zu werden – Zentral- und Nordeuropa erreicht, wo allein Österreich 2014 rund 30.000 Flüchtlinge neu registriert hat.
Die Flucht aus Afrika vollzieht sich häufig zu Schiff, wobei Schlepperbanden oft die aus Lybien oder Ägypten starten Frachter mit Menschen überladen, sie mit zu wenig Treibstoff oder Nahrung ausstatten, sodass Schiffskatastrophen die oft unweigerliche Folge sind. Der jüngste Untergang eines heillos überladenen Frachters hat angeblich 900 Todesopfer gefordert, ohne dass über Empörung und Entsetzen hinaus wirkungsvolle Maßnahmen zur Besserung der Situation gesetzt wurden.
Ein humanitärer Einsatz von großer Wirkung war die von Mitte Oktober 2013 bis 31.10.2014 angesetzte Aktion „Mare Nostrum“, mit der die italienische Regierung Letta nach dem Untergang von nahezu 350 Menschen vor Lampedusa beschloss, die Marine zu weiträumigen Rettungsaktionen einzusetzen. „Mare Nostrum“ hat nachweislich viele Tausende Menschen aus Seenot gerettet und manche von ihnen damit vor sicherem Tod bewahrt, die weltweit gerühmte Aktion wurde allerdings zum 31. Oktober 2014 eingestellt. Die Begründung für den Stopp von „Mare Nostrum“ war allerdings mehr als zweifelhaft, waren die Kosten doch mit 9 Mio € im Monat im Vergleich zu den erzielten Erfolgen mehr als mäßig. Auch das Argument, „Mare Nostrum“ würde Schlepperbanden erst recht aktivieren, hat mit Blick auf die Katstrophen der letzten Monate jede Zugkraft verloren.
Angesichts des jüngsten Desasters, für das der Ausdruck „humanitäre Katastrophe“ als Schönfärberei erscheint, angesichts der erbärmlichen Reaktionen der EU, die sich des ihr verliehenen Friedensnobelpreises keinesfalls als würdig erweist, sollte die Aktion „Mare Nostrum“ neu aufgenommen und die italienische Marine wieder mit einem klaren Kommando zur weiträumigen Rettung von Flüchtlingen auf See bereits vor der afrikanischen Küste ausgestattet werden.
Daher richtet der Regionalrat Trentino Südtirol an das römische Parlamente und die Regierung Antrag

  • Eine Operation zur Rettung aus Seenot mit entsprechenden Mitteln unverzüglich wieder aufzunehmen;
  • Bei der EU mit allem Nachdruck darauf zu drängen, ein Hilfs- und Koordinierungsprogramm für die Flüchtlingsströme aus Afrika und dem Nahen Osten endlich zu entwickeln und zügig ins Werk zu setzen.

Bozen, 20. April 2015
Regionalabgeordnete
Hans Heiss
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Magdalena Amhof
Paul Köllensperger
Mattia Civico

Tragedia in mareDie Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer stellt Europa auf die Anklagebank. Die Europäische Union hat ein wahres Verbrechen begangen, indem sie die marine Rettungsoperation „Mare Nostrum” aufgegeben und durch die Grenzüberwachungsoperation „Triton” ersetzt hat. Die schwerwiegenden Folgen waren abzusehen und nun werden sie traurige Wahrheit. Seit Anfang des Jahres bis heute sind bereits mehr als 1.600 Opfer dieser Flüchtlingspolitik zum Opfer gefallen. Letztes Jahr waren es bis zum 30. April 96 Opfer gewesen. Auf zynische Weise hat Europa entschieden, den Tod tausender Flüchtlinge als Mittel zu verwenden, um weitere Flüchtlinge von der Überfahrt abzuhalten. Einer Union, die derartige Verbrechen verübt, müsste der 2012 verliehene Nobelpreis wieder aberkannt werden.
Angesichts dieses humanitären Notstands mit katastrophalem Ausmaß fordern wir:
VON DER EUROPÄISCHEN UNION

  • die Mission “Triton” einzustellen und mit sofortiger Wirkung wieder eine gemeinsame marine Rettungsoperation der europäischen Staaten einzusetzen.
  • die Möglichkeit einzuführen, direkt in den Botschaften und Konsulaten mit humanitären Notstand – am Horn von Afrika, im Nahen Osten, in Afrika-Subsahara – Asyl anzufragen, um die MigrantInnen aus den Klauen der MenschenhändlerInnen zu entziehen. Es müssen mit Schiffen und Flugzeugen der Europäischen Union humanitäre Korridore geschaffen werden, um die Flüchtlingssuchenden in die Aufnahmestaaten zu bringen.
  • die unsinnigen Dublin-Regelungen aufzuheben und den Menschen zu ermöglichen, im Land ihrer Wahl Asyl anzusuchen und nicht nur im Ankunftsland.

VOM ITALIENISCHEN PARLAMENT

  • das Flüchtlingsthema als Priorität auf die eigene Agenda und die der Europäischen Union zu setzen.
  • die Verfahren zur Anerkennung des humanitären Schutzstatus zu beschleunigen.
  • Die Aufnahmestrukturen zu verbessern und die entsprechenden Ressourcen strengstens zu überwachen, um Geschäftemachereien und mafiöse Strukturen zu vermeiden.
  • bereits ab dem Antrag auf Asyl Integrationsprogramme vorsehen, die den Betroffenen Stabilität, Arbeit und Sozialleben geben. Menschen dürfen nicht wie Pakete behandelt werden, die von einer Stelle zur nächsten geschoben werden, wie es beispielsweise den Menschen passiert ist, die in der Bozner Carducci-Straße aufgenommen waren.
  • Die gemeinsamen italienisch-österreichisch-deutschen Polizeikontrollen mit sofortiger Wirkung einzustellen. Die „Jagd auf die Flüchtlinge“ muss sofort aufhören, da sie unmenschlich, unnütz und willkürlich ist und nichts anderes bewirkt, außer, dass so auch an unseren Grenzen MenschenhändlerInnen zu Werke sind.

VON DER BOZNER POLIZEIDIREKTION

  • das Präsidialdekret Nr. 21/2015, das seit dem 20. März in Kraft ist und vorsieht, dass für den Antrag auf Asyl ein Domizil zu nennen ist (Art. 3 Abs. 3) anzuwenden. Bisher jedoch verlangt die Polizeidirektion aufgrund eines absurden internen Rundschreibens des Innenministeriums einen festen Wohnsitz, schier unmöglich für Menschen, die gerade Wüste und Meer durchquert haben.

VOM LAND SÜDTIROL

  • die Anzahl der Aufnahmeplätze zu erhöhen.
  • die eigene Position der Nicht-Teilnahme am Schutzsystem für Asylsuchende und Flüchtlinge (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati – SPRAR) zu überdenken und dabei die Umwandlung in ein europäisches System für humanitären Schutz zu fordern.
  • Integrationsprojekte für Personen, die Südtirol zugewiesen bekommen, ins Leben rufen und Informationskampagnen für die örtliche Bevölkerung zu initiieren, um Solidarität und Akzeptanz zu verbreiten.
  • eine Anlaufstelle am Bahnhof Bozen einrichten und jene am Brenner zu verstärken.
  • ein Nachtquartier für die reisenden MigrantInnen bereit zu stellen. In diesem Zusammenhang könnten die Räume genutzt werden, die im Winter als Obdach verwendet werden.

Vor dieser menschlichen Tragödie darf sich niemand verstecken.
Bozen, 20. April 2015
Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa, Hans Heiss – Landtagsabgeordnete
Florian Kronbichler – Kammerabgeordneter
Die Grüne Fraktion hat einen Begehrensantrag an die Abgeordnetenkammer in Rom vorbereitet: „Massengrab Mittelmeer: Zur Rettung von Flüchtlingen auf See sollte die Operation „Mare Nostrum“ dringend wieder aufgenommen werden.“
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DSC_0067Gestern Abend hat der Landtag das Gesetz zum Autonomiekonvent verabschiedet. Es wurde von SVP und PD eingebracht. SVP und PD haben als einzige dafür gestimmt. Obwohl wir Grüne dem Konventgedanken positiv gegenüberstehen (nicht umsonst hatten wir ja zwei Monate vor der SVP einen ausgefeilten Gesetzentwurf dazu eingereicht), enttäuscht uns die erlebte Vorgangsweise zutiefst. Denn die Einberufung eines Konvents verlangt eine entsprechende politische Kultur. Partizipation erfordert von den PolitikerInnen neue Kompetenzen, die von altgewohnten Machtspielen und dem Prinzip des Do-ut-des abrücken. An ihrer Stelle braucht Partizipation die Haltung des Zuhörens, Achtung gegenüber der Meinung anderer, das Bewusstsein, dass die Vorstellungen der anderen auch geeigneter sein könnten als die eigenen. Die Behandlung des Konventgesetzes war somit ein Testlauf, um zu prüfen, ob dieser neue Geist tatsächlich Einzug gehalten hat.
Davon war leider nichts zu spüren, nicht ein laues Lüftchen wehte, geschweige ein neuer Wind.
Abänderungsanträge der Opposition wurden wie gewohnt abgewiesen, zum Teil nicht einmal zur Kenntnis genommen. Es gab keine Signale, dass man auch gemeinsam neue Ideen entwickeln oder zumindest jene der anderen abwägen könnte. Die Mehrheit war nicht einmal in der Lage, die eigenen Mängel und Fehler beim Schreiben des Gesetzes auf Vorschlag der Minderheit konsequent zu korrigieren. Bürgerbeteiligung bleibt Nebensache: Die 8 BürgerInnen werden im Konvent einer Übermacht von drei Viertel von politisch Ernannten gegenüberstehen. Zielsetzung, Arbeitsweise und Konventsleitung bleiben undeutlich. Frauen haben nicht einmal sprachlich einen Platz im Gesetz gefunden und die Debatte dazu war wahrhaft beschämend.
Unter solchen Bedingungen war es abzusehen, dass das Gesetz eine Kreatur der Mehrheit blieb. Alle schlechten Erwartungen und Voraussetzungen sind damit eingetreten. Die Zeit einer Autonomie der Bürgerinnen und Bürger und der pluralistischen Vielfalt wird noch auf sich warten lassen.
Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba
Bozen, 18. April 2015

Bericht über die letzten Entscheidungen im Römischen Parlament zum Nationalpark Stilfser Joch vom Abgeordneten Florian Kronbichler.
StilfserJoch_StelvioParlamentarierkollege Albrecht Plangger als Verteidiger, Regierungsvertreterin Silvia Velo als Beschwichtigerin, ich als Ankläger und Warner. Objekt der Auseinandersetzung: die Zukunft des Stilfserjoch-Nationalparks. Absurd wie üblich im parlamentarischen Betrieb: Erst werden Fakten geschaffen, diskutiert wird hintennach, nicht umgekehrt. Ich hatte im Februar letzten Jahres, Februar 2014, eine dringende Anfrage an die Umwelt- und Landwirtschaftsminister gerichtet, und darin vor einer „Zertrümmerung“ des Nationalparks Stilfser Joch gewarnt (denn entgegen allen Beteuerungen, eine Zertrümmerung ist es). Inzwischen ist die einschlägig umstrittene Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut von der Zwölferkommission genehmigt worden (25. Februar 2015), und heute wurde in der Kammer über meine „dringende“ Anfrage-Anklage von vor einem Jahr diskutiert.
Zunächst lobte Kollege Plangger von der SVP das erreichte Regelwerk. Er lobte es um einige Spuren zu überschwänglich, dafür, dass der SVP in dem jahrelangen Handel doch einige Zugeständnisse abgerungen wurden.

  • Der Nationalpark muss weiterhin Nationalpark heißen, selbst das wird vom Land Südtirol als Zugeständnis verstanden.
  • An die Stelle des bisherigen Parkkonsortiums wird ein Koordinierungs- und Ausrichtungskomitee eingesetzt, das wohl recht ausgewogenen besetzt ist, jedoch weder Rechtspersönlichkeit, noch Sitz, noch Personal, noch Geldmittel hat, also nicht recht viel mehr als ein Rat von neun Weisen sein wird.
  • Der eigentliche Park-Inhalt wird anteilsmäßig von den jeweiligen Standortregionen Lombardei, Südtirol, Trentino verwaltet.
  • Gezahlt wird der Nationalpark künftig von den Provinzen Bozen-Südtirol und Trient, und es ist nicht anzunehmen, dass nicht auch hier das Prinzip gelten wird: Wer zahlt, schafft an.
  • Einziges Element der Garantie für die Einheitlichkeit des Parks und von Südtiroler Seite bis zuletzt abzuwenden versucht: das bindende Einverständnis des Umweltministeriums in allen wesentlichen Beschlüssen und Maßnahmen.

Florian Kronbichler, KammerabgeordneterUnterstaatssekretärin Velo machte es sich etwas leicht, indem sie den Fortbestand des Namens und der im großen und ganzen herrschenden Grenzen des Nationalparks schon als Erfolge hervorstrich. Im übrigen erlaubte sie sich, den Text der vor einem Monat von der 12er-Kommission genehmigten Durchführungsbestimmung nur sehr ungefähr zu kennen. Sie behauptete, es werde einen „einheitlichen Parkplan und ein einheitliches Reglement“ geben. Der Textlaut ist genau gegenteilig: Beides wird von den jeweiligen Provinzen bzw. der Region Lombardei beschlossen.
Meinen Nachweis, der so genannte Nationalpark (so genannt!) wird nach dem Prinzip „Jeder ist Herr im eigenen Haus“ verwaltet, vermochte sie nicht zu entkräften. Freilich war es mir nicht möglich, mein Plädoyer für die Beibehaltung des einen, ungeteilten, wirklich gemeinsam verwalteten Nationalparks mit der bisherigen Führung des Parks zu untermauern. Der Staat und auch die Region Lombardei haben den Nationalpark durch Nichtstun herabgewirtschaftet bis zur Unerträglichkeit.
Genau diesen Missstand spielte der SVP-Abgeordnete und wohl künftig starke Mann des Parks, Albrecht Plangger, für seine Verteidigung der Durchführungsbestimmung aus. Zu meiner und wohl auch der Regierungsvertreterin Beruhigung sagte der SVP-Mann etwas, was eher überraschte: Das letzte Wort habe weiterhin der Umweltminister. Es reiche, sagte Plangger wörtlich in der Kammer, „dass der Minister gegen etwas die Hand aufhält, und es passiert nichts, verlasst euch drauf.“
Einen Staatsminister als Garant für eine der wichtigsten Landschaftsschutz-Maßnahmen in Südtirol anzuerkennen und zum Wohl des Landschaftsschutzes hoffen zu müssen, dass der Staat wann immer notwendig sein zentralistisches Veto einlegt, das ist für jeden Autonomisten eigentlich unwürdig. Es ist leider notwendig. Südtirols SVP-Politiker dürfen sich nicht wundern, dass ihnen von Schutzverbänden und staatlichen Umwelt-Politikern am Beispiel Stilfserjoch Nationalpark mit Misstrauen begegnet wird: Wer jahrzehntelang den Park als faschistisches Relikt dämonisiert hat ihn mit allen Mitteln zurückdrängen wollte, darf sich nicht wundern, wenn er nicht von heute auf morgen als Garant eines besseren Nationalparks hochgejubelt wird.
Florian Kronbichler
Abgeordneter
Rom, 14. April 2015