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Heute, Montag, 16. September. Während Landeshauptmann Kompatscher die Übertragung der Landesgesellschaft ABD Airport Spa an die Privatunternehmen unterzeichnet, versendet die Grüne Fraktion im Landtag die zweite Eingabe an den Rechnungshof. Die aktualisierte Eingabe folgt auf die erste vom 24. Juli 2019 und wird nötig, da sich mit der Unterschrift des Landeshauptmannes der Vermögensschaden für die Provinz konkretisiert.

Zusammenfassung der Fakten, die uns einen Vermögensschaden befürchten lassen:

  1. Das Unternehmen ABD ist im Landeshaushalt mit einem Wert von 37.155.197 €  aufgelistet.
  2. Das genannte Unternehmen wurde den Privatunternehmern Gostner, Benko und Haselsteiner für einen Preis von 3.813.000 € überlassen.
  3. Mit diesem Verkauf erfuhr der Landeshaushalt demnach einen Verlust von 33.342.797 €.
  4. ABD hat derzeit eine verfügbare Liquidität von 5.673.439 €. Mit der Übernahme des Kontos nach dem Kauf werden die drei Privatunternehmer den Verkaufspreis also mehr als nur wiedererlangen.
  5. Bis zum 31.12.2014 hat das Land Südtirol 120.225.869 € in den Flughafen investiert, davon allein 55.831.050 € in die Infrastruktur. Dazu kommen die Ausgaben des Landes ab dem genannten Datum bis heute.
  6. Der lächerliche Verkaufspreis beruht auf einer Schätzung, die den Ausrufpreis auf 3.800.000 € festlegte. Diese Schätzung hat den Vermögenswert von ABD (über 36 Millionen Euro) nicht berücksichtigt. Die Begründung lautete, dass es sich um Güter handle, über welche die Gesellschaft nicht verfügen könne. Es handle sich um eine provisorische Konzession, welche jederzeit widerrufen werden könnte, sobald die Güter an die Domäne übergeben werden. Diese Schätzung ignoriert jedoch zwei Tatsachen:
    a. Unter den unbeweglichen Gütern des Flughafens sind 16,5 Hektar im direkten Eigentum von ABD und haben einen Wert von 16.000.000 €. Diese Flächen wurden mit öffentlichen Geldern angekauft und gehören nicht zu jenen Gütern, die nach Ablauf der Konzession an die Domäne übertragen werden müssen.
    b. ABD verfügt bereits über eine 20-jährige Konzession, so entschieden von der italienischen Zivilluftfahrtbehörde ENAC, mit Beschluss Nummer 20 vom 9. Mai 2013. Sobald ABD das Abkommen mit ENAC unterschreibt, bleiben auch die Güter, welche der Domäne übergeben werden müssen, für 20 Jahre in der Hand von ABD. Dieser Wert muss also berücksichtigt werden.
  7. Der von den Privatunternehmern gebotene Preis liegt gerade einmal 13.000 € über dem Ausrufpreis. Erfreulich für die Unternehmer, die konkurrenzlos ins Rennen gingen. Bei einer Ausschreibung mit nur einem Teilnehmer ist es bekanntermaßen schwierig, den Verkaufpreis auf das Maximum zu treiben (zur Erinnerung: Bei der Ausschreibung von Solland Silicon gab es mehrere Angebote, ca. 80 Mal wurde geboten, und am Ende war der Verkaufpreis etwa drei Mal so hoch wie der Ausrufpreis).
    Es gibt staatliche Richtlinien, die es dem Land ermöglicht hätten, die Ausschreibung aufgrund solcher Bedingungen zu wiederholen. Auch sah die Ausschreibung unter Punkt „V.1. Zusätzliche Informationen“ die Möglichkeit vor, die Ausschreibung bei Bedarf zu annullieren und zu wiederholen, ohne die Teilnehmer entschädigen zu müssen. Das Land hat diese Möglichkeit jedoch nicht wahrgenommen und ABD an den einzigen Teilnehmer praktisch verscherbelt.

“Es ist ein gravierender politischen Fehler, den der Landeshauptmann heute begeht. Er hat sich auf einen Behauptungsstreit mit der Bevölkerung eingelassen, anstatt deren Willen zu respektieren,“ so die Landtagsabgeordneten der Grünen Fraktion. „Dieser Flughafen, erst recht wenn er womöglich erweitert wird, ist von den Bürgerinnen und Bürgern nicht gewollt. Er ist schädlich für Klima, Umwelt und Gesundheit. Und er lastet auf der Steuerkasse. Was zu viel ist, ist zu viel.“
Aus all den genannten Gründen hat die Grüne Fraktion im Landtag die Eingabe um die neuesten Informationen erweitert und ersucht den Rechnungshof zu überprüfen, ob durch den Verkauf von ABD um einen Bruchteil seines Vermögenswertes ein unzulässiger Vermögensschaden entstanden ist.

Bozen, 16.09.019

Landtagsabgeordnete
Riccardo Dello Sbarba
Brigitte Foppa
Hanspeter Staffler

 

Liste Anhänge:

  • Vendita ABD – SECONDO ESPOSTO alla corte dei conti
  • Anhang 1: Bilancio ABD Airport Spa al 31.12.2018
  • Anhang 2: delibera CdA Enac 2013
  • Anhang 3a: 2019 05 21 ABD – 32 milioni di patrimonio valgono zero ANFRAGE
  • Anhang 3b: 2019 05 21 ABD – 32 milioni di patrimonio valgono zero ANTWORT
  • Anhang 4a: 2019 05 21 ABD- quanto vale nel bilancio della Provincia ANFRAGE
  • Anhang 4b: 2019 05 21 ABD- quanto vale nel bilancio della Provincia ANTWORT
  • Anhang 5a: 2019 05 29 ABD- ritardata o mancata vendita, quali conseguenze ANFRAGE
  • Anhang 5b: 2019 05 29 ABD- ritardata o mancata vendita, quali conseguenze ANTWORT
  • Anhang 6a: 2019 08 01 ABD cessione a unico offerente – ANFRAGE
  • Anhang 6b: 2019 08 01 ABD cessione a unico offerente – ANTWORT
  • Anhang 7: Bando di gara „Dismissione intero pacchetto detenuto dalla Provincia nella società ABD Airport Spa“
  • Anhang 8: Costi totali Aeroporto Bolzano anni 1999-2014 – tabella fornita dalla Giunta provinciale in occasione del referendum del 2016.

Im 4. Gesetzgebungsausschuss des Landtags wurde heute der Grüne Gesetzentwurf „Klimaschutz, Einschränkung des Flugverkehrs und Übertragung des Flughafens Bozen an das Land“ von der SVP abgelehnt. Er sah vor, gemäß dem staatlichen Dekret Nr. 201/2015 den Flughafenbesitz zu übernehmen und im Falle einer Übertragung des Betriebes an Private den Flugverkehr einzuschränken, die Piste nicht zu verlängern und ein Einvernehmenskomitee einzusetzen, das die Tätigkeit beaufsichtigen sollte.

„Unser Entwurf ist die reelle Umsetzung der Volksbefragung von 2016“, so der Erstunterzeichner Riccardo Dello Sbarba (heute unfallbedingt abwesend). Das Abstimmungsverhalten der SVP-Fraktion erstaunt einigermaßen, hatten sich Locher, Renzler und Vallazza doch bei der ersten Behandlung des Entwurfs noch klar dafür ausgesprochen. Die Partei muss gestern disziplinierend eingeschritten sein – ganz im Geiste der Aussagen des Landeshauptmanns in den letzten Tagen. Denn es ist offensichtlich, dass die verstockten Beharrungen, man setze mit dem Verkauf an die Privaten „Punkt für Punkt“ (LH Kompatscher) die Volksbefragung von 2016 um, nur aus einer Defensivposition heraus zu erklären sind. Der Landeshauptmann weiß genau, dass die 70% Nein zur Volksbefragung nicht nur ein Nein zur öffentlichen Finanzierung waren, sondern ein Nein zu seinem gesamten Entwicklungsplan – samt Passagierzahlen, Flugzeiten und Einstufung des Flughafens. Und auch wenn Kompatscher sich in den letzten Tagen besonders auf die Grünen eingeschossen hat, so werden wir weiterhin darauf hinweisen, dass man die Aussagen einer Volksbefragung zwar manipulieren oder einengend interpretieren kann, dass dies aber gewaltige Auswirkungen auf die politische Glaubwürdigkeit einer Regierung hat.

„Die Strategie der SVP für die Zukunft scheint jedenfalls dürftig, behelfsmäßig und blauäugig“, so Ausschussmitglied Brigitte Foppa. Man wolle mit den privaten Käufern das Gespräch suchen. „Kein Privater wird auf die eingekauften Optionen verzichten, um ein Verlustgeschäft zu machen. Für uns im Unterland und im Bozner Talkessel ist das keine Lösung“, so Foppa. Besonders bemerkenswert findet sie die Kehrtwende der SVP- Vertreter im Ausschuss. „Als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet – dieser alte politische Spruch passt heute in ganz besonderem Maße zu den Eintagsrebellen der Volkspartei.“

Ergebnis der Abstimmung: 3 Ja (Foppa, Nicolini, Ploner), 4 Nein (Ladurner, Vallazza, Locher, Renzler).

Bozen, 23.07.2019

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Der Beschluss der Landesregierung, angenommen am 4. Juni, will den Gebrauch des Silvius Magnagoplatzes regeln. Dieser Beschluss ist nicht nachvollziehbar.
Der Magnagoplatz ist nicht nur symbolisches Zentrum des politischen und institutionellen Lebens Südtirols. Seine Neugestaltung kostete die Provinz 1.600.000€. Das primäre Ziel dieser Neugestaltung war es, den Platz zugänglich für das Volk zu machen – dafür wurde der Platz von jeglichem Leben geräumt: Bäumen, Fahrradständern, usw. Und jetzt möchte man jenem Volk einen Riegel vorschieben, das den Platz gerne nützen würde?
Niemals wurde der Platz so wie in diesen letzten Monaten von Gewerkschaften, Vereinigungen, Interessensgruppen und verschiedensten Bewegungen genützt, um den Menschen und ihren Sorgen und Bitten buchstäblich einen Raum zu geben. Dazu gesagt werden muss, dass auch viele Entscheidungen der Landesregierung dazu beigetragen haben, den Platz mit Leben zu füllen. Und jetzt will die Landesregierung diese Kundgebungen limitieren, auch wenn nicht klar ist, wer ab nun das Recht haben wird zu protestieren und wer dies zu entscheiden haben wird. Völlig absurd ist die Regelung, dass Kundgebungen nur an Werktagen stattfinden dürfen. Hat da jemand Angst, dass die #fridaysforfuture-Proteste ihren Schulstreik tatsächlich auf den Samstag verlegen könnten?
Dieser Platz muss all jenen weiterhin zur Verfügung stehen, die ihr von der Verfassung garantiertes Recht wahrnehmen und protestieren, bzw. ihre Meinung kundtun wollen, unabhängig davon, gegen wen sich die Kundgebungen richten. Als vom Volk gewählte Repräsentantinnen und Repräsentanten des Volkes müssen wir dafür sorgen, dass ihm Gehör geschenkt wird!

Bozen, 7.6.2019
Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Wie vorausgesagt, so geschehen. Mit der Zusammenführung der Bereiche Raum und Landschaft in einem einzigen Gesetz, so fürchteten wir, käme ein Prozess in Gang, bei dem am Ende die Landschaft unter die Räder kommen würde.
Wir hatten während der Gesetzgebungsphase darauf hingewiesen, dass in der Zeit, bis das neue Gesetz in Kraft tritt, ein erbitterter Verteilungskampf um die Grundstücke stattfinden wird, die vielleicht nach 2021 außerhalb des Siedlungsgebietes liegen und somit nur erschwert oder gar nicht verbaubar sein werden. Dieser Wettlauf, der einem Raubrittertum gleicht, lässt sich nun in aller Klarheit beobachten.
Letztes Beispiel ist die neue Tourismuszone in Feldthurns, der Heimat von HGV-Vizepräsident und Landtagsabgeordneten Helmut Tauber, gestern von der Landesregierung verabschiedet.

Mit dem Beschluss unterstützt die Landesregierung weiterhin die touristische Expansion im Lande, die trotz aller Beteuerungen der Mäßigung auf Hochtouren weiterläuft: Nach den umstrittenen Tourismuszonen in Naturns und Latsch werden nun für das Eisacktal Fakten gesetzt. Die Ansiedlung von zahlreichen Chalets, weitab von Dorfnähe und Siedlungszentrum, wird das Landschaftsbild verändern und negativ prägen. Der Bodenverbrauch steigt mit dieser Bauweise übermäßig an.
Nur die Landesrätin für Raumordnung hielt dagegen – auf einsamem Posten, was ihr wohl noch öfter passieren wird – der Rest der Landesregierung unterstützt dagegen weiterhin die Bemühungen von Touristikern, vor dem Greifen der gefürchteten Siedlungsgrenze ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen. Dies gegen die Warnungen vor drohendem Wassermangel, zu der sich der aktuelle Kongress in Brixen klar äußert und ohne Blick für die rapide Klimaveränderung. Auch die Gutachten der Ämter wurden in den Wind geschlagen, die eigenen Ankündigungen aus dem Jahr 2014, die Vorlagen der Ämter zu respektieren, sind längst Schnee von vorgestern.

Die Warnungen der Grünen Landtagsfraktion vor dem Heißlaufen der touristischen Expansion verhallen ungehört. Noch.

Bozen, 15.05.2019
L.-Abg. Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hanspeter Staffler

Minderheitenbericht des L.-Abg. Hanspeter Staffler (Grüne Fraktion)

Landesgesetzentwurf Nr. 14/19 „Änderungen zum Haushaltsvoranschlag der Autonomen Provinz Bozen für die Finanzjahre 2019, 2020, 2021 und andere Bestimmungen“

Einleitende Überlegungen und Generaldiskussion

Das Haushaltsjahr, welches unmittelbar auf die Neuwahlen des Südtiroler Landtages folgt, ist eine wiederkehrende Besonderheit. In den ersten vier Monaten arbeitet die Landesverwaltung mit einem „Technischen Haushalt“, der bereits im Spätsommer des Vorjahres beschlossen und verabschiedet worden war. Daher ist es notwendig, innerhalb April des laufenden Jahres eine Änderung des Technischen Haushaltes vorzunehmen, um dann im Normalmodus weiter arbeiten zu können.
Bedingt durch die Sommerpause, durch den Wahlkampf, die Landtagswahlen und die anschließenden Sondierungsgespräche, welche dann in Koalitionsverhandlungen zwischen SVP und Lega-Salvini mündeten, kam es zu einer länger währenden Pause der Gesetzgebung. Deshalb ist es nachvollziehbar, wenn mit dem nun aufliegenden Haushaltsgesetz neben den eigentlichen Artikeln zum Haushalt, zusätzliche Bestimmungen mitreisen dürfen.
Neben den Haushaltsartikeln – im engeren Sinne – hat die Landeregierung auch eine ganze Reihe von zusätzlichen Bestimmungen – im weiteren Sinne – eingeschleust. Wie bereits angedeutet, ist diese Initiative bis zu einem gewissen Punkt akzeptierbar. Über die Verortung dieses Punktes driften die Meinungen der Minderheit im Landtag und der Landesregierung jedoch auseinander. Es folgt nun der Versuch, diesen Punkt in ein Koordinatensystem zu stellen, um ihn damit sichtbar zu machen.
Prinzipiell ist es möglich, die 27 Artikel des Haushaltsgesetzes nach dem Eisenhower-Prinzip einzuteilen in:

  • • dringend und wichtig;
  • • dringend und nicht wichtig;
  • • nicht dringend und nicht wichtig;
  • • sowie in nicht dringend und wichtig.

Diese Einteilung ermöglicht es, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Sämtliche Artikel zum Haushalt im engeren Sinne (Artikel 1, 2, 3, 4, 6, 11, 12) sind als wichtig und dringend zu bezeichnen und damit nicht Gegenstand der generellen, sondern später der speziellen Diskussion. In die Kategorie dringend und nicht wichtig können die Artikel 8, 9, 9-bis (Gesundheitswesen), Artikel 14 (Wohnbauförderung) oder Artikel 18 (Forschung) eingereiht werden. Diese Artikel-Kategorie ist nachvollziehbar und daher gibt es nichts daran auszusetzen.
In die Kategorie nicht dringend und nicht wichtig fallen die Artikel 7, 10, 13, 19, 19-bis, 19-ter, 19-quinquies, 19-sexies hinein, die nicht unbedingt mitreisen hätten müssen aber aufgrund der langen Gesetzgebungspause geduldet werden können. Hier wollen wir nicht päpstlicher sein als der Papst.
Nun komme ich aber zur vierten Artikel-Kategorie, also jene Artikel, die nicht dringend aber dafür umso wichtiger sind. Artikel 5, 15, 16 und 19-quater reichen von „öffentlichen Beteiligungen“ über die „Einrichtung einer Landesagentur für Kollektivvertragsverhandlungen“ bis zur „Besetzung des Landesbeirates für das Feuerwehrwesen“ durch den zuständigen Landesrat. Diese Artikel sind aus politischer und organisatorischer Sicht bedeutsam und sollten erstens im Vorfeld mit den Stakeholdern besprochen und zweitens von der zuständigen Gesetzgebungskommission behandelt werden. Sie als blinde Passagiere in das Haushaltsgesetzt einzuschleusen bedeutet eine Umschiffung der zuständigen Gesetzgebungskommission, eine Unterschätzung der jeweiligen Norm-Komplexität und die Aushöhlung partizipativer Prozesse.

Die Artikeldiskussion

Artikel 4
Bestimmungen im Bereich Kollektivvertragsverhandlungen

Als größter Dienstleistungsbetrieb des Landes hat der öffentlichen Dienst Vorbildcharakter, was die wirtschaftliche Entwicklung der Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmer über alle Sektoren betrifft. Die Kollektivverträge des öffentlichen Dienstes gelten allgemein als Vorreiter für die Kollektivverträge in der Privatwirtschaft. Deshalb hat die Südtiroler Landesregierung eine ganz besondere Verantwortung, was die Entwicklung von fairen Löhnen und attraktiven Arbeitsplätzen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Südtirols angeht.
Es gibt eine Reihe von Hinweisen, dass die Attraktivität der öffentlichen Arbeitgeber am Arbeitsmarkt im Sinken begriffen ist und dass aufgrund der demografischen Entwicklung im Allgemeinen und der demografischen Struktur innerhalb der öffentlichen Verwaltung im Speziellen ein allgemeiner Personalnotstand eintreten wird.
Dieser Personalnotstand wird einige Bereiche des öffentlichen Dienstes früher und andere Bereiche später treffen. Kindergärtnerinnen, Ärztinnen, Pfleger sowohl in den Krankenhäusern als auch in den Seniorenwohnheimen, Informatiker und Juristinnen, Buchhalter und Technikerinnen sind bereits heutzutage schwierig oder manchmal gar nicht mehr zu finden.
Die Gesellschaft hat sich in den vergangenen 15 Jahren stark verändert, die Ansprüche an das Arbeitsleben hinsichtlich Flexibilität, Einkommen und Entwicklungsmöglichkeiten sind gestiegen. Die bereichsübergreifenden Kollektivverträge (BÜKV) und die Bereichsverträge haben weder wirtschaftlich noch normativ mit diesem Veränderungsprozess Schritt gehalten.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass Kollektivverträge niemals statisch betrachtet werden dürfen. Gesellschaft, Arbeitsumfeld und Normen ändern sich ständig und darauf müssen Kollektivverträge eine angemessene Antwort in einer vertretbaren Zeit geben. Im vergangenen Jahrzehnt gab es einen Stillstand in der Weiterentwicklung der Kollektivverträge, die Gründe dafür sind bekannt: Gesetzlich vorgeschriebene Aussetzung der Kollektivvertragsverhandlungen zwischen 2010 und 2015, Sparmaßnahmen der Südtiroler Landesregierung sowie politische Schwerpunktsetzung abseits der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Landesverwaltung.
Damit sind die Löhne im vergangenen Jahrzehnt kaum gewachsen, während das Leben und vor allem das Wohnen in Südtirol teurer geworden sind. Laut AFI (Arbeitsförderungs-Institut) liegen die Lebenshaltungskosten in Südtirol um rund 20 % über dem italienischen Durchschnitt, wogegen Löhne und Gehälter nur rund 6% über dem gesamtstaatlichen Schnitt liegen (Quelle: INPS).
Schauen wir uns nun die Situation im Detail an: Die Verbraucherpreise sind in Südtirol zwischen 2009 und 2016 um 14,7% gestiegen (Beobachtungsstelle für den Arbeitsmarkt 11/2018). Der Stundenlohn der öffentlich Bediensteten ist im selben Zeitraum um 3,3% gestiegen, was eine Differenz von 11,4% ausmacht. Diese 11,4% fehlen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Geldbörse.
Der Index der kollektivvertraglichen Entlohnung pro Stunde (Astat: Statistisches Jahrbuch 2018) beschreibt die Lohnentwicklung in Südtirol für den Zeitraum 2010 bis 2018 folgendermaßen: während die Löhne im Privatsektor durchschnittlich um 10,5% gestiegen sind, sind die Gehälter im öffentlichen Dienst um 0,1% angewachsen. Dieser Unterschied ist eklatant, unfair und unwürdig!
Weil in Südtirol auch das Thema „Wohnen“ vielen Bürgerinnen und Bürgern unter den Nägeln brennt, wollen wir einen Bick auf die Kostenentwicklung der vergangenen Jahre werfen. Dafür bieten sich die „Baukosten für den geförderten Landeswohnbau“ an, die für unser Land einen nachvollziehbaren Anhaltspunkt liefern können. Laut ASTAT (Statistisches Jahrbuch 2018) sind die Baukosten im geförderten Wohnbau zwischen den Jahren 2008 und 2018 um rund 16% gestiegen. Es ist anzunehmen, dass im freien Wohnbau die Steigerungsrate beträchtlich höher liegt.
Die kürzliche aufgelegte Studie 2.19 des Institutes für Wirtschaftsforschung (WIFO) beinhaltet eine Reihe hochinteressanter Erkenntnisse zum „Brain Drain – Brain Gain: Wie attraktiv ist Südtirols Arbeitsmarkt?“. Dabei zeigt sich, dass ein großer Teil der Südtiroler Abgewanderten mit einem deutschen oder österreichischen Hochschulabschluss auch in diesen Ländern geblieben ist. Die wichtigsten fünf Gründe für den Wegzug aus Südtirol sind:

  • • Wenig interessante Arbeitsmöglichkeiten;
  • • Geringe Karrieremöglichkeiten;
  • • Fehlendes Arbeitsplatzangebot für die Ausbildung;
  • • Niedrige Löhne im Verhältnis zu den Kosten;
  • • Verschlossene Mentalität.

Während die ersten drei Punkte strukturelle Hintergründe haben und damit durch richtige Maßnahmen lediglich mittel- bis langfristig eine Besserung erhoffen lassen, und der letzte Punkt bezüglich der „Verschlossenen Mentalität“ kulturelle Hintergründe aufweist und somit entsprechende Maßnahmen nur langfristig über Generationen zu Verbesserungen führen können, sind die niedrigen Löhne im Verhältnis zu den Kosten kurzfristig veränderbar. An dieser Stelle lässt sich heute und sofort der Hebel ansetzen, um hoffentlich einen Teil der potenziellen Abwanderer zu halten oder wiederum nach Südtirol zu locken.
Es wäre ein verantwortungsloses Versäumnis, diesen Hebel nicht zu betätigen, zumal Österreich und Deutschland in den vergangenen zehn Jahren ordentlich in Löhne und Gehälter investiert haben und sich somit Südtirol gegenüber, einen enormen Wettbewerbsvorteil verschaffen konnten.
Im November 2018 haben die Sozialpartner in Österreich einen Vertrag abgeschlossen: Beamte bekommen im Schnitt 2,76% mehr! Für das Budget bedeutet dies Kosten von 375 Millionen Euro. Davor gab es aber nicht eine jahrelange Verhandlungspause, sondern zwischen den Jahren 2011 und 2019 wurden acht Gehaltsabschlüsse gemacht mit insgesamt 15,32% Lohnsteigerung.
In Deutschland gab es im Jahr 2018 den letzten Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst mit insgesamt 7,5% für die nächsten 30 Monate. Davor gab es aber nicht eine jahrelange Verhandlungspause, sondern vier Tarifabschlüsse mit insgesamt 23,15% Lohnsteigerung zwischen 2012 und 2018.
Von der Landesregierung wird immer wieder betont, dass die Gehälter aufgrund der Gehaltsvorrückungen gewachsen seien. Die Gehaltsvorrückungen, die alle zwei Jahre nach positiver Beurteilung der Mitarbeitenden durch die Vorgesetzten stattfinden, haben nichts mit dem inflationsbedingten Kaufkraftverlust zu tun. Die Gehaltsvorrückungen sind ein Gehaltselement, welches die von Jahr zu Jahr anwachsende fachliche, methodische und soziale Kompetenzen der Mitarbeitenden honoriert. Dieser Zuwachs an Kompetenzen kommt der Landesverwaltung und damit der Gesellschaft zugute und wird aus diesem spezifischen Grund abgegolten.
Im Jahr 2016 wurde der letzte bereichsübergreifende Kollektivvertrag für über 40.000 Menschen abgeschlossen, der neben einer Erhöhung der Beiträge für den Laborfonds und neben der Einführung des ergänzenden Gesundheitsfonds „SaniPro“ den Bediensteten eine Verbesserung des Monatsgehaltes um durchschnittlich 30 Euro netto oder 1,7 % brachte.
Es geht aber nicht nur um den verlorenen Kaufkraftverlust, sondern es ist in allen mitteleuropäischen Ländern üblich, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der wirtschaftlichen Entwicklung des eigenen Landes teilhaben sollen. Die Wirtschaft in Südtirol boomt seit Jahren und somit ist es nur recht und billig, dass den unselbständigen Beschäftigten nicht nur der erlittene Kaufkraftverlust entgolten, sondern auch ein zusätzliches Plus wegen des volkswirtschaftlichen Erfolges gegeben wird.
Deshalb ist es höchst an der Zeit, die Kollektivvertragsverhandlungen auf bereichsübergreifender Ebene für den öffentlichen Dienst aufzunehmen und sofort mit dem wirtschaftlichen Teil zu beginnen. Hierbei ist eine deutliche Erhöhung der Grundentlohnung für alle Funktionsebenen anzustreben und dies innerhalb des Jahres 2019. Anschließend muss alle zwei Jahre der wirtschaftliche Teil neu verhandelt werden, damit zukünftig Flaschenhalseffekte vermieden werden.
Flankierend zu wirtschaftlichen- sind auch normative Maßnahmen auf bereichsübergreifender Ebene und Bereichsebene zu setzen. Hierbei geht es um die Modernisierung der Arbeitszeitregelung, die Aktualisierung der Berufsbilder und die Neuordnung der Zulagen.
All diese Maßnahmen sind dringend anzugehen, um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes am Arbeitsmarkt zu steigern. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Qualität und Quantität der Leistungen des öffentlichen Dienstes stark in Mitleidenschaft gezogen werden und die öffentliche Verwaltung ihre vielen Aufgaben und Leistungen schon bald nicht mehr erfüllen kann.
Die Landesregierung hat in letzter Zeit zwei Maßnahmen gesetzt, die im Prinzip schon in eine gute Richtung weisen und sich auch gegen den Kaufkraftverlust wenden. Mit Beschluss Nr. 777 vom 07.08.2018 wurde der bereichsübergreifende Kollektivvertrag für die Führungskräfte zur Festlegung der Positionszulage von plus 26% genehmigt – unter anderem mit der Begründung, „die Lebenshaltungskosten [seien] laut ISTAT-Daten in der Provinz Bozen im Vergleich zu anderen Regionen und Provinzen Italiens sehr hoch“.
Mit Beschluss Nr. 166 vom 12.03.2019 wurde ausschließlich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ressorts, also jene Menschen, die im Stab des Landesrates oder der Landesrätin arbeiten, eine Aufgabenzulage eingeführt, die für rund 80 Beschäftigte 180.000 Euro brutto ausmacht. Umgerechnet auf die einzelnen Personen bedeutet dies circa 2.250 Euro brutto pro Jahr mehr, was bezogen auf die durchschnittlichen Gehälter eine Steigerung des Bruttogehaltes von sieben Prozent ausmacht.
Die Landesregierung hat also bereits im Kleinen Lohnerhöhungen praktiziert und damit deren Notwendigkeit akzeptiert. Jetzt gilt es, die gewonnene Erkenntnis zu den Lohnerhöhungen auf das Große und Ganze umzulegen, daher auf bereichsübergreifender Ebene innerhalb 2019 den wirtschaftlichen Teil mit höchster Priorität zu verhandeln und die Grundentlohnung für alle Funktionsebenen um mindestens zehn Prozent anzuheben. Zehn Prozent als Richtwert deshalb, weil dies dem Kaufkraftverlust entspricht, der im Zeitraum 2009-2016 noch nicht über Lohnsteigerungen ausgeglichen wurde (Quelle: Amt für Arbeitsmarktbeobachtung, ArbeitsmarktNews 11/2018).
Als erste und wichtigste Maßnahme gilt es nun, einen raschen und würdigen Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst zu machen. Der wirtschaftliche Teil des BÜKV muss sofort angegangen werden und es braucht eine Gehaltssteigerung von über 10%.
Um aus der jetzigen kritischen Situation einigermaßen unbeschadet herauszukommen, ergeht folgende Forderung an die Landesregierung: Es braucht auf dem Kapitel für Kollektivvertragsverhandlungen rund 150 Mio. Euro, was im Schnitt 110 Euro netto pro Monat für über 40.000 Menschen bedeutet, die in unseren Seniorenwohnheimen und Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten, Gemeinden und Bezirksgemeinschaften sowie in der Landesverwaltung für das Allgemeinwohl arbeiten.

Artikel 16, Absatz 1
Personalordnung des Landes / Landesagentur für Kollektivvertragsverhandlungen

Mit dem Landesgesetz Nr. 6 vom 19. Mai 2015 wurde die „alte“ Agentur für Kollektivvertragsverhandlungen abgeschafft. In der Folge hat man die Kollektivvertragsverhandlungen auf bereichsübergreifender, auf Bereichs- und auf dezentraler Ebene für das Personal der Landesverwaltung und der Körperschaften auf den Generaldirektor des Landes (oder von einer von ihm für die jeweilige Verhandlung beauftragten, geeigneten, sachverständigen Person) übertragen.
Nach vier Jahren macht die Landesregierung wiederum eine Kehrtwende und schlägt die Errichtung einer „Landesagentur für Kollektivverhandlungen“ vor, indem der alte Gesetzestext wiederum eingesetzt wurde. Es stellt sich hier die Frage, warum wurde wohl damals die Agentur abgeschafft? Hatte sie nicht funktioniert, war sie nicht ausreichend mit Ressourcen und Personal versorgt, wurden ihr nicht die nötigen Kompetenzen gewährt?
Wir wissen es nicht, was wir aber wissen ist, dass uns mit diesem Gesetzesentwurf alter Wein in neuen Schläuchen serviert wird. Dieser Artikel wurde vom Landeshauptmann als Änderungsantrag in die 3. Gesetzgebungskommission eingebracht, das heißt, er kam nicht einmal durch den Haupt- sondern durch den Nebeneingang. Eine Gesetzesbestimmung von dieser Bedeutung wird uns also ohne Not und Dringlichkeit beiläufig präsentiert.
Ich möchte vorausschicken, dass ich mich nicht prinzipiell gegen die Errichtung einer solchen Landesagentur für Kollektivvertragsverhandlungen ausspreche. Im Gegenteil, diese Agentur könnte ein Meilenstein in der Beziehung Fachgewerkschaften und Landesregierung werden. Aber so wie das Projekt gestartet wurde, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, ist es vom ersten Tag an zum Scheitern verurteilt.
Die Fachgewerkschaften des öffentlichen Dienstes hatten sich in der Vergangenheit mehrfach kritisch über die alte Landesagentur geäußert: unklare Kompetenzverteilung zwischen Agentur und Landesverwaltung, wenig inhaltlicher Spielraum bei den Verhandlungen, kein autonomer Zugriff auf Geldmittel und eine spärliche Ausstattung mit Personal. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass aus den Reihen der Gewerkschaften jetzt auch wieder unzufriedene Töne zu hören sind.
Dabei ergäbe sich für die Landesregierung nun die große Chance, mit den Gewerkschaftsbünden und mit sämtlichen Fachgewerkschaften des öffentlichen Dienstes einen partizipativen Prozess zu starten. Hierbei könnte gemeinsam überlegt werden, ob eine Landesagentur sinnvoll sein kann und falls ja, wie Zweck, Kompetenzen, Ressourcen, Personalausstattung sowie Aufbau- und Ablauforganisation definiert werden können. Auf diese Art und Weise bestünde die Möglichkeit, den Neubeginn unter einen guten Stern zu stellen, um somit hoffentlich ein Erfolgsprojekt zu lancieren.
Die Nichteinbeziehung der Gewerkschaften im Vorfeld ist gravierend, noch gravierender ist aber die Umschiffung des zuständigen 1. Gesetzgebungsausschusses. Diesem obliegt die Ordnung der Landesämter und des zugeordneten Personals und ich wage zu behaupten, dass die Mitglieder dieses Ausschusses in den kommenden fünf Jahren kaum mehr die Gelegenheit haben werden, so ein wichtiges Thema – bezogen auf die öffentlichen Bediensteten – behandeln zu können. Damit wird eine parlamentarische Institution bewusst umgangen und gleichzeitig auf eine Statistenrolle beschränkt.
Daher schlage ich vor, diesen Artikel hier und heute zu streichen. Der Landesregierung möchte ich an dieser Stelle nahelegen, in weiterer Folge den partizipativen Prozess mit den Gewerkschaften zu suchen und anschließend – sofern der Prozess ein konsensuales und positives Ergebnis liefert – dem zuständigen Ausschuss ein kleines aber feines organisches Gesetz vorzulegen. Dieser kann dann ausgestattet mit der nötigen Sachkenntnis den Feinschliff vornehmen und dem Landtag einen ausgereiften, abgestimmten und beständigen Gesetzesentwurf vorlegen.

Auf den Punkt gebracht

Der uns vorliegende Gesetzentwurf zum Haushaltsvoranschlag 2019 bis 2021 ist in seiner Form zum Teil annehmbar, da ich durchaus Verständnis für die lange Gesetzgebungspause und die daraus resultierende Notwendigkeit für neue Bestimmungen habe. Zum andern Teil jedoch kann der Gesetzesentwurf von uns nicht angenommen werden, weil in despektierlicher Art und Weise wichtige Gesetzesinitiativen als blinde Passagiere eingeschleust wurden und somit sowohl den Sozialpartnern als auch den zuständigen Institutionen nicht ausreichend Respekt entgegengebracht wird.
Vom inhaltlichen Standpunkt aus betrachtet gibt es eine Reihe von Artikeln, die nicht unsere Zustimmung finden werden. Es ist nämlich vollkommen unverständlich, wie es gelingen kann, in einem fast 6 Mrd. Euro umfassenden Haushalt nicht die dringend notwendigen Geldmittel für die Mitarbeitenden des öffentlichen Dienstes – also für über 40.000 Menschen – zu finden. Außerdem stellt sich die Frage, wieso der Arbeitgeber Land – mit der Landesregierung an der Spitze – immer noch nicht willens ist, endlich in das eigene Personal zu investieren.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in den Kindergärten und Schulen, in Krankenhäusern und Seniorenwohnheimen, in Gemeinden und Bezirksgemeinschaften, beim Straßendienst oder in den Landhäusern kümmern sich tagtäglich um unser aller Wohl.
Wir fordern für diese Menschen eine faire Lohnerhöhung und werden daher einen Änderungsantrag zur Aufstockung des Kapitels Kollektivvertragsverhandlungen von zwei auf 150 Mio. Euro einbringen.

Bozen, 28.03.2019

Landtagsabgeordneter
Hanspeter Staffler

Wenn der Denkmalschutz beschnitten wird, leiden Landschaft und Kulturerbe. Das Budget der Abt. Denkmalpflege darf nicht gekürzt werden!

Die Abt. Denkmalpflege soll dem Vernehmen nach drastische Kürzungen erfahren, die mit 3,5 Mio. € beinahe einer Halbierung entsprechen. Zu Recht warnt der Landesverband für Heimatpflege vor solchen Einschnitten, zumal das bisherige Budget ohnehin nur für einen gehobenen Notdienst ausreicht. In einem für das Orts- und Landschaftsbild Südtirols grundlegenden Bereich, der die Identität unseres Landes grundlegend stärkt, sind solche Budgeteinschnitte nicht zumutbar. Sie werden die EigentümerInnen von Häusern, Kirchen und Objekten, die mit viel Mühe und persönlichem Einsatz um den Erhalt ihrer Objekte ringen, entmutigen. Zudem wird die Unterschutzstellung weiterer Objekte regelrecht abgeschreckt, wenn BesitzerInnen über steuerliche Vorteile hinaus keine weiteren Hilfen zu erwarten haben.

Die neue Landesrätin für Denkmalpflege, Maria Hochgruber Kuenzer startet durch die Budgetkürzung mit gezogener Handbremse in ihre Arbeit. Damit ist auch schon geklärt, welchen Wert man diesem Ressort beimisst – und damit dem Erhalt von Kulturerbe und Landschaft.

Wir Grünen treten mit Nachdruck für die Sicherung des kleinen, aber strategischen Budgetanteils der Denkmalpflege ein und fordern die Landesregierung auf, die Haushaltsschere aus diesem Bereich fernzuhalten.

Bozen, 01.04.2019

Brigitte Foppa
Riccardo dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Die von der Landesregierung beschlossene Kürzung der monatliche Beiträge für den Kauf von glutenfreien Produkten für die rund 1.600 Zöliakie-Patienten in unserem Land ist nicht nachvollziehbar. Vor allem die zweifache Kürzung bei weiblichen Zöliakie-Patienten ist schlicht inakzeptabel.
Die Benachteiligungen von Frauen und Mädchen ist umso fragwürdiger, als ja auch bei Medikamenten nicht berücksichtigt wird, dass Frauen meist weniger wiegen als Männer. Es geht nicht an, dass die Körperstruktur von Frauen nur dann ins Gewicht fällt, wenn man daran sparen kann!
Mögen die staatlichen Bestimmungen auch geringere Beiträge vorsehen, so muss dennoch den hohen Lebenshaltungskosten in Südtirol Rechnung getragen werden.
Die Landtagsfraktion der Verdi Grüne Vërc stellt sich entschieden gegen diese Sparmaßnahmen auf Kosten kranker Mitbürger*Innen und fordert die Landesregierung auf, den gefassten Beschluss zu widerrufen.

Bozen, 18.03.2019

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Artikel 36 des Autonomiestatuts sieht  vor, dass die zwei Vizepräsidenten der Regionalregierung der deutschen und italienischen Sprachgruppe angehören müssen. Das Autonomiestatut gibt aber keinerlei Hinweise über die Sprachgruppenzugehörigkeit des Präsidenten der Regionalregierung, diese kann entweder deutsch, italienisch oder ladinisch sein.

Daher könnte der Präsidenten der Regionalregierung aus den Reihen der Ladiner gewählt werden. Damit wären mehrere Hürden auf einmal genommen: die Regionalregierung bliebe bei fünf Mitgliedern und müsste nicht aufgestockt werden, die Bedeutung der Region bliebe unverändert, die Landeshauptleute könnten sich mit voller Kraft auf die Provinzen konzentrieren und die Ladiner bekämen eine neue Rolle zugesprochen.

Es wäre auch ein deutliches Signal an die Ladiner aus dem Trentino, die bei Weitem nicht den Schutz und die Unterstützung ihrer Schwestern und Brüder aus Südtirol genießen. Ein ladinischer Präsident der Regionalregierung wäre ein politisches Signal über die Grenzen der Region hinaus und würde gleichzeitig die institutionelle Krise lösen.

Die heutige Praxis, dass sich die beiden Landeshauptleute den Posten des Präsidenten der Regionalregierung teilen, hat nichts mit dem Autonomiestatut zu tun, sondern geht auf ein Gentleman Agreement des Jahres 2004 der Ära Durnwalder zurück.

Hanspeter Staffler
Riccardo Dello Sbarba
Brigitte Foppa

Hanspeter Staffler zur Regierungsbildung

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Vor acht Tagen wurde an dieser Stelle die Opposition aufgefordert, sie möge doch bitteschön die neue Regierung an ihren Taten zu messen. Die erste Tat des Herrn Landeshauptmanns liegt nun vor, es ist die Entscheidung über die Zusammensetzung der neuen Landesregierung, über die Aufteilung der Kompetenzen und über die Regierungsvereinbarung.
Die Regierungsvereinbarung ist auch nach wiederholtem Lesen ein Dokument, das sehr allgemein gehalten ist und wenig Konkretes zu bieten hat, worin zwar alle Politikfelder aufgeschürft aber keines mit Tiefgang gepflügt wurde. Auffallend sind zahllose Ankündigungen, die aber wegen mangelnder Kennzahlen weder vorausblickend messbare Ziele erkennen lassen, noch in fünf Jahren rückblickend einer Evaluation standhalten werden können.
Ich darf an dieser Stelle ein Beispiel aus dem Tiroler Regierungsprogramm 2018 zitieren: Die Koalitionspartner ÖVP und Grüne vereinbaren „Den Start einer Offensive für leistbares Wohnen zur Entlastung des Tiroler Wohnungsmarktes. Dafür werden in der kommenden Legislaturperiode 2018-2023 mindestens 230 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für die Wohnbauförderung zur Verfügung gestellt, die sich grob wie folgt verteilen:“ Es folgt ein detaillierter Aufteilungsschlüssel. So in etwa stellen wir uns konkrete Arbeitsprogramme, konkrete Regierungsprogramme oder konkrete Koalitionsabkommen vor!
Nun liegt uns seit einer Woche ein Dokument vor, das einerseits schwer greifbare Inhalte bietet und anderseits erste Einblicke in die neue Organisation erlaubt. Ich behaupte, dass der zweiseitige „Vorschlag für die Zusammensetzung der Südtiroler Landesregierung – Legislaturperiode 2018-2023“ weitaus interessanter und informativer ist, als die restlichen 70 Seiten, wo es zwar um den Inhalt aber nicht zur Sache geht.
In der Organisationsforschung gibt es den Satz: „Organisation ist die Dienerin des Geschäfts“. Das heißt, dass man an der Organisation erkennen kann, ja erkennen muss, wie die Geschäftsziele strategisch ausgerichtet sind, welche Geschäftsfelder an Wichtigkeit ganz oben und welche ganz unten rangieren.

Politische Analyse
Vom politischen Standpunkt aus fällt positiv auf, dass der Landeshauptmann endlich die wichtigsten Querschnittskompetenzen wie Personal, Finanzen und EDV – ich persönlich hätte ihm noch gerne das Landesvermögen anvertraut – unter seine Fittiche nimmt und somit aus der Sicht der Verwaltung an Stärke gewinnt. Strategisch könnte das bedeuten, dass der Landeshauptmann beabsichtigt, die Zügel fest in die Hand zu nehmen.
Dass das aber das Gesundheitsressort, das seit „Menschengedenken“ in der Hand von vorsichtigen und reflektierenden Sozialpolitikern (Stocker, Theiner, Saurer) lag, ab nun in die flinken Hände eines neoliberalen Wirtschaftsmannes gleiten soll, spricht Bände und zeigt jetzt schon auf, wohin die Reise unserer Sozialeinrichtung Nr. 1 gehen soll.
Das steuerfinanzierte und auf das Gemeinwohl ausgerichtete Südtiroler Gesundheitssystem wird im neoliberalen Wirtschaftslager bereits seit einiger Zeit aufmerksam beobachtet, weil mit der sogenannten „Filetmedizin“ am privaten Markt ordentlich Geld gemacht werden kann. Man darf schon gespannt sein, wann die ersten Investoren in Privatkrankenhäuser auf den Plan treten und wie sich der Landesrat angesichts dieser bevorstehenden Attacke auf unser Gesundheitssystem verhalten wird. Jedenfalls wurde mit dieser Personalentscheidung Voraussetzungen für die Liberalisierung der Medizin geschaffen und der Grundstein für die Zweiklassenmedizin gelegt.
Ähnlich besorgniserregend ist es um Raumordnung, Natur und Landschaft bestellt, welche in den Händen einer Bauernbundvertreterin sind (Man habe „den Bock zum Gärtner gemacht“ tönte es aus den Reihen der SVP, wobei das Zitat auch noch in die Weiblichkeitsform übersetzt wurde). Ebenso besorgniserregend ist der Umstand, dass das Zwillingspaar Tourismus und Landwirtschaft nun in einer Hand liegen, beide Bereiche ebneten sich seit Jahrzehnten gegenseitig den Weg oder fungierten gegenseitig als Räuberleiter, wenn es galt, Hindernisse in der Raumordnung zu überwinden.
Natur, Landschaft und Raumordnung werden damit zum Selbstbedienungsladen für die Landwirtschafts- und Tourismusverbände. Wo bleiben die Bedürfnisse der Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnen, der Kinder, Pensionistinnen und Pensionisten, kurzum der Südtirolerinnen und Südtiroler, die keinen Grund und Boden besitzen und als Bürger/Bürgerin dieses Landes das Recht auf eine gesunde, vielfältige und schöne Landschaft haben?
Ebenso auffallend ist der geringe Respekt vor dem Lebensbereich Kultur. Die Kulturagenden sind bereits von Haus aus aufgrund unserer Autonomie auf drei Bildungs- und Kulturressorts verteilt, was schon immer eine große Herausforderung darstellte, ab nun aber wird die Kulturagenda Landesmuseen beim Landeshauptmann und die Kulturagenda Denkmalschutz bei Maria Hochgruber-Kuenzer angesiedelt. Damit kann man eine organische Kulturpolitik begraben, der notwendige Abstimmungsbedarf zwischen fünf Ressorts wird sich als unüberwindbare Hürde erweisen, eine zeitgemäße Kulturpolitik wird in den kommenden fünf Jahren aufgrund der Zersplitterung nicht passieren.

Strukturelle Analyse
Aus struktureller Sicht fällt positiv auf, dass das Mobilitätsressort weiterhin in einer Hand liegt, dass die Abteilungen Straßendienst, Straßenbau und Mobilität gemeinsam und untereinander abgestimmt Mobilitätspolitik umsetzen können.
Darüber hinaus kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass durch Trennung und Teilung von gewachsenen Einheiten eine Schwächung des Sozialen, der Kultur und der Ökologie angestrebt wird, denn auseinandergerissen werden Gesundheit und Soziales, Museen und Denkmalschutz, Natur- und Umweltschutz.
Dieser Trennungsreigen wird sich negativ auf die Leistungsfähigkeit der Landesämter auswirken, weil die aufwändige Schnittstellenarbeit alle Beteiligten überfordern wird.
Inhaltliche Analyse
Vom inhaltlichen Standpunkt betrachtet fällt positiv auf, dass weiterhin die Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr getätigt werden sollen. Zwar fehlen auch hierbei Angaben übers Investitionsvolumen aber es kann davon ausgegangen werden, dass der derzeitige hohe Standard beibehalten und punktuell auch noch verbessert werden wird.
In der Präambel des vorliegenden Dokuments – also an prominenter Stelle – wird die Bewahrung der Schöpfung und der Erhalt der Biodiversität angesprochen. Das ist lobenswert und zu unterstützen. Aber dann findet sich im ganzen Dokument kein einziges Wort über die Ursachen, welche Schöpfung und Biodiversität gefährden und folgerichtig auch kein Wort über notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der Situation.
Es ist mittlerweile klar, dass die Ausbringung von chemisch-synthetischen Pestiziden ein massives Insektensterben verursacht, das weit über die Zielgrundstücke hinausreicht. Es ist mittlerweile klar, dass weniger Insekten einen Rückgang an Vögeln, einen Rückgang an Amphibien (Frösche, Kröten, Lurche, Molche und Unken) und einen Rückgang an Fischen, also einen Rückgang an Biodiversität verursachen. Es findet sich kein Wort über eine notwendig neue Politik im Umgang mit chemisch-synthetischen Pestiziden.
Zudem ist mittlerweile auch klar, dass intensive Landwirtschaft in Form von Monokulturen durch Planierungen, Entwässerungen, Abholzungen und Gülledüngung massiv in die Schöpfung eingreift indem Landschaftselemente wie Einzelbäume, Hecken, Steinhaufen, Tümpel, Feuchtstellen oder Trockenmauern auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Diese Landschaftselemente sind aber Teil der Schöpfung, auch hier findet sich keine konkrete Maßnahme, wie die Schöpfung bewahrt werden sollte.
„Löhne und Gehälter seien rasch und bestmöglich an ( ) steigende Lebenshaltungskosten anzupassen“ lautet ein Satz im Unterkapitel Lohnentwicklung. Das ist richtig und ist auch zu unterstützen! Allein für den öffentlichen Sektor bedeutet die Anpassung an die gestiegenen Lebenshaltungskosten eine Lohnerhöhung um mindestens 10%, was umgerechnet rund 120 Mio. Euro bedeutet. Hierzu fehlen in der Regierungsvereinbarungen jegliche Angaben.

Auf den Punkt gebracht
Zusammenfassend ist zu sagen, dass es positive Ansätze gibt, Politikfelder oder Lebensbereiche funktional neu zu organisieren. Gleichzeitig aber werden traditionell gewachsene Bereiche wie das Soziale Haus regelrecht gesprengt und die Einzelstücke verteilt. Das Gesundheitsressort erfährt eine nie dagewesene Zäsur, indem es nicht einem Sozial- sondern einem Wirtschaftspolitiker anvertraut wird.
Der vorliegende Vorschlag ist wenig glaubhaft, weil zwar über den Erhalt der Schöpfung geschrieben wird, aber kein Wort zur intensiven und teilweise industriellen Landwirtschaft zu finden ist, welche heutzutage die Schöpfung durch Zerstörung von Landschaftselementen stark bedroht!
Der vorliegende Vorschlag ist nicht kohärent, weil zwar über den Erhalt der Biodiversität geschrieben wird, aber kein Sterbenswort zu einer neuen Politik im Umgang mit chemisch-synthetischen Pestiziden zu finden ist. Chemisch-synthetische Pestizide sind der Hauptgrund für den Rückgang der Biodiversität!
Der vorliegende Vorschlag ist schwer nachvollziehbar, weil zwar die Verhandlungen des Bereichsübergreifenden Kollektivvertages (BÜKV) angekündigt werden, aber kein einziger Euro dafür vorgesehen ist.
Die vielen Ankündigungen im sozialen und ökologischen Bereich halten einer genaueren Überprüfung nicht stand. Weil das vorliegende Dokument aus sozialökologischer Sicht wenig glaubhaft, nicht kohärent und schwer nachvollziehbar ist, können wir weder die Regierungsvereinbarung noch die Zusammensetzung der Landesregierung gutheißen und stimmen daher gegen den Vorschlag des Landeshauptmannes.

Hanspeter Staffler
Landtag 25.1.2018

In Bozen schließen die Aufnahmestrukturen, fast 200 obdachlose Personen bleiben auf der Straße, was wird das Land unternehmen? Humanitäre Hilfsstrukturen werden benötigt. Die Vorstellung, dass „sie weggehen werden“, ist eine gefährliche Illusion. Die Grüne Fraktion hat eine Eil-Anfrage an die Landesregierung gestellt. Diese wird nächste Woche, während der kommenden Landtagssitzung, in der Aktuellen Fragestunde beantwortet.
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