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BESCHLUSSANTRAG.

Die Diskussionen über “Brain Drain” und die Sorge um die Abwanderung aus dem ländlichen Raum haben längst auch Südtirol erreicht.

Die Abwanderung der “klugen Köpfe” ist inzwischen ein aktiv bearbeitetes Forschungsfeld geworden, Maßnahmen warden erarbeitet. Die WIFO-Studie von 2019 zeigt auf, dass die Abwanderung, insbesondere von akademisch gebildeten Menschen, von 1.100 im Jahr 2012 kontinuierlich gestiegen ist, bis auf 1.500 im Jahr 2017. Die Rückkehrer*innen bewegten sich im Zahlenraum 26-81 Personen pro Jahr.

Die Hälfte der abgewanderten Köpfe sitzen auf einem weiblichen Körper.

Das hat demografisch schwer wiegende Folgen.

Wo die jungen Frauen gehen, stirbt eine Gesellschaft aus.

Dies ist einerseits Realität, zugleich aber zielt die aktive Rückkehrerpolitik oft vorwiegend auf Männer. Das gilt noch einmal verstärkt für den ländlichen Raum. Wenn man etwa daran denkt, was die jungen Menschen im Dorf hält, oder aber sie zur Rückkehr ins Dorf bewegen könnte, werden oft folgende Faktoren ins Felde geführt:

  • Arbeitsplatzqualität
  • Vereinsleben
  • Wohnraum
  • Anbindung an den urbanen Raum.

Die Eurac-Studie zu den Motiven von Südtiroler*innen im ländlichen Raum zu leben, in den ländlichen Raum zuzuwandern oder aus dem ländlichen Raum abzuwandern (Philipp Corradini, Institut für Regionalentwicklung, Eurac Research, vorgestellt bei der Tagung von Plattform LAND am 26.01.2021) bestätigt in aller Eindeutigkeit, dass Faktoren wie die genannten für die Entscheidung dazubleiben, abzuwandern oder rückzukehren sehr wichtig sind. Für die jungen Männer, sehr viel weniger für die jungen Frauen.

Die interessante Studie reißt die Geschlechterunterschiede nur an. Trotzdem ist anzunehmen, dass für junge Frauen andere Faktoren prioritär sind. Die Studie nennt zum Beispiel:

  • Partnerschaft und eigene Familie
  • Lebensqualität
  • Natur und Freizeitmöglichkeiten
  • Ausbildung und Betreuung der Kinder.

Die Unterschiede sind auf den ersten Blick erkennbar. Sie wurden in den Interviews mit abgewanderten Frauen bei der Tagung noch einmal bestätigt: Insbesondere die flexiblen Arbeitszeiten und die Möglichkeit der Kinderbetreuung, aber auch die Weltoffenheit und die Multikulturalität (“Willkommenskultur und Willbleibenskultur”) wurden als wichtige Entscheidungsfaktoren für das Verbleiben im Ausland oder das Rückkehren in die Heimat genannt.

Die Unterschiede zwischen den Wünschen und Bedürfnissen von Frauen und Männern in dieser Frage sind also von größter strategischer Bedeutung für sämtliche Anstrengungen, die zum “Rückholen” der jungen Südtiroler*innen unternommen werden.

Es geht aber auch grundsätzlich darum, den ländlichen Raum für junge Frauen attraktiv zu halten oder zu machen, wenn man die Abwanderung der jungen Frauen vom ländlichen in den urbanen Raum begrenzen will.

Wo man dazu bereits Daten hat, ist das Phänomen deutlich bezifferbar und von beeindruckender Stärke.

In der Steiermark haben in 3 Jahren (20017-20) 1.800 gut ausgebildete junge Frauen im Alter zwischen 19 und 20 Jahren den ländlichen Raum verlassen und sind in die Landeshauptstadt Graz gezogen. In den Großraum Wien wandern jährlich bis zu 3.000 junge Frauen aus dem gesamten Bundesgebiet ab. (Adeg-Dorfleben-Report 2020)

Im Rahmen des Projekts SEMIGRA – Selective Migration and Unbalanced Sex Ratio Structures in Rural Regions wurden fünf Fallstudienregionen untersucht, die von einer selektiven Abwanderung junger Frauen betroffen sind (Sachsen-Anhalt, die Region Kainuu in Ostfinnland, die Region Västernorrland in Mittelschweden sowie Észak-Alföld und Észak-Magyarország in NordostUngarn). Die Studie ging davon aus, dass es “in Deutschland und vielen anderen europäischen Staaten (…) im jungen Erwachsenenalter regional zum Teil erhebliche Frauen- bzw. Männer- „Überschüsse” gibt. Diese Ungleichgewichte zeigen sich vor allem zwischen ländlichen Gebieten und den städtischen Zentren sowie zwischen prosperierenden und schrumpfenden Wirtschaftsräumen. Während die Großstädte eine große Anziehungskraft auf junge Frauen ausüben, ist in dünn besiedelten, peripheren ländlichen Räumen ein Überschuss an jungen Männern erkennbar. (…) Es ist zu befürchten, dass sich in peripheren Regionen der neuen Länder sozioökonomisch sehr einseitige Bevölkerungsstrukturen herausbilden könnten, die sich negativ auf die Regionalentwicklung auswirken. Die Abwanderung junger Frauen droht die ökonomischen, demografischen und sozialen Probleme strukturschwacher Regionen weiter zu verschärfen und eine negative Entwicklungsspirale auszulösen” wie die Studie einleitend erläutert. Hauptziel des Forschungsprojekts SEMIGRA war es entsprechend, “die Möglichkeiten einer genderorientierten Regionalentwicklungsstrategie zu prüfen und politikrelevante Handlungsempfehlungen zu erarbeiten.” (“Abwanderung junger Frauen und unausgewogene Geschlechterproportionen in ländlichen Regionen Europas” – Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) Leipzig, in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr (MLV) Sachsen-Anhalt).

Auch die Studie der Steiermark bietet Erklärungen und Strategiebaleitungen, um die “Hoffnungsträgerinnen für die Zukunft”, wie sie von den Spitzenfunktionär*innen der Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer bezeichnet werden, nicht zu verlieren.

Wo man sich dieses Themas angenommen hat, ist man also zum Schluss gekommen, dass es darum geht:

  • erstens das Phänomen zu erfassen,
  • zweitens gemeinsam mit den Frauen die Rahmenbedingungen zu identifizieren, die an die Lebenswelten von Frauen angepasst sind
  • und drittens an die Umsetzung und Einrichtung dieser Rahmenbedingungen zu schreiten.

Aus den Studien geht hervor, dass junge Frauen die Lebensqualität des ländlichen Raums sehr schätzen, allerdings werden die Rahmenbedingungen einer weltoffenen und ambitionierten Lebensplanung oft nicht gerecht – und so ziehen es Frauen vor, zu gehen.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. Eine Studie in Auftrag zu geben, die die geschlechtsspezifischen Aspekte der Ab- Zu- und Rückwanderung im Hinblick auf Südtirol im Allgemeinen und auf den ländlichen Raum im Spezifischen untersucht.
  2. Begleitend und eventuell als Folgemaßnahme einen Prozess zu starten, auch in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Vertretungen der Frauen, der Jugend und des ländlichen Raums, in dem die nötigen und möglichen Rahmenbedingungen identifiziert werden.
  3. Die Handlungsableitungen, die aus 1) und 2) hervorgehen, in die Strategieziele der Politik der Landesregierung aufzunehmen und entsprechend umzusetzen.

  Bozen, 15.02.2021

 

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

 

Am 16.09.2021 hat der Landtag den Beschlussantrag mit folgendem Änderungsantrag angenommen:

  1. einen Prozess zu starten, auch in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Vertretungen der Frauen, der Jugend und des ländlichen Raums, in dem nötige und mögliche Rahmenbedingungen
    identifiziert werden, um der Abwanderung im Hinblick auf Südtirol im Allgemeinen und auf den ländlichen Raum im Spezifischen entgegenzuwirken;
  2. die Handlungsableitungen, die aus Punkt 1 hervorgehen, in die Erarbeitung der Strategieziele der Politik der Landesregierung einzubeziehen.

ANFRAGE ZUR SCHRIFTLICHEN BEANTWORTUNG.

Die Initiative „Zomholtn“ war in den letzten Wochen medial sehr präsent. Jenseits der dubiosen Hintergründe, die nicht Gegenstand dieser Anfrage sind, wurde durch die Diskussion darüber jedenfalls der Blick auf die Armutsgefährdung im Land gerichtet. Viele haben sich gefragt, ob denn die öffentliche Hand sich nicht ausreichend um die zunehmende Verarmung kümmert.

Dabei gibt es seit dem Beschluss der Landesregierung vom 24. November 2020, Nr. 943 die Covid-Soforthilfe. Diese Leistung soll, während des epidemiologischen Notstandes COVID-19, Einzelpersonen und Familien bei der Überbrückung von finanziellen Schwierigkeiten unterstützen. Die Leistung beträgt 500,00 Euro für den Antragsteller zuzüglich 200,00 Euro für jedes weitere Familienmitglied. Der Maximalbetrag pro Familiengemeinschaft beträgt 900,00 Euro monatlich.

Das Gesuch ist beim zuständigen Sozialsprengel zu stellen. Jene Personen, welche die Leistungen der Finanziellen Sozialhilfe bereits beziehen, können um die „Soforthilfe Covid-19“ ansuchen, wobei die laufenden Gesuche ausgesetzt werden.

Anrecht auf die Leistung haben jene Familiengemeinschaften, in welchen mindestens ein Mitglied der Familiengemeinschaft, wegen des epidemiologischen COVID-19-Notstands:

  1. a) als Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin (Teilzeit, Vollzeit, befristet, unbefristet), Person mit Bezugsvertrag, mit Vertrag auf Abruf oder mit Lehrvertrag im Zeitraum vom 1. Oktober 2020 bis 31. März 2021 an mindestens 15 auch nicht aufeinander folgenden Arbeitstagen
  • von einer Reduzierung oder Aussetzung der Arbeitstätigkeit betroffen war
  • oder von einem Widerruf der vorgesehenen Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit betroffen war (falls bereits beschäftigt)
  • oder die Arbeitstätigkeit aufgrund der vorgesehenen Einschränkungen nicht mehr ausüben kann

und dadurch einen Verlust des Einkommens aus dieser Tätigkeit erleidet.

Auf alle Fälle muss die Arbeitstätigkeit in Südtirol ausgeübt werden.

  1. b) als selbstständig tätige Person (Einzelunternehmen, Gesellschaft), die für mindestens 15 auch nicht aufeinander folgende Arbeitstage vom 1. Oktober 2020 bis zum 31. März 2021
  • von der Zwangsaussetzung der Tätigkeit auf der Grundlage der geltenden Staats- oder Landesbestimmungen betroffen war
  • oder aus Gründen in Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie keine Leistungen fakturiert hat.

Auf alle Fälle muss die Arbeitstätigkeit in Südtirol ausgeübt werden.

  1. c) Ständiger Aufenthalt in Südtirol

Alle Familienmitglieder müssen sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in Südtirol aufhalten und im selben Haushalt leben.

  1. d) Einkommensgrenzen

Um die Leistung beanspruchen zu können, darf die Summe der Nettoeinnahmen aller Familienmitglieder nicht gleich oder höher als folgende Beträge sein:

  • 1.400,00 Euro für Einzelpersonen
  • 2.200,00 Euro für Familiengemeinschaften, die aus zwei oder mehr Personen bestehen.

Berücksichtigt werden folgende Einnahmen, welche im Monat vor der Antragsstellung bezogen wurden:

  • Einnahmen aus abhängiger Arbeitstätigkeit,
  • Einnahmen aus selbständiger oder unternehmerischer Tätigkeit,
  • einkommensunterstützende finanzielle Leistungen im Sinne von Staats- oder Landesbestimmungen in Anbetracht des epidemiologischen COVID-19-Notstands.
  1. e) Vermögensgrenzen

Um die Leistung beanspruchen zu können, darf die Summe des Gesamtfinanzvermögens aller Familienmitglieder (Stichtag: Ende des Vormonats vor Einreichen des Antrages) nicht gleich oder höher als 30.000,00 Euro sein.

Die Voraussetzungen sind im Gesuchsformular als Ersatzerklärung zu erklären; diese Erklärungen unterliegen den von den geltenden Bestimmungen vorgesehenen Kontrollen.

(Alle Infos zur Covid-Soforthilfe sind der Homepage des Landes Südtirol entnommen).

Neben der Soforthilfe wird auch ein Mietbeitrag sowie eine Unterstützung für Wohnungsnebenkosten gewährt. Die Höhe dieser beiden Beiträge ist vom Wohnort (Stadt oder Landgemeinde) abhängig. Die beiden finanziellen Leistungen (Soforthilfe und Miete/Nebenkostenbeitrag) machen bis zu 1.500 Euro aus. Diese Summe wird den Antragsteller*innen innerhalb kurzer Zeit überwiesen. So können in 3 Monaten bis zu 4.500 Euro ausgezahlt werden.

Es verwundert, dass so wichtige Maßnahmen in der Südtiroler Öffentlichkeit bisher so wenig bekannt sind.

Daher richten wir folgende Fragen an die Südtiroler Landesregierung

  1. Wie wurde die Covid-Soforthilfe bisher kommuniziert? Gab es dazu eine Kampagne, vergleichbar mit den anderen großen Kampagnen, die seit Beginn der Pandemie vom Land Südtirol aufgesetzt wurden?
  2. Gab es überhaupt Kampagnen, die auf die finanziellen Unterstützungen für Familien und Arbeitnehmer*innen und Selbstständige hinwiesen? Wenn ja, welche waren das? Wieviel Geld wurde dafür investiert?
  3. Welchen Anteil haben die sozialen Aspekte (finanzielle Hilfe, Unterstützung für Familien, psychologischer Support etc.) im Gesamtcampaigning des Landes zu Covid-19? Wir bitten auch um die Angabe des prozentuellen Anteils.
  4. Wie viele Ansuchen um Covid-Soforthilfe wurden seit Beginn bis zum Datum der Beantwortung gestellt, wie viele wurden angenommen, welche Gesamtsumme wurde ausgezahlt?

BZ, 25.02.2021

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

ANFRAGE ZUR AKTUELLEN FRAGESTUNDE.

Entlang der Etschufer ist das Müllaufkommen (insbesondere Plastik) auffällig hoch, besonders eklatant war dies etwa nach dem letzten Hochwasser im Oktober 2020.
2019 hat das das biologische Labor der Landesagentur für Umwelt- und Klimaschutz eine Untersuchung von Mikroplastik in den Sedimenten der Etsch durchgeführt. Dabei wurde eine Gesamtkonzentration von 842,67 Mikroplastik (MP) pro m2 gefunden (https://umwelt.provinz.bz.it/umwelt-gesundheit/mikroplastik.asp).

Daher richten wir folgende Fragen an die Landesregierung:

  1. Was sind die Ursachen für dieses hohe Aufkommen von Plastikmüll und Mikroplastik in der Etsch?
  2. Gibt es weitere Untersuchungen zu Mikroplastik in Südtirols Gewässern? Falls nein, sind diese geplant?
  3. Existieren Grenzwerte (auf Staats- EU-Ebene etc.) für Mikroplastik in Flüssen und Gewässern?
  4. Gibt es regelmäßige Kontrollen zu aufgelassenen Mülldeponien entlang Südtirols Flüssen?
    a) Falls ja, wie viele illegale Mülldeponieren wurden in den letzten 10 Jahren registriert?
    b) Wie ist das Procedere, wenn eine solche Deponie gefunden wird?

Bozen, 24.02.2021

Landtagsabgeordnete
Hanspeter Staffler
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba

Hier kann die Antwort der Landesregierung heruntergeladen werden.

ANFRAGE ZUR AKTUELLEN FRAGESTUNDE.

In Südtirol lebten zum 31.12.2018 10.600 Menschen in der häuslichen Pflege. Von diesen 10.600 Menschen werden 60% ausschließlich durch Angehörige und /oder durch die sog. Badante versorgt. Schätzungen zufolge arbeiten in Südtirol rund 5000 private, zumeist ausländische Hauspflegekräfte. Sie betreuen hauptsächlich ältere Menschen. Bekanntermaßen ist das eine der Bevölkerungsgruppen, die durch Covid-19 besonders gefährdet sind. Die Betreuungspersonen, die in dauerndem körpernahen Kontakt mit den Senior*innen sind, sind daher in der Prävention wichtige Schlüsselfiguren.

Daher richten wir folgende Fragen an die Südtiroler Landesregierung

  1. Wie ist die Regelung im Hinblick auf die regelmäßige Testung von Badanti und angehörige Betreuungspersonen?
    a) Gibt es vorgeschriebene Testungen für Personen in privaten Pflegsituationen?
    b) Wenn ja, in welchen Zeiträumen vorgesehen und von wem werden sie durchgeführt?
    c) Wer übernimmt die Kosten?
    d) Falls nein, warum gibt es keine vorgeschriebenen Testungen?
  2. Gibt es auf jeden Fall für angehörige Betreuungspersonen und Badanti die Möglichkeit zu kostenfreien Testungen?
  3. Welche Daten hat man zur Infektionsrate der angehörigen Betreuungspersonen und Badanti?
  4. Wie ist die Situation im Hinblick auf das Impfen? Werden Badanti und Betreuungspersonen bevorzugt geimpft? Wie viele sind schon geimpft worden?

BZ, 22.02.2021

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

ANFRAGE ZUR AKTUELLEN FRAGESTUNDE.

Die Covid-Impfungen sind nun seit einigen Wochen angelaufen. Damit einher gehen die Hoffnungen, dass möglichst bald flächendeckend ein Großteil der Bevölkerung geimpft ist, damit wir wieder so was wie Normalität erlangen können. Medienberichten vom 23. Februar zufolge wird es jedoch noch drei Monate dauern, bis die über 80-Jährigen sowie das Lehrpersonal geimpft sein werden. Dies scheint eine überaus lange Zeitspanne zu sein, wenn man bedenkt, dass die Mehrheit der Menschen im Land zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht die Gelegenheit bekommen haben werden, sich impfen zu lassen.

Daher richten wir folgende Fragen an die Landesregierung:

  1. Gibt es einen Impfplan für Südtirol und wie sieht dieser aus? Wir bitten um eine detaillierte Ausführung, welche Logistik, Personal, Impfzentren des Impfplans – so es ihn gibt – enthalten.
  2. Falls kein Impfplan existiert, warum nicht und auf welchen Grundlagen wird geimpft?
  3. Wie lange wird es voraussichtlich dauern, bis jeder und jede Impfwillige in Südtirol auch die Gelegenheit dazu erhalten hat?
  4. Aus welchem Grund dauert es (Stand Ende Februar) noch drei Monate, um die über 80-Jährigen sowie das Lehrpersonal zu impfen?
  5. Werden die bereits Geimpften in einem Impfregister angeführt? Wenn ja, wie ist dieses aufgebaut?

Bozen, 23.02.2021

Landtagsabgeordnete
Hanspeter Staffler
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba

ANFRAGE ZUR SCHRIFTLICHEN BEANTWORTUNG.

In den vergangenen Jahren soll es immer wieder zu Störfällen im Zusammenhang mit dem Reschen-Stausee gekommen sein. So wurde uns berichtet, dass es zu folgenden Störfällen gekommen sein soll:

  1. Jahr 2015: Mitten in St. Valentin, in der Nähe des Hotels Ortlerspitz sei eine Fontäne aus einer Druckrohrleitung aufgestiegen;
  2. Juli 2016: In eine Wiese unterhalb von Kaschon habe sich ein sechs Meter tiefes Loch von 12 mal 5 Metern aufgetan, vermutlich hatte der Einbruch entweder mit dem Überlauf oder mit dem Grundablass zu tun;
  3. März 2019: In einer Wiese oberhalb der Raiffeisenkasse Oberland habe sich ein kleineres Loch aufgetan;
  4. Oktober 2020: Am 12. Oktober sei in das Kellergeschoss der Raiffeisenkasse Oberland Wasser eingedrungen, das einen Einsatz der Freiwilligen Feuerwehren aus St. Valentin, Graun und Mals erforderlich machte. Der aufwendige Einsatz habe rund zwei Wochen gedauert, wobei pro Minute 600 Liter Wasser abzupumpen waren;
  5. Beim Druckkanal aus Schlinig soll es sogar zu mehreren kleinen Störfällen gekommen sein, hier fehlen uns die zeitlichen Angaben.

Diese Informationen bereiten uns Anlass zur Sorge: Die Häufung an Havarien deutet erstens darauf hin, dass Druckrohrleitungen, unter Druck stehende Beileitungen, Überlauf- und Ablassorgane in die Jahre gekommen sind und dringend zu sanieren wären. Zweitens wirft der schlechte bauliche Zustand der oben genannten Bauteile Sicherheitsbedenken auf: Ist die Bevölkerung einem höheren Risiko ausgesetzt?

Daher richten wir folgende Fragen an die Landesregierung:

  1. Wir ersuchen um Übermittlung des „Registers für sicherheitsrelevante Störfälle“;
  2. wir ersuchen um Übermittlung der Prüfberichte.
  3. Hat der Konzessionsinhaber die Druckrohrleitungen und die unter Druck stehenden Beileitungen mit einem Differentialmesssystem nachgerüstet?
  4. Wie schaut es mit Sicherheit und Funktionalität der Schließ-, Ablass- und Überlauforgane aus?
  5. Gibt es zu Punkt 4 Prüfberichte?
  6. Hat der Konzessionsinhaber eine Risikoanalyse ausgearbeitet?
  7. Hat der Konzessionsinhaber ein proaktives Instandhaltungskonzept für die Druckrohrleitungen, unter Druck stehende Beileitungen, Überlauf- und Ablassorgane ausgearbeitet?
  8. Falls ja, ersuchen wir um Übermittlung dieses Konzeptes;
  9. Falls nein, ersuchen wir diesen Umstand zu begründen.

Bozen, 22.02.2021

Landtagsabgeordnete

Hanspeter Staffler

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

 

ANFRAGE ZUR AKTUELLEN FRAGESTUNDE.

Bei der Tubenligatur handelt es sich um den Verschluss der Eileiter der Frau zum Zweck einer Verhinderung von künftigen Schwangerschaften. Medienberichten zufolge herrscht in Südtirol mancherorts die rechtswidrige Praxis, von Frauen vor diesem Eingriff das schriftliche Einverständnis ihres Partners als Voraussetzung für den Eingriff zu verlangen. Obwohl die Rechtsprechung dies eindeutig nicht vorsieht, setzen sich manche Krankenhäuser wohl über bestehendes Recht hinweg.

Daher richten wir folgende Fragen an die Landesregierung:

  1. Was ist der Wissensstand der Landesregierung zu diesem Thema? In welchen Krankenhäusern wird das wie beschrieben gehandhabt?
  2. Wie ist es möglich, dass Krankenhäuser und Ärzt*innen nach Gutdünken und willkürlich ihre eigenen Rechtsstandards parallel zum Gesetz etablieren können?
  3. Wer kontrolliert die internen Handlungsprotokolle in Krankenhäusern auf ihre Konformität mit geltendem Recht?
  4. Wird sichergestellt, dass eine Entmündigung von Patientinnen nicht auch in anderen Fällen stattfindet?
  5. Wie gedenkt die Landesregierung, dieser de-facto-Entmündigung von Frauen Einhalt zu gebieten?

Bozen, 18.02.2021

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

 

Hier die Antwort der Landesregierung.

BESCHLUSSANTRAG.

Torfmoore gehören zu einem Vegetationstyp, der aus Umweltsicht viel Potenzial im Positiven wie im Negativen in sich birgt. Auf der einen Seite haben Moore große klimaschützende Eigenschaften, auf der anderen ein enormes klimaschädliches Potenzial. Entscheidend, in welche der beiden Richtungen das Pendel ausschlägt, ist der Mensch. Natürliche Torfmoore dienen als riesiger Speicher von Kohlenstoff. Kommt es aber zur Nutzung des Torfes, werden große Mengen CO2 aktiviert und gelangen als Treibhausgas in die Atmosphäre.

Es wird angenommen, dass Torfböden etwa 3% der weltweiten Landfläche ausmachen und der größte Kohlenstoffspeicher der Welt sind, wobei die Moore auf der Nordhalbkugel einen großen Anteil daran haben.

Ungestörte, natürliche Moore können der Atmosphäre dauerhaft Kohlenstoff entziehen, sie dienen als Kohlenstoffsenke. Die gegenwärtige Einlagerung von Kohlenstoff in die etwas mehr als 3–4 Millionen km2 ungestörten Torfböden der Welt beträgt etwa 0,1 Gt pro Jahr. Die Einlagerung von Kohlenstoff geschieht so, dass wegen der dauernd hohen Wassersättigung der Moorböden das abgestorbene Pflanzenmaterial sich nicht zersetzen kann und konserviert wird. Wir können uns Torfmoore also wie eine riesige Filteranlage vorstellen, welche CO2 aus der Atmosphäre aufnimmt und dauerhaft speichert. Diese Eigenschaft führt unter anderem dazu, dass laut den Vereinten Nationen Torfmoore aus Sicht des Klimaschutzes die wichtigsten terrestrischen Ökosysteme darstellen.

Torf ist aber auch ein wertvoller Rohstoff, der seit Jahrhunderten hauptsächlich als Brennstoff oder als Zusatzstoff für Blumenerde verwendet wird. Durch den Abbau von Torf werden Moore zerstört und das so gewonnene Torfmaterial gibt infolge durch Verbrennungs- oder Zersetzungsprozesse den gespeicherten Kohlenstoff an die Umgebung ab.

Torfmoore werden aber auch trockengelegt. Künstliche Drainagen führen das Wasser ab, das Torfsubstrat beginnt sich zu zersetzen und gibt dabei kontinuierlich CO2, Methan und Lachgas ab. Solcherart gewonnenen Flächen werden zumeist landwirtschaftlich genutzt.

Wollen Europa und damit auch Italien und Südtirol das Klima-Ziel „Reduktion der CO2-Emissionen um 55% gegenüber 1990“ bis 2030 umsetzen, so kann das für europäische Moore nur bedeuten, dass der Torfabbau gestoppt und bereits zerstörte Moore renaturiert werden müssen.

Südtirol ist keine Gegend, die etwa berühmt für ihr großes Mooraufkommen ist, doch auch hierzulande wird Torfabbau betrieben. Derzeit geschieht dies in fünf Torfstichen im Unterland, wo insgesamt 1,5 Millionen m3 Torf geerntet werden dürfen. Davon wurden bis Ende 2019 rund 500.000 m3 abgebaut. Mit jedem Kubikmeter abgebautem Torf werden beträchtliche Mengen CO2, Methan und Lachgas als schädliche Treibhausgase freigesetzt, was auf Dauer nicht mit den Klimazielen vereinbar ist.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. In einer Studie zu errechnen, wieviel CO2, Methan und Lachgas durch den hiesigen Abbau von Torf in die Atmosphäre gelangen;
  2. die Konzessionen für den Torfabbau in Südtirol aus Gründen des Klimaschutzes neu zu bewerten;
  3. Eine Studie in Auftrag zu geben, um herauszufinden, welche umweltfreundlichen Substrate Torf im Gemüse- und Blumenanbau ersetzen könnten;
  4. Wege zu finden, dass ab 2030 in öffentlichen Grünzonen (Land und Gemeinden) Torfsubstrat nicht mehr zum Einsatz kommt, weder aus eigener Produktion noch importierte Ware.

Bozen, 18.02.2021

Landtagsabgeordnete
Hanspeter Staffler
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba

PRESSEMITTEILUNG.

Am Montag, den 15. Februar 2021 fand eine außerordentliche Sitzung des Landtags statt. Im Mittelpunkt der Debatte stand ein von der Opposition eingebrachter Antrag, der eine stärkere Beteiligung des Landtages an den Entscheidungen der Landesregierung zur Bewältigung der Pandemie zum Ziel hatte. Nach einer hitzigen und zum Teil bizarren Debatte (begleitet von einer Demonstration auf dem Magnagoplatz) nahm die Mehrheit den Vorschlag an.

Wir werden sehen, ob dieser Schritt dazu beiträgt, effektivere Maßnahmen zu finden, die vor allem von der Bevölkerung akzeptiert und unterstützt werden. „Unser wahrer Gegner heißt Coronavirus. Nur gemeinsam, durch die Einhaltung von Vorsichtsmaßnahmen und die Investition in eine klare und konsequente Kommunikation, wird es uns gelingen, ihn zu besiegen“, bekräftigten wir in der Debatte nachdrücklich.

Zunächst sollten wir die Kriterien, nach denen die Maßnahmen beschlossen werden, klar kommunizieren. Sind es europäische Kriterien? Sind es Kriterien, die in Rom verwendet werden? Oder haben wir unsere eigenen Kriterien? Das Wichtigste ist, sie klar zu benennen, zu verstehen und zu erklären.

Wir haben eine Expertenkommission auf Landesebene eingerichtet: So eine Kommission will gut genutzt werden. Bisher ist es nach unserer Information aber so, dass ihre Meinung bei den Entscheidungen der Landesregierung keine Rolle spielt. Wir haben Geld und Hoffnungen in diese Kommission investiert. Denn die Expertise von Fachleuten kann entscheidend sein, nicht nur um die richtigen Maßnahmen zu identifizieren, sondern vor allem, um sie den Bürgern und Bürgerinnen verständlich zu machen.

Geben wir zu, dass Fehler passiert sind. Die Regierung hat viele Fehler gemacht. In einer Ausnahmesituation ist es mehr als menschlich, Fehler zu machen. Das Wichtigste ist, sie zuzugeben und aus ihnen zu lernen. Wir werden sehen, ob eine stärkere Einbindung des Landtages zu Verbesserungen in dieser Hinsicht führt.

Es dürfen den Menschen nicht wieder und wieder falsche Hoffnungen gemacht werden. Die Leute in falsche Sicherheiten zu wiegen und ihnen ungerechtfertigterweise Hoffnungen zu machen sind jene Fehler, die untere keinen Umständen wiederholt werden dürfen. Um in die Zukunft blicken zu können brauchen wir die ungeschminkte Wahrheit, auch wenn sie weh tut. Doch Pläne können nur auf fester Grundlage von diesem ehrlichen Blick entstehen und nicht auf Grundlage von Illusionen.

Der “Südtiroler Sonderweg“ ist gescheitert, so viel hierzu. Der Welt Schlüssel heißt Demut. Orientieren wir uns an jenen, die es besser gemacht haben. Vernetzen wir uns mit anderen Regionen, Nord und Süd, und blicken wir nach vorne.

#WirBleibenDran

BZ, 16.2.2021

Die Grünen Landtagsabgeordneten

PRESSEMITTEILUNG.

In der heutigen außerordentlichen Sitzung des Südtiroler Landtags hat die Opposition einen wichtigen Erfolg errungen: Der Antrag der vereinten Opposition – der dann auch von der Mehrheit mitunterzeichnet wurde – wurde angenommen. Dieser verpflichtet die Landesregierung und insbesondere den Landeshauptmann dazu, regelmäßige institutionelle Treffen mit den Fraktionsvorsitzenden abzuhalten, regelmäßig Informationen über die Entwicklung der Pandemie auszutauschen, in jedem Fall vor wichtigen Entscheidungen den Landtag über den Inhalt und die Gründe derselben zu informieren und zu Beginn jeder Landtagssitzung über die Entwicklung der Pandemie zu berichten.

Die mangelnde Kommunikation, die fehlende Transparenz, die oft von den eigenen Amtskollegen in der Landesregierung kritisierten Entscheidungen – all das in einer Situation in der wir einen rasanten Anstieg der Infektionen in Südtirol miterleben: kurzum ein unhaltbarer Zustand. Auf Antrag der Opposition fand heute deshalb eine außerordentliche Landtagssitzung dazu statt. Nach einer ausführlichen Debatte kamen Mehrheit und Opposition zu einer von allen Fraktionsvorsitzenden unterzeichneten Vereinbarung, die die „konstruktive Zusammenarbeit“ zwischen den Institutionen in Bezug auf die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Pandemie festlegt: regelmäßige institutionelle Treffen zwischen dem Landeshauptmann und den Fraktionsvorsitzenden, Informationsaustausch über die Entwicklung der Pandemie zu Beginn jeder Landtagssitzung und auf jeden Fall vor wichtigen Entscheidungen. Der Landtag wird damit als demokratisch gewähltes Organ wieder jene zentrale Rolle spielen, die ihm unser Statut zuweist.
Der angenommene Antrag ist ein wichtiger erster Schritt zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen Mehrheit und Opposition sowie mit der Landesregierung. Diese Einigung bedeutet jedoch nicht, dass die Landesregierung nicht die Verantwortung für das bisherige schlechte Krisenmanagement übernehmen muss.

Gezeichnet: die Oppositionsparteien im Südtiroler Landtag