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ANFRAGE ZUR SCHRIFTLICHEN BEANTWORTUNG.

UPDATE: Hier die Antwort der Landesregierung vom 30 August 2019.

Im Jahr 2018 wurde das Ex-Lemayr-Gebäude in der Avogadrostraße der neuen Bestimmung als vorübergehende Unterkunft für „richiedenti asilo vulnerabili“ übergeben. Es wird von ASSB im Auftrag des Landes und der Gemeinde Bozen gehalten, Volontarius ist mit der Führung beauftragt worden.  Hier sind seitdem Familien, Personen mit positivem Asylbescheid und so genannte „fuori quota“ untergebracht.

Das ist einerseits positiv, denn es kann sehr schnell interveniert werden. Anderseits ergibt sich aus dem Zusammenmischen von völlig unterschiedlichen Personengruppen eine spezifische Problematik. Unter anderem ergeben sich lange Aufenthaltsperioden, denen die Struktur keineswegs gerecht wird. So leben Familien in einer großen Halle zusammen, ihre jeweiligen Lebensbereiche sind winzig und nur notdürftig mit Blechwänden und Vorhängen abgetrennt. Es gibt keine Fenster. Ende Juni lebten über 110 Personen im Zentrum, das auf max. 100 Personen ausgerichtet ist. Es gibt keine Privatsphäre – und das für oft schwer traumatisierte Personen, für junge Mütter und Kleinkinder. Gewaltepisoden bleiben nicht aus. Derzeit sind 49 Kinder aller Altersstufen untergebracht, darunter auch Neugeborene. Neben den Familien sind aber auch ca. 40 Asylberechtigte untergebracht, die eigentlich in SPRAR oder ähnlichen Projekten sehr viel besser aufgehoben wären und auch darauf Anrecht hätten. Für ihre Integration wären andere Unterbringungen von großem Vorteil. Indessen bleiben sie im Provisorium hängen und die Chancen auf Eingliederung schwinden.

Daher richten wir folgende Fragen an die Landesregierung:

  1. Bestätigt die Landesregierung die genannten Zustände und Zahlen? Wir bitten um genaue Angabe der Anwesenden
  • Menschen mit gültigem Asylbescheid
  • Kindern und Jugendlichen (unter Angabe des Alters)
  • Mütter und Väter
  • andere Anwesende.
  1. Seit wann sind die in 1. abgefragten Personengruppen jeweils im Ex-Lemayr untergebracht?
  2. Gibt es Kochgelegenheiten für die Zubereitung von Baby- bzw. Kindernahrung?
  3. Wie viele Toiletten und Waschgelegenheiten gibt es insgesamt? Wo liegen diese sanitären Anlagen? Sind sie bequem erreichbar (Notwendigkeit etwa von Eltern mit kleinen Kindern und Frauen im Wochenbett)?
  4. Welche Sicherheits- und Zugänglichkeitsbestimmungen gelten? Werden sie eingehalten?
  5. Welche Spiel- und Bildungsgelegenheiten gibt es für die ca. 50 Kinder in der Struktur?
  6. Führen die beengten Verhältnisse zu erhöhtem psychologischen Druck? Gab es im vergangenen Jahr Episoden von Verweigerung oder anderen psychischen Symptomen?
  7. Wie gestaltet sich die psychologische Betreuung der anwesenden Personen?
  8. Wie gestaltet sich die ärztliche Versorgung?
  9. Welche Perspektiven gibt es, vor allem für die Familien, die positiven Asylbescheid haben und die Recht auf eine würdige Unterkunft laut der internationalen Rechtssprechung haben?
  10. Welche anderen Strukturen beherbergen in Bozen Familien mit Kindern? Wie sind die dortigen Bedingungen?

Bozen, 17.07.2019

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

Hanspeter Staffler

BESCHLUSSANTRAG.

Aus dem jüngsten Bericht des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) geht hervor, dass die Zahl der Flüchtlinge weltweit 65 Millionen beträgt. Der Großteil befindet sich in den Flüchtlingslagern der Nachbarländer, in denen äußerst schwierige Umstände vorherrschen. Aus diesem Grund beschließen viele Menschen, erneut zu flüchten. Dabei finden Tausende in der Wüste, im Meer, in den Gefängnissen der Diktatoren oder in den Lagern der Schlepper den Tod.

Um dieser unerträglichen Katastrophe Einhalt zu gebieten und Hilfsmaßnahmen für alle Betroffenen, die ein Recht darauf haben, zu sichern, ist die Schaffung humanitärer Korridore als Ausweg aus den gefährdeten Gebieten erforderlich. Anstatt abzuwarten, bis diese Menschen irgendwie zu uns gelangen, müssten wir diejenigen, die einer ernsthaften Gefahr ausgesetzt sind, dort abholen, wo sie sich befinden – insbesondere in den Flüchtlingslagern in Kriegsgebieten. Ein kleiner Schritt in diese Richtung wurde von religiösen Organisationen gemacht. Es ist wichtig, diese Initiativen zu fördern, so wie das bereits im benachbarten Trient erfolgt.

Am 15. Dezember 2015 wurde ein Abkommen zwischen der italienischen Regierung und den Trägern der Initiative, nämlich der Gemeinschaft Sant’Egidio, dem italienischen Verband der  evangelischen Gemeinden, der Gemeinschaft Papst Johannes XXIII., der Waldenser Kirchenleitung (Tavola valdese) und dem zivilen Friedenskorps der „Operazione Colomba“, unterzeichnet.

Das Abkommen sieht die Öffnung des ersten außerordentlichen humanitären Korridors Europas sowie den sofortigen Schutz jener Flüchtlingsfamilien vor, die sich in den von der UNO unterstützten Flüchtlingslagern unweit der syrischen Grenze im Libanon befinden. Diese Menschen sind dem UNHCR bekannt und werden registriert, nachdem sie anhand verschiedener Kriterien ausgewählt wurden (z. B. Dauer der Flucht oder besondere Schützbedürftigkeit, wobei als besonders schutzbedürftig Kinder, Schwerkranke, Gewaltopfer usw. gelten).

Durch den von Italien geöffneten humanitären Korridor sollen in der ersten Phase 2.000 Menschen nicht nur aus dem Libanon, sondern auch aus Marokko und Äthiopien in unser Land gelangen. Bis Dezember 2018 kamen bereits 1.400 der asylberechtigten Menschen nach Italien. Sie wurden in verschiedenen Provinzen aufgenommen, darunter Trient, Reggio Emilia, Turin, Aprilia und Bologna. Die Träger der Initiative und die italienische Regierung haben bereits beschlossen, die Laufzeit des Korridors zu verlängern und weitere Gebiete miteinzubeziehen. Ab dem zweiten Aufenthaltsjahr der aufgenommenen Personen werden die Kosten gänzlich vom Staat übernommen, während im ersten Jahr die Träger dafür aufkommen müssen.

Das benachbarte Trentino zeigt uns, wie das Projekt funktioniert. Bisher hat das Trentino verschiedene syrische Familien (ca. 60 Personen) aufgenommen, die ein humanitäres Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit erhalten hatten, das von der italienischen Botschaft im Libanon ausgestellt wurde.

Wie bereits erwähnt, tragen die Projektträger die Kosten. Im Trentino ist die Diözese dafür verantwortlich, die z. B. die Villa S. Nicolò bei Ravina, die einstige Sommerresidenz des Erzbischofs, unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat. Die Art und Weise der Betreuung ähnelt jener, die für Personen, die internationalen Schutz beantragen, vorgesehen ist: Verpflegung und Unterkunft, lebenswichtige Güter, gesundheitliche, soziale und psychologische Unterstützung, Sprach- und Kulturmittlung, Rechtsberatung betreffend denSchutzstatus, italienische Sprach- und Kulturkurse, Heranführung an das Gemeinschaftsleben, Berufsbildung und Ausbildung für ehrenamtliche Tätigkeiten.

Auch die Provinz Trient hat beschlossen, einen Beitrag zu leisten, indem sie im ersten Jahr, also solange der Staat keine Finanzierung bereitstellt, die Kosten für die Betreuung übernimmt. Die Zahl der über dieses Projekt aufgenommenen Personen wurde als Teil der dem Trentino zugewiesenen „Quote“ im Rahmen der staatlichen Verteilung der Asylbewerber anerkannt. Es handelt sich also um keine zusätzliche Belastung; es werden lediglich für einen Teil der zugeteilten Flüchtlingsquote die humanitären Korridore genutzt, anstatt eine zufällige Zuweisung von Flüchtlingen zuzulassen, bei der die Betroffenen über gefährliche Wege an ihr Ziel gelangen müssen. Das Projekt ist bisher nicht sehr umfangreich, jedoch beispielgebend dafür, wie mit dem Thema Flüchtlinge umgegangen werden kann. Daher wäre es wichtig, dass sich auch das Land Südtirol an diesem Projekt beteiligt, um diejenigen zu unterstützen, die über die entsprechenden Absicherungen verfügen und auch in unserem Land versuchen möchten, Menschen über diesen ersten europäischen humanitären Korridor aufzunehmen

Aus diesen Gründen befindet der Südtiroler Landtag

die Initiative „humanitäter Korridor“ gemäß Abkommen vom 15. Dezember 2015 zwischen der italienischen Regierung und der Gemeinschaft Sant’Egidio, dem italienischen Verband der evangelischen Gemeinden, der Gemeinschaft Papst Johannes XXIII., der Waldenser Kirchenleitung (Tavola valdese) und dem zivilen Friedenskorps der „Operazione Colomba“ als bewährte Praxis für einen positiven Umgang mit der Aufnahme von Asylbewerbern und spricht sich für die Fortsetzung dieses Projekts auch nach dem geplanten Zweijahreszeitraum aus

Der Südtiroler Landtag verpflichtet die Landesregierung,

  1. zu überprüfen, ob es in Südtirol Interessenten für diese Initiative gibt und mit der Provinz Trient und den Partnern der Initiative, wie der Gemeinschaft Sant’Egidio, dem Italienischen Verband der evangelischen Gemeinden, der Gemeinschaft Papst Johannes XXIII., der Waldenser Kirchenleitung (Tavola valdese) und dem zivilen Friedenskorps der „Operazione Colomba“ Kontakt aufzunehmen, um detailliertere Informationen zum Projekt einzuholen;
  2. bei einem positiven Ergebnis der im vorherigen Punkt genannten Überprüfung für den Zeitraum, in dem der Staat nicht für die Kosten aufkommt, eine finanzielle Deckung zugunsten derjenigen zu gewährleisten, die über die notwendigen Absicherungen verfügen (die sorgfältig von der Landesregierung geprüft werden) und hierzulande die Aufnahme von Personen über den ersten europäischen „humanitären Korridor“ ermöglichen möchten, so wie im Abkommen vom 15. Dezember 2015 zwischen der italienischen Regierung und der Gemeinschaft Sant’Egidio, dem italienischen Verband der evangelischen Gemeinden, der Gemeinschaft Papst Johannes XXIII., der Waldenser Kirchenleitung (Tavola valdese) und dem zivilen Friedenskorps der „Operazione Colomba“ vorgesehen.

Bozen, 6.12.2018

 Landtagsabgeordnete

Riccardo Dello Sbarba

Brigitte Foppa

Hanspeter Staffler

In Bozen schließen die Aufnahmestrukturen, fast 200 obdachlose Personen bleiben auf der Straße, was wird das Land unternehmen? Humanitäre Hilfsstrukturen werden benötigt. Die Vorstellung, dass „sie weggehen werden“, ist eine gefährliche Illusion. Die Grüne Fraktion hat eine Eil-Anfrage an die Landesregierung gestellt. Diese wird nächste Woche, während der kommenden Landtagssitzung, in der Aktuellen Fragestunde beantwortet.
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Herumschieben, Abschieben, Abwälzen: Vom Umgang mit den Umständen, die den jungen Adan das Leben gekostet haben. So kann es nicht weitergehen, Landesrätin Stocker, machen wir die Flüchtlingsagenda zur Chefsache.
In der heutigen Pressekonferenz der Landesregierung hat Landesrätin Stocker Stellung zum Tod des 13-jährigen Adan Stellung genommen. Sie weist in ihren Aussagen die Verantwortung der Landesverwaltung von sich und stellt klar, dass die Familie trotz des berüchtigten „Rundschreibens Critelli“ hätte vorübergehenderweise aufgenommen werden können.
Der Tod des Kindes wird dadurch noch mehr zu einem tragischen Absurdum und zum Symbol des Versagens der Flüchtlingspolitik des Landes Südtirol.
Wenn im Lande der humanitäre Ansatz ohne Wenn und Aber als Ausgangspunkt aller Interventionen stünde, dann wäre es niemals zur Verkettung der Umstände gekommen, die dem jungen Adan das Leben gekostet hätten.
Es ist nicht akzeptabel, dass die Landesrätin in ihrer Analyse die Verantwortung

  • nach unten abschiebt („das SIS ist in dieser ersten Einschätzung autonom“),
  • den Freiwilligen quasi die Schuld zuweist („Aufgrund der Mitteilung, dass eine Unterbringung für die gesamte Familie vorhanden ist, wurde keine weitere Suche nach einer Unterbringung eingeleitet. Wäre eine entsprechende Notwendigkeit gemeldet worden, wäre eine Aufnahme aufgrund der zusätzlichen Informationen zur Situation vom SIS sicherlich neu bewertet worden“)
  • oder gar die Familie selbst in die Pflicht nimmt (“Wenn sich dann jemand selbstständig aufgemacht hat vom Hotel Adria nach anderswohin, dann ist das eine freie Entscheidung“).

Wir erinnern daran, dass – in Ermangelung einer Unterbringung seitens der zuständigen Institutionen! – die Freiwilligen Geld gesammelt haben, um der Familie eine wenn auch notdürftige Unterkunft zu bieten und dass sie es waren, die sich die ganze Woche über um die Familie in höchster Not gekümmert haben. Ihnen auch indirekt die Verantwortung zuweisen, und zwar von Seiten der mächtigen Landesverwaltung, die mit ihren politischen und bürokratischen Vorgaben die Haltung der Aufnahme (bzw. der Abweisung) maßgeblich beeinflusst, ist absolut inakzeptabel und kleingeistig.
Es ist offensichtlich, dass die Landesrätin mit der Betreuung der Flüchtlingsagenden überfordert und/oder eindeutig schlecht beraten ist. Mit Defensivhaltung und bürokratischem Zynismus kann dieses komplexe gesellschaftliche Phänomen nicht angegangen werden. Landesrätin Stocker sollte besser nach Oben delegieren, als nach Unten abwälzen (wie wir es derzeit erleben) – und die Flüchtlingsagenda direkt an Landeshauptmann abgeben. Die Zeit ist eindeutig reif dafür.
Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa, Hans Heiss

In einem Abend, der unter dem Motto „So kann’s gehen. Tiroler Lösungen zur Flüchtlingsfrage“ stand, beleuchteten die Tiroler Soziallandesrätin Christine Baur, die Flüchtlingsbeauftragte des Bozner Gemeinderates Chiara Rabini, der Sprecher der grünen Arbeitsgruppe social&green Karl Tragust und der Landtagsabgeordnete Riccardo dello Sbarba zusammen mit vielen anwesenden Ehrenamtlichen den Umgang mit Flucht und Migration in Nord- und Südtirol.
„Weltweit sind mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Europa kann und soll sich dieser Herausforderung nicht verschließen. Je schwieriger die Lage wird, desto besonnener müssen wir agieren. Grund- und Menschenrechte müssen sich in schwierigen Situationen bewähren – sie sind kein Schönwetterprogramm.“, so umreißt Christine Baur ihre Grundhaltung.
Den Sinn des Treffens erläuterte Brigitte Foppa: „Als Grüne stellen wir dem Thema nicht aus, sondern tragen Informationen zusammen und versuchen konkrete Lösungsansätze zu erarbeiten.“
Entsprechend berichtete die Tiroler Landesrätin Christine Baur über die Situation in Tirol, wo sie einen Landesbetrieb eingerichtet hat, in dem ca. 300 Angestellte sich um gut 6.000 Menschen auf der Flucht kümmern. Dabei wird nicht nur für Unterkunft und Verpflegung gesorgt, sondern von Anfang an auf konkrete Integrationsmaßnahmen gesetzt. Erfolgsbringend ist sicher auch das persönliche Engagement der Landesrätin, die sich dem Thema sofort gestellt hat und keine entschuldigende Haltung an den Tag legt, sondern auf eine offensive Informations- und Managementtätigkeit setzt.
Chiara Rabini betonte, dass die großen Zentren in Bozen mit teils über 100 BewohnerInnen nicht tragbar seien und plädiert für eine Teilnahme am italienischen SPRAR-System um eine durchdachte Begleitung in kleinen Strukturen zu gewährleisten. Karl Tragust, der einen Überblick über die verschiedenen Arten und Zeiten von Flüchtlingswellen und des damit verbundenen Krisenmanagementes gab, betonte wie wichtig Vergleiche sind und man nur aus ihnen lernen könne.
Riccardo dello Sbarba erweiterte den Blick in die Praxis, indem er über die Lokalaugenscheine der Grünen in den Südtiroler Flüchtlingsunterkünften berichtete. Die Unterkünfte seinen des reichen Landes Südtirols nicht würdig, bestätigten auch die verschiedenen ExpertInnen.
Viele Ehrenamtliche waren an dem Abend anwesend und berichteten, wie viele Menschen durch den Rost fallen, weil sie nicht in irgendwelche Kontingente fallen und so auf der Straße landen. Sie werden vielfach nur von Ehrenamtlichen, die immer wieder an ihren Grenzen stoßen, versorgt. Es kann nicht sein, dass Ehrenamtliche für die öffentliche Hand permanent in die Presche springen müssen, dies das einhellige Fazit des Abends.
Südtirol geht davon aus, dass es sich nur um ein kurzfristiges Problem handelt und reagiert mit Notstandspoltik. Damit muss Schluss sein, wir müssen dem Beispiel Tirols folgen, die Probleme sehen, anerkennen und auf konkrete Integrationsmaßnahmen setzten, so die Grünen Südtirols.
Brigitte Foppa e Hans Heiss, co-portavoce / Co-Landesvorsitzende Verdi Grüne Vërc
BZ, 23.03.2017

Tragischer Unfall am Bahnhof Bozen verweist auf chronischen Flüchtlingsnotstand

Dfiocco neroie traurige Nachricht schaffte es nur knapp in die Schlagzeilen: Letzte Nacht ist ein junger, aus Eritrea geflüchteter Mann am Bozner Bahnhof gestorben, weil er von einem Zug erfasst wurde. Die Hintergründe müssen noch geklärt werden, aber schon jetzt ist eindeutig, dass dieser Unfall zumindest auch auf politisches Versagen verweist, auch auf die Versäumnisse der Bahnverwaltung, ihr eigenes Gelände hinreichend zu kontrollieren.
Seit Wochen stellen die Ordnungskräfte, die Freiwilligen im Einsatz und auch viele Beobachtende fest, dass insbesondere in Bozen die Situation eskaliert. Auf den Treppen des Bahnhofs drängen sich in der Nacht geflüchtete Menschen ohne Unterkunft zusammen, andere schlafen in Hauseingängen, unter Brücken oder anderen mehr oder weniger gefährlichen Stätten in der Kälte. Die Notunterkünfte stehen nur in der Nacht und unter absurden Bedingungen bereit (z.B. Pflichtpräsenz ab 21 Uhr, keine Aufnahme länger als 20 Tage). Die Kältenotunterkunft wurde weit außerhalb des Stadtzentrums in Lagerräumen der Industriezonen eingerichtet. Für diejenigen, die sich dazu entscheiden, dort vor den winterlichen Temperaturen Schutz zu suchen, gibt es nur ungenügende Informationen und vor allem wird kein Transportmittel oder Shuttlebus zur Verfügung gestellt. Es ist schon passiert, dass Personen, die auf dem Weg zum Ex-Alimarket waren, nie dort angekommen sind.
Dabei ist es international verbrieftes Recht von Geflüchteten, ab dem Tag der Gesuchstellung um Asyl, im Gastland aufgenommen zu werden. Darüber hinaus gehört es zum humanitären Auftrag, Hilfe im Notfall zu leisten. Das Land Südtirol und das Regierungskommissariat haben viel zu lange die Augen vor den Hunderten von Geflüchteten verschlossen, die auf eigene Faust nach Südtirol gekommen sind und nun ist es offensichtlich, dass das System zu große Lücken aufweist. Unter anderem bezieht sich die Landesregierung auf die Erfüllung des staatlichen Kontingents, wobei aber keine kontinuierliche Zählung zur Feststellung der Anwesenden und die Aktualisierung der Quote stattfinden.
Unabhängig von Tabellen und Rechenspielen lässt sich das Versagen einer Gesellschaft und ihrer Institutionen auch nur daran ablesen, dass Menschen mit Güterzügen zu flüchten versuchen. Hinterfragen, genau hinschauen, helfen (anstatt nachzurechnen) täte als erstes Not.
 
Bozen, 22.11.16
Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss

Grüne weisen menschenverachtende Diffamierung zurück

arm

source: http://arminpost.blogspot.it/


Armin Mutschlechner, Mitarbeiter beim Jugenddienst Sterzing und in der Flüchtlingshilfe stark engagiert, hat letzte Woche auf Facebook einen Aufruf lanciert, in dem er Frauen zu Kontakten mit Flüchtlingen eingeladen hat, auch um deren Bedürfnissen nach Nähe, Zärtlichkeit und Erotik entgegen zu kommen.
Dem Appell folgten auf Facebook und per Mail alsbald Attacken, die Mutschlechner von wüsten Beschimpfungen bis zu massiven Drohungen mit Unflat förmlich überschütteten. Der gewiss diskutable Appell zog sich in besonderem Maß den Zorn der Freiheitlichen Ulli Mair zu, die die „sexistischen Aussagen des linken Kulturarbeiters Mutschlechner“ mit einem Ausmaß an Aggression überzog, dass einem beinahe der Atem stockt. Ihre Ausfälle gegen Mutschlechner und männliche Migranten, zumal den „Testosteronüberschuss dieser meist unsozialisierten Horden“ zielen nicht nur gegen das durchaus vorhandene Machotum bestimmter Migrantengruppen und scharf zu verurteilende Sexualattacken wie in Köln, sondern stempelt Migranten und Flüchtlinge pauschal zur hoch riskanten Gefahrengruppe ab. In einem Aufwasch wird dabei auch Mutschlechner als „Volkszuhälter“, „Kulturenkuppler“ und Veranstalter eines „Sex-Casting“ abgestempelt.
Der nicht nur provokante, sondern brutale Ton und die rüde Argumentation einer Landtagsmandatarin sind strikt zurückzuweisen. Mit Armin Mutschlechner wird nicht nur eine einzelne Person an den Pranger gestellt, sondern auch die Einschüchterung jener vielen versucht, die sich in Südtirol für Migranten und Flüchtlinge einsetzen. Wer wie Mair Probleme und Herausforderungen nicht sachlich diskutiert, sondern zu blanker Aggression aufstachelt, verhindert nicht nur jede Diskussion, sondern vergiftet das öffentliche Klima in Südtirol.
Landtagsabgeordnete
Hans Heiss
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Bozen, 28. Juni 2016

Südtirols Beitrag zur Bewältigung ist anerkennenswert, aber auch ausbaufähig.

Logo_Refugees_welcomeDer heutige Welttag der Flüchtlinge erinnert in aller Deutlichkeit an die Dimension einer Jahrhundertfrage: 60 Millionen Menschen sind auf der Flucht vor Krieg und Not. Der größte Teil von ihnen flieht in Nachbarregionen, aber auch in jene Länder und Kontinente, von denen sie Hilfe erwarten und die auch für die Misere (mit-)verantwortlich sind.
Auch von daher rührt unsere entschiedene Pflicht zu Solidarität und Hilfeleistung. Südtirol hat Wichtiges geleistet, neben dem Land vor allem Freiwilligenorganisationen, Einzelpersonen und Gemeinden, es hat aber seine Aufnahmefähigkeit und Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft. Während das Bundesland Tirol rund 6000 Flüchtlinge und Asylbewerber beherbergt, hat unser Land sich auf eine Aufnahme von 900 Personen beschränkt. Dass damit kein Grund zur Klage und noch „Luft nach oben“ ist, liegt auf der Hand.
Fakt ist: Es geht längst nicht (mehr) darum, die Frage aufzuwerfen, OB wir Menschen helfen sollen, sondern einzig darum, WIE wir dies am besten tun können.
Die Vorschläge der Grünen hierzu sind bekannt:

  1. Wir schlagen eine freiwillige Quote Südtirols bei der Flüchtlingsaufnahme vor, die sich an einem Mittelwert zwischen dem österreichisch-tiroler Wert (ca. 1% der Bevölkerung) und italienischem Standard (0,9% der Flüchtlinge für Südtirol) bewegt.
  2. Flüchtlinge sollten in kleinere Gruppen auf mehrere Gemeinden verteilt, Bozen entlastet werden;
  3. Das Angebot an systematischen Integrationsschritten wie Sprachunterricht, Sozialkontakt, Kulturpflege, Mitarbeit in der Gemeinschaft ist deutlich zu stärken; vor allem die Möglichkeit zur rascheren Arbeitsintegration ist zu verbessern; hier ist auch die Bereitschaft von Unternehmen gefragt.
  4. Zwischen Regierungskommissariat, Land (Soziales, Gesundheit, Arbeit, Schule, Berufsausbildung, Sprachen, Freizeit, Wohnen etc), Gemeinden, Bezirksgemeinschaften, Non-Profit-Organisationen, der Zivilgesellschaft, Sozialpartner, unabhängige Freiwillige ist eine ständige Koordinationsrunde aufzubauen;
  5. Durchreisende Flüchtlinge haben Anspruch auf weit systematischere humanitäre Maßnahmen als bisher;
  6. Die Flüchtlingsfrage bleibt ein Kernthema der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino;
  7. Bürgerinnen und Bürger Südtirols sollten bessere Information und Sensibilisierung erhalten, die wertvolle Arbeit der Freiwilligen ist mehr als bisher anzuerkennen. Das große Fest der Tiroler Landesregierung für die Freiwilligen Tirols in Innsbruck letzte Woche ist vorbildhaft.

Bevor die Fluchtursachen (Krieg, Not Vertreibung) nicht wirkungsvoll eingedämmt sind, sollten wir uns auf neue Flüchtlingszugänge einrichten. Das wird eine Jahrhundertaufgabe sein, die auch unser Land begleitet.
20.06.2016
L.Abg, Hans Heiss, Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba

Willi Hagl Foppa DelloSbarba Heiss

Georg Willi, Sigi Hagl, Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba


Grünen-PolitikerInnen aus Deutschland, Österreich und Italien sprechen sich gemeinsam gegen eine Schließung des Brenner-Passes aus. „Wer die Grenze am Brenner dicht macht, entzweit Europa, denn es gibt kaum einen symbolträchtigeren Ort für das Zusammenwachsen Europas als die Nord-Süd-Verbindung durch die Alpen“, meinten Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba und die Vorsitzenden der Grünen Bayerns und Tirols, Sigi Hagl und Georg Willi, aus Anlass eines Treffens der PolitikerInnen am Donnerstag am Brenner. Vorher hatte man sich gemeinsam beim Bürgermeister der Gemeinde Brenner, Franz Kompatscher, über die aktuellen Entwicklungen an der Grenze informiert.
Grüne Delegation mit BM Kompatscher

Die Grüne Delegation der drei Länder mit Franz Kompatscher, Bürgermeister der Gemeinde Brenner.


Österreich bereitet sich derzeit darauf vor, wegen der Flüchtlingskrise wieder Grenzkontrollen am Brenner durchzuführen. Ob auch ein Zaun gebaut wird, um Flüchtlinge abzuhalten, ist noch offen. Die Südtiroler Grünen, die Tiroler Grünen und die Bayerischen Grünen kritisieren die Pläne in einem gemeinsamen Positionspapier. Sie fordern eine europäische Lösung durch genügend Erstaufnahmezentren in den EU-Grenzländern sowie ein faires innereuropäisches Verteilungssystem für AsylbewerberInnen
In dem Papier wird auch der wirtschaftliche und gesellschaftliche Wert offener Grenzen betont. Die Freizügigkeit von BürgerInnen, Waren, Dienstleistungen und Kapital sei als EU-Grundfreiheit zum Grundverständnis der Menschen geworden. Zudem sei bereits eine ganze Generation ohne Grenzen aufgewachsen. „Eine Rückkehr zu Grenzkontrollen, Grenzschließungen oder gar Grenzzäunen käme den jungen Erwachsenen, die nur ein offenes Europa kennengelernt haben, aber auch allen anderen Menschen in Europa einem gesellschaftlichen Rückschritt gleich“, heißt es in dem Papier.
 
05.05.2016
Brigitte Foppa und Hans Heiss, Co-Landesvorsitzende Verdi Grüne Vërc