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Zugausfälle auf der Brennerstrecke: RFI strapaziert Geduld der Pendler ohne Vorwarnung.
Heute am Morgen sind im Eisacktal die Frühzüge von und in Richtung Brenner ohne jede Vorwarnung ausgefallen: So wurden die Züge ab Brixen Richtung Meran (6.23 Uhr) und Richtung Brenner (6.35 Uhr) kurzerhand gestrichen, was den PendlerInnen ohne jede Erklärung über die Gründe mit blecherner Automatenstimme mitgeteilt wurde. Erst die Schalterbeamtin am Bhf. Brixen erklärte den bereits um 6.00 Uhr morgens zu Dutzenden angetretenen PendlerInnen, dass wegen der Gleisarbeiten auf der Brennerbahn die Strecke erst zu spät frei gegeben worden sei. Bei allem Verständnis für die notwendige Instandhaltung sind solche Aktionen in dieser Kurzfristigkeit nicht hinnehmbar und in die übliche Nicht-Kommunikation völlig inakzeptabel. Die Abteilung Mobilität des Landes wird ersucht, nicht nur eine entschiedene Rüge zu erteilen, sondern auch die entsprechenden Abzüge an den Dienstverträgen anzuwenden, um solche Zwischenfälle künftig zu vermeiden.
Hans Heiss, Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba, L.Abg.
Bozen, 25. 10. 2017

Resultat der Referenden in den Regionen Venetien und der Lombardei: Starkes demokratisches Votum, mit zwiespältigem Resultat.
Der Ausgang der Autonomie-Referenden in der Lombardei und in Venetien hat mit einer starken Wahlbeteiligung von nahe 39% in der Lombardei und knapp 60% in Venetien geendet. Dies sind für das Veneto beeindruckende, für die Lombardei beachtliche Ergebnisse, die in zwei Richtungen weisen. Zunächst ist festzuhalten, dass der Wunsch nach mehr Eigenständigkeit gegenüber Rom deutlich ausgeprägt und in jedem Fall ernst zu nehmen ist.

  • Nicht das Modell einer Sezession nach katalanischem Beispiel, sondern mehr Autonomie, Zuständigkeiten und finanzielle Mittel sind erklärtermaßen das mittelfristige Ziel der Referendums-Promotoren. Nach dem zentralistischen Verfassungsreferendum von Ende 2016 hat sich der Wind gedreht, ein neues Modell des Föderalismus steht wieder auf der Tagesordnung und findet breite Akzeptanz, was aus Südtiroler Sicht zu begrüßen ist. Dagegen sind Selbstbestimmung und Abspaltung auch in der Lega Nord kein Thema mehr, was die Euphorie ihrer Südtiroler Sezessions-Befürworter deutlich dämpfen sollte. Die Soft-Strategie in der Lombardei und im Veneto ist auch die Folge des Blicks auf Katalonien, wo der Separatismus nicht nur an der brutalen Sturheit und Härte Madrids, sondern auch an der eigenen Kompromisslosigkeit zu scheitern droht.
  • So begrüßenswert ein neuer Anlauf für einen reformorientierten und solidarischen Föderalismus auch ist, so sind Illusionen über die dahinter liegende strategische Grundhaltung der Lega Nord fehl am Platze. Das Referendum bedeutet auch den Versuch, die Solidarität mit anderen Regionen, zumal des Südens, schrittweise aufzukündigen und eine Politik des „Lombardo-Veneto first!“ auszurufen. In der bald anlaufenden Kampagne zu den Parlamentswahlen werden die vorerst maßvollen Töne von Maroni und Zaia bald auch von „Roma-Ladrona-“-und Anti-Migrations-Parolen übertönt werden.

Daher ist aus Südtiroler Seite der durch die Referenden vorgezeichnete und durch die Verfassung ermöglichte Weg zu mehr Autonomie begrüßenswert, aber zugleich ist Vorsicht vor der Kehrseite der Lega-Politik mehr als angebracht.
Bozen, 23. 10. 2017
Brigitte Foppa und Tobe Planer, Vorsitzende
Hans Heiss und Riccardo Dello Sbarba, L.Abg.

Am morgigen Donnerstag, 19.10.2017 wird im Ersten Gesetzgebungsausschuss des Regionalrats unser Gesetzentwurf Nr.34 behandelt, der das leidige Thema der Wahlwerbung der Vereine und Verbände aufgreift.
Zur Erinnerung: Der Gesetzentwurf war im Ausschuss unerwarteterweise [durch die Stimme der OppositionsvertreterInnen und Walter Kaswalders] zur Artikeldebatte zugelassen worden. Danach war die Behandlung ausgesetzt worden und ist somit morgen wieder auf der Tagesordnung.
Die Debatte findet zu einem sehr passenden Zeitpunkt statt, hat doch der Südtiroler Bauernbund „seine“ Kandidaten-Suche für 2018 mit einer Art Vorwahlen institutionalisiert. Der Bauernbund weiß bestens, dass laut Regionalgesetz vom 13. August 1998, Nr.7 „allen Verbänden, Vereinigungen und Gewerkschaften, die gemeinnützigen Charakter haben, Begünstigungen der Volontariatsbestimmungen in Anspruch nehmen oder in irgendeiner Form Mittel aus den öffentlichen Haushalten erhalten, ab dem 60. Tag vor dem Wahltag jegliche Werbetätigkeit für Kandidaten und Parteien“ untersagt ist.
Das Gesetz spricht klare Worte. Da es bedauerlicherweise keine Sanktionen vorsieht, wird es in Südtirol seit vielen Jahren unbekümmert verletzt. Die Oppositionsparteien haben zu Recht immer wieder auf die demokratische Verzerrung verwiesen, die durch diesen verbreiteten Gesetzesbruch entsteht. Auch die Tatsache, dass sich etwa der Bauernbund neuerdings den Nicht-SVP-Kandidaten öffnet, ändert nichts am Grundproblem. Der Freiheitliche Parteiobmann hat dies leider nicht erkannt. Durch seine angekündigte Kandidatur bietet er eine pseudopluralistische Legitimation für diesen Abusus, ein blaues Feigenblatt für etwas, das auch seine Partei immer angeprangert hatte.
Gerade ein Jahr vor der Wahl ist es wichtig, Klarheit und Ordnung in diese Materie zu bringen. Das kann morgen im Gesetzgebungsausschuss erfolgen. Es wäre ein wichtiger Schritt für mehr Transparenz und Chancengerechtigkeit bei den Wahlen in unserem Land.
Die Details des Gesetzentwurfs:

  • Das Verbot der Wahlwerbung für Vereine, Verbände und Gewerkschaften wird von den Regionalratswahlen auf die Gemeinderatswahlen ausgedehnt
  • Als Sanktion für Übertretungen wird eine Strafzahlung im Ausmaß von 50% des im Vorjahr erhaltenen Beitrages vorgesehen
  • (Alternative zum Vorschlag der Sanktionen): Alle Vereine, Verbände und Gewerkschaften werden verpflichtet, etwaige Werbetätigkeiten für Parteien bzw. KandidatInnen zu melden.
  • Jede Werbetätigkeit der Vereine, Verbände und Gewerkschaften für Parteien oder KandidatInnen wird auf der Homepage des Regionalrates veröffentlicht.

 
18.10.2017
Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba
 

Die Grünen setzen sich bereits seit vielen Jahren gegen den Impfzwang, also für das Selbstbestimmungsrecht der Familien ein. Teilweise persönlich durch die eigenen Kinder von der restriktiven Gesetzteslage betroffen, ist es uns ein Anliegen, dass in der Impffrage nicht auf Zwang, sondern auf Sensibilisierung gesetzt wird.

 
Grundlegen für unsere Haltung sind folgende Zweifen und Überlegungen.
 

  1. Kann der Staat wirklich besser als gut informierte Eltern darüber entscheiden, ob ein Kind geimpft werden soll oder nicht?
  2. Geht der Staat nicht zu weit, wenn er bestimmt, welche Krankheiten den Kindern zuzumuten sind und welche nicht?
  3. Führt die Impfverpflichtung tatsächlich zu einer höheren Impfrate?
  4. Besteht nicht die Gefahr, dass als Folge des gesetzlichen Zwangs mehr Eltern auf die Seite fundamentalistischer Impfgegner getrieben werden?
  5. Wäre Sensibilisierung also nicht die bessere Lösung als erzwungene Impfpflicht?
  6. Muss Italien wirklich eines jener wenigen EU-Länder sein, das auf Zwang statt Aufklärung setzt und gleich 10 Impfungen vorschreiben will?
  7. Kann man noch von einer angemessen Aktion reden, wenn nicht geimpften Kindern plötzlich der Kindergartenbesuch verwehrt wird?
  8. Steht es nicht im Widerspruch zum Aufgabenprofil der ErzieherInnen in Kindergarten und KiTa, wenn sie Sanitätsmaßnahmen vollstrecken müssen?
  9. Krankheit von Kindern kann Abwesenheit der Eltern vom Arbeitsplatz bedeuten. Könnte es sein, dass man mit Impfpflicht womöglich dem unerwünschten „Fehlen wegen Krankheitsfall des Kindes“ entgegentreten will?
  10. Ist es denn sinnvoll, wenn Kinder nicht mehr lernen mit Schwäche, Beeinträchtigung und Krankheit umzugehen?Eine Gesellschaft, die dies auf Dauer verlernt, schafft sich neue Abhängigkeiten und eine neue Verdrängungsmentalität gegenüber Krankheit und Tod.

 
Dennoch wollen wir gewisse Fakten nicht aus den Augen verlieren:

  • Impfen kann vor bestimmten Krankheiten schützen
  • Grundlage sind jedoch Selbstbestimmungsrecht und die Entscheidungsfähigkeit des/des Einzelnen
  • Die 10 Impfungen differenzieren nicht zwischen gefährlichen und weniger gefährlichen Krankheiten
  • Nicht geimpfte Kinder sind keine Gefahr für geimpfte.
  • In Deutschland, der Schweiz, Dänemark, Finnland, Estland, Griechenland, Irland, Litauen und Österreich gibt es derzeit keine gesetzlich verankerte Impfpflicht, nur Impfempfehlungen
  • Italien weist trotz Impfpflicht bei diversen Krankheiten durchgehend niedrigere Impfraten auf als Deutschland.
  • Sensibilisieren wirkt besser als Zwang

 
Was passiert dazu im Landtag?

Die Verschiebungen bei der Nationalratswahl in Österreich haben den erwarteten Umbruch noch übertroffen: Die Liste Kurz (vormals ÖVP) ist mit einem Ego-Wahlkampf durchmarschiert, die FPÖ sich zu alter Haider-Größe aufgeschwungen, die SPÖ hat sich dank starken Finales und Kern-Kompetenz besser behauptet als erwartet. Mit der Liste Pilz rückt eine neue, linkspopulistische Bewegung in den Nationalrat ein und bei den Grünen ist der absehbare Rückgang in ein Debakel gemündet – ihnen droht der Auszug aus dem Nationalrat. Die Neos hingegen sind als neue Kraft gestärkt worden. Nun steht in Österreich aller Voraussicht nach eine schwarz – pardon – türkis-blaue Regierung bevor, deren Auftreten nicht nur die Republik verändern könnte, sondern auch die europäische Politik beeindrucken wird. Absehbar ist eine Regierung Kurz, in der die Position des Kanzlers gestärkt wird, auch im Versuch, sich parlamentarische rund demokratischer Kontrolle zu entziehen und durchzuregieren – in einer Mischung von Macron und Orban light. Sozialabbau, Härte gegen MigrantInnen und Asylbewerbende werden zunehmen, getarnt als Entbürokratisierung und soziale Treffsicherheit. Wettbewerb und Deregulierung werden gestärkt, verbunden mit Steuersenkungen. In dieser Situation wäre die Stimme der Grünen umso wichtiger. Ihre Position von Klimaschutz, Humanität und sozialer Gerechtigkeit neben der SPÖ bitter notwendig. Ihre bedauernswerte Niederlage hat mehrere Gründe, die nur z. T. hausgemacht sind: Die Grünen haben sich in der Kampagne für Van Der Bellen verausgabt, dabei interne Konflikte nicht zeitgerecht bereinigt. Der gekränkte Abgang von Peter Pilz hat die Grünen geschwächt und demotiviert. Der engagierte, von Fairness und Würde getragene Wahlkampf von Ulrike Lunacek ist im Dreikampf Kurz-Kern-Strache leider an den Rand gedrängt worden. Auch aus Sicht der Notwendigkeit einer „weiblicheren“ Art von Politik ist diese Nationalratswahl eine Katastrophe, ablesbar auch am Grünen Ergebnis. Aber das Comeback der Grünen ist sicher: Die Leihstimmen an die SPÖ werden zurückkehren, ihre notwendige Neuaufstellung wird durch starke Präsenz im Ländern und Gemeinden erleichtert. Für Südtirol ist absehbar, dass die SVP im Windschatten den Trends der „Schutzmacht“ in Teilen folgen wird: Ein Zug nach Mitte-Rechts ist bereits jetzt unverkennbar, wirtschaftsliberale Positionen gewinnen seit geraumer Zeit an Zugkraft, der Kurs gegen Flüchtlinge und AsylbewerberInnen bedarf keines Kommentars. Zusammen mit Freiheitlichen, STF und Bürgerunion ist die SVP Teil einer Südtiroler Parteienlandschaft, die immer mehr im Zeichen von Mitte-Rechts steht; wie auch auf italienischer Seite feststellbar. Unverständlich daher, dass SVP-Arbeitnehmerchef Renzler den Sieg von Kurz begrüßt, der einer der Treiber des Rechtsrucks ist; Obmann Philipp Achammers Nähe zu Kurz ist ohnehin bekannt. Für soziale und ökologische Politik in Südtirol eröffnet sich unter diesen Umständen neue und gestärkte Verantwortung: Für unsere grünen, humanitären und sozialdemokratischen Positionen gibt es mehr denn je Notwendigkeit und Manövrierraum. Und wir können beruhigen: Ein Spalt-Pilz ist bei uns Grünen kein Thema, vielmehr schafft das Grüne Ergebnis in Österreich neue Motivation und Verantwortung.

Hans Heiss, Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Tobias Planer

Bozen, 16. 10. 2017

Der Tod des kurdischen Flüchtlingsjungen Adan am 8. Oktober in Bozen hat in Südtirol große Betroffenheit ausgelöst. Dies sollte die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung dazu anhalten, sich selbst kritisch zu hinterfragen. Die zuständige Landesrätin Martha Stocker aber, weist mit Argumenten, die den Tatsachen widersprechen, alle Verantwortung von sich.

  1. Im Interview mit der Tageszeitung ist nachzulesen, dass LR.in Stocker erst am 6. Oktober von dem Fall erfahren habe, und dass „von keiner Seite ein Antrag kam, die Familie in einer offiziellen Struktur unterzubringen“. Fakt ist jedoch, dass es praktisch jeden Tag Anfragen gab, die Familie unterzubringen. Neben Freiwilligen und Vereinen hat selbst der Sanitätsbetrieb bereits am 4. Oktober, als der Bub aus dem Krankenhaus entlassen wurde, an öffentlicher Stelle eine Unterkunft für ihn und seine Familie gefordert.Hier nochmals die Faktenlage: Am 4. Oktober um 10:09 morgens hat die Koordinatorin des STP- Ambulatoriums und Beauftragte des Sanitätsbetriebs für Flüchtlinge per E-Mail den Betrieb für Sozialdienste Bozen und das Landesamt für Sozialsprengel darüber informiert, dass Adan entlassen werde und er mit seiner Familie noch keine Übernachtungsmöglichkeit gefunden hätten. Die Koordinatorin bat Land und Sozialdienste schriftlich, eine Unterkunft für die Familie bereitzustellen. Der E-mail-Anhang enthielt die Entlassungsbescheinigung aus dem Krankenhaus, in der Dr. Federico Mercolini feststellt: “è affetto da distrofia muscolare di Duchenne, complicata da candiopatia dilatativa. Soffre inoltre di difetto di glucosio-6-fosfato-deidrogenasi. La patologia di Abdullah è molto complessa, invalidante e necessita di stretto monitoraggio e cure continue”. Seit dem 4. Oktober also waren die zuständigen Landesämter über Gesundheitszustand des Jugendlichen informiert und die Sozialdienste der Landesabteilung wurden um eine Unterkunft gebeten.                                                                  
  2. In der Pressekonferenz am 10. Oktober bzgl. der Entlassung aus dem Krankenhaus betonte LR.in Stocker mehrmals, es habe sich um eine „geschützte Entlassung“ gehandelt. Wenn sich Landesrätin Stocker hierbei auf das offizielle Vorgehen der „geschützten Entlassung“ bezieht, scheint dies jedoch nicht auf. Eine geschützte Entlassung sieht besondere Umstände für die Zeit nach der Entlassung aus dem Krankenhaus vor. Darunter eine enge Betreuung durch Hausarzt und Krankenpflegedienste. Vor allem wird davon ausgegangen, dass der Patient ein Zuhause habe wo er ordentlich versorgt wird. Genau weil es an all dem fehlte, hat die Koordinatorin die Landesämter kontaktiert, mit der dringenden Bitte, eine Unterkunft bereitzustellen. Adans Familie hatte keinen angemeldeten Wohnsitz, keinen Hausarzt und auch keine geeignete Unterkunft, wo der Bub ordentlich versorgt hätte werden können, so wie es eine geschützte Entlassung eigentlich vorsieht.                                                                                                                                    
  3. Die Landesrätin behauptet, dass die Familie stets eine Unterkunft gehabt hätte. Dabei unterschlägt sie jedoch, dass die verschiedenen Unterbringungen nicht die zuständigen Institutionen bereitstellten, sondern von Freiwilligen durch eine Spendensammlung organisiert wurden. Südtirols FlüchtlingshelferInnen müssen deshalb aktiv werden, weil viele Institutionen entweder ihrem Auftrag nicht nachkommen oder zu langsam und bürokratisch arbeiten. Darüber hinaus erwähnt die Landesrätin nicht, dass diese Unterkünfte nur provisorisch waren: eine Nacht hat die Familie auf dem Boden eines Jugendzentrums verbracht. Eine angemessene Unterbringung für ein schwer krankes Kind hätten nur die öffentlichen Institutionen gewährleisten können – und müssen. Deshalb ist es inakzeptabel, dass LR.in Stocker kontinuierlich wiederholt, dass die öffentliche Hand aus dem Grund untätig geblieben sei, weil sich Privatpersonen auf freiwilliger Basis um die Familie gekümmert haben. Freiwillige haben gehandelt, weil und nachdem die öffentliche Hand eben nicht reagiert hat. Wer behauptet, sei es JournalistInnen, oder PolitikerInnen wie Ulli Mair, dass die Freiwilligen „die Öffentlichkeit früher benachrichtigen“ mussten, äußert sich, ohne die Fakten zu kennen.
  4. „Ich habe immer mein Gesicht hingehalten“, sagt Stocker im Interview vom 12.10. Selbst das stimmt nicht. Die Landesrätin hat in dieser Woche nicht ein einziges Mal die direkte Auseinandersetzung mit einem kritischen Gegenüber akzeptiert, u. a. hat sie das Pro & Contra auf RAI –Südtirol abgelehnt, um dann allein im Mittagsmagazin aufzutreten. Sie reagiert auf Kritik mit Gegenvorwürfen und Defensivhaltung. Gerade in der gegenwärtigen Situation kann dies nicht akzeptiert werden.
  5. Abschließend sei noch angemerkt: Die Landesrätin wiederholt in diesen Tagen immer wieder, dass das Landesrundschreiben von 2016, welches die Aufnahme von geflüchteten Menschen stark einschränkt (und dessen Rücknahme selbst vom Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gefordert wurde), der Aufnahme dieser Familie nicht im Wege gestanden hätte. Wenn nun das restriktive Rundschreiben tatsächliche die Aufnahme dieser Familie erlaubt hat, ist dies umso schwerwiegender, da die Familie eben gerade nicht aufgenommen worden ist.

Wie das Schicksal des kleinen Adams ausgegangen wäre, hätte er rechtzeitig eine angemessene Unterbringung bekommen, kann niemand wissen. Eines ist aber sicher, mit dem problematischen Rundschreiben wird eine Haltung vorgegeben, die die gesamte Aufnahmepolitik des Landes kennzeichnet, nämlich die heimliche Parole „So wenig wie möglich“. Ganz so, als ob die knappe Bettenanzahl in einer Bozner Flüchtlingsunterkunft jene Menschen, die wegen Armut, Krieg und Hunger in Afrika oder Asien aufbrechen, davon abhalten könnte, in unser Land zu kommen.
Nicht nur Landesrätin Stocker ist für diese fehlgeleitete und unbedachte Flüchtlingspolitik verantwortlich, sondern die gesamte Landesregierung.
 
Bozen, am 12. Oktober 2017
 
Die Grüne Fraktion im Landtag
 
 

Herumschieben, Abschieben, Abwälzen: Vom Umgang mit den Umständen, die den jungen Adan das Leben gekostet haben. So kann es nicht weitergehen, Landesrätin Stocker, machen wir die Flüchtlingsagenda zur Chefsache.
In der heutigen Pressekonferenz der Landesregierung hat Landesrätin Stocker Stellung zum Tod des 13-jährigen Adan Stellung genommen. Sie weist in ihren Aussagen die Verantwortung der Landesverwaltung von sich und stellt klar, dass die Familie trotz des berüchtigten „Rundschreibens Critelli“ hätte vorübergehenderweise aufgenommen werden können.
Der Tod des Kindes wird dadurch noch mehr zu einem tragischen Absurdum und zum Symbol des Versagens der Flüchtlingspolitik des Landes Südtirol.
Wenn im Lande der humanitäre Ansatz ohne Wenn und Aber als Ausgangspunkt aller Interventionen stünde, dann wäre es niemals zur Verkettung der Umstände gekommen, die dem jungen Adan das Leben gekostet hätten.
Es ist nicht akzeptabel, dass die Landesrätin in ihrer Analyse die Verantwortung

  • nach unten abschiebt („das SIS ist in dieser ersten Einschätzung autonom“),
  • den Freiwilligen quasi die Schuld zuweist („Aufgrund der Mitteilung, dass eine Unterbringung für die gesamte Familie vorhanden ist, wurde keine weitere Suche nach einer Unterbringung eingeleitet. Wäre eine entsprechende Notwendigkeit gemeldet worden, wäre eine Aufnahme aufgrund der zusätzlichen Informationen zur Situation vom SIS sicherlich neu bewertet worden“)
  • oder gar die Familie selbst in die Pflicht nimmt (“Wenn sich dann jemand selbstständig aufgemacht hat vom Hotel Adria nach anderswohin, dann ist das eine freie Entscheidung“).

Wir erinnern daran, dass – in Ermangelung einer Unterbringung seitens der zuständigen Institutionen! – die Freiwilligen Geld gesammelt haben, um der Familie eine wenn auch notdürftige Unterkunft zu bieten und dass sie es waren, die sich die ganze Woche über um die Familie in höchster Not gekümmert haben. Ihnen auch indirekt die Verantwortung zuweisen, und zwar von Seiten der mächtigen Landesverwaltung, die mit ihren politischen und bürokratischen Vorgaben die Haltung der Aufnahme (bzw. der Abweisung) maßgeblich beeinflusst, ist absolut inakzeptabel und kleingeistig.
Es ist offensichtlich, dass die Landesrätin mit der Betreuung der Flüchtlingsagenden überfordert und/oder eindeutig schlecht beraten ist. Mit Defensivhaltung und bürokratischem Zynismus kann dieses komplexe gesellschaftliche Phänomen nicht angegangen werden. Landesrätin Stocker sollte besser nach Oben delegieren, als nach Unten abwälzen (wie wir es derzeit erleben) – und die Flüchtlingsagenda direkt an Landeshauptmann abgeben. Die Zeit ist eindeutig reif dafür.
Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa, Hans Heiss

In Anbetracht des tragischen Todes des kurdisch-irakischen Flüchtlingsjungen in Bozen, hat die Grüne Landtagsfraktion unten stehende dringende Anfrage an die Landesregierung gestellt. Diese soll den Tatsachenhergang sowie die Verantwortlichkeiten klären. Vor allem gilt es herauszufinden, warum eine Familie mit einem behinderten Kind von den zuständigen Einrichtungen nicht aufgenommen worden ist. Steht dies im Zusammenhang mit den restriktiven Rundschreiben aus dem Jahr 2016, welche die Aufnahme von Menschen verbieten, die humanitären Schutz beantragen? Wird die Landesregierung diese Tragödie nun zum Anlass nehmen, um ihre Flüchtlingspolitik zu überdenken?

INTERROGAZIONE D’ATTUALITÁ
L’ennesimo dramma dell’accoglienza negata
Nella notte tra sabato 7 e domenica 8 ottobre un minore disabile curdo-irakeno è morto dopo aver riportato delle fratture dovute alla caduta a causa di una barriera architettonica e dopo aver passato insieme alla famiglia (genitori con altri 3 fratellini più piccoli) diverse notti all’addiaccio o in sistemazioni precarie, senza avere mai avuto possibilità di accesso alle strutture di accoglienza.
 
Si chiede alla Giunta:

  1. Quando, in che forma e in quali termini la Provincia è venuta a conoscenza del caso di questa famiglia e del minore disabile?
  2. Qual è la ricostruzione dei fatti da parte della Provincia?
  3. Quali e di chi sono le responsabilità politiche e amministrative delle decisioni prese per questo caso specifico, in particolare della non accoglienza in strutture pubbliche?
  4. Perché il minore disabile, i suoi genitori e i fratellini non sono stati accolti, pur risultando tra i soggetti vulnerabili con diritto alla piena accoglienza? La negazione all’accoglienza è stata determinata dalle circolari della Ripartizione politiche sociali della Provincia del 29 settembre e 3 ottobre 2016 sui soggetti vulnerabili?
  5. Se sì, la Provincia ha intenzione di ritirarle?
  6. Non ritiene la Giunta che come indirizzo politico sia da adottare il principio che il soccorso umanitario debba avere la precedenza rispetto a tutti gli aspetti e cavilli burocratici?
  7. Che misure verranno prese ora per la famiglia del minore morto? E per tutti i soggetti vulnerabili ancora esclusi dalle strutture di accoglienza e costretti a dormire al freddo?

 
Bolzano, 9 ottobre 2017
Cons. prov.
 
Riccardo Dello Sbarba
Brigitte Foppa
Hans Heiss

LKW-Stau auf der Brennerautobahn: Protest der Frächter ist begreiflich, aber Belastung der AnwohnerInnen ungleich größer.
Die Südtiroler Frächter und die Handelskammer protestieren unisono gegen den 100-Kilometer-Stau auf der Brennerautobahn, der infolge des Tages der Deutschen Einheit den LKW-Verkehr lahm gelegt hat. Auch die Leitung der A-22 hat die Blockabfertigung auf österreichischer Seite kritisiert, auf Südtiroler Seite sogar mit der Schlussfolgerung, dass es an der Zeit sei, das in Tirol geltende Nachtfahrverbot, das Sonn- und Feiertagsverbot und das sektorale Fahrverbot zu kippen.
Erstaunlich: Noch vor einer Woche, am 29. 9. 2017, hat die Leitung der Brennerautobahn triumphierend kundgetan, dass 2017 Länge und Dauer der Staus über 2 km im Vergleich zu 2016 um 44% abgenommen hätten. Insgesamt also habe der Verkehr zwar spürbar zugenommen, verlaufe aber ungleich flüssiger. Die Lage scheint also besser als die Protestwelle vermuten lässt.
 
Mit Nachdruck verweisen wir auf das eigentliche Problem längs der Brennerautobahn, das im empörten Frächter- und HK-Protest völlig untergeht: Auf die dauernden Schadstoff-Überschreitungen, vor allem von Stickstoffdioxid. Während der zulässige Jahresmittelwert bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter liegt, betrug er in Neumarkt 2016 im Jahresmittel 43 und in Schrambach gar 62 Mikrogramm (seit Anfang 2017 gibt es dort bekanntlich keine Messungen mehr). Der Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm/Kubikmeter ist seit 2015 für alle EU-Länder verbindlich, bisher freilich ohne jede Folge. Von Rechts wegen wäre die Einleitung eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens* gegen Italien überfällig. Denn es ist unerträglich, dass die AnwohnerInnen längs der Brennerachse immer noch einen Großteil der externen Kosten des überbordenden Verkehrs tragen, viel zu geduldig, wie wir meinen. Auch der vor Jahren hörbare Protest von ÄrztInnen und UmweltmedizinerInnen gegen Luft- und Lärmverschmutzung ist längst verhallt.
Es bleibt ein Ärgernis, dass die Brennerachse neben dem starken Quell- und Zielverkehr im eigenen Großraum die stärkstbefahrene Transitachse des Alpenraums ist. Höchste Zeit, die von der Tiroler Landesregierung angekündigte LKW-Obergrenze anzudenken und Instrumente wie die rhetorisch allseits hochgelobte Alpentransitbörse als Verteilungsmechanismus endlich ins Werk zu setzen. Inzwischen ist auch südlich des Brenners die Rola nach Tiroler Vorbild deutlich zu stärken. Ein zügiger Verkehrsgipfel der Euregio, zumal der LH Platter, Rossi und Kompatscher und der Mobilität-Landesrätinnen wäre dringlich.
Insgesamt aber muss, bei allem Respekt vor den Klagen der Frächter, das eigentliche Problem ins Zentrum rücken – die Gesundheit der Menschen an den Transitachsen.
Bozen, 6. 10. 2017
Hans Heiss; Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba, Landtagsabgeordnete
*Anmerkung: Der Dachverband für Natur und Umweltschutz hat nun Rekurs beim Verwaltungsgericht Latium gegen das Komitee, das vom Umweltministerium eingesetzt wurde, eingereicht, da dieses bisher untätig blieb. Für mehr Informationen, klicken Sie hier.