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Heute wurde im Südtiroler Landtag Demokratiegeschichte geschrieben: Nach jahrelangem Tauziehen, vielen Treffen mit BürgerInnen und Interessensvertretungen und langwieriger Kleinarbeit ist es heute gelungen, ein gemeinsam gestaltetes Gesetz zu beschließen.

Im Sinne einer Politik der kleinen Schritte, die ein großes Ziel vor Augen hat, ist der verabschiedete Gesetzentwurf „Direkte Demokratie, Partizipation und politische Bildung“ der Abgeordneten Magdalena Amhof, Brigitte Foppa und Josef Noggler ein großer Erfolg.

Das Gesetz stellt inhaltlich eine eindeutige Verbesserung der jetzigen Situation dar, die partizipative Gesetzeserstellung verleiht ihm zusätzlich ein breites Fundament.

Folgende Neuerungen, welche die demokratische Praxis in Südtirol grundlegend reformieren, befinden sich im Gesetz:

Die Möglichkeiten der Mitbestimmung:

  • Die aufhebende, einführende, beratende und bestätigende Volksabstimmung.

Erleichterung der Direkten Demokratie:

  • Die Unterschriftensammlung wird erleichtert, das Quorum gesenkt (von 40% auf 25%) und die Vergütung (1 Euro statt 50 Cent pro Unterschrift) erhöht.
  • Für die BürgerInnen wird die Fragestellung in eine verständliche Kurzformulierung „übersetzt“.

Neue Formen der BürgerInnenbeteiligung:

  • Für den Bürgerrat werden aus der Bevölkerung mindestens 12 Personen eingeladen, über einen bestimmten Sachverhalt eine Empfehlung auszusprechen.

Mehr Informationen für die BürgerInnen und mehr Support für InitiatorInnen:

  • Am Landtag wird das Büro für politische Bildung und Bürgerbeteiligung eingerichtet, das über laufende Volksabstimmungen informiert, die Informationsbroschüre für die Haushalte redigiert und die politische Bildung im Lande koordiniert.

Nach vier Jahren Arbeitszeit hat das Amhof/Foppa/Noggler-Gesetz einen deutlichen Fortschritt für die Direkte Demokratie und die politische Kultur in Südtirol erzielt sowie die Grenze zwischen Politik und BürgerInnen überwunden.

 

Bozen, 25. Juli 2018

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hans Heiss

Es ist dies der wiederholte Versuch, die Beteiligungsprozesse im Lande zu reformieren. Nach einem jahrelangen Ping-Pong-Spiel zwischen Bürgerinitiativen (deren Gesetzvorschläge von der politischen Mehrheit im Landtag abgelehnt wurden) und Gesetzentwürfen der politischen Mehrheit (die von der Bevölkerung abgelehnt wurden), beschloss der 1. Gesetzgebungsausschuss, einen völlig neuen Weg zu beschreiten.

Die alte Dialektik wurde aufgelöst. Und jene aus Opposition und Mehrheit gleich mit.

Magdalena Amhof und Brigitte Foppa bildeten eine Arbeitsgruppe. Diese sammelte und systematisierte zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern und, in einer zweiten Runde, mit verschiedenen Interessensvertretungen die Wünsche und Anforderungen an die Bürgerbeteiligung.

Das Gesetz

Daraus schrieben die beiden Abgeordneten (zuletzt wurde ihnen noch Sepp Noggler zur Seite gestellt) einen Gesetzentwurf.

Dieser reformiert die demokratische Praxis in Südtirol grundlegend durch folgende Neuerungen:

Es würde mehr Möglichkeiten der Mitbestimmung geben

Als Instrumente der direkten Demokratie sind vorgesehen:

  • Die aufhebende Volksabstimmung
  • Die einführende Volksabstimmung
  • Die beratende Volksabstimmung
  • Die bestätigende Volksabstimmung (=„Referendum“: Abstimmung über ein Gesetz, bevor es in Kraft tritt).
    Einschränkung: gilt nur für Gesetze, die nicht mit Zweidrittelmehrheit vom Landtag beschlossen werden und falls 300 Promotoren oder 13 Landtagsabgeordnete dies beantragen)
  • Die beratende Volksabstimmung über Beschlüsse der Landesregierung
    Einschränkung: Gilt insbesondere für Beschlüsse ab einer bestimmten finanziellen Größenordnung: 2,5 Mio. € laufende Kosten, 25 Mio. €

Direkte Demokratie würde leichter gemacht

Die Zugangshürden werden verringert, die Unterschriftensammlung wird erleichtert, das Quorum gesenkt, die Vergütung erhöht:

  • Die Unterschriften für alle Abstimmungen werden (von derzeit max. 13.000) auf 8.000 gesenkt.
  • Die Unterschriftensammlung bleibt staatlich geregelt, es wird aber in allen Ämtern und Dienststellen der Gemeinden automatisch möglich sein, die Unterschrift abzugeben.
  • Das Quorum wird von derzeit 40 auf 25% gesenkt.
  • Die Rückvergütung für die Unterschriftensammlung wird von derzeit 50 Cent auf 1 Euro verdoppelt.
  • Erleichterung auch für die BürgerInnen: Die Fragestellung wird in eine verständliche Kurzformulierung „übersetzt“.

Es wird neue Formen der Bürgerbeteiligung geben

Für den Bürgerrat werden aus der Bevölkerung mindestens 12 Personen ausgelost, um über einen bestimmten Sachverhalt eine Empfehlung auszusprechen

Es wird mehr Information für die BürgerInnen und mehr Support für die Initiatoren geben 

Am Landtag wird das Büro für politische Bildung und Bürgerbeteiligung eingerichtet.

  • Es sorgt für umfassende und ausgewogene Information über laufende Volksabstimmungen, organisiert Infoveranstaltungen, redigiert die Informationsbroschüre, die an die Haushalte verschickt wird.
  • Es betreut die Promotoren und unterstützt durch rechtliche Beratung bereits im Vorfeld.
  • Es koordiniert die politische Bildung im Lande.

Während der andere Beteiligungsprozess dieser Legislatur, der Autonomiekonvent, kläglich gescheitert ist (obwohl weit teurer und mit großem Aufwand eingeleitet), hat dieser wesentlich bescheidenere Prozess ein respektables Ergebnis gebracht. Daran zeigt sich, dass Beteiligungsformen durchaus zielführend und gewinnbringend funktionieren – wenn man daran glaubt und eine vernünftige Strategie ins Werk setzt. Nun liegt der Gesetzentwurf im Landtag.

Er ist in vielfacher Weise ein Prüfstein für die politische Mehrheit, die SVP-Fraktion (aber auch für den PD, sofern er noch existiert!) und den Landeshauptmann.

Eine neue Art der Politik – so lauteten damals die Ankündigungen

 

Denn es war die große Ankündigung von Arno Kompatscher, eine neue Art der Politik zu machen. Mit genau diesen Worten war auch das entsprechende Kapitel im SVP-Wahlprogramm überschrieben, wo es wörtlich hieß:

„Unsere Antwort darauf ist, die Bürgerinnen und Bürger noch stärker mitzunehmen und zu informieren. Politisches Gestalten darf nicht auf einige wenige beschränkt sein. Politik geht uns alle an! (…) Wir begrüßen die Instrumente der Bürgerbeteiligung und der direkten Demokratie als Ergänzung der parlamentarischen Willensbildung“.

Das Wahlmotto hatte gelautet „Gutes bewahren. Neues wagen.“.

So hatte der Landeshauptmann auch in seiner Regierungserklärung den Schlusspart gerade dem Thema der demokratischen Abläufe gewidmet. Er sprach auch von einer Erneuerung der Art, Gesetze zu schreiben. Er wollte den Landtag aufwerten und alle Fraktionen stärker einbeziehen.
Ganz abgesehen vom Gesetz zur direkten Demokratie entlockt uns dies nur ein nachsichtiges Lächeln. Noch nie gab es eine so verworrene, überstürzte, unorganisierte Praxis der Gesetzgebung wie in dieser Legislaturperiode. Bis zuletzt war nie klar, ob die Überrumpelungsaktionen einem schlechten Management geschuldet waren oder Teil des Systems. Beides wirft kein gutes Licht auf die Führungsqualitäten der Landesregierung.

Arno Kompatscher erwähnte in seiner Regierungserklärung auch Ad-Hoc-Arbeitsgruppen, die er im Landtag einrichten wollte, bestehend aus Mitgliedern der Mehrheit und der Opposition, die ihm ein „persönliches Anliegen“ seien.

Magdalena Amhof und Brigitte Foppa haben ihn gewissermaßen beim Wort genommen. Die AG zur direkten Demokratie war die einzige, die im Landtag gegründet worden ist und natürlich auch die einzige, die ein Resultat erarbeitet hat. Die Reaktionen des Landeshauptmanns auf dieses Ergebnis waren allerdings sehr kühl. In den Medien ließ er wissen, dass er vom Entwurf wenig halte. Bis heute gibt es kein Signal der Unterstützung durch den Landeshauptmann. Er zeigt damit auf, wie weit er sich sowohl inhaltlich („neue Art der Politik“) als auch methodisch („Arbeitsgruppen im Landtag“) vom Arno Kompatscher des Jahres 2013 entfernt hat. Sofern ihm damals ernst war – was wir glauben wollen.

Daher wird sich in der nächsten Woche Vieles zeigen:

  • Wie glaubwürdig die Regierungspartei SVP ist.
  • Wie sie zu ihren Versprechen steht.
  • Wie es mit ihrem internen Management aussieht.
  • Wie sie mit ihren eigenen FraktionskollegInnen umgeht.

Wie wichtig die Bürgerinnen und Bürger auch in der Zeit zwischen den Wahlen sind und wie ernst man Beteiligungsprozesse nimmt.

Und schließlich werden wir noch etwas ganz Besonderes ablesen können, nämlich ob Macht nicht nur Meinungen verändert, sondern auch den Menschen selbst.

Dies ist eigentlich das überzeugendste Argument für direkte Demokratie und Beteiligung.

Im Irrgarten der Demokratie: Die Zwischenlösung für den Hofburggarten macht historische Anlage zum Eventparadies und blockiert Dauerlösung.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAGestern haben die Stadtregierung und die Tourismusgenossenschaft von Brixen mit dem Präsidenten der Hofburg das Geheimnis gelüftet: Der Hofburggarten wird ab Ende Juli 2016 für gut zwei Monate geöffnet und als Maisfeld nach Vorschlag des Eventdesigners Steiner Sarnen Schweiz neu gestaltet.
Durch den bis dahin aufgeschossenen, meterhohen grünen Dschungel führt dann ein Labyrinth, dessen Irrgänge man erfolgreich passieren muss, bis ein Elefant erreicht wird, der als Aussichtsplattform das Gelände krönt. Ein 200.000 € teurer Erlebnispfad für Brixner und Gäste, zu dessen Gestaltung Gemeinde und Tourismusgenossenschaft je 50.000 € beisteuern und der durch Eintritte mit finanziert wird. Alles im Zeichen des Elefanten Soliman, der auf dem besten Weg scheint, das Lamm als Wappentier von Stadt und Diözese abzulösen.
Als Brixner Bürger sollte man auf den ersten Blick zwar beglückt sein, wenn in das Grüne Herz der Stadt neues Leben einkehrt, bei näherer Betrachtung aber hält sich die Freude in Grenzen und weicht entschiedener Kritik, dies aus drei Gründen:

  1. Wo bleibt die sanfte Lösung? Erst 2015 hat der Stadtrat beschlossen, nach achtjähriger, teuer bezahlter Nutzung des Hofburggartens, das Projekt eines „Pomariums“, einer Streuobstanlage, zu planen und in Angriff zu nehmen. Eine sanfte Lösung, zwar wenig spektakulär, aber dennoch attraktiv, die die historische Nutzung als Obstanger zeitgemäß fortsetzt. Eine Lösung, die Besucher anzieht und dem langfristigen Charakter der Anlage entspricht. Dieses Projekt, mit dem Stadtrat um BM Pürgstaller auf partizipativem Weg erarbeitet, wird nun kurzfristig über Bord geworfen. An seine Stelle tritt ein eventlastiger Irrgarten, der dem auf Ruhe und Beschaulichkeit ausgerichteten Charakter der bischöflichen Residenz Hohn spricht. Dompropst und Alt-Landeskonservator Karl Wolfsgruber (1917-2009), als Direktor des Diözesanmuseums und Bauherr der „zweite Gründer“ der Hofburg, der ihre Würde stets zu wahren wusste, hätte eine solche Lösung mit Sicherheit abgelehnt; das Urteil von Denkmalpflegerin Waltraud Kofler Engl geht in dieselbe Richtung.
  2. Wo die Bürgerbeteiligung? Ein Entscheidungsprozess, der über ein Kernstück von Brixen einschneidend verfügt, muss auf demokratischem Weg getroffen werden. Über eine mehrere Hektar große Fläche, deren Miete seit 2008 nicht mehr weit von einer Viertelmillion Euro entfernt ist und die das Stadtbild Brixens grundlegend prägt, darf nicht nur ein kleiner Kern von Entscheidungsträgern von Gemeinde und Tourismusverein verfügen. Brixens Bürgerinnen und Bürger sind, wie jene Südtirols, mündig genug und willens, bei so weit reichenden Entscheidungen ihre Wünsche und Sachkenntnis einzubringen, zumal sie bereits ihre Steuergelder zur Verfügung gestellt haben. Die neue Stadtregierung aber scheint nach dem Referendum zur Plose den Weg demokratischer Bürgerbeteiligung zu scheuen und die schnelle Entscheidung zu suchen, im Sinne von Effizienz und Wirtschaftlichkeit, aber zu Lasten der Wünsche und Urteilsfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger. Manchen wird das Eventlabyrinth gefallen, viele aber, die sich ihr feines Gespür für den Charakter Brixens bewahrt haben, werden sich schmerzlich übergangen fühlen.
  3. Der Hofgarten ist eine beeindruckende Anlage, aber ein ökologischer Sanierungsfall: Bodenproben haben ergeben, dass sein Boden nach jahrzehntelangen Spritzungen mit Pestiziden bzw. Pflanzenschutzmitteln schwer verseucht ist und vor weiterer Nutzung eigentlich tief greifend bonifiziert werden müsste. Nun geschieht das Gegenteil: Für das Aufkommen des Maises sind weitere Sprühungen notwendig, zudem wird mit Mais eine Pflanze massenhaft im Hofburggarten ausgebracht, deren ökologische Verträglichkeit in der Kritik steht. Eine wenig glückliche Botschaft für die Zielen der Nachhaltigkeit verpflichtete „Gartenstadt“ Brixen.

Umso mehr sind Gemeinde, Tourismusgenossenschaft, vor allem aber Bürgerinnen und Bürger gefordert, das Labyrinth schneller Events und Entscheidungen zu verlassen und für den Hofburggarten eine langfristige Lösung anzupeilen. Eine Lösung, die dem Charakter der Anlage und unserer Stadt besser entspricht als der vielleicht erfolgreiche, aber wenig nachhaltige Labyrinth-Schnellschuss.
Hans Heiss, Bürger und Historiker aus Brixen
Landtagsabgeordneter
Bozen, 22. Juni 2016

Liebe KollegInnen,
Brigitte Foppavor eineinhalb Jahren, es war Sommer und Frühherbst 2013 habe ich für die Initiative für mehr Demokratie Unterschriften beglaubigt und auch selber gesammelt. Beim Unterschriftensammeln lernt man bereits nach kurzer Zeit, sich das Wichtigste in einem einzigen Satz zurecht zu legen, um vorbei eilende PassantInnen in einem Atemzug verstehen zu geben, worum es geht. Es gilt, Aufmerksamkeit zu schaffen für das Anliegen. Einmal stehen geblieben, informieren sich die Menschen dann meist genauer. Ein Teil unterschreibt natürlich auch aus anderen Gründen, aber das ist eine kleine Minderheit, die weitaus größere Mehrheit hingegen will wissen, worum es genau geht und will die eigene Unterschrift gut vergeben wissen.
Ich habe mir damals den Satz zurecht gelegt: „Unterschreiben Sie dafür, dass der Gesetzentwurf der Initiative im Landtag behandelt werden muss?“
Dieser Moment ist nun gekommen.
18.000 Menschen haben diesen Moment mit ihrer Unterschrift gefordert. Das ist die Mehrheit dieses Landtages mal 1.000. Stellen Sie sich all diese Menschen vor dem Landtag vor. Bei den Protesten rund um den Rentenskandal waren ein paar hundert auf dem Magnago-Platz, hier sprechen wir von 18.000. Das ist eine Verantwortung und ich bitte euch, sie ernst zu nehmen.
Damit beginnend, keine Unwahrheiten zu erzählen. Auch heute habe ich im Morgentelefon gehört, dass der Entwurf heute abgelehnt wird, WEIL ein Anhörungsprozess der Gesetzgebungskommission gestartet wurde. Da Geschichte auch durch Falscherzählungen geschrieben wird, möchte ich hier noch einmal klar sagen und ins Protokoll aufgenommen wissen, dass der Anhörungsprozess für ein neues Gesetz gestartet wurde, NACHDEM feststand, dass die SVP den Gesetzentwurf der Initiative ablehnen würde. Die Gründe dafür leuchten bis heute nicht ein. Wenn die SVP das Gesetz defizitär findet, warum verbessert sie es dann nicht durch Abänderungsanträge? Ist ein einziger Abänderungsantrag vorgelegt worden?
Nein, das wurde gar nicht in Betracht gezogen. Es war eine reine Vergeltungsaktion. Zumindest hier im Südtiroler Landtag sollten wir die Dinge beim Namen nennen. Es war ein kindisches Spiel. Die Initiative hatte das Schuler-Gesetz versenkt und das musste vergolten werden. So banal ist Politik, wenn man sie aus der Nähe sieht.
Es wäre noch Anderes möglich gewesen. Zumindest hätte man sich in einen Mediationsprozess einlassen können. Doch selbst das war zu viel verlangt. Das einzige, was herauszuholen war, in dieser Ansammlung politischer Verletztheiten, war der nun beinahe abgeschlossene Anhörungsprozess.
Magdalena Amhof und ich wurden als Arbeitsgruppe eingesetzt, um ihn abzuwickeln. Wir haben das getan, gegen alle Widrigkeiten, möchte ich sagen. Es mag auch bösen Willen gegeben haben, aber das war gar nicht einmal vordergründig. Was so deutlich wurde, war, dass diese Prozesse diametral auf der anderen Seite stehen zu den Gewohnheiten, den Abläufen, den Prioritäten der repräsentativen Demokratie.
Darin lag eine interessante Herausforderung, nämlich die starren Grenzen zu überschreiten, Neues zu probieren und Realität werden zu lassen. In diesem Sinne sehe ich den Anhörungsprozess als Pioniersleistung, auf die wir ruhig auch stolz sein können. Sie konnte nur funktionieren, weil von Mehrheit und Minderheit gemeinsam gestartet, alles andere hätte die Glaubwürdigkeit sofort beeinträchtigt oder aber die Tragweite gemindert, von daher war dies absolute Grundlage.
Nun lasten große Erwartungen auf uns. BürgerInnen kamen zu den Anhörungen, haben mitgearbeitet, insbesondere haben viele VertreterInnen der Initiative mit viel Selbstdisziplin ihre Skepsis verdrängt und den Moment genutzt, die in langen Jahren erworbene Expertise einzubringen. Allerdings wurde im Laufe des Prozesses auch Frust geäußert. Was sind das für Anhörungen, wenn die Ohren, die hören sollen, nicht anwesend sind? An einigen Abenden waren wir gerade mal zu dritt als Abgeordnete anwesend. Das verständliche Gefühl entstand, dass das alles eine Inszenierung sei.
Der schwierigste Moment aber steht uns noch bevor. Es gilt jetzt nämlich wieder das Eingeholte, das Erhörte, das Zusammengetragene, in die Kanäle der repräsentativen Demokratie zu lenken. Zusammen mit vielen anderen sorgt mich dieser Augenblick. Wir wissen, wie das abläuft, dazu brauchen wir nur die bisherige Geschichte des Gesetzes anzuschauen.
Sollte plötzlich Neues möglich sein?
Wenn ja, dann wird dieses Gesetz nicht in einer Parteizentrale entstehen.
Wenn ja, dann müssen wir weiterhin experimentell und parteiübergreifend arbeiten.
Wenn ja, dann müssen wir weiterhin die Grenzen zwischen „der Politik“ und „der Zivilgesellschaft“ auflösen und aus beiden das Beste herausholen.
Wenn ja, dann müssen wir auch bereit sein zu Kompromissen und zu neuen Lösungen, auch zum Scheitern.
Das alles klingt vielleicht schwierig. Andererseits wäre alles andere ein Missbrauch des Vertrauens, das in uns gesetzt wurde. Und das, soviel hätten wir im letzten Jahr wirklich lernen müssen, ist das einzige, was Politik sich definitiv NICHT leisten kann.
04.03.2015
Brief von Brigitte Foppa an die Abgeordneten des Südtiroler Landtags, verlesen von Hans Heiss, anlässlich der Generaldebatte über den Gesetzentwurf zur direkten Demokratie eingebracht mittels Volksinitiative von den PromotorInnen der Initiative für mehr Demokratie

Gerade in diesen Tagen zeigt die repräsentative Demokratie in unserer Region ihr unattraktivstes Gesicht. Das Werkzeug der direkten Demokratie, Möglichkeit der Korrektur und Ergänzung scheint notwendiger denn je – um den BürgerInnen und ihrem Urteil Stimme zu verleihen.
 
Aus mehreren Gründen sind wir am 9. Februar für das NEIN:
 
1. Die SVP hat dieses Gesetz, als sie noch die absolute Mehrheit hatte, ganz allein, sogar ohne die Stimmen des Koalitionspartners, durch den Landtag gewählt. Eine klare Aussage dazu, wie die SVP Mitbestimmung und Demokratie versteht.
2. Dieses Gesetz enthält eine praktisch unerreichbar hohe Hürde an Unterschriften, die gesammelt werden müssen, damit eine Volksabstimmung stattfinden kann: 26.000 Unterschriften!
3. Bevor diese Unterschriften gesammelt werden können, muss zuerst ein Antrag auf Volksabstimmung im Landtag oder in der Landesregierung behandelt worden sein, wofür es schon 8.000 Unterschriften braucht. Diese kommen also zu den 26.000 noch dazu!
4. Über wesentliche Themen wie Politikergehälter oder Steuern darf nicht abgestimmt werden.
5. Die Möglichkeit, über ein Gesetz abzustimmen, bevor es in Kraft tritt, ist nicht vorgesehen.
6. Die BürgerInnen hätten das Recht darauf, eine korrekte, unabhängige Information über den Inhalt der Volksabstimmung zu erhalten. Im SVP-Gesetz ist dies nicht vorgesehen.
 
Wir fordern die BürgerInnen auf, mit ihrem Nein für eine Zukunft zu stimmen, in der ihre Stimme zählt.
 
Brigitte Foppa und Giorgio Zanvettor, Co-Landesvorsitzende Verdi Grüne Verc

Direkte DemokratieIm Juni diesen Jahres hat der Landtag, besser gesagt, die Südtiroler Volkspartei im Alleingang, das Gesetz zur direkten Demokratie verabschiedet. Dieser unbeschreibliche Kraftakt der SVP war der bisherige Höhepunkt  der Geringschätzung gegenüber dem Koalitionspartner, der Opposition und der Demokratie in unserem Lande. Die Empörung war entsprechend groß. Wir haben nun ein Gesetz zur direkten Demokratie, das etwa von keiner/m einzigen italienischsprachigen Abgeordneten mitgewählt wurde. Dabei wäre gerade zu dieser Thematik ein besonders breiter Konsens nötig. Abgesehen von dieser unerhörten Vorgangsweise hat das verabschiedete SVP-Gesetz auch große inhaltliche Mängel. Insbesondere verweisen wir auf die von uns Grünen immer kritisierte Hürde von 26.000 zu sammelnden Unterschriften für die Abhaltung eines Referendums.

Die Initiative für mehr Demokratie greift nun auf das Instrument eines Verfassungsreferendums zurück, das ermöglicht, Gesetze im Verfassungsstatus (und dazu gehört auch das Autonomiestatut) innerhalb von 3 Monaten einer Volksabstimmung zu unterziehen, wenn 8.000 Unterschriften gesammelt werden.

Wir unterstützen als Grüne diese Initiative und fordern alle Bürgerinnen und Bürger auf, innerhalb 13. September 2013 auf der Wohnsitzgemeinde oder an den im ganzen Land dankenswerterweise eingerichteten Ständen ihre Unterschrift zu hinterlegen. Viele von uns Grünen sind selbst aktive UnterstützerInnen der Initiative und als Beglaubiger im Einsatz. Die Initiative selbst ist überparteilich.

Zugleich werden Unterschriften gesammelt, damit ein Volksbegehren mit dem Alternativ-Entwurf eines Gesetzes zur direkten Demokratie in den Landtag kommt. Auch dieses wird von uns unterstützt. Demokratische Erneuerung ist das, was unser Land in dieser „neuen Phase“ am allermeisten nötig hat und von den BürgerInnen auch gefordert wird. In den nächsten Monaten wird sin insbesondere an dieser Frage zeigen, ob auch die Mehrheitspartei bereit ist, hier Schritte in die Zukunft zu machen.

Brigitte Foppa, Spitzenkandidatin zur Landtagswahl 2013
Riccardo Dello Sbarba, Parteivorsitzender und Landtagsabgeordneter