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Presentazione Cecilia Stefanelli_27

Stellungnahme zur aktuellen Lage, getrennte Kandidatur Grüne und Projekt Bozen.

Nach den turbulenten letzten Tagen und Wochen rund um das sich ankündigende Zerwürfnis mit dem Bürgermeister und das nun separate Antreten des “ökosozialen Flügels”, möchte ich Folgendes festhalten:

  • Nach wie vor bin ich der Überzeugung, dass ein gemeinsames Antreten von Grünen und Projekt Bozen mit einer eigenen Bürgermeisterkandidatur sinnvoller und zielführender wäre! Die Zusammenarbeit einer seit vielen Jahren auf dem politischen Parkett agierenden ökosozialen Stadtliste mit den “Grünen-Verdi-Vèrc” sehe ich weiterhin als anstrebenswert! Denn nur gemeinsam sind wir stark! (Zitat&Motto Rudi Benedikter vor der GR-Wahl 2010)
  • Seit Monaten plädiere ich dafür, zumindest im 1. Wahlgang nicht mehr mit Luigi Spagnolli anzutreten, da sich vor allem in den letzten Monaten gar einiges zum Schlechten gewendet hat: z.B. Fusion AEW-SEL, Projekt Benko, Tendenz zu Prohibitionismus und Unterdrückung der Jugendkultur, Spagnollis Flirten mit den Mitte- und Mitte-Rechts-Parteien und die Erstellung seiner Bürgerliste rund um Oberrauch, Degasperi, Bonvicini & Co.
  • Das Argument “Die Verschiebung der Benko-Abstimmung auf nach die Wahlen ist ein Erfolg” lasse ich nicht gelten, sondern sehe dies als rein wahltaktische Verzögerung und keinesfalls als Grund kompromisslos Spagnolli zu unterstützen.
  • Mein persönlicher politischer Werdegang begann mit “Projekt Bozen”; als Kandidat von “Projekt Bozen” auf der Grünen Liste bei den Gemeinderatswahlen 2010 (mein Dank an dieser Stelle an meine “Entdecker Martin Fink & Rudi Benedikter) und führte zur durchaus erfolgreichen Zusammenarbeit in der 2010 neugegründeten Gemeinderatsfraktion “Grüne-Projekt Bozen” (mit Brigitte Foppa, Rudi Benedikter und meiner Wenigkeit). Im Laufe der Jahre und aufgrund meines Engagements u.a. als Mitverantwortlicher für den Neuaufbau der politischen Jugendbewegung der Grünen Mutterpartei (young greens southtyrol), als mehrjähriger Vertreter der young greens im Südtiroler Jugendring, als Projektmitarbeiter im Parteibüro, als Wahlkampfhelfer bei Florian Kronbichler und Oktavia Brugger, als von der Grünen Mitgliederversammlung gewähltes Mitglied im “Grünen Rat”, als Mitorganisator der Grünen Vorwahlen zu den Landtagswahlen, als erfolgreicher Kandidat bei den Landtagswahlen 2013 und nicht zuletzt als leidenschaftlicher “Teamplayer” bin ich gegen eine Abspaltung und Zersplitterung der politischen Mitte-Links-Kräfte, bleibe meinem Werdegang treu und kohärent und werde am 10. Mai 2015 auf der Liste der Grünen antreten und somit gemeinsam mit den Listen von “SEL” und “La sinistra per Bolzano” unsere Bürgermeisterkandidatin Cecilia Stefanelli unterstützen.

Das getrennte Antreten von Projekt Bozen zur Kenntnis nehmend und in der Hoffnung, vielleicht doch noch in Zukunft bei versch. Themen zusammenzuarbeiten verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
 
Tobias “Tobe” Planer
Gemeinderat, Fraktionssprecher
 
Bozen, 20.03.2015

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Vorstellung unserer gemeinsamen Bürgermeisterkandidatin: Cecilia Stefanelli

CECILIA STEFANELLI. MEINE VORSCHLÄGE FÜR EIN GUTES LEBEN IN BOZEN

1. Inklusion
Die Stadt ist ein Gemeinwohlprojekt, das niemanden außen vor lassen darf. Das Solidaritätsprinzip muss mit Verantwortung gekoppelt werden. Folglich denke ich an die Neuordnung der Sozialdienste, an die Aufwertung von Gemeinwohlprojekten, die die Menschen und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Die Stadtviertel müssen eine neue Bestimmung erhalten.
 2. Zusammenleben
Bozen ist ein einzigartiges Labor des Zusammenlebens verschiedener Kulturen: früher Deutsche und Italiener, jetzt auch die neuen Boznerinnen und Bozner, samt verschiedener Formen der Mehrsprachigkeit. Diese Bestimmung ist Bozens Merkmal, jedoch ist bisher der Umgang damit zu zaghaft. Es gilt hier, mehr zu wagen. Die Freie Universität Bozen und ihr Potenzial, Bozen zu einer jungen, internationalen Stadt zu machen oder die Alexander-Langer-Schule in Firmian, das sind erst die Anfänge eines spannenden Weges, den wir stärken wollen. Mit Stolz auf unsere vielsprachige Stadt!
3. Öffentliches Interesse
Dies muss Grundlage und Zielrichtung des politischen Handelns sein, wenn es um die Entscheidung über Regeln und Vorgangsweisen in der Stadtentwicklung geht. Ich denke an einen strategischen Plan für nachhaltiges Wirtschaften, ein mit den Partnern abgestimmtes Tourismuskonzept, einen neuen Verkehrsplan der auf öffentlichen Verkehr und Radmobilität setzt, an neue Wohnmodelle und entsprechende politische Weichenstellungen.
Zur Umsetzung dieser Ziele allerdings braucht es eine Arbeitsweise, die sich mit den Inhalten deckt und das ist die Partizipation. Von den Bürgerinnen und Bürgern ist auszugehen, um für die Bürgerinnen und Bürger und mit ihnen die liebenswerte Stadt so zu gestalten, dass sie auch für die kommenden Generationen lebenswert ist. Und umgekehrt.
Hier die Fotos von der Pressekonferenz zur Vorstellung der Bürgermeisterin-Kandidatin:

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CECILIA STEFANELLI – KURZBIOGRAFIE 

Geboren in Bozen am 22. November 1978.
2003 Abschluss des Universitätsstudiums in Politikwissenschaften mit Schwerpunkt „Menschenrechte“ in Bologna nach einer Forschungsaufenthalt in Dar es Salaam für die Diplomarbeit über die Tätigkeit der Frauen in NGO’s in Tansania. Auslandssemester am Institut für Sozialwissenschaft (Gender Studies) an der Humboldt Universität zu Berlin.
Master in Fund Raising and Corporate Social Responsability an der Wirtschaftsfakultät in Forlì mit Abschlusszertifikat als Auditor SA8000.
Seit 2009 im Landesdienst in der Abteilung Arbeit, zuerst als Mitarbeiterin im Amt für Arbeitsmarktbeobachtung, jetzt als Arbeitsinspektorin.
2007 bis 2011 Präsidentin des Vereins Donne Nissà Frauen in Bozen. Vorher Bei Donne Nissà Frauen Verantwortliche für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Fund Raising sowie Beraterin am Orientierungsschalter und Leiterin von ESF-Projekten.
Weitere Tätigkeiten in der Sozialforschung für die Lebenshilfe und in der Erwachsenenbildung bei UPAD und MUA.
Außerdem Beratung im Fundraising für verschiedene Non-Profit-Vereine: UILDM Unione Italiana Lotta alla Distrofia Muscolare, Associazione musicale Kaleidos – Bologna, Centro servizi per il Volontariato della Provincia di Bologna, Frauenhaus Bologna.
2003 Direktionsassistentin in der Confcooperative Bozen.
Ehrenamtliche Tätigkeit  im Roten Kreuz, in der Studentenvertretung, im Frauenhaus Bologna und im Nachtdienst am Frauenhaus Meran.
Seit 2010 Stadtviertelrätin in Bozen-Don Bosco.
Cecilia Stefanelli ist verheiratet und Mutter eines Sohnes und einer Tochter.
 
Verdi Grüne Vërc, SEL und Sinistra per Bolzano 
Bozen, 19. März 2015

Brief
I diktat del Sindaco pronunciati contro una parte della sua attuale maggioranza sono inacettabili e li rispediamo al mittente.
Abbiamo fatto parte di una coalizione di centro sinistra negli ultimi 10 anni assumendoci responsabilità di governo e garantendo lealtà ai programmi stabiliti molto più di altre forze cosiddette moderate e avendo sempre come faro l‘ interesse pubblico e il miglioramento della città. Per questo motivo abbiamo votato no in tutte le sedi al PRU di Benko, così come alla „kleine Reform“ della legge urbanistica, in particolare l’art. 55 quinquies.
Il programma di sviluppo di una città per i prossimi 5 anni e le risposte da dare ai bisogni dei cittadini non possono certo ridursi alla questione dei PRU e del rapporto privilegiato con i privati secondo l‘ art. 55 quinquies della legge provinciale.
Nessuno di noi è contro a un fisiologico e necessario rapporto con il privato, ma questo deve essere inquadrato in una programmazione pubblica complessiva di lungo periodo. Sfidiamo il Sindaco a impegnarsi per attuare le scelte già previste nei piani comunali e per un nuovo Piano di Sviluppo Strategico di Bolzano condiviso con tutti gli attori locali compreso ovviamente le rappresentanze economiche. Una programmazione che abbia come faro l’interesse pubblico e non interventi „a spot“.
Siamo pronti e non da oggi a confrontarci su un programma che al momento ancora non c’è e che non si vede all’orizzonte nonostante ripetute richieste.
Il Sindaco e il suo Partito sono ancora disposti a una coalizione di centrosinstra ? Il tempo sta scadendo.
Spetta al Sindaco e al suo partito assumersi la responsabilità di fronte alla città.
 
Patrizia Trincanato
Luigi Gallo
Tobe Planer
Wally Rungger
Rudi Benedikter
Guido Margheri
Oreste Galletti
Matteo Degli Agostini
Bozen, den 13.03.2015

Liebe KollegInnen,
Brigitte Foppavor eineinhalb Jahren, es war Sommer und Frühherbst 2013 habe ich für die Initiative für mehr Demokratie Unterschriften beglaubigt und auch selber gesammelt. Beim Unterschriftensammeln lernt man bereits nach kurzer Zeit, sich das Wichtigste in einem einzigen Satz zurecht zu legen, um vorbei eilende PassantInnen in einem Atemzug verstehen zu geben, worum es geht. Es gilt, Aufmerksamkeit zu schaffen für das Anliegen. Einmal stehen geblieben, informieren sich die Menschen dann meist genauer. Ein Teil unterschreibt natürlich auch aus anderen Gründen, aber das ist eine kleine Minderheit, die weitaus größere Mehrheit hingegen will wissen, worum es genau geht und will die eigene Unterschrift gut vergeben wissen.
Ich habe mir damals den Satz zurecht gelegt: „Unterschreiben Sie dafür, dass der Gesetzentwurf der Initiative im Landtag behandelt werden muss?“
Dieser Moment ist nun gekommen.
18.000 Menschen haben diesen Moment mit ihrer Unterschrift gefordert. Das ist die Mehrheit dieses Landtages mal 1.000. Stellen Sie sich all diese Menschen vor dem Landtag vor. Bei den Protesten rund um den Rentenskandal waren ein paar hundert auf dem Magnago-Platz, hier sprechen wir von 18.000. Das ist eine Verantwortung und ich bitte euch, sie ernst zu nehmen.
Damit beginnend, keine Unwahrheiten zu erzählen. Auch heute habe ich im Morgentelefon gehört, dass der Entwurf heute abgelehnt wird, WEIL ein Anhörungsprozess der Gesetzgebungskommission gestartet wurde. Da Geschichte auch durch Falscherzählungen geschrieben wird, möchte ich hier noch einmal klar sagen und ins Protokoll aufgenommen wissen, dass der Anhörungsprozess für ein neues Gesetz gestartet wurde, NACHDEM feststand, dass die SVP den Gesetzentwurf der Initiative ablehnen würde. Die Gründe dafür leuchten bis heute nicht ein. Wenn die SVP das Gesetz defizitär findet, warum verbessert sie es dann nicht durch Abänderungsanträge? Ist ein einziger Abänderungsantrag vorgelegt worden?
Nein, das wurde gar nicht in Betracht gezogen. Es war eine reine Vergeltungsaktion. Zumindest hier im Südtiroler Landtag sollten wir die Dinge beim Namen nennen. Es war ein kindisches Spiel. Die Initiative hatte das Schuler-Gesetz versenkt und das musste vergolten werden. So banal ist Politik, wenn man sie aus der Nähe sieht.
Es wäre noch Anderes möglich gewesen. Zumindest hätte man sich in einen Mediationsprozess einlassen können. Doch selbst das war zu viel verlangt. Das einzige, was herauszuholen war, in dieser Ansammlung politischer Verletztheiten, war der nun beinahe abgeschlossene Anhörungsprozess.
Magdalena Amhof und ich wurden als Arbeitsgruppe eingesetzt, um ihn abzuwickeln. Wir haben das getan, gegen alle Widrigkeiten, möchte ich sagen. Es mag auch bösen Willen gegeben haben, aber das war gar nicht einmal vordergründig. Was so deutlich wurde, war, dass diese Prozesse diametral auf der anderen Seite stehen zu den Gewohnheiten, den Abläufen, den Prioritäten der repräsentativen Demokratie.
Darin lag eine interessante Herausforderung, nämlich die starren Grenzen zu überschreiten, Neues zu probieren und Realität werden zu lassen. In diesem Sinne sehe ich den Anhörungsprozess als Pioniersleistung, auf die wir ruhig auch stolz sein können. Sie konnte nur funktionieren, weil von Mehrheit und Minderheit gemeinsam gestartet, alles andere hätte die Glaubwürdigkeit sofort beeinträchtigt oder aber die Tragweite gemindert, von daher war dies absolute Grundlage.
Nun lasten große Erwartungen auf uns. BürgerInnen kamen zu den Anhörungen, haben mitgearbeitet, insbesondere haben viele VertreterInnen der Initiative mit viel Selbstdisziplin ihre Skepsis verdrängt und den Moment genutzt, die in langen Jahren erworbene Expertise einzubringen. Allerdings wurde im Laufe des Prozesses auch Frust geäußert. Was sind das für Anhörungen, wenn die Ohren, die hören sollen, nicht anwesend sind? An einigen Abenden waren wir gerade mal zu dritt als Abgeordnete anwesend. Das verständliche Gefühl entstand, dass das alles eine Inszenierung sei.
Der schwierigste Moment aber steht uns noch bevor. Es gilt jetzt nämlich wieder das Eingeholte, das Erhörte, das Zusammengetragene, in die Kanäle der repräsentativen Demokratie zu lenken. Zusammen mit vielen anderen sorgt mich dieser Augenblick. Wir wissen, wie das abläuft, dazu brauchen wir nur die bisherige Geschichte des Gesetzes anzuschauen.
Sollte plötzlich Neues möglich sein?
Wenn ja, dann wird dieses Gesetz nicht in einer Parteizentrale entstehen.
Wenn ja, dann müssen wir weiterhin experimentell und parteiübergreifend arbeiten.
Wenn ja, dann müssen wir weiterhin die Grenzen zwischen „der Politik“ und „der Zivilgesellschaft“ auflösen und aus beiden das Beste herausholen.
Wenn ja, dann müssen wir auch bereit sein zu Kompromissen und zu neuen Lösungen, auch zum Scheitern.
Das alles klingt vielleicht schwierig. Andererseits wäre alles andere ein Missbrauch des Vertrauens, das in uns gesetzt wurde. Und das, soviel hätten wir im letzten Jahr wirklich lernen müssen, ist das einzige, was Politik sich definitiv NICHT leisten kann.
04.03.2015
Brief von Brigitte Foppa an die Abgeordneten des Südtiroler Landtags, verlesen von Hans Heiss, anlässlich der Generaldebatte über den Gesetzentwurf zur direkten Demokratie eingebracht mittels Volksinitiative von den PromotorInnen der Initiative für mehr Demokratie

11_rathaus-Bozen
Aus mehreren Gründen ziehen wir die Forderung nach Vorwahlen innerhalb der Koalition des Bürgermeisters Spagnolli zurück.
Erstens sind nunmehr die Zeiten zu eng gesteckt, um die Vorwahlen noch so abhalten zu können, wie es für uns richtig wäre. Wir waren selber spät dran, aber das Zögern und die parteiinternen Ränkespiele der Koalitionspartner in den letzten Wochen und Monaten hat den Zeitrahmen zusätzlich verschoben.
Zweitens waren für uns die Vorwahlen eine Möglichkeit, eine gute, offene programmatische Auseinandersetzung in Gang zu bringen. Rein personelle Ziele, etwa um unsere KandidatInnen zu positionieren, haben uns nie interessiert.
Zu diesem Zwecke waren wir in den letzten Wochen und Monaten in Kontakt mit Persönlichkeiten, die diese Auseinandersetzung hätten ganz wunderbar führen können.
Leider war am Ende die Verfügbarkeit nicht mehr gegeben, weil die Bedingungen für echte, authentische Vorwahlen nicht mehr bestanden und für uns gilt: Ohne Gesichter, keine Vorwahlen.
Schade. Der  Demokratie hätten sie nur gut getan.
Für uns ist nun vordergründig, uns mit PD-Bürgermeisterkandidat Spagnolli intensiv und ehrlich zum Wahlprogramm auszutauschen. Die letzten Jahre grüner Regierungsbeteiligung in Bozen haben gute Ergebnisse erbracht. Der jetzige Zeitpunkt, durch die jüngsten Entscheidungen zur Zukunft Bozens, die wir nicht mittragen konnten, erfordert eine seriöse Überprüfung dessen was war und dessen was die Zukunft bringen muss.
 
Brigitte Foppa und Giorgio Zanvettor, Co-Landesvorsitzende
Patrizia Trincanato, Grüne Stadträtin
Tobe Planer, Vorsitzender der Gemeinderatsfraktion Grüne/Projekt Bozen
Bozen, den 28. Februar 2015

Offener Workshop Gemeindewahlen
In ca. 3 Monaten finden die Südtiroler Gemeindewahlen statt. Wir wünschen uns eine starke ökosoziale Bewegung, die für Mensch und Umwelt weiter denkt als die neoliberalen Verwalter und die rechten Recken!
Deshalb laden wir euch hiermit zum offenen Workshop: Gemeindewahlen 2015 am Samstag, den 28. Februar 2015, um 10:00-16:00 Uhr ins Bürgerzentrum Oberau-Haslach in Bozen, Angela-Nikoletti-Platz 4 ein.
Dabei gehen wir folgenden Fragen nach:

  • Gemeindewahlen 2015: wer, wie, was, wo, wann?
  • Was kann ich tun, um meine Gemeinde mitzugestalten?
  • Wie kann mir dabei ein ökosoziales Netzwerk nützen?

Anfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln: Bus 10A und 7A – 10B und 7B, Haltestelle Claudia Augustastraße 2.
Hier gehts zum Facebook-Event.
Wir freuen uns auf euch!
Brigitte, Giorgio, Hanno
Verdi Grüne Vërc
—————————————————————————————————————————-
Viele Dank an all jene, welche mitgemacht haben! Hier die erarbeiteten Dokumente:

  • kleines Gemeindewahlen ABC [gview file=“http://www.verdi.bz.it/wp-content/uploads/2015/02/Kleines-Gemeindewahlen-ABC-2015.pdf“]
  • Präsentation des Workshops [gview file=“http://www.verdi.bz.it/wp-content/uploads/2015/02/Workshop-occio.pdf“]
  • Kampagnenangebot der Grünen für Grüne und Bürgerlisten – Achtung: Deadline 16. März! [gview file=“http://www.verdi.bz.it/wp-content/uploads/2015/02/Kampagnenangebot-der-VGV.pdf“]

Liebe Grüße,
Hanno, Melanie
Grünes Büro

Ihren Vertretern gebührt Dank, der Ausstieg ist ein Warnsignal für die politische Kultur und Demokratiefähigkeit in Südtirol.
 
sexten-helm-rotwandDie Bürgerliste Sexten tritt bei den kommenden Gemeindewahlen nicht mehr an: nach 20 Jahren im Gemeinderat werfen Hanspeter Stauder, Regina Senfter und Georg Fuchs das Handtuch. Die Gründe für den Rückzug liegen nicht nur in Amtsmüdigkeit, sondern auch in einem Ausmaß an Anfeindung und Aggression gegen die durchaus sturmerprobten Gemeinderäte, das in den letzten beiden Jahren oft jedes vertretbare Maß überschritten hat.
Die Vertreter der Bürgerliste und ihre Anhängerschaft, die sich mit großem Einsatz gegen die aus der Sicht von Umwelt und Naturschutz höchst umstrittene Verbindung Helm-Rotwand gewehrt haben, wurden nicht nur verbal attackiert, sondern auch physisch bedroht und Einschüchterungsversuchen unterzogen.
Die geballte Macht von Mehrheit und Investoren hat einen Druck aufgebaut, der an die unseligen Zeiten vor 30 oder 40 Jahre gemahnt, als „Opposition“ in vielen Dörfern Südtirols noch als Unwort schlechthin verpönt war.
Die Mehrheitspartei muss sich die Frage gefallen lassen, ob sie es nicht versäumt hat, gegen solche Aggressionen, die auch aus eigenen Reihen erfolgten, mit allem Nachdruck zur Ordnung zu rufen. Vom Geist einer neuen Zeit, von den viel berufenen Werten Transparenz und Dialog, ist man in manchen Gemeinden Südtirols offenbar noch weit entfernt.
Den Vertretern der Bürgerliste Sexten gilt jedenfalls alle Anerkennung für ihren Einsatz im Dienst von Natur und Umwelt. Für ihren Kampf gebührt ihnen längst eine noch nicht verliehene, unsichtbare Auszeichnung: Der Verdienstorden für eine demokratische, lebenswerte Heimat.
23.02.2015
Hans Heiss, Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba
 

Pariser Kundgebung ist auch wegweisend für Südtirol.
Nach den Mordanschlägen in Paris, die sich gezielt gegen die Meinungsfreiheit und die jüdische Minderheit richteten, haben die französischen Bürger und Bürgerinnen und die europäische Solidargemeinschaft in einer großen Kundgebung eine überzeugende Haltung bewiesen:
Geschlossenheit und Gelassenheit, entschiedenes Eintreten für die europäischen Werte von Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit, vor allem aber für Toleranz und Pluralismus.
Gezielter Kampf gegen Extremismus und Terrorismus, aber ohne verschärfte Gesetze und Repression, da die Anwendung bestehender Möglichkeiten vollkommen ausreicht. Toleranz und Platz für alle Religionen, selbstverständlich auch für den Islam, aber eingehende Ursachenforschung über den Zusammenhang von Terror und religiösem Fanatismus. Wichtiger als polizeistaatliche Überwachung Verdächtiger sind Vorbeugung und eine Integrationspolitik, die in Frankreich schwere Mängel aufweist.
Für Südtirol lautet die Lektion von Paris:

  • Unser Land hat manche Sicherheitsprobleme, aber nur minimale Terrorrisiken, daher sind Alarmrufe und falsche Ängste nicht angebracht.
  • Die muslimischen Gemeinschaften des Landes sind friedlich, wie der Imam von Brixen nachdrücklich betont hat, aber ein verstärkter Dialog, auch Auseinandersetzung mit ihnen ist nötig.
  • In Fragen der Integration stehen Politik und Gesellschaft unseres Landes weiterhin am Anfang. Landesrat Achammer, zwar guten Willens, aber von zu vielen Aufgaben belastet, hat dieses Thema bislang nicht zur Priorität gemacht. Es wird Zeit, dies zu ändern, das dürftige Integrationsgesetz zu verbessern, ein mehrjähriges Programm zu entwerfen und ziel gerichtet umzusetzen.

Sicherheit ist für Südtirol ein wichtiges Anliegen, noch mehr aber das entschiedene Eintreten für Rechte der Freiheit und Gerechtigkeit, für Offenheit und Vielfalt. Hier hat unser Land noch große Aufgaben und manche Anstrengungen vor sich.
Als kleinen symbolischen Akt der Solidarität veröffentlichen die Grünen hier eine Woche lang täglich eine Charlie Hebdo Karikatur. Denn Charlie Hebdo sind wir alle.

Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss

Bozen, 12.1.2015

verschwendetes-geldDas hartnäckige Festhalten des Landeshauptmanns am Flughafen Bozen bedeutet nicht nur Verschwendung von Steuermitteln, sondern widerspricht auch Kompatschers eigenen Ankündigungen.
„Irren ist menschlich, aber auf Irrtümern zu beharren teuflisch“ – an das alte lateinische Sprichwort denkt man, hört man die verzweifelten Versuche des Landeshauptmanns, den Ausbau des Flughafens zu begründen: Man habe bereits an die 100 Millionen € eingesetzt, nun gelte es weiter Geld in die Hand zu nehmen, um die verlorenen Beträge wieder wettzumachen. Eine mehr als problematische Argumentation, die jeglicher Logik widerspricht. Diese würde nämlich vielmehr erfordern, einen bereits vollführten Fehler einzugestehen, um sich möglichst rasch aus einem Verlustgeschäft zurück zu ziehen. Die Argumentation des LH gleicht eher der eines Spielers, der beim Roulette große Verluste erlitten hat und nun nochmals alles auf eine Karte setzt. Oder der Begründung eines Alkoholikers, der noch eine letzte Flasche ordert, um sich von der Sucht zu befreien.

  • Auf die unablässig verbrannten Mittel haben wir Grünen seit bald 15 Jahren ständig hingewiesen: Von den planlosen Anfangsinvestitionen (15 Mio.) bis hin zur unverantwortlichen Finanzspritze für Air Alps (4,5 Mio).
    Hätte man die Steuergelder etwa für eine Tram ins Überetsch eingesetzt, könnten nun täglich Tausende SüdtirolerInnen von einem stark erleichterten Pendleralltag profitieren. So bleiben enorme öffentliche Mittel relativ wenigen, beinahe handverlesenen Fluggästen vorbehalten. Jeder von ihnen – so die Antwort auf unsere entsprechende Landtagsanfrage – kostet dem Land Südtirol 84,6 Euro (gegenüber den 5,8 Euro eines Bahnreisenden und den 2 Euro von BusbenutzerInnen). Hinzu kommt eine CO2-Belastung, die beim Fliegen 19-mal höher ist als beim Busfahren und angesichts einer Alpenkonvention, deren Verkehrsprotokoll vorsieht, Umweltbelastungen durch Flugverkehr im Alpenraum so weit wie möglich zu senken.
  • Nicht wirtschaftliche Gründe und haushaltspolitische Sorgfalt, sondern Druck der Wirtschaftslobbies bestärken den LH in seinem Pro-Flughafen-Flughafenkurs. Anders ist nicht begreiflich, wie er die Förderung von Tourismus und Betriebsansiedlungen als Argument heran zieht, wohl wissend, dass der Anteil des Flughafens am Incoming des Tourismus in Südtirol unter 1% liegt und somit bedeutungslos ist. Und dass internationale Player Südtirol als Betriebsstandort links liegen ließen, sofern sie keinen Flughafen vor Ort hätten, ist in Zeiten von Streamingkonferenzen als Argument doch ziemlich bei den Haaren herbei gezogen.
  • Schließlich widerspricht das beinahe sture Beharren auf dem Irrtum auch eigenen Aussagen Kompatschers, der im Landtagswahlkampf 2013 stets eine Volksabstimmung zur Zukunft des Flughafens angekündigt hatte. Zu diesem Schritt bzw. zumindest zu einer beratenden Volksbefragung gäbe es bald schon Gelegenheit. Wir Grünen haben einen Gesetzentwurf im Landtag hinterlegt, der den Ausstieg des Landes aus Flughafen und Fluglinienfinanzierung vorsieht. Mit der absoluten Mehrheit der Landtagsabgeordneten könnte man hierzu (gemäß Landesgesetz Nr. 11 vom 18.11.2005, Art. 16) eine beratende Volksbefragung abhalten, bevor es endgültig verabschiedet wird. Die SVP ist also aufgefordert, diese Möglichkeit aufzugreifen und in den nächsten Monaten Bürgerinnen und Bürger zu ihrer Meinung in Sachen Flughafen zu befragen. Und deren Abstimmungsergebnis im Anschluss auch dann entsprechend umzusetzen, wenn es der Auffassung des Landeshauptmanns widerspricht.

30.12.2014
Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss

Hans HeissREDE ZUM HAUSHALTSGESETZ 2015
Die Haushaltsrede von Landeshauptmann Kompatscher kreist – wie bereits von zahlreichen Kollegen bemerkt – in ihrer Argumentation um eine zentrale Hauptachse, um den Begriff „Sicherheit“.
Dass der Landeshauptmann den Sicherheits-Aspekt so sehr in die Mitte rückt, muss umso mehr auffallen, als die Regierungserklärung vor einem knappen Jahr auf völlig andere Grundwerte abhob:
Die Rede vom Jänner 2014 handelte nur am Rande von „Sicherheit“, als vielmehr von Verantwortung und Freiheit. Im Zentrum stand die Verantwortung der einzelnen Bürgerinnen und Bürger, der Unternehmen, der Verantwortlichen in Land und Gemeinden, von denen jeder für sich, in Freiheit und Eigenständigkeit Südtirol entschieden voran bringen sollte. Es war eine Rede des Ordoliberalismus, die nach Jahren der Bevormundung, des Paternalismus und Steuerung von oben, Freiheit, Gestaltung und Verantwortung der einzelnen Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Gewerkschaften, Verbände und Kategorien als neu zu stärkende Werte hervorhob.
Und nun aber, nach nicht einmal einem Jahr die Wende hin zur „Sicherheit“? Dies muss erstaunen, wohl auch befremden, gerade angesichts eines z.T. verjüngten Regierungsteams und eines Landeshauptmanns, dessen Jugendlichkeit trotz beginnenden Grauschleiers seines dichten, nicht lichten Haupthaars eine konstante Komponente seiner elastischen Erscheinung bildet.
Die Kehrtwende hin zur Sicherheit verweist auf dreierlei:

  • Der allgemeine Horizont der italienischen und der europäischen Politik hat sich verdüstert, die wirtschaftliche Lage bleibt konstant eingetrübt. Anders als noch Anfang 2014 erhofft, ist die italienische Konjunktur nicht angesprungen, der Effekt des Renzi-Bonus längst verpufft. Die Ukraine-Krise und die daraus resultierenden Sanktionen haben ebenso lähmend gewirkt wie die Stagnation des Euro-Raums und der zentralen Player Asiens. Klar wird vielmehr: Die europäische Krise bleibt chronisch, noch weit düsterer aber ist der italienische Krebsgang, der in einen langfristigen Abstieg führt, mit bleibend geminderter Wirtschaftsleistung und Konkurrenzfähigkeit, mit schlechter Produktivität und breiten Zonen der Deindustrialisierung und Verarmung. Der Abstieg scheint von historischer Dimension, ein unabsehbar währender Declino wie jener in der Renaissance scheint unausweichlich zu sein. In solchen Szenarien wächst der Wunsch nach Sicherheit, der freilich mehr Beschwörung ist als Tatsache.
  • Das italienische Desaster schlägt auch auf die Situation Südtirols voll durch: Durch seine wirtschaftlichen Kollateralschäden mit geschwächter Binnennachfrage in Tourismus und anderen Sektoren, durch anhaltend hohen Druck bei direkten und indirekten Steuern und Bürokratiekosten als weiterer Folge. Die Beziehungen Bozen-Trient-Rom sind formell zwar die von Koalitionspartnern, sie gleichen aber ein wenig jenen des Dreibunds von 1882 zwischen Italien, Deutschland und Österreich-Ungarn: Offiziell Freundschaft und Bündnispartnerschaft, untergründig anhaltendes Misstrauen und stetes Risiko. Der in diesem Hause bereits vorgestellte, nun offenbar auch im Senat akzeptierte “Sicherungspakt“ zwischen Südtirol und der Regierung trägt seinen Namen daher voll zu Recht: Er ist kein Sicherheitspakt, sondern bedarf steter Absicherung; dauernd eingeschlagener Haken; die in Form von Emendamenti und Durchführungsbestimmungen in brüchigem Gelände fixiert werden.
  • Neben dem größeren Rahmen rings um Südtirol erweist sich aber auch die innere Lage unseres Landes als hoch fragil, da die Nachbeben der Ära Durnwalder sich nicht nur als leichtes Vibrieren des politischen Untergrundes äußerten, sondern sich zur sismischen Katastrophe ausweiteten. Der im Februar aufgeflammte Rentenskandal hat nicht nur die Legitimation von uns beteiligten Mandataren tief geschwächt, sondern die Glaubwürdigkeit der herkömmlichen Politik insgesamt ausgehöhlt, bis kurz vor Ramsch-Niveau. Darüber hinaus war der Skandal auch eine Bewährungsprobe für die Medien, die sich der Herausforderung nur begrenzt gewachsen zeigten, oft sogar völlig versagten. Schließlich unterspült auch der Anlauf zur Gesundheitsreform das Vertrauen ganzer Bezirke zur Mehrheitspolitik und der Politik insgesamt, wird er doch von den viel berufenen „Leuten draußen“ nicht als notwendiger und nachvollziehbarer Prozess erlebt, sondern als Anschlag auf ihre Lebensgrundlagen. Anstatt der erhofften Stabilisierung des politischen Kräftefeldes nach SEL-Skandal und Generationswechel setzte sich die Destabilisierung mit einer Wucht fort, die alles Vorstellbare überstiegen hat: Der Mure von 2011/12 folgte – geologisch gesprochen – 2014 ein Bergsturz, der die politische Landschaft völlig neu definierte. Und diese Landschaft bröckelt gerade an ihren Rändern, zumal im Bereich Gesundheit, wo die angekündigte Reform die Loyalität der Grenzbezirke Südtirols spürbar untergraben hat.

Verständlich daher die Rede von der Sicherheit, die freilich in vieler Hinsicht ein Wunschbild bleibt, eine fromme Illusion. Die Rede von Sicherheit nimmt aber auch Abstand, sie setzt sich ab vom durchaus begrüßenswerten neuen Wertehorizont, von Freiheit und Verantwortung, der schneller preis gegeben wird, als dies dem Land und seinen Verantwortungsträgern gut tut.
Wir sind dazu verpflichtet, mit dem Risiko zu leben, mit dem Recht und der Pflicht, nach Sicherheiten zu suchen. Wir sollten dabei aber zur Kenntnis nehmen, dass die Ausgangsbedingungen Südtirols weiterhin ungleich besser sind als jene vieler anderer Regionen Italiens und Europas. Es gilt daher, weniger auf die Risiken zu starren, als vielmehr die Chancen neu zu bewerten, die weiterhin hoch sind, mit dem Ziel die Potenziale und Optionen unseres Landes zu stärken.
Ein Ausgangspunkt sollte die Einsicht sein, dass die Haushaltslage anhaltend gut ist, dass die Spiel- und Manövrierräume des Landeshaushalts höchst beachtlich sind. Mit 4,6 Mrd. € beträgt der Haushalt unseres Ländchens immerhin 1,5 % des deutschen Bundeshaushalts, der bekanntlich für 80 Mio. Bürger zu sorgen hat, ein Zehntel des Landeshaushalts von Bayern, das aber 25 mal größer ist als Südtirol. Die Pro-Kopf-Verschuldung erreicht in Nordrhein-Westfalen 33.000 € pro Einwohner. Wenn wir die italienische Staatschuld von annähernd 2300 Mrd. Euro umlegen auf die Pro-Kopf-Quote in Südtirol, liegen wir mit knapp 35.000 Euro annähernd auf dem Niveau des größten deutschen Flächenlandes; ohne die Schulden von Land und Gemeinden, die annähernd 2000 Euro erreichen.
Wir Grüne warnen also davor, aus Angst vor drohender Überschuldung einen harten Kurs der Austerität einzuschlagen, die Flucht anzutreten in die scheinbare Sicherheit überzogener Haushaltskonsolidierung, die vielleicht glänzende Zahlen beschert, aber auch lähmt und Chancen abschnürt. Wir halten den Kurs einer neuen Sparsamkeit für den richtigen Weg, da er innere Spielräume öffnen kann, aber nur dann, wenn er nicht in eine neue Sanierungsmanie umkippt. Aber Sparsamkeit ist nur eine Etappe eines notwendigen Pfades: Wir haben vielmehr darauf zu achten, dass Südtirol neue Stärken und Lebenschancen in den Bereichen fördert, die Zukunft versprechen. Und mehr denn je zuvor sollte Politik ihr Augenmerk richten auf die Sicherung von Gerechtigkeit, die den innersten Kern der Autonomie ausmacht.
Drei Königswege führen zu Zukunft und Gerechtigkeit: Bildung und Innovation, Gesundheit und gutes Leben, sozialer Ausgleich und würdige Lebensperspektiven für alle gefährdeten Gruppen und Personen.
Südtirol hat ein gut ausgebautes und stark finanziertes Bildungssystem. Wer aus anderen Regionen und auswärtigen Ländern die Schulen Südtirols besucht, erblasst oft vor Neid: Schulbauten und didaktische Ausstattung, die periphere Abdeckung ländlicher Räume mit Bildungsangeboten sind vorbildhaft: Schulergebnisse von PISA und Invalsi sind vielfach exzellent, die Durchlässigkeit besser als in vielen deutschen und österreichischen Ländern, die duale Ausbildung funktioniert. Und dennoch: Die Schulergebnisse münden zwar meist auch in Arbeitsplätze, aber zu selten in Berufsfelder, die die persönlichen Perspektiven der Arbeitenden dauerhaft verbessern. Es mangelt an Berufsbildern, wo die Energie und Leistungsfähigkeit junger Menschen kraftvoll zum Tragen kommt.
Wer einen Job erhält, findet anschließend oft nicht jene Aufstiegs- und Verwirklichungschancen vor, Perspektiven, die die ihm / ihr selbst nützen und die Produktivität von Unternehmen, Dienstleistern und Verwaltungen erhöhen. Südtirols Arbeitsmarkt ist zwar aufnahmefähig, aber durchzogen von einer gläsernen Decke, die eher das Mittelmaß fördert – in Bezahlung, Leistung, Aufstiegschancen,zudem nach Geschlechtern gebrochen. Einem hohen Stand der Grundausbildung folgt allzu oft der Stillstand von Routinejobs, die zu wenig Mehrwert und Wertschöpfung hervorbringen. Südtirol erreicht zwar einen Beschäftigungsrad von 70%, aber die hohe Zahl an KMU’s lässt oft die Potenziale der Beschäftigten ebenso verkümmern wie die Kleinheit und geringe Arbeitsteilung von Betrieben die Markt- und Produktivitätsräume der Unternehmen lähmen. Unser Bildungssystem ist daher wie ein Motor, der zwar zu hoher Tourenzahl fähig ist, aber wegen der falschen Übersetzung in den Berufsfeldern einen dürftigen Wirkungsgrad erzielt und seine Kraft nicht auf den Boden bringt.
Die wichtigste erneuerbare Energie des Landes, die Bildungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft von Jungen, bleibt so allzu oft ungenutzt. Oder Begabte gehen dort hin, wo sie ihre Fähigkeiten besser eingesetzt und entlohnt finden: In Hotels in London, in Krankenhäusern in Ingolstadt, an der Verwaltungsspitze des Kantons Graubünden, , als Fertigungssteuerer bei südwestdeutschen Autozulieferern, als digitale Wunderwuzzis in Seattle, als Landesrätin in Vorarlberg, als Moderatoren von Talkshows und „Wetten dass!“. All die heimatfernen Youngster sind eine veredelte Form der Emigration.
Der Exodus hat seinen Grund: In der regionalen Wettbewerbsfähigkeit unter 262 Regionen Europas findet man Tirol an 128. Stelle, das Trentino auf Platz 145, Südtirol aber im Schlussfeld auf Position 173, ähnlich wie im Bereich Innovation, wo Südtirol gleichfalls auf Platz 167 liegt, weit hinter dem auf Platz 89 postierten Tirol.
Auch wenn die Exportfähigkeit unseres Landes sichtlich gestiegen ist und diese mit über 2500 exportierenden Unternehmen auf einer breiten Palette beruht, so ist dennoch bedenklich, dass die Hälfte des Exportwertes auf nur 25 Unternehmen entfällt und dass 230, also nur 10% der Unternehmen, 90% des Exportwertes realisieren. Heißt im Klartext: Die Fähigkeit von Unternehmen, sich international und global in breiterem Maßstab durchzusetzen, bleibt auf eine überschaubare Zahl von der Stärke zweier Schützenkompanien beschränkt.
Ich halte diese Ziffern der Wettbewerbs- und Exportfähigkeit für ein stilles Drama Südtirols mitweit unterschätzten Ausmaßen. Sie bezeugen nicht nur, dass die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes der stets an der Spitze gerankten Lebensqualität weit hinterher hinkt, in der Südtirol immerhin auf Rang 40 liegt. Noch weit bedenklicher aber ist die subtile Botschaft, die sie ausstrahlen und die lautet: Junge, qualifizierte Menschen finden in Südtirol allzu häufig nicht jene Entfaltungschancen, die sie selbst und unser Land weiter bringen.
Keine Frage: Die meisten Unternehmen unseres Landes sind leistungsfähig und marktorientiert. Ihre strategische Größe und Ausrichtung aber bietet Innovation und Begabung viel zu wenig Raum, sodass Südtirol Jahr um Jahr einen schleichenden Aderlass von langfristiger Tragweite erleidet.
Auch ist es keinesfalls so, dass die Landesregierung den Ernst der Lage nicht erkannt hätte: IRAP-Senkungen und Steuererleichterungen zielen entschieden auf erhöhte Wettbewerbs- und Innovationsstärke, die Dotierung des Rotationsfonds, die Errichtung eines strategischen Fonds sind sinnvolle strategische Maßnahmen. Aber die Rahmenbedingungen sind weiter entschieden zu verbessern und müssen vorab auf jene Unternehmen abzielen, die junge, qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte einstellen, auf Betriebe, die in innovativen und nachhaltigen Branchen investieren.
Und auch aus diesem Grund ist stets von neuem nach der Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme zu fragen, zumal der Hochschuleinrichtungen im Lande. Es genügt nicht, wenn die Universität Studierende in Rekordtempo zum Abschluss führt, sondern es ist genau hinzusehen, wo ihre Absolventen unterkommen und mit welcher Qualifikation sie zur Entwicklung Südtirols beitragen. Und nach wie vor trägt die Forschung der Universität auch nach 17 Jahren ihres Bestehens nicht substanziell zur Entwicklung Südtirols bei. Umso unnachsichtiger ist daher gegen jene Hochschullehrer vorzugehen, die die Universität zur Selbstbedienung missbrauchen, anstatt mit allen Kräften daran zu arbeiten, neben dem positiven Didaktik- und Abschlussranking der Freien Universität auch ihre Forschungsleistung nach oben zu bringen. Gerade im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien hat Südtirol etwa im Vergleich zum Trentino einen so auffallenden Rückstand, dass die Skandale an der Fakultät für Informatik ein echter Schlag ins Gesicht sind.
Die Förderung von Schülern und Studierenden und ihrer Begabung, der Ausbau nicht nur von Bildungs-, sondern auch von Allokationschancen ist aus dem Grunde umso notwendiger, weil in den kommenden Jahren die demografische Schere unbarmherzig zuschneidet. Die Haushaltsrede des Landeshauptmanns hat die Aufmerksamkeit auf das Altern der Gesellschaft gerichtet, auf die damit verbundenen Folgen für Gesundheit und Pflege. Ungleich mehr Sorgen aber bereiten das zunehmende Fehlen junger Menschen, die wachsenden Lücken der neuen Generationen. Dabei geht es ja nicht um Zahlen und Populationismus, nicht um ein natalistisches Gerede nach dem faschistischen Motto „Se le culle son vuote, la nazione muore“, sondern um das Versiegen jener Energie, Gestaltungskraft und jenes Erneuerungswillens, den eben Kinder und Jugendliche im besten Sinne verkörpern und mit denen sie eine Gesellschaft, zumal uns Ältere heraus fordern.
Im kommenden Schuljahr werden erstmalig die Schülerzahlen spürbar sinken, bereits jetzt sind Einschreibungen in Kindergarten rückläufig, die Zahlen eingestellter Lehrlinge sinken ohnedies seit Jahren. Dies ist eine europäische Entwicklung gewiss, die auch in Südtirol durchschlägt, erst recht in Italien. Aber in einem Land, das bereits jetzt Probleme hat, junge und Begabte an sich zu binden, sind die Folgen besonders gravierend. Der europaweite Wettbewerb um gute Junge, die immer weniger werden, wird weiterhin begabten Nachwuchs aus Südtirol abziehen, wenn kein Gegensteuern einsetzt.
Nicht die vermeintliche Kostenexplosion im Gesundheitssektor sollte Südtirol Sorgen bereiten, sondern die Implosion seines Nachwuchses, seines größten Schatzes. Südtirol ist nicht Italien, gewiss, noch weniger aber sollte es Florida sein, ein alpines Freizeit- und Rentnerparadies, aus dem sich viele Jugendliche, zumal die Besten, vertschüsst haben. Die Anpassung des Bildungsangebots an diese neue Situation der Schrumpfung ist ebenso notwendig wie Anreize für eine neue Industrie- und Unternehmenspolitik.
Zudem zeigen sich 2014 bewährte Säulen von Südtirols Wirtschaft erstmals in einer Strukturkrise. Der seit über zehn Jahren zumindest den Nächtigungen nach stetig wachsende Tourismus verzeichnet 2014 erstmals empfindliche Rückgange, verursacht durch den Einbruch der italienischen Gäste, bedingt durch Wetter und neuen Winter. Der italienische Markt schrumpft deutlich und ist gefangen in einer chronischen Abwärtsspirale, die durch leichtes Wachstum der deutschen Präsenz, das Aufholen der Schweiz und Österreichs nicht abzufangen sein wird.
Der Südtiroler Winter, der seit fünf Jahren bei rund 11.0 Mio. Nächtigungen stagniert und bei 37% des Jahresanteils eingefroren ist, wird 2014/15 massiv rückläufig sein. Dabei zeigt sich in aller Deutlichkeit: Ein gesättigtes Produkt wie die Wintersaison wird vom Klimawandel hart in die Zange genommen und hat kaum mehr Wachstumspotenziale. Angesichts dieser Entwicklung sind die scharfe Konkurrenz zwischen Schigebieten und die Hochrüstung mit Aufstiegsanlagen kleine Fluchten nach vorn, bei denen sich Verbände und Unternehmer aber der Frage entziehen, wie man denn anders mit dem Klimawandel umgehen könnte, als durch sprunghafte Vermehrung des Aufgebots an Schneekanonen und das Zusammenhängen von Schigebieten auf Kosten der Natur. Der Tourismus benötigt, wie die gesamte Wirtschaft im unausweichlichen, mit staunenswerter Hartnäckigkeit ignorierten Klimawandel, eine grundlegende Neubestimmung, ganz abgesehen von den von Frau Atz Tammerle zu recht aufgeworfenen Fragen des Steuerdrucks und der Bürokratie. Aber die Option eines leichteren, die Landschaft schonenden, auf neue umweltsensible Märkte zielenden Tourismus, der verstärkt in regionale Kreisläufe eingebunden ist, bleibt wohl ein Wunschtraum. Auch hier stellen wir fest: Schweigen des HGV, kaum Antworten der Universität. Der frühere HGV-Präsident hätte längst aufgeschrien und zum Handeln aufgefordert, er hätte in polterndem Meister-Sound zwar problematische Empfehlungen gegeben, er war zumindest aber erfüllt von einem Problembewusstsein, das seinem auf Beruhigung und Abwiegelung zielenden Nachfolger abgeht. Tourismus aber wird, dies zeigt das Jahr 2014, radikal neu zu denken sein, als Herausforderung an eine junge Unternehmergeneration, die das “Weiter so!“ grundlegend in Frage stellt.
Auch die Gesundheitsversorgung steht vor dem Südtiroler Grunddilemma, wie es weiter gehen soll. Die Landesrätin Stocker ist mit bewundernswertem Mut, aber auch mit ebenso erstaunlicher Waghalsigkeit an die Reform herangegangen und demonstriert dabei Entschiedenheit und Härte auch im Vergleich zu dem sie flankierenden Männer-Management, das mitten im Umbruch das Handtuch wirft, nicht immer aus freien Stücken. Die sog. Reform ist zunächst ein Lehrbeispiel dafür, Kollegin Foppa hat dies oft betont, wie man ein Kommunikationsdesaster anrichtet, in dem kaum ein Fehler ausgelassen wurde.
Die Ansage der Reform, zugleich Ankündigung von Sparplänen, allerdings mit nur undeutlich angedeuteter Zielrichtung. Unterschiedliche Kommunikation zwischen der politisch verantwortlichen Landesrätin und den Exekutoren auf Beamtenebene, Anhörung der Betroffenen ohne wirkliche Partizipation, all dies vor dem Hintergrund eines seit vielen Jahren schwelenden Misstrauens und halbierter Reformschritte in der Ära Theiner und des unvergessenen Otto des Großen.
Dazu eine teils verantwortungsbewusste, teils empfindsame und um Privilegien bangende Ärzteschaft samt Interessenvertretungen, die Differenz zwischen Spitals- und Basisärzten, die ungewisse Rolle von mittlerem Sanitäts-Management und Pflegepersonal. Hier wäre ein radikal partizipativer Ansatz hilfreich gewesen, der im Vorfeld zwar exakte Sparziele definiert, aber mit den Betroffenen zunächst Spielräume ausgelotet hätte, ohne vorschnell Schließungen in den Raum zu stellen. Natürlich ist es leichter, aus der gefestigten Oppositionsrolle heraus zu bemängeln, anstatt die Schwere der Verantwortungslast zu tragen, unter der sich die Landesrätin mit Mut und Würde abmüht. Aber Kommunikation ist in der Politik ein zentraler Ausgangspunkt, ebenso wichtig wie Sachkenntnis und Entscheidungsprozesse.
Wir Grüne sind von drei Aspekten der Reform nicht überzeugt: Nicht von den unbedingten Sparzwängen, nicht von der Stoßrichtung der Reform und nicht von ihren Konsequenzen.
Wir sehen zwar die Notwendigkeit der Einsparung, aber nicht den Grund für die dramatische Eile. Gewiss ist das Budget mit rund 1,2 Mrd. hoch und der stärkste Anteil im Landeshaushalt, es bewegt sich aber volkswirtschaftlich in Parametern weit unterhalb der EU-weiten Normen. Mit rund 6,5% des Bruttoinlandprodukts liegen die Gesundheitskosten unseres Landes gemäß OECD-Indikatoren weit unterhalb der Werte von Deutschland und Österreich mit rund 11%, weit unter Schweden und Italien mit 9,5% und 9,3%, sondern annähernd auf dem Niveau Polens und Luxemburgs. Dem günstigen Wert entsprechen auch die vorteilhaften Pro-Kopf-Kosten des Gesundheitssystems von rund 2500 € pro Person, auch hier weit unter den Vergleichswerten Deutschlands und Österreichs mit rund 3500 Euro pro Person, weit unter dem italienischen Mittel von 3000 € annähernd auf Stand Portugals und Sloweniens. Zudem wurde in den letzten Jahren bereits erheblich eingespart, sodass der Sparkurs gewiss entschieden fortzusetzen ist, aber doch wohl zunächst ohne grundstürzende Reformen.
Weit sinnvoller erschiene es uns, zunächst Verwaltung und Management durchzuchecken und dortige Potenziale abzuspecken, Synergien und Kooperationen auszubauen, um dann in aller Ruhe an die Reform zu gehen. Die Frage anzugehen, wie die Basisärzte neu gestärkt werden können, mit welchen Anreizen dem drohenden Mangel der Kategorie begegnet werden kann, wie sich auch in diesem Bereich die drückende Nachwuchsfrage lösen ließe. Der unbedingte Wille zum Sparkurs, im O-Ton von Direktor Ossi Mayr „Sonst fahren wir den Karren an die Wand!“, weckt aber den Verdacht, dass das öffentliche Gesundheitssystem auf diese Weise entscheidend geschwächt werden soll. Der Ruf von Wirtschaft und erster Tageszeitung nach striktem Durchexerzieren der Reform wirkt nicht eben beruhigend, sondern weckt eher den Verdacht, dass hier andere Ínteressen im Spiel sein könnten. Der Wunsch der Wirtschaftssektoren nach Neuallokation von Ressourcen, nach Zugriff auf freie Haushaltsmittel, aber auch der Drang nach Aufbau eines privaten Medizinsektors scheint sich hier abzuzeichnen. Das wäre eine verhängnisvolle Trendwende, da die überwiegend Öffentliche Gesundheit zu den großen Errungenschaften nicht nur des Sozialstaates, sondern auch der Südtirol-Autonomie rechnet.
Aber nicht nur dieses grundlegenden Eckwerte des Sozialstaats und Südtirols würden preis gegeben, wenn etwa kleine Krankenhäuser strukturell grundlegend geschwächt würden. Es geriete auch eine Grundsäule unseres Landes unter Druck, die sorgsame Aufwertung der peripheren Räume. Eine radikale Ausdünnung des medizinischen Angebots im Wipptal, im Hochpustertal und im Vinschgau bedeutet auch ein Aderlass an Qualifikation, Berufsbildern, Arbeitsplatzangeboten und gesellschaftlichem Zusammenhalt, sie wäre ein Anschlag auf Gemeinsinn und Gemeinwohl in sensiblen Räumen. Die Geburtenstationen in Sterzing, Innichen und Schlanders sind nicht nur reale, sondern auch symbolische Lebensquellen, die anzutasten viel mehr bedeutet als die Erfüllung von Benchmarks und staatlichen Vorgaben. Die Auflagen des Staates zur Größenordnung von Geburtenstationen mögen zwar bestehen, sie sind aber zu hinterfragen und ihnen mit nachhaltigem, autonomieerprobtem Widerstand und Abstrichen zu exekutieren. Zudem ist uns klar: Die volle Effizienz der Reform vollzieht sich nicht in kleinen Krankenhäusern, sondern in Bozen und der demonstrative Zugriff auf die Peripherie dient vor allem auch dazu, um Eingriffe in der Landeshauptstadt zu legitimieren.
Aber denken Sie denken Sie auch daran, Frau Landesrätin: Kleine Krankenhäuser stehen auch für ein Bild von Humanmedizin in bestem Sinne, die in erster Linie den Menschen dient, die kranke Männer, Frauen und Kinder in ihrer existenziellen Not oft auf andere Weise und besser trägt, ihnen mehr Geborgenheit verspricht als effiziente Hochleistungsmedizin eines großen Klinikkomplexes.
Die Bemerkungen zur Gesundheit führen abschließend auf das Feld des Sozialen, das am meisten Sorgen bereitet. Die Aushöhlung der Kaufkraft, die Schwächung der Einkommen und die seit rund 10 Jahren wachsenden Einkommensunterschiede liegen auf der Hand. Noch um das Jahr 2000 hatten viele Bürgerinnen und Bürger unseres Landes den Eindruck, der soziale Fahrstuhl ginge nach oben, die Versprechen eines besseren Lebens seien nicht leer, sondern zum Greifen nahe. Die sicheren Zeiten sind aber leider nur mehr verwehte Erinnerung: Reallöhne und Gehälter der mittleren und unteren Einkommensgruppen wachsen nicht mehr, sondern schrumpfen Jahr um Jahr, besonders beeindruckend vor allem im unteren Lohn- und Gehaltssegment. Einem mittleren Einkommen von 27.000 € stehen weite Ausreißer nach unten entgegen, mit einem sich stetig ausweitenden Niedriglohnsektor. Während Steuerlast (GIS), Abgaben und Preise trotz Deflation weiter steigen, sinken die Einkommen spürbar. Wer Familie hat, wird nicht belohnt für den gesellschaftlichen Mehrwert, sondern erleidet trotz aller Bemühungen des Landes spoprbare Nachteile. Ganz zu schweigen von Rentnern und Rentnerinnen, von denen die Hälfte nicht die 100-Euro-Marke schafft und zum Teil weit unten rangiert. Die schleichende Verarmung wird zwar beobachtet, aber nicht systematisch, liegt doch der letzte Armutsbericht bereits sieben Jahre zurück. Gegen Verarmung und Reallohnverfall agiert keine starke Lobby, daher findet sie auch in der Öffentlichkeit abseits von Gewerkschaften, Caritas und anderen Solidaritätsorganisationen nur zerstreut Aufmerksamkeit. Aus unserer Sicht sollten Armutsbekämpfung und Reallohnverfall Priorität genießen und gerade jetzt in einer Übergangsphase zu einer in Südtirol besseren Konjunktur weit mehr Mittel eingesetzt werden, um der jetzt so fatalen Schwächung entgegen zu wirken. Große Sorge in diesem Zusammenhang gilt auch der Pflegesicherung, für die der Begriff „Sicherung“ immer weniger zutrifft. Die in den Haushalt eingestellten Mittel sind zwar bei annähernd 120 Mio. fixiert, der reale Bedarf liegt mit 190 Mio. jedoch weit über dieser Marke und wird auch durch Zufluss regionaler Mittel kaum aufgewogen. Wie soll die künftige Neuaufstellung des Pflegebereichs gestaltet werden, lautet eine Grundfrage an die Landesrätin und den LH – wir bitten um Antwort.
Besondere Beachtung verdienen schließlich Migration und Flüchtlinge: Die vielfältigen Fragen, Herausforderungen und Probleme, aber auch die Chancen der Zuwanderung müssen eingehender als jetzt behandelt werden. Die Abschwächung der Zuwanderungsbewegung ist auffällig, die Lage und Einbindung von Migrantinnen und Migranten, vor allem von Jugendlichen und Frauen, ins System Südtirol bleibt jedoch prekär. Vor allem zur Einbeziehung Jugendlicher ist jetzt noch ein Zeitfenster von wenigen Jahren offen, das jedoch nur unzulänglich genutzt wird. Landesrat Achammer hat sich die Migrationsfrage mit Entschiedenheit und Kompetenz zu Herzen genommen, uns scheint aber auch, dass die Fülle seiner Agenden nicht jene Aufmerksamkeit ermöglicht, die dieser zentrale Zukunftssektor verdiente. Ernstlich zu erwägen wäre, ob nicht eine Stabsstelle unter kompetenter und erfahrener Leitung hier nicht eine Reihe von Agenden entwickeln sollten, um stärker zu steuern als zu reagieren. Junge Migranten bilden ein großes Potenzial, aber es muss systematisch gefördert und ermutigt werden, mit einem Einsatz, den wir jetzt noch vermissen. Und sie sollen sich in Südtirol wohl fühlen, sich diesem Lande verbunden fühlen, wie der Schütze Valdez, der bei der Algunder Kompanie als landesüblicher Migrant mit marschiert.
Am Rande nur ein Hinweis zur Flüchtlingsfrage: Hier hat Bischof Muser gestern Grundlegendes gesagt, was aus seinem Munde weit eher angenommen wird als von Grüner Zunge. Wir sollten in diesem Bereich ein wenig mehr Landeseinheit pflegen und uns das Bundesland Tirol zum Vorbild nehmen, das sich mit manchen Widerständen, aber insgesamt größtem Einsatz um die Flüchtlingsaufnahme müht. Wenn nördlich des Brenners die Aufnahme 10-mal so hoch ist als in Südtirol, dann sollten wir uns ernstlich Gedanken machen, ob wir wirklich jene Solidarität üben, die dem europäischen Ranking unseres Landes entspricht. Unsre Glaubwürdigkeit und Europareife hängen maßgeblich vom Umgang mit diesen oft Ärmsten der Armen ab.
Die Autonomie, zu der wir Grüne unverbrüchlich stehen, ist im Grunde ein großes Gerechtigkeitsversprechen, als Instrument des Ausgleichs zwischen Sprachgruppen. Diesen Maßstab sollten wir ernst nehmen, nicht nur wenn es um die Sprachgruppen und Zusammenleben geht, sondern vor allem im sensiblen Bereich des Sozialen, der auch anzeigt, wie es um die Befindlichkeit der Autonomie steht.
Noch ein Wort an Sie persönlich, Herr Landeshauptmann: Kollegin Brigitte hat sehr gut den Stil beschreiben, der Sie und Ihre Regierung charakterisiert. Es ist ein Stil in Schwarz-Weiss, von dem Effizienz, aber auch Kühle und Distanz ausgehen. Wir haben Sie in diesem Jahr ein wenig näher kennen gelernt und sehen, worin ihre Vorzüge liegen: Sach- und Problemlösungskompetenz, Controlling und ein wenig Neigung zum Perfektionismus, auch in Absetzung zum genialischen Gewurstel Ihres Vorgängers, der ein Meister der schnellen Schusses aus der Hüfte war, der plötzlichen Eingebungen und Rosstäuschertricks, die wir auch ein wenig geliebt haben.
Sie sind anders: Ein wenig sehen Sie sich in der Rolle des Chefsanierers der Südtirol AG, des Topmanagers, der Fehler repariert und neue Anschlüsse herstellt, weniger Landeshauptmann in der martialischen Anmutung dieses Titels, als Leitender Angestellter des Landes, als Südtirol-Ceo, der sich dann in 10 Jahren wohl an die Spitze ein wirklichen Unternehmens setzen wird. Es ist ein Stil, der eine Leerstelle hinterlässt, der Wünschen vieler Bürgerinnen und Bürgern nach Nähe und starker, ständig präsenter Leadership nicht entgegen kommt, ohne jenen wärmenden landesväterlichen Habitus den sich kleine Länder eben wünschen. Wir sehen auch die Defizite dieses Stils mit seinem leichten Hang zur Besserwisserei und seiner Neigung, eher Persuasion als Partizipation zu pflegen.
Sie sollten aber auch wissen, dass wir trotz unserer politischen Distanz und Vorbehalte den Ernst, die Expertise und das Engagement schätzen, mit denen Sie dieses keineswegs leichte Erbe verwalten. Wir ahnen auch den Preis, den Sie und Ihre Familie für dieses Amt entrichten, der wohl ein wenig höher ist, als Sie dies erwartet hatten. In diesem Sinn unseren Respekt, aber auch unsere kritische und entschiedene Opposition, mit jenen Vorbehalten, aber auch Lösungsvorschlägen, für die wir Grüne einstehen.
Hans Heiss
BZ, 16.12.2014