StoppGewaltVerstößt die laufende Pressekampagne „Stopp der Gewalt“ nicht in gravierender Weise gegen das durch die Verfassung auferlegte Diskriminierungsverbot?

Seit einem Monat ist die Debatte um Gewalt unter Jugendlichen voll entbrannt, ausgelöst durch eine brutale Attacke einer Gruppe ausländischer Jugendlicher gegen einheimische junge Männer und eine Frau aus bekannten Familien. Der in jeder Hinsicht verurteilenswerte Angriff mit schweren Verletzungen wurde zum Auslöser einer Kampagne, in der die „Dolomiten“ vor allem den hohen Anteil jugendlicher Ausländer an den gewaltsamen Angriffen hervorhoben. Nun ist unbestritten, dass jugendliche Migranten an gewaltsamen Angriffen beteiligt sind, mit z. T. schweren Verletzungen und psychischen Traumen für die Betroffenen. Die betroffenen Jugendlichen und ihre Familien verdienen Anteilnahme und konkrete Hilfe, wobei die Kampagne gewiss dazu beigetragen hat, die öffentliche Aufmerksamkeit zu heben. Die Kampagne hat allerdings auch Ausländer und vor allem Albaner als potenzielle Gewaltfaktoren im Land über Wochen hinweg in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit gerückt. Nicht nur die Täter selbst, sondern ganze Nationalitäten werden durch die Art der Darstellung als Gefahrenherde inkriminiert und als erhöhte Sicherheitsrisiken klassifiziert. Vor allem junge Albaner, mit 5600 Personen (2011) vor den Bundesdeutschen Angehörige der größten Gruppe von Migranten in Südtirol, rückten als Täter ins Visier der Presse.

Obwohl die „Dolomiten“ ihre Hinweise auf Ausländergewalt durch das Hervorheben „guter Ausländer“ und durch Hinweise auf notwendige Unterscheidung abschwächten, blieben im Rahmen der Kampagne vor allem die negativen Bilder im Bewusstsein der Öffentlichkeit haften, wie aus öffentlichen Reaktionen vor allem in „Sozialen Medien“ hervorgeht. Eine Pressekampagne dieses Zuschnitts ist daher abzulehnen, mag sie auch den Vorzug der Sensibilisierung eines bislang unterdrückten Themas haben und die notwendige Solidarität mit den bisherigen Opfern und Vermeidung künftiger Gewalttaten fördern.

Die Kampagne erreichte ihren Höhepunkt am Tage eines „Sicherheitsgipfels“ in der Handelskammer Bozen (11. Juli 2013), bei dem Staat, Land und soziale Organisationen (allerdings ohne Vertreter der am stärksten inkriminierten Albaner) eine Bilanz der Situation zogen und Maßnahmen vereinbarten. Obwohl die Ernsthaftigkeit vieler Vorfälle nicht in Frage gestellt wird, hielt Präfekt Valenti fest: „von einem Notstand zu sprechen, ist vermessen“.

Die „Dolomiten“ listeten am selben Tag auf zwei Seiten Opfer und Täter von 44 Vorfällen im Zeitraum Frühjahr 2004 bis Juli 2013 auf: Als „Täter“ wurden in 36 Fällen „Albaner“ aufgelistet, hinzu kamen noch mehrere ungezählte Gruppen dieser Nationalität, 3 Mazedonier, 4 Nordafrikaner, einige Pakistani, dazu eine unbestimmte Zahl von „Ausländern“, „vermutlich Ausländern“, „Jugendliche mit Migrationshintergrund, hinzu kamen 2 Süditaliener, 5 einheimische Burschen, je ein Mann aus Meran und aus Leifers. Als Opfer aufgelistet wurden 63 Einheimische, hinzu kamen als wenige Ausnahmen eine Frau aus Marokko und eine Einwandererin. Dies sind freilich keine objektiv erhobenen Daten, sondern Ergebnisse eigener Recherchen und Meldungen Betroffener. Dass in der von den „Dolomiten“ veröffentlichten Liste die zahlreichen gewalttätigen Angriffe von „einheimischen“ Neonazis und -faschos vor allem im Meraner Raum zwischen 2004 und 2009 fehlen, sei hier nur der Vollständigkeit halber angemerkt.

Nochmals: Niemand will die Schwere und tragische Folgen vieler Attacken in Frage stellen, erst recht nicht das Leid der Opfer klein reden, wohl aber verdient diese Form medialer Aufbereitung Kritik, die den Lesern folgendes nahe legt:

  • Die Täter seien in überwiegendem Ausmaß Ausländer, vor allem Albaner;
  • Die Opfer hingegen seien fast ausnahmslos Einheimische, vor allem Jugendliche.

Dies hat zur Folge, dass vor allem Albaner in Südtirol dauerhaft diskriminiert werden und ca. 50-100 „Täter“ dazu ausreichen, um mit ihrer geschätzten Zahl von 1% eine ganze Volksgruppe negativ abzustempeln: Wie sich dies auf die Stimmungslage und Lebensqualität der gesamten Nationalität auswirkt, kann man sich annähernd vorstellen:

Es verhält sich mit solchen Schuldzuweisungen ähnlich wie bei den Südtirolern, die nach 1945 von italienischer Seite allesamt als Nazis gebrandmarkt wurden, da starke Gruppen von ihnen spätestens seit der Option von 1939 mit dem Nationalsozialismus sympathisiert hatten.

Daher richten wir folgende Fragen an die Südtiroler Landesregierung:

Welche sind die genauen Ergebnisse des gestrigen „Sicherheitsgipfels“, welches Maßnahmenpaket wurde verabschiedet?

  1. Wird den Opfern von Gewaltattacken für die erlittenen körperlichen und psychischen Schäden seitens des Landes Hilfe geboten?
  2. Gehörte zum „Sicherheitsgipfel“ nicht auch die Sicherung des Rufes von ausländischen Nationalitäten?
  3. Beurteilt sie die laufende Pressekampagne neben ihren unstrittigen Erfolgen für den Opferschutz nicht als massive und verfassungswidrige Diskriminierung ganzer Bevölkerungsgruppen?
  4. Wird die Antidiskriminierungsstelle (Art. 5 des LG 12/2011) des Landes bewerten, ob mit der angeführten Pressekampagne nicht eine massive und ungerechtfertigte Diskriminierung einer Bevölkerungsgruppe vorliegt?
  5. Welche Statistiken liegen zur Gewalt gegen Personen im Zeitraum 2004-2013 in Südtirol vor, lassen sie sich nach Art der Angriffe, Verletzungen und Altersgruppen aufschlüsseln (um Vorlage wird ersucht)?

 Bozen,12. Juli 2013

Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba

Die Gruppe „verdECOnomia – Grüne Wirtschaft“ der Verdi-Grüne-Vёrc traf sich diese Woche mit Direktor Lun und Direktor Perkmann des Wifo der Handelskammer.

In dem Treffen wollte sich die Wirtschaftsgruppe der Grünen ein Bild von der aktuellen Wirtschaftslage in Südtirol machen und anfallende Themen besprechen.

In dem 90-minütigen Gespräch wurden Themen wie Wirtschaftsförderungen, Kooperationen, Wachstum, Export und auch die Reformagenda des Südtiroler Wirtschaftrings besprochen. Nachdem uns von „verdECOnomia – Grüne Wirtschaft“ speziell die Klein- und Kleinstunternehmen in unserem Land am Herzen liegen, diskutierten wir auch über die optimalen Betriebsgrößen der Unternehmen in unterschiedlichen Branchen. Wie zum Beispiel im Tourismussektor wo eine Größe von 30-40 Betten gut sein kann, aber eine Größe von 70-80 Betten betriebswirtschaftlich sehr schwierig. Erst ab ca. 120 Betten ist betriebswirtschaftlicher Erfolg wieder leichter möglich. Vorausgesetzt das wirtschaftliche Umfeld erlaubt dieses Wachstum auch. Wir von „verdECOnomia – Grüne Wirtschaft“ finden deshalb, dass ein reines Beharren auf mehr Betten sinnlos ist, wenn der betriebswirtschaftliche Kontext nicht berücksichtigt wird.

Man war sich nicht in allen Punkten sich, doch ging es bei dem Treffen nicht um ein Beharren auf Positionen, sondern um ein Kennenlernen verschiedener Standpunkte und ein Zuhören hauptsächlich von unserer Seite.

Lobenswert finden wir, dass das WIFO sich im Herbst dieses Jahres dafürstark machen möchte, die Idee der Sozialpartnerschaft in Südtirol erneut zu beleben und zu stärken. Einem solchen Projekt stehen wir sehr wohlwollend gegenüber.

 

Klaus Egger
Sprecher „verdECOnomia – Grüne Wirtschaft“
+39 339 6219025

Verdi-Grüne-Vёrc

Die Landesregierung hat unsere Anfrage nach denkbarem Einsatz von südtiroler Handwerkern und Baufimen in österreichischen und deutschen Hochwassergebieten positiv reagiert.

HochwassergebietANFRAGE : Können südtiroler Handwerker und Baufirmen in österrreichischen und deutschen Hochwassergebieten nicht gezielt Aufträge übernehmen?

Das jüngste Hochwasser hat in Österreich, Niederbayern und Sachsen-Anhalt, in Ungarn und Tschechien enorme Schäden angerichtet und die Flutkatastrophe von 2002 offenbar weit übertroffen. Die Beseitigung der Schäden in Milliardenhöhe wird im Sommer unter Hochdruck anlaufen müssen, um die Bewohnbarkeit von Häusern, Wohnungen und Betriebsgebäuden vor Wintereinbruch schnellstens wieder herzustellen. Bundesregierungen, Länder und das erfreulich hohe Spendenaufkommen aus Deutschland und Österreich selbst, aber auch aus Südtirol, schaffen hier wichtige Finanzierungsgrundlagen. Dabei stellt sich die Frage, ob nicht das durch gute Qualifikation, Leistungsbereitschaft und Sprachkenntnisse ausgewiesene Südtiroler Handwerk und Bauunternehmen wichtige Aufträge übernehmen könnten: Zum einen, um qualifizierte Handwerksleistungen zügig anzubieten, zum anderen um in Krisenzeiten willkommene Aufträge zu sichern. Beiden Seiten wären damit gedient.

Daher richten wir folgende Anfrage an die Südtiroler Landesregierung:

  • Kann die Landesregierung im Verein mit Verbänden und Handelskammer sich als Mittler einschalten und über Kontakte mit Landesregierungen der Krisengebiete entsprechende Kanäle und Angebote aktivieren?
  • Kann sie durch Garantieleistungen und Bürgschaften die Übernahme allfälliger Aufträge entsprechend erleichtern?

Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba

Hier die schriftliche Beantwortung von Landesrat Thomas Widmann: [gview file=“http://www.verdi.bz.it/wp-content/uploads/2013/07/BeantwortungSüdtirolerBaufirmenInHochwassergebieten.pdf“]

       

Stift-Stams-outsideStift Stams ist eines der wichtigen kirchlich-kulturellen Bindeglieder zwischen Nord- und Südtirol, was zweifellos eine aufmerksame Förderung durch das Land Südtirol ermöglicht: So wurde im vergangenen Jahr der Orgel des Stifts ein bedeutender Beitrag zugewandt, anschließend zur Restaurierung des Stams-eigenen Widums in Untermais ein Beitrag von einer Million € bereit gestellt. Freilich scheinen die Empfänger selbst unschlüssig, wie der letztgenannte Beitrag verwendet werden soll, da im Gegensatz zu anderen Denkmälern kein unmittelbarer Restaurierungsbedarf herrscht. Daher ist die Frage nach dem Sinn der Zuwendung in Zeiten knapper Kassen wohl angebracht.

Daher richten wir folgende Fragen an die Südtiroler Landesregierung:

  1. Welchen Beitrag erhielt Stift Stams von Seiten Südtirols für die Restaurierung der Orgel?
  2. Welcher Beitrag wurde zur Restaurierung des Widums in Untermais zur Verfügung gestellt?
  3. Welche dringenden Restaurierungen werden im Widum Untermais geplant, bis wann sollen sie durchgeführt werden, wer ist der Planer?
  4. Ist bekannt, wie viele Personen im Widum Untermais dzt. leben?

Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba

Bozen, 5. Juli 2013

 

OLYMPUS DIGITAL CAMERAMit mehreren Beschlüssen der Südtiroler Landesregierung, zuletzt am 3.6. 2013, Nr. 865 wurden zugunsten von Unternehmen in Industrie, Handwerk, Dienstleistung und Handel Mietzuschüsse für „neue Tätigkeit“ genehmigt, falls das Unternehmen in Südtirol bisher noch keine Tätigkeit ausgeübt hat. Die Unternehmen müssen mit Ausnahme der Nahversorgung mindestens vier Beschäftigte mit Ausnahme der Inhaber aufweisen, gewährt werden Zuschüsse auch für Parkplätze und Nebenräume, sie können für Miet-, Untermiet- und Pachtverträge bei einer Mindestmietdauer von 24 Monaten und bei einer Beschäftigungsdauer vin mindestens 6 Monaten gewährt werden. Die Zuschüsse können innerhalb 30 Tagen ab Inkrafttreten des letzten Beschlusses gewährt werden, die Gesuche müssten also nach Terminverfall Anfang Juli inzwischen vorliegen.

Daher richten wir folgende Fragen an die Südtiroler Landesregierung:

  1. Wie viele Ansuchen sind innerhalb der Frist Anfang Juli eingegangen?
  2. Welche Branchen haben Gesuche vorgelegt (eine Aufschlüsselung nach Sektoren wird erbeten)?
  3. Wie hoch liegt die Gesamtsumme der beantragten Beiträge, wie hoch liegt sie bei den einzelnen Branchen?

Bozen, 5. Juli 2013

Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba

 

RiccardoHansDie „Arbeitsgruppe Selbstbestimmung“ veröffentlicht heute eine Umfrage, wonach 54% der deutsch- und ladinischsprachigen Südtirolerinnen und Südtiroler im Falle eines Selbstbestimmungs-Referendums sich für die Unabhängigkeit von Italien entscheiden würden. Eine Stichprobe von 700 Befragten (unter Ausschluss der Italienerinnen und Italienier im Lande!) bekundet in Telefoninterviews, im Fall einer Wahl über die Zugehörigkeit zu Italien oder Unabhängigkeit zu 54% der Unabhängigkeit den Vorzug zu geben, während nur mehr 26% für einen Verbleib bei Italien einträten, 20% legen sich nicht fest. Das 54%-Resultat klingt zwar beeindruckend, hätte man aber auch Italienischsprachige  befragt, so wären die Unabhängigkeitsbefürworterinnen und -Befürworter sofort in die Minderheit geraten.

  •  Zudem ist der Begriff Unabhängigkeit mehrdeutig: Wohlweislich wird in der Umfrage nicht präzisiert, ob „Unabhängigkeit“ einen Freistaat, Rückkehr zu Österreich oder größere Autonomie bedeuten soll. Die genannte „Unabhängigkeit“ bedeutet aber wohl vorab eine besser abgesicherte und krisenfeste Autonomie. Es ist vielmehr erstaunlich, dass trotz wenig autonomiefreundlicher Regierungen von Mitte-Rechts-Zentrum (2008-2013), ständiger Haushaltskürzungen, Steuererhöhungen und der chronischen Wirtschaftskrise so viele Deutsch- und Ladinischsprachige für einen verbesserten Status Quo plädieren. Diese Bürgerinnen und Bürger setzen vorab auf die Autonomie Südtirols samt ihren Vorzügen und lehnen Illusionen und Experimente ab.
  • Leider wurde vergessen anzuführen, dass vor exakt zwei Jahren (Juni 2011) bei einer gleich lautenden Umfrage der „Arbeitsgruppe Selbstbestimmung“ 2% mehr Befragte, nämlich 56%, der Unabhängigkeit den Vorzug gaben. Und nochmals fünf Jahre zuvor, im Juni 2006, wurde eine ähnliche Umfrage vorgestellt: Damals befürworteten rund 55% die Unabhängigkeit, Freistaat oder Rückkehr zu Österreich. Der Zuwachs an Unabhängigkeits-Befürwortern seit 2006 ist also nicht berauschend, wenn man bedenkt, mit welcher Dynamik die Betreiber durch die Lande wirbeln.

Die Befragten distanzieren sich zwar vom krisengeschüttelten Italien deutlich stärker als noch 2011 oder 2006 (damals wünschten noch 44 bzw. 45% einen Verbleib bei Italien). Nicht der Traum von Selbstbestimmung und Sezession, sondern der Ausbau der Autonomie, das konkrete Zusammenleben seiner Bürgerinnen und Bürger und die europäische Öffnung Südtirols zu seinen Nachbarn sind die Zukunftsaufgaben unseres Landes.

Das seit geraumer Zeit fertig gestellte Blockheizkraftwerk von Bolzano Energia nördlich der Sachsenklemme hat zu Jahresbeginn 2013 einen dreimonatigen Testbetrieb aufgenommen, der am 31. März 2013 zu Ende gegangen ist. Nunmehr sollte ein entsprechendes Messprotokoll vorliegen, das die Emissionswerte ermittelt und die Einhaltung der Grenzwerte bestätigt und den weiteren Betrieb ermöglicht oder Nachbesserungen verlangt. Auch die Beitragssituation bleibt weiterhin von Interesse: Obwohl das Amt für Luft und Lärm auf eine erste Grünen-Anfrage mitgeteilt (Prot. 75146, 6. 2. 20123) hat, dass die Umweltagentur keine Beiträge gewährt habe, gibt es vielleicht andere Landesquellen.

 

Daher richten wir folgende Fragen an die Südtiroler Landesregierung:

  1. Welches Ergebnis haben die Emissionstests per 31. 3. 2013 erbracht (um kurze Zusammenfassung der Resultate wird ersucht)?
  2. Welcher Kraftstoff wurde für den Betrieb verwendet: handelte es sich um Pflanzenöl, Palmöl oder Jatropha-Öl: lagen Zertifizierungen vor?
  3. Hat Bolzano Energia Landesbeiträge z. B. aus dem Amt für Energieeinsparung erhalten, wenn ja, in welcher Höhe?

 

Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba

Bozen, 1. Juli 2013

 

Wie können die Bienenstände Südtirols vor verschärften Auswirkungen des Pestizid-Einsatzes geschützt werden?

BienenIn der aktuellen Debatte um den Pestizid-Einsatz und die Koexistenz von konventionellem Obstanbau und biologischer Landwirtschaft rückt ein Aspekt zu sehr in den Hintergrund: die Imkerei und Erhaltung der Bienenstände. Tatsächlich verlangen rasch wachsende Probleme in diesem Bereich dringend nach Lösungen.

Denn in der westlichen Landeshälfte, zumal im Burggrafenamt und im Vinschgau, führt die im heurigen Jahr verstärkte Pestizid-Ausbringung zu Besorgnis erregenden Situationen. Wegen des dort trotz erfolgreicher Bekämpfung weiterhin auftretenden Besenwuchses beginnt Anfang März eine intensive, in den letzten 10 Jahren verstärkte Spritzkampagne, die ob der anhaltenden Regenfälle im heurigen Frühjahrs besonders massiv ausfiel und die gerade dort besonders starken Bienenstände offenbar dezimiert hat. An Bienenständen in den betroffenen Gebieten, wo es früher von Bienenschwärmen wimmelte, ist heuer nach erfolgten Spritzungen in der Nähe des Obstbaus kaum mehr geregelter Bienenflug anzutreffen. Der bienengefährdende Pestizid-Einsatz nimmt annähernd folgenden Verlauf:

  • Die Spritzaktionen beginnen Anfang März mit Trebon, das Winterbienen besonders zusetzt und ihre Bestände ausdünnt. In vielen Gebieten gibt es noch eine zweite Trebon-Spritzung, die nochmals Flugbienenverluste verursacht.
  • Der Einsatz erreicht einen ersten Höhepunkt mit Chlorpyrifos, einem seit 10 Jahren gebräuchlichen Nervengift unter dem Handelsnamen Dursban, das gegen saugende und beißende Insekten eingesetzt wird. Dursban wird in zwei Aktionen (April und Anfang Mai) ausgebracht; nach dessen Ausbringen dürfen die Bauern die gespritzte Wiese zum Selbstschutz drei Tage lang nicht mehr betreten. Eine eventuell dritte Aktion mit Dursban folgt Anfang Juni.
  • Direkt in der Blütezeit wird das zu Unrecht als relativ ungefährlich eingestufte Calypso, ein Neonikotinoid, eingesetzt. Während die ersten beiden Pestizide die Bienenstände weitgehend vernichten, bewirkt Calypso bei den Insekten einen alzheimerartigen Verwirreffekt: Die Bienen finden ihre Stöcke nicht mehr auf und gehen zugrunde. Der negative Einfluss von Calypso auf Sammelverhalten und das Lernvermögen von Honigbienen ist nachgewiesen.
  • Hinzu kommen starke Dosen von Confidor als Lausmittel u. a. Mittel, ebenfalls aus der Gruppe der für die Bienen bedenklichen Neonikotinoide.

Somit werden innerhalb von 12 Wochen bis zu 6 bienengefährliche Insektizide empfohlen und eingesetzt. Standimker in unmittelbarer Nähe des Obstbaugebietes sind gezwungen, ihr Hobby oder ihren Nebenerwerb aufzugeben, falls sich die Sachlage nicht unmittelbar ändert. Manche Imker sehen sich daher gezwungen, Bienenvölker vor den Spritzkampagnen aus betroffenen Gebieten zu bergen und in höhere Lagen bzw. pestizidfreie Regionen zu verbringen, um sie dann wieder repatriieren.

Bei mindestens vier Spritzserien im Jahr kommen die Bienenvölker unter starken Druck, der sich heuer ob der Regenfälle und der dadurch notwendigen Zusatzspritzungen weiter verstärkt hat. Professionelle Imker erleben ein Jahr wie 2013 als existenzbedrohend und müssen sich überlegen, ob sie die Imkerei unter solchen Bedingungen noch weiter betreiben können.. In Aussprachen zwischen Imkern und Vertretern der Landwirtschaft wurde im heurigen Frühjahr zwar eine gemeinsam anzustrebende Lösungsstrategie besprochen, aber vorerst offenbar ohne Wirkung. Ein Stopp des zunehmenden Bienensterbens ist jedoch anzustreben, nicht nur im Interesse der Imker und ihrer Bienenvölker, sondern auch wegen der Befruchtungseffekte der Bienen auf die Blüten. Auch wenn inzwischen viele Bauern den Beitrag der Biene zur Befruchtung nicht mehr hoch schätzen und sogar herunterspielen, ist ihr Beitrag sicher bei 20-30% der Ernte anzusetzen.

Die Imker selbst haben eine Reihe Ziel führender Vorschläge erarbeitet, die zu beherzigen sind, wie folgende Regeln:

  • Kein Spritzen von bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln auf blühende Pflanzen, da dies die Bienen besonders gefährdet; schonendes Vorgehen in der Vorblütezeit, Kontrolle durch ein Monitoring-System;
  • Bevorzugtes Ausbringen insektengefährlicher Mittel bei schwachem Bienenflug in den Abend- und Nachstunden;
  • Stichprobenartige Rückstandsanalysen blühender Pflanzen zur Erhebung von Pestiziden;
  • Stichprobenartige Kontrollmaßnahmen direkt beim Ausbringen von Pestiziden;
  • Wissenschaftliche Beobachtung ausgewählter Bienenstandorte mit Kontrolle des Bienenflugs und Rückstandsanalysen in Wachs, Pollen und Honig;
  • Auch die Frage des allfälligen Schadensersatzes ist offen.

Kürzlich hat sich auch der Südtiroler Landtag in einem Beschlussantrag mit der Frage der Auswirkungen der Pestizide auf Bienen befasst, wobei der Laimburg ein Monitoring-Auftrag erteilt wurde. Ein erster Schritt der Anerkennung der Problematik, die aber bislang verharmlost wird.

Daher richten wir folgende Anfrage an die Südtiroler Landesregierung:

  • Wie lässt sich die Koexistenz zwischen Imkern und Obstbauern verbessern, wird ein ständiges Monitoring (Laimburg, Beratungsring, AGRIOS, Imker- und Bauernbund) zur Klärung der auftretenden Fragen eingerichtet?
  • Wird ein zielführendes Maßnahmenpaket für das Jahr 2014 ausgearbeitet, wer überwacht die Umsetzung?
  • Wie stellt sich die Haftungsfrage, wer haftet und ersetzt den Imkern die Schäden, wie kann eine gerechte, rechtlich fundierte Bewertung und Quantifizierung vorgenommen werden?

Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba

Bozen, 28. Juni 2013

 

Bibliothek-Buecher_artikelBoxDie in einem Gebäude vereinten Stadtbibliothek Bruneck, die Bibliothek der Universitäts Außenstelle Bruneck und das künftige Stadtarchiv sind nach einer Übersiedlungsphase ab Mitte Juli betriebsbereit. Der nach N. C. Kaser benannte Bau trägt den sinnigen Namen LibriKa und ist auch finanziell ein beachtliches Kaliber. Die Gesamtkosten dürften bei ca. 10 Mio. € (davon für die UB ca. 2,7 Mio. €) liegen, was sich im Fall der Stadtbibliothek Bruneck gewiss rechnet: Sie ist dank guter Bestände und Führung traditionell stark besucht und verdient sich nach Jahren höchst beengter Unterbringung einen würdigen Sitz für ihre ca. 100.000 Besucher, während die Universitätsbibliothek (UB) auf eine eher magere studentische Nutzung aus den Fächern Tourismus zählen dürfte.

Daher richten wir folgende Anfrage an die Südtiroler Landesregierung:

  1.  Wie hoch liegen die Kosten für Planung, Bau, Einrichtung der LibriKa, wie verteilen sie sich auf die jeweiligen Einheiten Stadtbibliothek und UB?
  2. Wie viele Studierende der Fächer Tourismus gibt es in Bruneck, wie groß sind das Raumangebot und die Bestände der Universitätsbibliothek?
  3. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt es in der Stadt-, wie viele in der Universitätsbibliothek?

 

Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba

Bozen, 28. Juni 2013

 

UrbanisticaAbschiedgeschenk der „Ära Durnwalder“

Aus der „Kleinen Reform“ der Raumordnung von Pichler Rolle ist ein monströses Gesetz geworden. Die Landesregierung hat nicht nur den Gesetzesentwurf in einen unlesbaren Omnibus gegossen, der 14 Landesgesetze verändert, zu allem Überfluss hat sie für das Plenum auch noch 75 neue Abänderungsvorschläge eingebracht, die von vier verschiedenen Landesräten und weiteren fünf Abgeordneten der Mehrheit unterfertigt sind. Sie alle scheinen unterwegs in einem Wettlauf, um ihre verschiedenen Wählerklientelen zufrieden zu stellen.

Unter den gravierendsten Änderungsanträgen für das Plenum befinden sich folgende:

  1. Die Wiedervorlage des Widmann-Artikels über die Gewerbezonen auf Privatinitiative. Dieser Artikel war von der Kommission zwar gestrichen worden, aber Landesrat Widmann legt ihn nun wieder vor: Verändert in der Form (und noch weit verwirrter als zuvor!), aber identisch in der Substanz: Nicht mehr die öffentliche Körperschaft nimmt die Planungshoheit über das Territorium wahr, sondern der private Besitzer, der die Übernahme von Gewerbezonen vorantreibt und die öffentliche Hand unter Druck setzt (hierzu der Minderheitenbericht).
  2. Das Benko-Gesetz: Aufgrund einer persönlichen Vereinbarung mit Bürgermeister Spagnolli, hat der frühere Bozner Vizebürgermeister Pichler Rolle in der Kommission die neuen Art. 55-bis und 55-ter eingebracht, die – im Widmann’schen Stil – „Zonen für die städtebauliche Umstrukturierung durch private Initiative“ vorsehen. Das derzeit geltende Verfahren wird auf den Kopf gestellt: Nicht die Gemeinde legt – unter Berücksichtigung des Gemeinwohls – im Bauleitplan die umzustrukturierenden Zonen fest, sondern ein Privater. Dieser setzt – nachdem sie die für sie attraktiven Stadtteile im Vorfeld angekauft hat – die Gemeinde unter Druck, damit diese Areale als „zu umstrukturierend“ erklärt und einem Dringlichkeitsverfahren unterworfen werden, das die Beteiligung der BürgerInnen (oder der Anrainer) nicht mehr vorsieht. Der Gemeinderat wird erst am Ende des Verfahrens einbezogen, wenn alle Entscheidungen bereits getroffen wurden.

Diese neu eingeführte Norm überspringt die Mehrheit, den Stadtrat und die Stadträtin für Urbanistik der Gemeinde Bozen. Nach einer heißen Debatte hat LR Tommasini nun einen sogenannten „Kompromissvorschlag“ eingereicht, der alles andere als ein Kompromiss ist.

Der neue Vorschlag von Tommasini führt eine zweigleisige Prozedur ein:

  • Einerseits führen die Art. 55-bis, -ter und -quater eine ähnliche wie die aktuell gültige Bestimmung wieder ein, die auf Einführung von Zonen der städtebaulichen Umstrukturierung in den Bauleitplan unter der Regie der Gemeinde fußt.
  • Zudem wird mit dem neuen Art. 55-quinquies auch die Möglichkeit vorgesehen, die „Zonen für die städtebauliche Umstrukturierung durch private Initiative“ beizubehalten. Diese höhlen die Befugnisse der öffentlichen Behörde und der Bürger aus und stufen die Stadtplanung auf die Ebene einer Vereinbarung zwischen dem Bürgermeister und einer Privatperson herab, wobei der Gemeinderat erst nach beschlossener Sache involviert wird. Offenbar soll genau diese Prozedur für Benko angewandt werden, der davon ausgeht, dass das Hotel Alpi nur deshalb zur „umzustrukturierenden Zone“ erklärt werden muss, weil er es erstanden hat. Sein Projekt berücksichtigt hingegen überhaupt nicht das baufällige Gebäude in der Garibaldistraße, das wirklich in einem äußerst kritischen Zustand ist!

Wir bedauern es, in dieser Angelegenheit unseren radikalen Dissens mit dem von uns geschätzten Bürgermeister Gigi Spagnolli erklären zu müssen: Die Grüne Fraktion wird im Landtag mit allen Mitteln für eine Streichung des Art. 55-quinquies eintreten!

Die „Lex Benko“ und die „Gewerbegebiete auf Privatinitiative“ offenbaren den Geist dieser „Raumordnungs-Reform“, die den Raum den Privatpersonen ausliefert. Sie verletzt das Gemeinwohl, macht Planungsmaßnahmen zu Nichte und unterwirft unsere Stadtzentren der Macht des Marktes und der Profitgier.

In der Tat haben auch die restlichen Artikeln (Details im Minderheitenbericht) dieses „Reförmchens“ schwerwiegende Auswirkungen:

  1. Es entmachtet die Gemeinderäte, delegiert an die Gemeindeausschüsse die wichtigsten Entscheidungen über Bauleitpläne sowie über Durchführungs- und Wiedergewinnungspläne und blockiert somit die Partizipation der BürgerInnen;
  2. Es schmälert die Rolle der Sachverständigen in den verschiedenen Kommissionen vor allem auf dem Gebiet von Raumordnung und Landschaftsschutz, zugunsten der politischen Vertreter und der Partikularinteressen;
  3. Es heizt den Flächenverbrauch an, ermuntert zur Verbauung von landwirtschaftlichen Flächen und zur Zersiedelung, dies durch Bestimmungen zur Kubaturerweiterung, durch Änderungen der Zweckbestimmung von Hotels, durch Aussiedelung von Hofstellen;
  4. Es verursacht höhere Ausgaben für die öffentlichen Hand, indem es Enteignungen durch Kauf ersetzt und Erschließungsbeiträge der neuen Gewerbezonen den Gemeinden anlastet;
  5. Es baut nicht die Bürokratie, sondern die Demokratie ab;
  6. und enthält unweigerlich auf einzelne Personen zugeschnittene Bestimmungen.

Die annähernd 300 eingebrachten Abänderungsanträge machen es den Landtagsabgeordneten nicht möglich, eine kompetente Diskussion über dieses Gesetz zu führen und eine entsprechend fundierte Stimme abzugeben.

Im Namen von Umwelt- und Landschaftsschutz, des Schutzes unserer Städte und der historischen Bausubstanz, fordert die Fraktion der Grünen die Landesregierung und Landesrat Pichler Rolle auf, dieses Gesetz zu widerrufen und im ersten Jahr der neuen Legislaturperiode eine organische Raumordnungsreform zu verabschieden, die den Flächenverbrauch einstellt, die Transparenz und die Vereinfachung der gesetzlichen Bestimmungen sowie die Gleichbehandlung aller Bürgerinnen und Bürger gewährleistet.

Bozen, 25. Juni 2013

Riccardo Dello Sbarba
Hans Heiss