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verschwendetes-geldDas hartnäckige Festhalten des Landeshauptmanns am Flughafen Bozen bedeutet nicht nur Verschwendung von Steuermitteln, sondern widerspricht auch Kompatschers eigenen Ankündigungen.
„Irren ist menschlich, aber auf Irrtümern zu beharren teuflisch“ – an das alte lateinische Sprichwort denkt man, hört man die verzweifelten Versuche des Landeshauptmanns, den Ausbau des Flughafens zu begründen: Man habe bereits an die 100 Millionen € eingesetzt, nun gelte es weiter Geld in die Hand zu nehmen, um die verlorenen Beträge wieder wettzumachen. Eine mehr als problematische Argumentation, die jeglicher Logik widerspricht. Diese würde nämlich vielmehr erfordern, einen bereits vollführten Fehler einzugestehen, um sich möglichst rasch aus einem Verlustgeschäft zurück zu ziehen. Die Argumentation des LH gleicht eher der eines Spielers, der beim Roulette große Verluste erlitten hat und nun nochmals alles auf eine Karte setzt. Oder der Begründung eines Alkoholikers, der noch eine letzte Flasche ordert, um sich von der Sucht zu befreien.

  • Auf die unablässig verbrannten Mittel haben wir Grünen seit bald 15 Jahren ständig hingewiesen: Von den planlosen Anfangsinvestitionen (15 Mio.) bis hin zur unverantwortlichen Finanzspritze für Air Alps (4,5 Mio).
    Hätte man die Steuergelder etwa für eine Tram ins Überetsch eingesetzt, könnten nun täglich Tausende SüdtirolerInnen von einem stark erleichterten Pendleralltag profitieren. So bleiben enorme öffentliche Mittel relativ wenigen, beinahe handverlesenen Fluggästen vorbehalten. Jeder von ihnen – so die Antwort auf unsere entsprechende Landtagsanfrage – kostet dem Land Südtirol 84,6 Euro (gegenüber den 5,8 Euro eines Bahnreisenden und den 2 Euro von BusbenutzerInnen). Hinzu kommt eine CO2-Belastung, die beim Fliegen 19-mal höher ist als beim Busfahren und angesichts einer Alpenkonvention, deren Verkehrsprotokoll vorsieht, Umweltbelastungen durch Flugverkehr im Alpenraum so weit wie möglich zu senken.
  • Nicht wirtschaftliche Gründe und haushaltspolitische Sorgfalt, sondern Druck der Wirtschaftslobbies bestärken den LH in seinem Pro-Flughafen-Flughafenkurs. Anders ist nicht begreiflich, wie er die Förderung von Tourismus und Betriebsansiedlungen als Argument heran zieht, wohl wissend, dass der Anteil des Flughafens am Incoming des Tourismus in Südtirol unter 1% liegt und somit bedeutungslos ist. Und dass internationale Player Südtirol als Betriebsstandort links liegen ließen, sofern sie keinen Flughafen vor Ort hätten, ist in Zeiten von Streamingkonferenzen als Argument doch ziemlich bei den Haaren herbei gezogen.
  • Schließlich widerspricht das beinahe sture Beharren auf dem Irrtum auch eigenen Aussagen Kompatschers, der im Landtagswahlkampf 2013 stets eine Volksabstimmung zur Zukunft des Flughafens angekündigt hatte. Zu diesem Schritt bzw. zumindest zu einer beratenden Volksbefragung gäbe es bald schon Gelegenheit. Wir Grünen haben einen Gesetzentwurf im Landtag hinterlegt, der den Ausstieg des Landes aus Flughafen und Fluglinienfinanzierung vorsieht. Mit der absoluten Mehrheit der Landtagsabgeordneten könnte man hierzu (gemäß Landesgesetz Nr. 11 vom 18.11.2005, Art. 16) eine beratende Volksbefragung abhalten, bevor es endgültig verabschiedet wird. Die SVP ist also aufgefordert, diese Möglichkeit aufzugreifen und in den nächsten Monaten Bürgerinnen und Bürger zu ihrer Meinung in Sachen Flughafen zu befragen. Und deren Abstimmungsergebnis im Anschluss auch dann entsprechend umzusetzen, wenn es der Auffassung des Landeshauptmanns widerspricht.

30.12.2014
Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss

Hans HeissREDE ZUM HAUSHALTSGESETZ 2015
Die Haushaltsrede von Landeshauptmann Kompatscher kreist – wie bereits von zahlreichen Kollegen bemerkt – in ihrer Argumentation um eine zentrale Hauptachse, um den Begriff „Sicherheit“.
Dass der Landeshauptmann den Sicherheits-Aspekt so sehr in die Mitte rückt, muss umso mehr auffallen, als die Regierungserklärung vor einem knappen Jahr auf völlig andere Grundwerte abhob:
Die Rede vom Jänner 2014 handelte nur am Rande von „Sicherheit“, als vielmehr von Verantwortung und Freiheit. Im Zentrum stand die Verantwortung der einzelnen Bürgerinnen und Bürger, der Unternehmen, der Verantwortlichen in Land und Gemeinden, von denen jeder für sich, in Freiheit und Eigenständigkeit Südtirol entschieden voran bringen sollte. Es war eine Rede des Ordoliberalismus, die nach Jahren der Bevormundung, des Paternalismus und Steuerung von oben, Freiheit, Gestaltung und Verantwortung der einzelnen Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Gewerkschaften, Verbände und Kategorien als neu zu stärkende Werte hervorhob.
Und nun aber, nach nicht einmal einem Jahr die Wende hin zur „Sicherheit“? Dies muss erstaunen, wohl auch befremden, gerade angesichts eines z.T. verjüngten Regierungsteams und eines Landeshauptmanns, dessen Jugendlichkeit trotz beginnenden Grauschleiers seines dichten, nicht lichten Haupthaars eine konstante Komponente seiner elastischen Erscheinung bildet.
Die Kehrtwende hin zur Sicherheit verweist auf dreierlei:

  • Der allgemeine Horizont der italienischen und der europäischen Politik hat sich verdüstert, die wirtschaftliche Lage bleibt konstant eingetrübt. Anders als noch Anfang 2014 erhofft, ist die italienische Konjunktur nicht angesprungen, der Effekt des Renzi-Bonus längst verpufft. Die Ukraine-Krise und die daraus resultierenden Sanktionen haben ebenso lähmend gewirkt wie die Stagnation des Euro-Raums und der zentralen Player Asiens. Klar wird vielmehr: Die europäische Krise bleibt chronisch, noch weit düsterer aber ist der italienische Krebsgang, der in einen langfristigen Abstieg führt, mit bleibend geminderter Wirtschaftsleistung und Konkurrenzfähigkeit, mit schlechter Produktivität und breiten Zonen der Deindustrialisierung und Verarmung. Der Abstieg scheint von historischer Dimension, ein unabsehbar währender Declino wie jener in der Renaissance scheint unausweichlich zu sein. In solchen Szenarien wächst der Wunsch nach Sicherheit, der freilich mehr Beschwörung ist als Tatsache.
  • Das italienische Desaster schlägt auch auf die Situation Südtirols voll durch: Durch seine wirtschaftlichen Kollateralschäden mit geschwächter Binnennachfrage in Tourismus und anderen Sektoren, durch anhaltend hohen Druck bei direkten und indirekten Steuern und Bürokratiekosten als weiterer Folge. Die Beziehungen Bozen-Trient-Rom sind formell zwar die von Koalitionspartnern, sie gleichen aber ein wenig jenen des Dreibunds von 1882 zwischen Italien, Deutschland und Österreich-Ungarn: Offiziell Freundschaft und Bündnispartnerschaft, untergründig anhaltendes Misstrauen und stetes Risiko. Der in diesem Hause bereits vorgestellte, nun offenbar auch im Senat akzeptierte “Sicherungspakt“ zwischen Südtirol und der Regierung trägt seinen Namen daher voll zu Recht: Er ist kein Sicherheitspakt, sondern bedarf steter Absicherung; dauernd eingeschlagener Haken; die in Form von Emendamenti und Durchführungsbestimmungen in brüchigem Gelände fixiert werden.
  • Neben dem größeren Rahmen rings um Südtirol erweist sich aber auch die innere Lage unseres Landes als hoch fragil, da die Nachbeben der Ära Durnwalder sich nicht nur als leichtes Vibrieren des politischen Untergrundes äußerten, sondern sich zur sismischen Katastrophe ausweiteten. Der im Februar aufgeflammte Rentenskandal hat nicht nur die Legitimation von uns beteiligten Mandataren tief geschwächt, sondern die Glaubwürdigkeit der herkömmlichen Politik insgesamt ausgehöhlt, bis kurz vor Ramsch-Niveau. Darüber hinaus war der Skandal auch eine Bewährungsprobe für die Medien, die sich der Herausforderung nur begrenzt gewachsen zeigten, oft sogar völlig versagten. Schließlich unterspült auch der Anlauf zur Gesundheitsreform das Vertrauen ganzer Bezirke zur Mehrheitspolitik und der Politik insgesamt, wird er doch von den viel berufenen „Leuten draußen“ nicht als notwendiger und nachvollziehbarer Prozess erlebt, sondern als Anschlag auf ihre Lebensgrundlagen. Anstatt der erhofften Stabilisierung des politischen Kräftefeldes nach SEL-Skandal und Generationswechel setzte sich die Destabilisierung mit einer Wucht fort, die alles Vorstellbare überstiegen hat: Der Mure von 2011/12 folgte – geologisch gesprochen – 2014 ein Bergsturz, der die politische Landschaft völlig neu definierte. Und diese Landschaft bröckelt gerade an ihren Rändern, zumal im Bereich Gesundheit, wo die angekündigte Reform die Loyalität der Grenzbezirke Südtirols spürbar untergraben hat.

Verständlich daher die Rede von der Sicherheit, die freilich in vieler Hinsicht ein Wunschbild bleibt, eine fromme Illusion. Die Rede von Sicherheit nimmt aber auch Abstand, sie setzt sich ab vom durchaus begrüßenswerten neuen Wertehorizont, von Freiheit und Verantwortung, der schneller preis gegeben wird, als dies dem Land und seinen Verantwortungsträgern gut tut.
Wir sind dazu verpflichtet, mit dem Risiko zu leben, mit dem Recht und der Pflicht, nach Sicherheiten zu suchen. Wir sollten dabei aber zur Kenntnis nehmen, dass die Ausgangsbedingungen Südtirols weiterhin ungleich besser sind als jene vieler anderer Regionen Italiens und Europas. Es gilt daher, weniger auf die Risiken zu starren, als vielmehr die Chancen neu zu bewerten, die weiterhin hoch sind, mit dem Ziel die Potenziale und Optionen unseres Landes zu stärken.
Ein Ausgangspunkt sollte die Einsicht sein, dass die Haushaltslage anhaltend gut ist, dass die Spiel- und Manövrierräume des Landeshaushalts höchst beachtlich sind. Mit 4,6 Mrd. € beträgt der Haushalt unseres Ländchens immerhin 1,5 % des deutschen Bundeshaushalts, der bekanntlich für 80 Mio. Bürger zu sorgen hat, ein Zehntel des Landeshaushalts von Bayern, das aber 25 mal größer ist als Südtirol. Die Pro-Kopf-Verschuldung erreicht in Nordrhein-Westfalen 33.000 € pro Einwohner. Wenn wir die italienische Staatschuld von annähernd 2300 Mrd. Euro umlegen auf die Pro-Kopf-Quote in Südtirol, liegen wir mit knapp 35.000 Euro annähernd auf dem Niveau des größten deutschen Flächenlandes; ohne die Schulden von Land und Gemeinden, die annähernd 2000 Euro erreichen.
Wir Grüne warnen also davor, aus Angst vor drohender Überschuldung einen harten Kurs der Austerität einzuschlagen, die Flucht anzutreten in die scheinbare Sicherheit überzogener Haushaltskonsolidierung, die vielleicht glänzende Zahlen beschert, aber auch lähmt und Chancen abschnürt. Wir halten den Kurs einer neuen Sparsamkeit für den richtigen Weg, da er innere Spielräume öffnen kann, aber nur dann, wenn er nicht in eine neue Sanierungsmanie umkippt. Aber Sparsamkeit ist nur eine Etappe eines notwendigen Pfades: Wir haben vielmehr darauf zu achten, dass Südtirol neue Stärken und Lebenschancen in den Bereichen fördert, die Zukunft versprechen. Und mehr denn je zuvor sollte Politik ihr Augenmerk richten auf die Sicherung von Gerechtigkeit, die den innersten Kern der Autonomie ausmacht.
Drei Königswege führen zu Zukunft und Gerechtigkeit: Bildung und Innovation, Gesundheit und gutes Leben, sozialer Ausgleich und würdige Lebensperspektiven für alle gefährdeten Gruppen und Personen.
Südtirol hat ein gut ausgebautes und stark finanziertes Bildungssystem. Wer aus anderen Regionen und auswärtigen Ländern die Schulen Südtirols besucht, erblasst oft vor Neid: Schulbauten und didaktische Ausstattung, die periphere Abdeckung ländlicher Räume mit Bildungsangeboten sind vorbildhaft: Schulergebnisse von PISA und Invalsi sind vielfach exzellent, die Durchlässigkeit besser als in vielen deutschen und österreichischen Ländern, die duale Ausbildung funktioniert. Und dennoch: Die Schulergebnisse münden zwar meist auch in Arbeitsplätze, aber zu selten in Berufsfelder, die die persönlichen Perspektiven der Arbeitenden dauerhaft verbessern. Es mangelt an Berufsbildern, wo die Energie und Leistungsfähigkeit junger Menschen kraftvoll zum Tragen kommt.
Wer einen Job erhält, findet anschließend oft nicht jene Aufstiegs- und Verwirklichungschancen vor, Perspektiven, die die ihm / ihr selbst nützen und die Produktivität von Unternehmen, Dienstleistern und Verwaltungen erhöhen. Südtirols Arbeitsmarkt ist zwar aufnahmefähig, aber durchzogen von einer gläsernen Decke, die eher das Mittelmaß fördert – in Bezahlung, Leistung, Aufstiegschancen,zudem nach Geschlechtern gebrochen. Einem hohen Stand der Grundausbildung folgt allzu oft der Stillstand von Routinejobs, die zu wenig Mehrwert und Wertschöpfung hervorbringen. Südtirol erreicht zwar einen Beschäftigungsrad von 70%, aber die hohe Zahl an KMU’s lässt oft die Potenziale der Beschäftigten ebenso verkümmern wie die Kleinheit und geringe Arbeitsteilung von Betrieben die Markt- und Produktivitätsräume der Unternehmen lähmen. Unser Bildungssystem ist daher wie ein Motor, der zwar zu hoher Tourenzahl fähig ist, aber wegen der falschen Übersetzung in den Berufsfeldern einen dürftigen Wirkungsgrad erzielt und seine Kraft nicht auf den Boden bringt.
Die wichtigste erneuerbare Energie des Landes, die Bildungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft von Jungen, bleibt so allzu oft ungenutzt. Oder Begabte gehen dort hin, wo sie ihre Fähigkeiten besser eingesetzt und entlohnt finden: In Hotels in London, in Krankenhäusern in Ingolstadt, an der Verwaltungsspitze des Kantons Graubünden, , als Fertigungssteuerer bei südwestdeutschen Autozulieferern, als digitale Wunderwuzzis in Seattle, als Landesrätin in Vorarlberg, als Moderatoren von Talkshows und „Wetten dass!“. All die heimatfernen Youngster sind eine veredelte Form der Emigration.
Der Exodus hat seinen Grund: In der regionalen Wettbewerbsfähigkeit unter 262 Regionen Europas findet man Tirol an 128. Stelle, das Trentino auf Platz 145, Südtirol aber im Schlussfeld auf Position 173, ähnlich wie im Bereich Innovation, wo Südtirol gleichfalls auf Platz 167 liegt, weit hinter dem auf Platz 89 postierten Tirol.
Auch wenn die Exportfähigkeit unseres Landes sichtlich gestiegen ist und diese mit über 2500 exportierenden Unternehmen auf einer breiten Palette beruht, so ist dennoch bedenklich, dass die Hälfte des Exportwertes auf nur 25 Unternehmen entfällt und dass 230, also nur 10% der Unternehmen, 90% des Exportwertes realisieren. Heißt im Klartext: Die Fähigkeit von Unternehmen, sich international und global in breiterem Maßstab durchzusetzen, bleibt auf eine überschaubare Zahl von der Stärke zweier Schützenkompanien beschränkt.
Ich halte diese Ziffern der Wettbewerbs- und Exportfähigkeit für ein stilles Drama Südtirols mitweit unterschätzten Ausmaßen. Sie bezeugen nicht nur, dass die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes der stets an der Spitze gerankten Lebensqualität weit hinterher hinkt, in der Südtirol immerhin auf Rang 40 liegt. Noch weit bedenklicher aber ist die subtile Botschaft, die sie ausstrahlen und die lautet: Junge, qualifizierte Menschen finden in Südtirol allzu häufig nicht jene Entfaltungschancen, die sie selbst und unser Land weiter bringen.
Keine Frage: Die meisten Unternehmen unseres Landes sind leistungsfähig und marktorientiert. Ihre strategische Größe und Ausrichtung aber bietet Innovation und Begabung viel zu wenig Raum, sodass Südtirol Jahr um Jahr einen schleichenden Aderlass von langfristiger Tragweite erleidet.
Auch ist es keinesfalls so, dass die Landesregierung den Ernst der Lage nicht erkannt hätte: IRAP-Senkungen und Steuererleichterungen zielen entschieden auf erhöhte Wettbewerbs- und Innovationsstärke, die Dotierung des Rotationsfonds, die Errichtung eines strategischen Fonds sind sinnvolle strategische Maßnahmen. Aber die Rahmenbedingungen sind weiter entschieden zu verbessern und müssen vorab auf jene Unternehmen abzielen, die junge, qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte einstellen, auf Betriebe, die in innovativen und nachhaltigen Branchen investieren.
Und auch aus diesem Grund ist stets von neuem nach der Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme zu fragen, zumal der Hochschuleinrichtungen im Lande. Es genügt nicht, wenn die Universität Studierende in Rekordtempo zum Abschluss führt, sondern es ist genau hinzusehen, wo ihre Absolventen unterkommen und mit welcher Qualifikation sie zur Entwicklung Südtirols beitragen. Und nach wie vor trägt die Forschung der Universität auch nach 17 Jahren ihres Bestehens nicht substanziell zur Entwicklung Südtirols bei. Umso unnachsichtiger ist daher gegen jene Hochschullehrer vorzugehen, die die Universität zur Selbstbedienung missbrauchen, anstatt mit allen Kräften daran zu arbeiten, neben dem positiven Didaktik- und Abschlussranking der Freien Universität auch ihre Forschungsleistung nach oben zu bringen. Gerade im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien hat Südtirol etwa im Vergleich zum Trentino einen so auffallenden Rückstand, dass die Skandale an der Fakultät für Informatik ein echter Schlag ins Gesicht sind.
Die Förderung von Schülern und Studierenden und ihrer Begabung, der Ausbau nicht nur von Bildungs-, sondern auch von Allokationschancen ist aus dem Grunde umso notwendiger, weil in den kommenden Jahren die demografische Schere unbarmherzig zuschneidet. Die Haushaltsrede des Landeshauptmanns hat die Aufmerksamkeit auf das Altern der Gesellschaft gerichtet, auf die damit verbundenen Folgen für Gesundheit und Pflege. Ungleich mehr Sorgen aber bereiten das zunehmende Fehlen junger Menschen, die wachsenden Lücken der neuen Generationen. Dabei geht es ja nicht um Zahlen und Populationismus, nicht um ein natalistisches Gerede nach dem faschistischen Motto „Se le culle son vuote, la nazione muore“, sondern um das Versiegen jener Energie, Gestaltungskraft und jenes Erneuerungswillens, den eben Kinder und Jugendliche im besten Sinne verkörpern und mit denen sie eine Gesellschaft, zumal uns Ältere heraus fordern.
Im kommenden Schuljahr werden erstmalig die Schülerzahlen spürbar sinken, bereits jetzt sind Einschreibungen in Kindergarten rückläufig, die Zahlen eingestellter Lehrlinge sinken ohnedies seit Jahren. Dies ist eine europäische Entwicklung gewiss, die auch in Südtirol durchschlägt, erst recht in Italien. Aber in einem Land, das bereits jetzt Probleme hat, junge und Begabte an sich zu binden, sind die Folgen besonders gravierend. Der europaweite Wettbewerb um gute Junge, die immer weniger werden, wird weiterhin begabten Nachwuchs aus Südtirol abziehen, wenn kein Gegensteuern einsetzt.
Nicht die vermeintliche Kostenexplosion im Gesundheitssektor sollte Südtirol Sorgen bereiten, sondern die Implosion seines Nachwuchses, seines größten Schatzes. Südtirol ist nicht Italien, gewiss, noch weniger aber sollte es Florida sein, ein alpines Freizeit- und Rentnerparadies, aus dem sich viele Jugendliche, zumal die Besten, vertschüsst haben. Die Anpassung des Bildungsangebots an diese neue Situation der Schrumpfung ist ebenso notwendig wie Anreize für eine neue Industrie- und Unternehmenspolitik.
Zudem zeigen sich 2014 bewährte Säulen von Südtirols Wirtschaft erstmals in einer Strukturkrise. Der seit über zehn Jahren zumindest den Nächtigungen nach stetig wachsende Tourismus verzeichnet 2014 erstmals empfindliche Rückgange, verursacht durch den Einbruch der italienischen Gäste, bedingt durch Wetter und neuen Winter. Der italienische Markt schrumpft deutlich und ist gefangen in einer chronischen Abwärtsspirale, die durch leichtes Wachstum der deutschen Präsenz, das Aufholen der Schweiz und Österreichs nicht abzufangen sein wird.
Der Südtiroler Winter, der seit fünf Jahren bei rund 11.0 Mio. Nächtigungen stagniert und bei 37% des Jahresanteils eingefroren ist, wird 2014/15 massiv rückläufig sein. Dabei zeigt sich in aller Deutlichkeit: Ein gesättigtes Produkt wie die Wintersaison wird vom Klimawandel hart in die Zange genommen und hat kaum mehr Wachstumspotenziale. Angesichts dieser Entwicklung sind die scharfe Konkurrenz zwischen Schigebieten und die Hochrüstung mit Aufstiegsanlagen kleine Fluchten nach vorn, bei denen sich Verbände und Unternehmer aber der Frage entziehen, wie man denn anders mit dem Klimawandel umgehen könnte, als durch sprunghafte Vermehrung des Aufgebots an Schneekanonen und das Zusammenhängen von Schigebieten auf Kosten der Natur. Der Tourismus benötigt, wie die gesamte Wirtschaft im unausweichlichen, mit staunenswerter Hartnäckigkeit ignorierten Klimawandel, eine grundlegende Neubestimmung, ganz abgesehen von den von Frau Atz Tammerle zu recht aufgeworfenen Fragen des Steuerdrucks und der Bürokratie. Aber die Option eines leichteren, die Landschaft schonenden, auf neue umweltsensible Märkte zielenden Tourismus, der verstärkt in regionale Kreisläufe eingebunden ist, bleibt wohl ein Wunschtraum. Auch hier stellen wir fest: Schweigen des HGV, kaum Antworten der Universität. Der frühere HGV-Präsident hätte längst aufgeschrien und zum Handeln aufgefordert, er hätte in polterndem Meister-Sound zwar problematische Empfehlungen gegeben, er war zumindest aber erfüllt von einem Problembewusstsein, das seinem auf Beruhigung und Abwiegelung zielenden Nachfolger abgeht. Tourismus aber wird, dies zeigt das Jahr 2014, radikal neu zu denken sein, als Herausforderung an eine junge Unternehmergeneration, die das “Weiter so!“ grundlegend in Frage stellt.
Auch die Gesundheitsversorgung steht vor dem Südtiroler Grunddilemma, wie es weiter gehen soll. Die Landesrätin Stocker ist mit bewundernswertem Mut, aber auch mit ebenso erstaunlicher Waghalsigkeit an die Reform herangegangen und demonstriert dabei Entschiedenheit und Härte auch im Vergleich zu dem sie flankierenden Männer-Management, das mitten im Umbruch das Handtuch wirft, nicht immer aus freien Stücken. Die sog. Reform ist zunächst ein Lehrbeispiel dafür, Kollegin Foppa hat dies oft betont, wie man ein Kommunikationsdesaster anrichtet, in dem kaum ein Fehler ausgelassen wurde.
Die Ansage der Reform, zugleich Ankündigung von Sparplänen, allerdings mit nur undeutlich angedeuteter Zielrichtung. Unterschiedliche Kommunikation zwischen der politisch verantwortlichen Landesrätin und den Exekutoren auf Beamtenebene, Anhörung der Betroffenen ohne wirkliche Partizipation, all dies vor dem Hintergrund eines seit vielen Jahren schwelenden Misstrauens und halbierter Reformschritte in der Ära Theiner und des unvergessenen Otto des Großen.
Dazu eine teils verantwortungsbewusste, teils empfindsame und um Privilegien bangende Ärzteschaft samt Interessenvertretungen, die Differenz zwischen Spitals- und Basisärzten, die ungewisse Rolle von mittlerem Sanitäts-Management und Pflegepersonal. Hier wäre ein radikal partizipativer Ansatz hilfreich gewesen, der im Vorfeld zwar exakte Sparziele definiert, aber mit den Betroffenen zunächst Spielräume ausgelotet hätte, ohne vorschnell Schließungen in den Raum zu stellen. Natürlich ist es leichter, aus der gefestigten Oppositionsrolle heraus zu bemängeln, anstatt die Schwere der Verantwortungslast zu tragen, unter der sich die Landesrätin mit Mut und Würde abmüht. Aber Kommunikation ist in der Politik ein zentraler Ausgangspunkt, ebenso wichtig wie Sachkenntnis und Entscheidungsprozesse.
Wir Grüne sind von drei Aspekten der Reform nicht überzeugt: Nicht von den unbedingten Sparzwängen, nicht von der Stoßrichtung der Reform und nicht von ihren Konsequenzen.
Wir sehen zwar die Notwendigkeit der Einsparung, aber nicht den Grund für die dramatische Eile. Gewiss ist das Budget mit rund 1,2 Mrd. hoch und der stärkste Anteil im Landeshaushalt, es bewegt sich aber volkswirtschaftlich in Parametern weit unterhalb der EU-weiten Normen. Mit rund 6,5% des Bruttoinlandprodukts liegen die Gesundheitskosten unseres Landes gemäß OECD-Indikatoren weit unterhalb der Werte von Deutschland und Österreich mit rund 11%, weit unter Schweden und Italien mit 9,5% und 9,3%, sondern annähernd auf dem Niveau Polens und Luxemburgs. Dem günstigen Wert entsprechen auch die vorteilhaften Pro-Kopf-Kosten des Gesundheitssystems von rund 2500 € pro Person, auch hier weit unter den Vergleichswerten Deutschlands und Österreichs mit rund 3500 Euro pro Person, weit unter dem italienischen Mittel von 3000 € annähernd auf Stand Portugals und Sloweniens. Zudem wurde in den letzten Jahren bereits erheblich eingespart, sodass der Sparkurs gewiss entschieden fortzusetzen ist, aber doch wohl zunächst ohne grundstürzende Reformen.
Weit sinnvoller erschiene es uns, zunächst Verwaltung und Management durchzuchecken und dortige Potenziale abzuspecken, Synergien und Kooperationen auszubauen, um dann in aller Ruhe an die Reform zu gehen. Die Frage anzugehen, wie die Basisärzte neu gestärkt werden können, mit welchen Anreizen dem drohenden Mangel der Kategorie begegnet werden kann, wie sich auch in diesem Bereich die drückende Nachwuchsfrage lösen ließe. Der unbedingte Wille zum Sparkurs, im O-Ton von Direktor Ossi Mayr „Sonst fahren wir den Karren an die Wand!“, weckt aber den Verdacht, dass das öffentliche Gesundheitssystem auf diese Weise entscheidend geschwächt werden soll. Der Ruf von Wirtschaft und erster Tageszeitung nach striktem Durchexerzieren der Reform wirkt nicht eben beruhigend, sondern weckt eher den Verdacht, dass hier andere Ínteressen im Spiel sein könnten. Der Wunsch der Wirtschaftssektoren nach Neuallokation von Ressourcen, nach Zugriff auf freie Haushaltsmittel, aber auch der Drang nach Aufbau eines privaten Medizinsektors scheint sich hier abzuzeichnen. Das wäre eine verhängnisvolle Trendwende, da die überwiegend Öffentliche Gesundheit zu den großen Errungenschaften nicht nur des Sozialstaates, sondern auch der Südtirol-Autonomie rechnet.
Aber nicht nur dieses grundlegenden Eckwerte des Sozialstaats und Südtirols würden preis gegeben, wenn etwa kleine Krankenhäuser strukturell grundlegend geschwächt würden. Es geriete auch eine Grundsäule unseres Landes unter Druck, die sorgsame Aufwertung der peripheren Räume. Eine radikale Ausdünnung des medizinischen Angebots im Wipptal, im Hochpustertal und im Vinschgau bedeutet auch ein Aderlass an Qualifikation, Berufsbildern, Arbeitsplatzangeboten und gesellschaftlichem Zusammenhalt, sie wäre ein Anschlag auf Gemeinsinn und Gemeinwohl in sensiblen Räumen. Die Geburtenstationen in Sterzing, Innichen und Schlanders sind nicht nur reale, sondern auch symbolische Lebensquellen, die anzutasten viel mehr bedeutet als die Erfüllung von Benchmarks und staatlichen Vorgaben. Die Auflagen des Staates zur Größenordnung von Geburtenstationen mögen zwar bestehen, sie sind aber zu hinterfragen und ihnen mit nachhaltigem, autonomieerprobtem Widerstand und Abstrichen zu exekutieren. Zudem ist uns klar: Die volle Effizienz der Reform vollzieht sich nicht in kleinen Krankenhäusern, sondern in Bozen und der demonstrative Zugriff auf die Peripherie dient vor allem auch dazu, um Eingriffe in der Landeshauptstadt zu legitimieren.
Aber denken Sie denken Sie auch daran, Frau Landesrätin: Kleine Krankenhäuser stehen auch für ein Bild von Humanmedizin in bestem Sinne, die in erster Linie den Menschen dient, die kranke Männer, Frauen und Kinder in ihrer existenziellen Not oft auf andere Weise und besser trägt, ihnen mehr Geborgenheit verspricht als effiziente Hochleistungsmedizin eines großen Klinikkomplexes.
Die Bemerkungen zur Gesundheit führen abschließend auf das Feld des Sozialen, das am meisten Sorgen bereitet. Die Aushöhlung der Kaufkraft, die Schwächung der Einkommen und die seit rund 10 Jahren wachsenden Einkommensunterschiede liegen auf der Hand. Noch um das Jahr 2000 hatten viele Bürgerinnen und Bürger unseres Landes den Eindruck, der soziale Fahrstuhl ginge nach oben, die Versprechen eines besseren Lebens seien nicht leer, sondern zum Greifen nahe. Die sicheren Zeiten sind aber leider nur mehr verwehte Erinnerung: Reallöhne und Gehälter der mittleren und unteren Einkommensgruppen wachsen nicht mehr, sondern schrumpfen Jahr um Jahr, besonders beeindruckend vor allem im unteren Lohn- und Gehaltssegment. Einem mittleren Einkommen von 27.000 € stehen weite Ausreißer nach unten entgegen, mit einem sich stetig ausweitenden Niedriglohnsektor. Während Steuerlast (GIS), Abgaben und Preise trotz Deflation weiter steigen, sinken die Einkommen spürbar. Wer Familie hat, wird nicht belohnt für den gesellschaftlichen Mehrwert, sondern erleidet trotz aller Bemühungen des Landes spoprbare Nachteile. Ganz zu schweigen von Rentnern und Rentnerinnen, von denen die Hälfte nicht die 100-Euro-Marke schafft und zum Teil weit unten rangiert. Die schleichende Verarmung wird zwar beobachtet, aber nicht systematisch, liegt doch der letzte Armutsbericht bereits sieben Jahre zurück. Gegen Verarmung und Reallohnverfall agiert keine starke Lobby, daher findet sie auch in der Öffentlichkeit abseits von Gewerkschaften, Caritas und anderen Solidaritätsorganisationen nur zerstreut Aufmerksamkeit. Aus unserer Sicht sollten Armutsbekämpfung und Reallohnverfall Priorität genießen und gerade jetzt in einer Übergangsphase zu einer in Südtirol besseren Konjunktur weit mehr Mittel eingesetzt werden, um der jetzt so fatalen Schwächung entgegen zu wirken. Große Sorge in diesem Zusammenhang gilt auch der Pflegesicherung, für die der Begriff „Sicherung“ immer weniger zutrifft. Die in den Haushalt eingestellten Mittel sind zwar bei annähernd 120 Mio. fixiert, der reale Bedarf liegt mit 190 Mio. jedoch weit über dieser Marke und wird auch durch Zufluss regionaler Mittel kaum aufgewogen. Wie soll die künftige Neuaufstellung des Pflegebereichs gestaltet werden, lautet eine Grundfrage an die Landesrätin und den LH – wir bitten um Antwort.
Besondere Beachtung verdienen schließlich Migration und Flüchtlinge: Die vielfältigen Fragen, Herausforderungen und Probleme, aber auch die Chancen der Zuwanderung müssen eingehender als jetzt behandelt werden. Die Abschwächung der Zuwanderungsbewegung ist auffällig, die Lage und Einbindung von Migrantinnen und Migranten, vor allem von Jugendlichen und Frauen, ins System Südtirol bleibt jedoch prekär. Vor allem zur Einbeziehung Jugendlicher ist jetzt noch ein Zeitfenster von wenigen Jahren offen, das jedoch nur unzulänglich genutzt wird. Landesrat Achammer hat sich die Migrationsfrage mit Entschiedenheit und Kompetenz zu Herzen genommen, uns scheint aber auch, dass die Fülle seiner Agenden nicht jene Aufmerksamkeit ermöglicht, die dieser zentrale Zukunftssektor verdiente. Ernstlich zu erwägen wäre, ob nicht eine Stabsstelle unter kompetenter und erfahrener Leitung hier nicht eine Reihe von Agenden entwickeln sollten, um stärker zu steuern als zu reagieren. Junge Migranten bilden ein großes Potenzial, aber es muss systematisch gefördert und ermutigt werden, mit einem Einsatz, den wir jetzt noch vermissen. Und sie sollen sich in Südtirol wohl fühlen, sich diesem Lande verbunden fühlen, wie der Schütze Valdez, der bei der Algunder Kompanie als landesüblicher Migrant mit marschiert.
Am Rande nur ein Hinweis zur Flüchtlingsfrage: Hier hat Bischof Muser gestern Grundlegendes gesagt, was aus seinem Munde weit eher angenommen wird als von Grüner Zunge. Wir sollten in diesem Bereich ein wenig mehr Landeseinheit pflegen und uns das Bundesland Tirol zum Vorbild nehmen, das sich mit manchen Widerständen, aber insgesamt größtem Einsatz um die Flüchtlingsaufnahme müht. Wenn nördlich des Brenners die Aufnahme 10-mal so hoch ist als in Südtirol, dann sollten wir uns ernstlich Gedanken machen, ob wir wirklich jene Solidarität üben, die dem europäischen Ranking unseres Landes entspricht. Unsre Glaubwürdigkeit und Europareife hängen maßgeblich vom Umgang mit diesen oft Ärmsten der Armen ab.
Die Autonomie, zu der wir Grüne unverbrüchlich stehen, ist im Grunde ein großes Gerechtigkeitsversprechen, als Instrument des Ausgleichs zwischen Sprachgruppen. Diesen Maßstab sollten wir ernst nehmen, nicht nur wenn es um die Sprachgruppen und Zusammenleben geht, sondern vor allem im sensiblen Bereich des Sozialen, der auch anzeigt, wie es um die Befindlichkeit der Autonomie steht.
Noch ein Wort an Sie persönlich, Herr Landeshauptmann: Kollegin Brigitte hat sehr gut den Stil beschreiben, der Sie und Ihre Regierung charakterisiert. Es ist ein Stil in Schwarz-Weiss, von dem Effizienz, aber auch Kühle und Distanz ausgehen. Wir haben Sie in diesem Jahr ein wenig näher kennen gelernt und sehen, worin ihre Vorzüge liegen: Sach- und Problemlösungskompetenz, Controlling und ein wenig Neigung zum Perfektionismus, auch in Absetzung zum genialischen Gewurstel Ihres Vorgängers, der ein Meister der schnellen Schusses aus der Hüfte war, der plötzlichen Eingebungen und Rosstäuschertricks, die wir auch ein wenig geliebt haben.
Sie sind anders: Ein wenig sehen Sie sich in der Rolle des Chefsanierers der Südtirol AG, des Topmanagers, der Fehler repariert und neue Anschlüsse herstellt, weniger Landeshauptmann in der martialischen Anmutung dieses Titels, als Leitender Angestellter des Landes, als Südtirol-Ceo, der sich dann in 10 Jahren wohl an die Spitze ein wirklichen Unternehmens setzen wird. Es ist ein Stil, der eine Leerstelle hinterlässt, der Wünschen vieler Bürgerinnen und Bürgern nach Nähe und starker, ständig präsenter Leadership nicht entgegen kommt, ohne jenen wärmenden landesväterlichen Habitus den sich kleine Länder eben wünschen. Wir sehen auch die Defizite dieses Stils mit seinem leichten Hang zur Besserwisserei und seiner Neigung, eher Persuasion als Partizipation zu pflegen.
Sie sollten aber auch wissen, dass wir trotz unserer politischen Distanz und Vorbehalte den Ernst, die Expertise und das Engagement schätzen, mit denen Sie dieses keineswegs leichte Erbe verwalten. Wir ahnen auch den Preis, den Sie und Ihre Familie für dieses Amt entrichten, der wohl ein wenig höher ist, als Sie dies erwartet hatten. In diesem Sinn unseren Respekt, aber auch unsere kritische und entschiedene Opposition, mit jenen Vorbehalten, aber auch Lösungsvorschlägen, für die wir Grüne einstehen.
Hans Heiss
BZ, 16.12.2014

neve-artificiale-oberholz-altaDolomit Superski und HGV müssen umdenken!
Die schlechte Schneelage und die ausbleibenden Niederschläge veranlassen den Präsidenten von Dolomiti Superski und den Hoteliers- und Gastwirteverband zum einhelligen Ruf nach verstärktem Zugriff auf das öffentliche Gut Wasser, um die Pisten in kurzer Frist intensiv zu beschneien. Größere Speicherbecken und das Anzapfen von Bächen sollen dazu beitragen, bei den ersehnten Niedrigtemperaturen Wasser möglichst rasch in Schnee zu verwandeln. Unbedingte Vorfahrt also für den Wintertourismus, ohne auf den spürbar einsetzenden Klimawandel angemessen zu reagieren.
Die Antwort auf den rapide einsetzenden Klimaumschwung kann aber nicht jene sein, die wichtigste Ressource der Alpen, das Wasser und die Landschaft in den Schraubstock des Wintertourismus zu nehmen. Den Wassernutzungsplan außer Kraft zu setzen und die Hochflächen mit weiteren Speicherbecken zu überziehen, ist die falsche Antwort auf den massiven Wandel der Verhältnisse. Der Wintertourismus in Südtirol tritt seit fünf Jahren mit 37% der Jahresnächtigungen (ca. 11 Mio. Nächtigungen jl.) auf der Stelle. Anstatt die alpinen Ressourcen bis aufs letzte auszuquetschen und Tausende stromfressende Schikanonen anzuwerfen, sind Alternativen dringend anzudenken.
Hans Heiss
Brigitte Foppa
Riccardo dello Sbarba
Brixen, 17. 12. 2014

Riccardo Dello SbarbaREDE ZUM HAUSHALTSGESETZ 2015.
Man tue so, als ob die Unsicherheit nur von außen komme. Italien und Europa haben schon ihre Schuld, aber vieles ist auch hausgemacht. Zu mehr Unsicherheit haben auch manche Entscheidungen der Mehrheit in den letzten Jahren geführt, zum Beispiel im sozialen Bereich. Hier seien viele Kriterien für den Bezug von Sozialleistungen abrupt geändert worden und viele sind auf einmal durch den Rost gefallen, etwa beim Pflegebeitrag oder beim Wohngeld. Bei der Wohnbauförderung geht man nicht mehr vom Recht auf Wohnung aus, sondern legt einfach ein Budget fest und fördert, solange das Geld reicht. Das ist nicht mehr der europäische Wohlfahrtsstaat, den wir kennen und er uns von den USA unterscheidet. Auch wer beitragsberechtigt ist, weiss nicht mehr, ob er den Beitrag bekommt.
Die Handhabe der Sanitätsreform ist katastrophal. Die Menschen wissen nicht, ob ihr Spital bleibt, auch so etwas mindert das Vertrauen in die Politik. Die Reform hat man zuerst der Bevölkerung vorstellen müssen und dann den Krankenhausabteilungen. In meiner Heimatstadt Volterra hat der PD nach der Schließung eines Spitals viele Stimmen verloren.
Kleine Abstriche an mehreren Ecken der Wohlfahrt würden sich für den Einzelnen zur Katastrophe summieren. Im neuen Autonomiestatut sollte auch der Sozialstaat definiert werden und das, was das Land seinen Bürgern an Sozialleistungen garantieren will.
Zweiter Unsicherheitsfaktor sei die Energiepolitik der letzten Jahre. Der Stand der Dinge ist immer noch der Betrug um die Konzessionen. Während man mit dem Omnibusgesetz noch auf eine Fusion mit Sanierung der erschwindelten Konzessionen setzte, macht man nun einen Schritt zurück und setzt wieder auf die Prozedur laut Prof. Caia. Grund dafür sei anscheinend ein Gespräch mit Staatsanwalt Rispoli gewesen. Ich zweifle aber, ob man mit den rekonstruierten Originalunterlagen eine Neubewertung der eingereichten Projekte vornehmen und eine Neuausschreibung vermeiden könne. Es ist daher sehr zu empfehlen, die ganze Caia-Prozedur umzusetzen und auch die Expertenkommission einzusetzen, die alles bewerten muss. Jedenfalls sind in den nächsten Jahren einige Konzessionen neu auszuschreiben, weil sie verfallen, und das Land hat derzeit kein Vergabegesetz. Wir sollten ein Regelwerk schaffen, das die Konzessionen für rein profitorientierte Unternehmen weniger appetitlich mache.
Ich weiss es nicht, ob eine Fusion sinnvoll ist, auf jeden Fall dürfe die Beteiligung des Landes nicht so hoch sein, dass es wieder zu einem Interessenkonflikt komme – knapp unter 50 Prozent zu gehen, sei zu wenig. Die Gemeinden müssten bei Produktion und Verteilung die Hauptrolle spielen.
Riccardo Dello Sbarba
BZ, 16.12.2014

Brigitte Foppa mit Tasche-quadrREDE ZUM HAUSHALTSGESETZ 2015
Geehrter Landeshauptmann,
geehrte Landesregierung,
werte Kolleginnen und Kollegen!
Früher gab es zu Weihnachten das erste Zeugnis. Ich selbst hatte in meinem ersten Schuljahr noch Ziffernnoten und es gab keine Fächernote, sondern nur eine „Gesamtnote“. Das gibt es heute nicht mehr. Die modernen Bildungsgesellschaften ziehen der Bewertungslogik jene des Feedback vor. Ich nutze die Gelegenheit also zu einem kurzen, sehr persönlichen Feedback (Feedback= Zurückfüttern)
zum ersten Jahr und zur ersten Lernzielkontrolle (man sieht, dass wir noch ganz im Bann des Bildungsgesetzes stehen…) der Landesregierung, die hier letzte Woche stattgefunden hat.
Denn am Ende der letzten Woche saßen wir hier und lauschten der Haushaltsrede des Landeshauptmanns, die wichtigste Rede des Jahres. Entsprechend auch die Medienpräsenz. Vor den Kameras saß eine Riege von Regierenden, alle bezeichnenderweise in Schwarz-Weiß-Grau-Tönen gekleidet.
Schwarz-Weiß war auch die Rede des Landeshauptmanns.
Nun gibt es ein festliches Schwarz-Weiß, das man zu Beginn einer Ära trägt, wenn man Aufbruch signalisieren will, Optimismus und Lust am Gestalten.
Es gibt ein kreatives Schwarz-Weiß, jenes das die Phantasie beflügelt und Funken sprüht, Visionen schafft.
Es gibt ein schlichtes Schwarz-weiß, das sich anpasst an Zeiten, in denen Einfachheit gefragt ist, Klarheit, stille Größe.
Für mich war das Schwarz-weiß in der Haushaltsrede des Landeshauptmannes keines dieser genannten Schwarzweiße.
Nein, für mich war es ein Schwarz-weiß, das man trägt, wenn man am liebsten nicht gesehen wird. Wenn man möglichst nicht auffallen will, sich daher unauffällig und diskret im Hintergrund hält.
Vielleicht ist das eine Reaktion auf dieses erste Jahr, in dem Politik so radikal ihr Gesicht geändert hat, vielleicht ist es auch das Naturell dieser neuen Landesregierung, wir werden das noch herausfinden in den kommenden 4 Jahren.
Mir wurde jedenfalls klar, in diesem Jahr und während dieser Rede, dass wir nicht am Beginn einer neuen Zeit stehen, vielleicht am ehesten am Beginn eines Übergangs in eine neue Zeit, das will ich zugestehen und das hat Landeshauptmann Kompatscher ja auch selbst gesagt. (Übergangshaushalt, S. 12)
Es gibt hierfür viele Signale.
Das wesentliche liest sich am Sprachgebrauch ab – wie immer sagt Sprache viel über das aus, was man sagen will. 34 x sicher, Sicherheit, Absicherung, Sicherheitspakt auf 15 Seiten Rede, das war das Mantra, die Gebetsmühle des LH, alle haben’s gemerkt. Doch was will man da beschwören? Spürt die Mehrheit, dass das Land unsicher geworden ist? Ich beziehe mich nicht auf die Einbrüche und die allgemeine Alarmstimmung, für die die blauen Kollegen zuständig sind.
Nein, ich glaube, das Land ist seiner selbst unsicher geworden und das hat den LH bewogen, diese Sicherheitslitanei zu halten.
Das Land ist seiner selbst unsicher geworden, weil viel mehr aus den Fugen geraten ist als abzusehen war.
Die große Partei beschwört sich zwar weiterhin selber, aber sie weiß, dass das einzigartige Geflecht aus Beziehungen und Macht, das die SVP in den letzten Jahrzehnten war, schleißig geworden ist.
Das Netzwerksystem von Ex-LH Durnwalder, das konzentrisch wie ein Spinnennetz aufgebaut war, hat seinen Mittelpunkt verloren, das neue Netz, das mehrdimensional sein soll, wenn ich richtig verstanden habe und was ich sehr richtig finde, ist noch nicht richtig geknüpft. Aber Netze werden durch Beziehungen geschaffen, Netze sind Beziehungen. Ich erlebe diese Landesregierung, trotz aller Dialogbeschwörungen (das war das Mantra des ersten Jahres!) als ziemlich beziehungsfern – nicht als Persönlichkeiten, sondern im politischen Ansatz. Gerade in den letzten Tagen und Wochen wurde es immer wieder deutlich, auch in der Gestaltung der Beziehung zwischen politischer Mehrheit und politischer Minderheit.
Ich verweile bei diesem Punkt, weil es in unseren Abenden zur Direkten Demokratie (das hingegen war ein sehr gutes Beispiel an Beziehungsarbeit, wenn auch am Rande der politischen Bühne) so oft Thema war, so oft das Bedürfnis geäußert wurde, nach ehrlichem Kontakt zur Politik, nach Information und Eingebundenwerden. In der Haushaltsrede ist die Rede von 30 Schnell-Ladestationen für Elektroautos (löblich!), aber kein Wort zur Gestaltung unserer Demokratie und schon gar nicht zu den Beziehungen innerhalb unserer Demokratie – und das ist sehr wohl haushaltsrelevant, vielleicht sogar mehr als die 1.000 ebenfalls sehr löblichen Elektroautos im Jahr 2020 (wiewohl wir auch mit denen nicht die Klimaziele 2020 erreichen werden).
In diesem Moment der Hofübergabe, anzi es war wohl eher eine Hofübernahme (die Übergabe haben wir vermisst), täten wir gut daran, ein wenig ausgedehnter über Management der Veränderungen nachzudenken. Darauf hinweisen, dass die Zeit der guten alten (undifferenzierten aber berechenbaren) Gießkanne vorbei ist und dass der Verlustbeitrag für Investitionen dem Rotationsfonds weichen wird – und zugleich Sicherheit beschwören, scheint mir kein ausgefeiltes Change-Konzept zu sein. Diese Veränderungen sind nicht wie ein T-Shirtwechsel (wie der Vergleich, den Sie gemacht haben), sondern existentiell für die Menschen in unserem Land. Das wird doch auch Ängste wecken? Wie wird man damit umgehen?
Dabei sehen wir ja selbst, an uns selbst, am Rüttler im politischen System dessen Teil wir sind, dass Veränderung und Generationenablöse nicht konfliktfrei verläuft. Dass das kreative Potential von Veränderungen nur dann greift, wenn notwendige Sicherheiten (ja, Sicherheiten!) vorab geboten werden und wenn vorab vor allem Konsens und Beteiligung geschaffen wird.
Wir sehen aber auch, dass wir als alte und neue Generation einander mehr brauchen als wir gern hätten (womit wir wieder bei den Beziehungen wären), aber dass wir gerade in der Jetztzeit auch so verschwenderisch mit den Gütern der jeweiligen Generationen umgehen.
Kaum einmal haben wir in diesem Jahr darüber gesprochen, dass wir auf Pump leben. Dass wir in Südtirol vom Erwirtschafteten der älteren Generationen leben, in deren Immobilien wir wohnen (wenn wir Glück haben) und deren Besitz zur wesentlichen Diskriminante zwischen beGüterten und anderen führt, die sich monatlich ihren Lebensunterhalt selbst erwirtschaften. Selten genug reden wir auch davon, dass sich unser Sozialsystem im Wesentlichen auf die Gratisarbeit jener stützt, die das heute noch tun (tun können), morgen aber sicher nicht mehr – den Frauen der Großmüttergeneration nämlich.
Wir tun immer so, in den unglaublich heuchlerischen Diskussionen rund um Kleinkinderbetreuung, als ob es eine Ideologiefrage zwischen Stadt und Land wäre, ob frau arbeiten geht. Dabei ist es doch wohl sehr viel plausibler eine Frage des Besitzes und der freien Verfügbarkeit von meist weiblicher Gratisarbeitskraft.
Hierzu habe ich nichts gelesen in der Haushaltsrede, die die Alterung der Gesellschaft indessen für die Zementierung der weiterhin unverständlichen und katastrophal gemanagten Sanitätsreform abargumentiert.
Aber wir leben auch auf Pump der folgenden Generationen, nicht nur weil wir ihnen unsere Altersversorgung aufdrücken, sondern weil wir alle, alle, mindestens doppelt so viele Ressourcen verbrauchen als uns die Erde zur Verfügung stellt. Welche Sicherheiten bietet der Landeshaushalt hierzu, Herr Landeshauptmann? Herr Umweltlandesrat? Es wird umgeschichtet von laufenden Kosten auf Infrastrukturen, jedoch haben Sie uns nicht gesagt, in welche Richtung investiert werden soll. Es ist ein wesentlicher Unterschied ob wir in neue Beschneiungsbecken für immer schnellere Beschneiung bei immer wärmeren Temperaturen, in ressourcenverschlingende Großprojekte investieren oder aber in soziale, nachhaltige, solidarisch wirksame Infrastrukturen. Hierzu war es, abgesehen vom wiederum sehr löblichen Car-Sharing, das übrigens die hier immer belächelte Gemeinde Bozen und der KVW auf den Weg gebracht haben, still in der Haushaltsrede rund um die Sicherheiten.
I sudtirolesi, gli altoatesini hanno perso la sicurezza di sé stessi, dicevo prima. Hanno, abbiamo perso finora l’occasione di costruire un’immagine di sé stessi basata sulla speciale, peculiare convivenza che ci contraddistingue. Invece si è voluto lavorare solo sulla Abgrenzung, su una sorta di narcisistica Tyroleans do it better, con un atteggiamento anche un po’ snob verso l’Italia, ma non solo. Una modalità questa che abbiamo scelto che non ha cercato l’intesa, né l’integrazione, ma la distinzione, la segregazione – verso l’interno e verso l’esterno. Per forza, Landeshauptmann (avete notato che la comunità italiana ha iniziato ad usare i termini istituzionali in tedesco? Come si è ribaltato il mondo dalla mia infanzia quando i tedeschi dicevano Patent e Multa), che Lei (a ragione!) invoca l’autonomia contro le fantasie di secessione che stanno sostituendo sempre più una molto più realistica e solidale visione di convivenza.
Facciamo grande attenzione a questo tema, tutte le forze autonomiste insieme, ve lo chiedo con insistenza e vi chiedo anche di fare sul serio con il Konvent che a quest’ora doveva già essere implementato.
Ma dobbiamo farlo con onestà e senza doppiezze. Io apprezzo gli sforzi del nostro Landeshauptmann-segretario di stato nella diplomazia nazionale e internazionale.
Ma in tutti i canti di vittoria dopo il Patto di sicurezza (che poi è un nome strano per un contratto sui flussi di danaro…) si è dimenticato un aspetto abbastanza fondamentale, e cioè che facciamo, fino a prova contraria, parte dello Stato italiano e affonderemo insieme ad esso, se sarà il momento – indipendentemente dal fatto che ci saremo negli ultimi anni accaparrati più soldi possibili.
Ogni tanto qui dentro facciamo discorsi come se fossimo, che so, Malta ed era particolarmente buffo nei giorni dopo il proclama del Patto di Sicurezza, quando sembrava essere come una famiglia che fa festa perché è riuscita a ridursi la rata di condominio, mentre il condominio cade a pezzi.
Das macht es natürlich leicht, in der Ablösung von Italien die Rettung herbei zu beschwören. Dort würden dann die Züge pünktlich fahren, die Beipackzettel wären zweisprachig, der Strom billig und so träumt sich halt jeder und jede das Land herbei, das ihm oder ihr am schönsten erscheint.
Realistisch ist das nicht. Und doch: Zwischen diesen Träumen auf der einen Seite und der farblosen Verwaltung des Bestehenden auf der anderen würde ich mir einen dritten Weg wünschen.
Einen, der Platz lässt und aber auch Platz schafft für Visionen und für Vielfalt.
Für demokratische Spannung und echte Auseinandersetzung.
Für Solidarität und Zivilcourage.
Für den Wettbewerb der Ideen, auch wenn sie nicht aus den Reihen der Mehrheit kommen.
Für neue Wege im Zusammenleben in immer neuen Konstellationen, die uns die globalisierte Welt bringen wird, egal ob wir wollen oder nicht.
Für die Menschen, die in dieser Haushaltsrede so wenig vorkamen.
Und für eine aufmerksame Beziehungskultur in unserem Land.
Zwischen den Menschen.
Zwischen den Menschen und der Mitwelt.
Zwischen den Menschen und dem Land, in dem wir leben und für das wir alle, auch in UNSERER Vielfalt und, ja auch unserer Verschiedenfarbigkeit Verantwortung tragen.
Vielen Dank.
Brigitte Foppa
BZ, 16.12.2014

Brigitte FoppaGestern wurde in der Ersten Gesetzgebungskommission der „Bildungsomnibus“ behandelt. Bereits im Vorfeld hatte sich Landesrat Achammer wirklich alle Mühe gegeben, Interessierte und Betroffene über das Gesetzesvorhaben zu informieren. Er erwies sich damit in der Vorgangsweise um einiges klüger als seine VorgängerInnen und entsprechend weniger Widerstand gab es auch. Die Dialogbereitschaft des Landesrates ist ihm auf jeden Fall anzurechnen.
Vergessen hat er nur darauf, auch den Landtag rechtzeitig in die Gesetzesvorbereitung einzubinden. Wir Abgeordneten der Kommission haben den Entwurf gerade einmal 3 Tage vor der Sitzung zu sehen bekommen. Anhörungen der Betroffenen, Nachfragen bei den Ämtern, Recherchieren – all das, was zu einer fundierten Auseinandersetzung mit einem Gesetzestext gehört, war kaum möglich. Im Vorfeld war der Text gehandelt worden, wie verbotene Ware auf dem Schwarzmarkt; unter der Bank war er, fast schon heimlich, weiter gereicht worden.
Inhaltlich traten in der Kommission die Kritikpunkte dann trotzdem sehr deutlich zutage, etwa die Problematik der unterschiedlichen Bewertung der Zugangsvoraussetzungen bei der Erstellung der neuen einheitlichen Rangliste. In der allgemeinen Ratlosigkeit wurde die von mir vorgeschlagene, abgemilderte Benachteiligung jener Lehrpersonen, die die Lehrbefähigung haben gegenüber jenen mit vielen Dienstjahren, angenommen.
Kein Durchkommen gab es indes, was die grünen Vorschläge in Sachen Anerkennung der außerschulischen Angebote betraf. Musikschulunterricht bleibt, auch was die Kosten anbelangt, zu Lasten der Familien. Zusammen mit den anderen außerschulischen Tätigkeiten, die zumeist bezahlt werden müssen, schafft das ungleiche Chancen zwischen Kindern, die sich diese Angebote leisten können und jenen, die diese Wahl nicht haben.
Unser Vorschlag der „Verrechnung“ der außerschulischen Tätigkeiten mit den Stunden nicht nur des Wahlpflichtbereiches, sondern auch des Religionsunterrichts, wurde unkommentiert abgelehnt.
Die Linie der Landesregierung, keine Vorschläge anzunehmen, die irgendwann in ein eigenes Gesetz der Regierung einfließen werden, war wieder einmal, Verhängnis – in diesem Fall für meinen Vorschlag, die Mitbestimmungsgremien jährlich für eine Eltern- bzw. Schülerversammlung einzuberufen. Gute demokratische Praxis sieht anders aus.
Schließlich gibt es in dem aus 3 Artikeln bestehenden Gesetz nicht weniger als 11 Freibriefe an künftige Regelungen der Landesregierung. Das ist eindeutig zuviel – und zeigt auf, welch geringer Wert den GesetzgeberInnen im Südtiroler Landtag zugestanden wird.
Zu denken gibt ein kleines, aber aussagekräftiges Detail am Rande, nämlich die Tatsache, dass die beiden Landesräte das Gesetz in getrennten Veranstaltungen vorgestellt haben: Tommasini im Carducci-Lyzeum, Achammer im Gymnasium Walther von der Vogelweide. Wer dabei war, erlebte völlig verschiedene Schul-Welten Südtirols. Vielleicht hätte eine gemeinsame Vorstellung auch manches Bekenntnis zu einer gemeinsamen Bildungsidee ein Stück weit glaubwürdiger gemacht.
Brigitte Foppa, Mitglied des Ersten Gesetzgebungsausschusses
BZ, 16.12.2014

Im Rahmen der Landesversammlung der Verdi Grüne Verc wurde der Grundstein für die Gemeinwohl-Bilanzierung der Partei gelegt.

Die Arbeitsgruppe verdECOnomia, welche sich seit ihrer Gründung im Mai 2013 intensiv mit dem Thema Gemeinwohlökonomie beschäftigt, hat dafür ein Konzept ausgearbeitet und auf der Landesversammlung die diesbezügliche Vorgangsweise präsentiert.

Die Gemeinwohlökonomie ist ein junges, innovatives Wirtschaftskonzept und fußt auf der Grundannahme, dass die aktuell bestehenden gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine nachhaltige Nutzung von Ressourcen zulassen und damit keine langfristigen Lösungen für die Weltwirtschaft und deren Probleme darstellen können. Die Grundwerte von funktionierenden gesellschaftlichen Beziehungen (Menschenwürde, Solidarität, Ökologische Nachhaltigkeit, Soziale Gerechtigkeit, Demokratische Mitbestimmung und Transparenz) sollen wieder Basis für die Wirtschaft werden.

Besonders interessant an diesem Konzept ist der Umstand, dass es konkret umsetzbar ist und bereits von mehreren Südtiroler Pionier-Unternehmen getestet wurde. Unternehmen, Verbände, Vereine und Familien können den Prozess durchlaufen und eine Gemeinwohlbilanz erstellen. Die Gemeinwohlbilanz veranschaulicht anhand eines Punktesystems, inwieweit die unternehmensinternen Prozesse die 5 Grundwerte reflektieren.

Dazu werden pro Unternehmensbereich und pro Berührungsgruppe (Mitarbeiter, Kunden, Produkte, genutzte Dienstleistungen, das gesellschaftliche Umfeld, zukünftige Generationen, die Natur) Punkte vergeben. Eine solche Bilanz kann Konsumentinnen und Kunden des Unternehmens von der sozialen Verträglichkeit dessen unternehmerischen Handelns überzeugen.

Diesen Prozess wird die Grüne Partei, unter Führung der verdECOnomia und moderiert von Günther Reifer (Terra Institut), im Jahr 2015 durchlaufen. Die Informationsveranstaltung findet am Samstag, 07. Februar 2015 statt. Der Info-Workshop ist an all jene gerichtet, welche Interesse haben, das Thema näher kennen zu lernen, auch wenn sie anschließend nicht beim Prozess mitarbeiten möchten. Gleichzeitig werden die Arbeitsgruppen und die Termine für die Bilanzierung definiert. Die erste Bilanz wird voraussichtlich im Herbst auf der Landesversammlung vorgestellt.

verdECOnomia
Bozen, den 15.12.2014

SELDie „Sanierung“ der illegalen Konzessionen ist gescheitert.
Die Landesregierung und die Gemeinden Bozen und Meran haben zur Kenntnis nehmen müssen, was wir Grüne immer verfochten haben: Es darf keine neue Gesellschaft auf der Grundlage von unrechtmäßig zustande gekommenen Wasserkraftkonzessionen gegründet werden. Genau das hatten wir am 17. Oktober angemerkt, als das Omnibusgesetz mit dem Artikel zur Fusion SEL-AEW im Landtag beschlossen wurde. Unser Abänderungsantrag sah wortwörtlich vor, dass die Fusion nur unter der Bedingung stattfinden könne, „dass vorher die Legalität der Wasserkraftkonzessionen, die Gegenstand des Urteils Nr. 138/2013 vom 28. Februar am Bozner Landesgericht sind, wiederhergestellt wird, indem die Bewerbungen und Projekte, welche legal bis zum Fristablauf am 30. Dezember 2005 eingegangen sind, überprüft und die Konzessionen an das beste Angebot neu vergeben werden“.
Obwohl vor zwei Monaten abgelehnt, scheint dies nun doch der Weg zu sein, den die Landesregierung einschlagen will. Der Versuch „Sanierung mittels Fusion“, wie im Omnibusgesetz vorgesehen, ist also gescheitert und die Überprüfung der Konzessionen beginnt wieder von vorne; jedoch mit dem erschwerenden Umstand, dass zwei Jahre versäumt wurden. Denn diese Vorgehensweise der „Neuzuweisung“ wurde bereits vom Experten Caia Anfang des Jahres 2013 vorgeschlagen und von der Landesregierung mit dem Beschluss Nr. 562 auch angenommen. Er blieb aber ein leeres Versprechen und wurde nie umgesetzt.
Auch das Ansuchen an den Wassermagistrat, die Anhörung des 17. Dezember zu verschieben, zeigt, dass die Alarmschreie um die vorgebliche Deadline 17.12. nur dazu dienten, die Gemeinden unter Druck zu setzen und sie zu einer übereilten, nicht durchdachten Entscheidung zu treiben. Wir freuen uns über die allgemeine Einsicht, dass das Aufschiebungsgesuch (das wir immer schon angeraten hatten) sinnvoll ist.
Die Landesregierung versucht nun ihre Kehrtwende als so gering wie möglich darzustellen und riskiert dabei Pfuschereien. Daher ist es wichtig, einige Klarheiten zu schaffen:

  1. Erst nachdem die Legalität durch die Wiederaufnahme der manipulierten Konzessionsvergaben gesichert wird, ist eine Fusion überhaupt möglich.
    Dann erst wird nämlich klar werden, wer welche Kraftwerke besitzt und welchen effektiven Wert SEL und AEW haben. Auf dieser Grundlage müssen die Bedingungen und die Anteilsberechnungen für eine eventuelle Fusion völlig neu definiert werden.
  2. Die Landesregierung muss die Vorgehensweise der Neuzuweisung festlegen, ohne dabei die Verantwortung auf die zuständigen Ämter abzuwälzen. Im Besonderen:
    a) muss geklärt werden, aufgrund welcher Unterlagen die Angebote von SEL für die einzelnen Kraftwerke bewertet werden und wie und wer die Verantwortung für die Entscheidung darüber auf sich nimmt, ob es „nicht manipulierte Projekte“ gibt oder ob SEL aus den Wettbewerben, in denen Gesetzeswidrigkeiten stattgefunden haben, ausgeschlossen werden muss;
    b) die Landesregierung muss ihrem eigenen Beschluss Nr. 562 aus dem Jahr 2013 nachkommen und ein „externes ExpertInnengremium“ nominieren, das die Konzessionen überprüfen soll. Es wurde bis dato nicht ernannt.

Zusammengefasst: Es ist notwendig, die manipulierten Vergaben wieder aufzunehmen und die Kraftwerke mit einem korrekten und transparenten Verfahren an jene Anbieter zu vergeben, denen sie auf der Grundlage von gültigen, eingereichten Projekten zustehen. Erst dann kann die Diskussion über die Fusion oder Zusammenarbeit öffentlicher Gesellschaften beginnen.
Es wäre schon ein großes Wunder, wenn dies alles innerhalb Jänner möglich sein sollte.
Bozen, 11. Dezember 2014
Landtagsabgeordnete
Riccardo Dello Sbarba
Brigitte Foppa
Hans Heiss

genderrights-640x450Regionalrat auf dem Prüfstand
Heute stehen im Regionalrat Änderungen am Gemeindewahlgesetz zur Debatte. Ein Änderungsantrag betrifft die Einführung der doppelten Vorzugsstimme, wie von Staatsgesetz 215/2012 vorgesehen, welches festlegt, dass ab 2 Vorzugsstimmen beide Geschlechter berücksichtigt werden müssen. An und für sich eine dezente Methode für mehr Geschlechtergerechtigkeit zu sensibilisieren, schließlich ist es auch möglich, nur eine Vorzugsstimme abzugeben.
Erst vor kurzem haben wir eine Erhebung über die Präsenz von Frauen und Männern in der italienischen Politik gemacht.
Italiens Hauptstädte: eine Bürgermeisterin, 20 Bürgermeister
Italiens Regionalräte: 153 Frauen, 861 Männer
(Stand Juli 2014)
Evelyn Gruber-Fischnaller – Ko-Sprecherin Grüne Frauen
Caterina Maurer – Ko-Sprecherin Grüne Frauen
Brigitte Foppa – Regionalabgeordnete

Ein gutes Beispiel dafür, wie “der neue Stil des Dialogs mit der Opposition” im politischen Alltag aussieht, haben wir heute im Südtiroler Landtag erlebt.
Wir hatten, in Absprache mit Betroffenenvereinen der Angehörigen von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen einen Beschlussantrag eingebracht. Er sah vor, die Zusammenarbeit mit dem Trentino im Hinblick auf das Centro Sebastiano in Coredo am Nonsberg zu suchen. Dieses Zentrum ist derzeit im Entstehen und könnte, nur knapp hinter der Provinzgrenze jenseits der Mendel, zumindest vorübergehend eine Ausweichmöglichkeit für Betroffene und ihre Familien sein, die eine vergleichbare Struktur in Südtirols schon lange vermissen. Auf Vorschlag der KollegInnen der Süd-Tiroler Freiheit hatten wir den Vorschlag auf ein analoges, hochspezialisiertes Zentrum in Innsbruck ausgeweitet.
Nach langen Verhandlungen ist es am Ende nicht gelungen, die Zustimmung der Landesrätin Stocker zu erhalten. Sie wäre bereit gewesen, einen Teil des Antrags anzunehmen, aber es konnte kein Konsens über das zu verwendende Verb gefunden werden. Es wäre akzeptiert worden, die Möglichkeit der Zusammenarbeit „auszuloten“, das von uns vorgeschlagene „Anstreben“ der Zusammenarbeit war dann schon wieder zu viel.
Ein kleiner Unterschied, der uns aber eines klar gemacht hat, nämlich den Mechanismus des Umgangs mit der Opposition: Mit unseren Anträgen erreichen wir im Idealfall, dass die Mehrheit unverbindlich die Umsetzung prüft. Aber wehe, wenn auch schon eine, noch so vage, Richtung vorgegeben wird – dann läuft man auf.
Das hat in unserem Fall dazu geführt, dass die Nähe unserer Länder Südtirol, Trentino, Tirol nur begrenzt genutzt wird, auch und gerade da, wo eine engere Zusammenarbeit so einfach wäre und vielen Familien das Leben erleichtern würde.
Es ist und bleibt in unserem Land weiterhin schwierig, Grenzen zu überwinden. Vor allem jene im eigenen Kopf.
Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba

Bozen, 03.12.2014