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Bye, bye, Biene?

Wie können die Bienenstände Südtirols vor verschärften Auswirkungen des Pestizid-Einsatzes geschützt werden?

BienenIn der aktuellen Debatte um den Pestizid-Einsatz und die Koexistenz von konventionellem Obstanbau und biologischer Landwirtschaft rückt ein Aspekt zu sehr in den Hintergrund: die Imkerei und Erhaltung der Bienenstände. Tatsächlich verlangen rasch wachsende Probleme in diesem Bereich dringend nach Lösungen.

Denn in der westlichen Landeshälfte, zumal im Burggrafenamt und im Vinschgau, führt die im heurigen Jahr verstärkte Pestizid-Ausbringung zu Besorgnis erregenden Situationen. Wegen des dort trotz erfolgreicher Bekämpfung weiterhin auftretenden Besenwuchses beginnt Anfang März eine intensive, in den letzten 10 Jahren verstärkte Spritzkampagne, die ob der anhaltenden Regenfälle im heurigen Frühjahrs besonders massiv ausfiel und die gerade dort besonders starken Bienenstände offenbar dezimiert hat. An Bienenständen in den betroffenen Gebieten, wo es früher von Bienenschwärmen wimmelte, ist heuer nach erfolgten Spritzungen in der Nähe des Obstbaus kaum mehr geregelter Bienenflug anzutreffen. Der bienengefährdende Pestizid-Einsatz nimmt annähernd folgenden Verlauf:

  • Die Spritzaktionen beginnen Anfang März mit Trebon, das Winterbienen besonders zusetzt und ihre Bestände ausdünnt. In vielen Gebieten gibt es noch eine zweite Trebon-Spritzung, die nochmals Flugbienenverluste verursacht.
  • Der Einsatz erreicht einen ersten Höhepunkt mit Chlorpyrifos, einem seit 10 Jahren gebräuchlichen Nervengift unter dem Handelsnamen Dursban, das gegen saugende und beißende Insekten eingesetzt wird. Dursban wird in zwei Aktionen (April und Anfang Mai) ausgebracht; nach dessen Ausbringen dürfen die Bauern die gespritzte Wiese zum Selbstschutz drei Tage lang nicht mehr betreten. Eine eventuell dritte Aktion mit Dursban folgt Anfang Juni.
  • Direkt in der Blütezeit wird das zu Unrecht als relativ ungefährlich eingestufte Calypso, ein Neonikotinoid, eingesetzt. Während die ersten beiden Pestizide die Bienenstände weitgehend vernichten, bewirkt Calypso bei den Insekten einen alzheimerartigen Verwirreffekt: Die Bienen finden ihre Stöcke nicht mehr auf und gehen zugrunde. Der negative Einfluss von Calypso auf Sammelverhalten und das Lernvermögen von Honigbienen ist nachgewiesen.
  • Hinzu kommen starke Dosen von Confidor als Lausmittel u. a. Mittel, ebenfalls aus der Gruppe der für die Bienen bedenklichen Neonikotinoide.

Somit werden innerhalb von 12 Wochen bis zu 6 bienengefährliche Insektizide empfohlen und eingesetzt. Standimker in unmittelbarer Nähe des Obstbaugebietes sind gezwungen, ihr Hobby oder ihren Nebenerwerb aufzugeben, falls sich die Sachlage nicht unmittelbar ändert. Manche Imker sehen sich daher gezwungen, Bienenvölker vor den Spritzkampagnen aus betroffenen Gebieten zu bergen und in höhere Lagen bzw. pestizidfreie Regionen zu verbringen, um sie dann wieder repatriieren.

Bei mindestens vier Spritzserien im Jahr kommen die Bienenvölker unter starken Druck, der sich heuer ob der Regenfälle und der dadurch notwendigen Zusatzspritzungen weiter verstärkt hat. Professionelle Imker erleben ein Jahr wie 2013 als existenzbedrohend und müssen sich überlegen, ob sie die Imkerei unter solchen Bedingungen noch weiter betreiben können.. In Aussprachen zwischen Imkern und Vertretern der Landwirtschaft wurde im heurigen Frühjahr zwar eine gemeinsam anzustrebende Lösungsstrategie besprochen, aber vorerst offenbar ohne Wirkung. Ein Stopp des zunehmenden Bienensterbens ist jedoch anzustreben, nicht nur im Interesse der Imker und ihrer Bienenvölker, sondern auch wegen der Befruchtungseffekte der Bienen auf die Blüten. Auch wenn inzwischen viele Bauern den Beitrag der Biene zur Befruchtung nicht mehr hoch schätzen und sogar herunterspielen, ist ihr Beitrag sicher bei 20-30% der Ernte anzusetzen.

Die Imker selbst haben eine Reihe Ziel führender Vorschläge erarbeitet, die zu beherzigen sind, wie folgende Regeln:

  • Kein Spritzen von bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln auf blühende Pflanzen, da dies die Bienen besonders gefährdet; schonendes Vorgehen in der Vorblütezeit, Kontrolle durch ein Monitoring-System;
  • Bevorzugtes Ausbringen insektengefährlicher Mittel bei schwachem Bienenflug in den Abend- und Nachstunden;
  • Stichprobenartige Rückstandsanalysen blühender Pflanzen zur Erhebung von Pestiziden;
  • Stichprobenartige Kontrollmaßnahmen direkt beim Ausbringen von Pestiziden;
  • Wissenschaftliche Beobachtung ausgewählter Bienenstandorte mit Kontrolle des Bienenflugs und Rückstandsanalysen in Wachs, Pollen und Honig;
  • Auch die Frage des allfälligen Schadensersatzes ist offen.

Kürzlich hat sich auch der Südtiroler Landtag in einem Beschlussantrag mit der Frage der Auswirkungen der Pestizide auf Bienen befasst, wobei der Laimburg ein Monitoring-Auftrag erteilt wurde. Ein erster Schritt der Anerkennung der Problematik, die aber bislang verharmlost wird.

Daher richten wir folgende Anfrage an die Südtiroler Landesregierung:

  • Wie lässt sich die Koexistenz zwischen Imkern und Obstbauern verbessern, wird ein ständiges Monitoring (Laimburg, Beratungsring, AGRIOS, Imker- und Bauernbund) zur Klärung der auftretenden Fragen eingerichtet?
  • Wird ein zielführendes Maßnahmenpaket für das Jahr 2014 ausgearbeitet, wer überwacht die Umsetzung?
  • Wie stellt sich die Haftungsfrage, wer haftet und ersetzt den Imkern die Schäden, wie kann eine gerechte, rechtlich fundierte Bewertung und Quantifizierung vorgenommen werden?

Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba

Bozen, 28. Juni 2013

 

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