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BESCHLUSSANTRAG

Ein Drittel der Lebensmittel in den Schulmensen landet im Müll. Zu diesem erschreckenden Ergebnis kam eine Studie aus dem Jahr 2018, an der sich mehrere Mensen in drei italienischen Regionen beteiligt haben. Diese Ergebnisse sind Teil des so genannten „Progetto Reduce“ des Umweltministeriums, das sich die Quantifizierung der Lebensmittelverschwendung in Italien zur Aufgabe gesetzt hatte. Südtirol war zwar nicht Teil dieser Untersuchung, jedoch darf vermutet werden, dass es hierzulande nicht viel anders aussieht. Ein Aspekt des Problems ist sicherlich in der Logistik zu finden. Vorportionierung eines ganzen Menüs ist für die Betreiber der Mensen, die teilweise hunderte Schüler:innen versorgen müssen, praktischer. Für Kinder und Jugendliche sind vorportionierte Menüs hingegen oft kontraproduktiv. Sie finden Lebensmittel auf ihren Tellern, die sie sich selbst nicht auswählen würden oder die Portion ist schlichtweg zu groß. In der Folge landet ein Großteil des Essens dann im Müll.

In Ravenna führte man aufgrund dieser Müllanalyse einen so genannten „io non spreco-bag“ – im Neudeutschen Doggybag – ein. So konnten die Kinder und Jugendlichen Brot, Obst (dieses landet laut obiger Studie am öftesten im Müll) oder verpackte Snacks von den Mensen der Grund- und Mittelschulen mit nach Hause nehmen. Initiativen, die vereinzelt auch schon andernorts praktiziert werden. Jedoch bei weitem nicht flächendeckend und sehr oft abhängig von der Eigeninitiative des Lehr- Koch- und Betreuungspersonals. Ein weiterer Lösungsansatz, der in dieselbe Kerbe und dabei auch noch drei Fliegen mit einer Klappe schlägt wäre es, den Schüler:innen übriggebliebenes Obst usw. in der Großen Pause am Vormittag des Folgetages zur Verfügung zu stellen. Dabei müssten sich die Familien nicht mehr um die Jause ihrer Kinder kümmern, diesen würden gesunde Zwischenmahlzeiten serviert und der Lebensmittelverschwendung würde vorgebeugt werden. Denn laut Foodinsider (ein Zusammenschluss italienischer Expert:innen, welcher Schulmensen und deren Qualität monitoriert) ist der Abfall in den Mensen nämlich auch sehr oft darauf zurückzuführen, dass Eltern – wissend oder vorbeugen wollend, dass ihre Kinder in der Mensa vielleicht nicht essen werden oder wollen – diesen überproportional große Schuljausen mitgeben. Die Kinder kommen in der Folge oft gar nicht sonderlich hungrig in die Kantine und essen oft aus diesem Grund wenig oder nichts. Die Katze beißt sich hier also selbst in den Schwanz.

Das Problem der Lebensmittelverschwendung als solches anzuerkennen und dagegen vorzugehen ist ein erster Schritt. Denn es ist nicht nur ein soziales Problem, sondern auch ein klimatisches. So ist die Lebensmittelverschwendung laut Foodinsider für 8 % der ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich. Nicht umsonst ist die Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2030 eines der 17 „UNO Nachhaltigkeitsziele“, zu denen auch Südtirol sich bekannt hat.

Auf Nachfrage der Grünen Fraktion bei der Landesregierung wurde bestätigt, dass Südtirol sein Potenzial, den Lebensmittelabfall zu verringern, noch nicht ausgeschöpft hat. Potenzial gibt es eindeutig bei der Vermeidung des Abfalls in den Schulmensen. Die Landesregierung gab an, dass es zur Reduzierung des Lebensmittelabfalls Daten benötige, die das Land heute noch nicht zur Verfügung habe. Ein erster Schritt hin zu mehr Daten wäre eine so genannte Müllanalyse in den Schulmensen. Die eingangs erwähnte Studie in drei italienischen Regionen führte genau so eine Analyse durch. Nur, wenn wir mehr über den Abfall wissen, wo der meiste entsteht (in der Küche oder auf dem Teller), welche Lebensmittel am meisten weggeschmissen werden usw., können wir geeignete Maßnahmen ergreifen, um das Problem anzugehen.

In den “Linee di indirizzo rivolte agli enti gestori di mense scolastiche, aziendali, ospedaliere, sociali e di comunità, al fine di prevenire e ridurre lo spreco connesso alla somministrazione degli alimenti” des Gesundheitsministeriums ist angeführt, dass für die Mensadienste von den Betreibern auch die Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung als Vergabekriterium herangezogen werden kann. Dies ist seit dem Jahr 2017 möglich. Seit damals fallen auch qualitative Aspekte bei der Vergabe der Mensadienste ins Gewicht, und nicht mehr rein ökonomische. Dies wäre ein weiterer Schritt, um die Lebensmittelverschwendung in Schulmensen einzudämmen. Von den Betreibern ein Konzept für Abfallvermeidung zu verlangen und dies auch stark ins Gewicht fallen zu lassen, würde den horrend hohen Abfallzahlen in den Mensen entgegenwirken.

Auch die bereits erwähnte Vorportionierung ist in mehrfacher Hinsicht ungünstig. Nicht zuletzt bekommen so etwa 6- und 11-jährige Kinder genau die gleich großen Mengen an Essen. Dass es in dieser Alterskategorie große Unterschiede gibt, was die benötigte Energiezufuhr betrifft, liegt auf der Hand. Schon allein dadurch, dass die Kinder selbst wählen könnten, was und wie viel sie essen wollen, würde der Lebensmittelabfall stark reduziert. Kurzum: Südtirol hat noch Luft nach oben. Jedoch wurde andernorts auch vorgemacht, wie es funktionieren könnte und welche Maßnahmen sinnvoll wären. Jetzt müssen wir das Problem nur noch angehen.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. Eine externe Müllanalyse in Südtirols Schulmensen durchzuführen, bei der zwischen folgenden Bereichen unterschieden werden soll
    1. WO entsteht der Überschuss bzw. Abfall (in der Küche oder auf dem Teller)?
    2. WELCHE Produkte bzw. Menükomponenten landen vorwiegend im Müll?
    3. WELCHE MENGEN an Lebensmitteln bzw. Speisen werden weggeschmissen (mit Unterscheidung zwischen vermeidbaren und nicht vermeidbaren Lebensmittelabfällen)?
  2. In die Bewerbungskriterien von den Betreibern der Schulmensen eine Strategie gegen Lebensmittelverschwendung zu integrieren und diese bei der Auswahl auch zwingend mitzuberücksichtigen.
  3. Darauf hinzuwirken, dass die Betreiber der Schulmensen auf die Vorportionierung der Menüs verzichten und Schüler:innen sich die Komponenten des Menüs selbst zusammenstellen können.
  4. Darauf hinzuwirken, dass die Betreiber der Schulmensen übrig gebliebenes Obst, Brot und verpackte Snacks entweder den Schüler:innen mit nach Hause geben oder aber ihnen diese bei der Großen Pause am Vormittag als Jause zur Verfügung gestellt werden.

Bozen, 30.11.2022 

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

Hanspeter Staffler

PRESSEMITTEILUNG.

Seit mehr als einem Jahrzehnt wartet Südtirol auf eine echte und radikale Wohnbaureform. Seit Jahren verspricht die Landesregierung, diese endlich zu liefern. Dieses Jahr schien der richtige Zeitpunkt gekommen. Die Gelegenheit wurde verpasst. Dies ist umso tragischer angesichts der derzeitigen Krise und der dramatischen Wohnsituation in Südtirol. Im Landtag wird diese Woche der Gesetzentwurf 116/22 diskutiert, der den geförderten Wohnbau reformieren soll.

In ihrem Minderheitenbericht erläutert Brigitte Foppa ausführlich, was in diesem Reformprozess geschehen ist, was erreicht wurde und was noch fehlt. Wir listen hier einige wesentliche Punkte auf.

Das Wohnen entwickelt sich zu einem immer gravierenderen Problem in Südtirol. Fast überall, vor allem aber in der Landeshauptstadt Bozen, ist es sehr schwierig, eine Mietwohnung zu finden, und die Preise sind exorbitant hoch. Laut ASTAT entfallen 41 % der Haushaltsausgaben auf das Wohnen (und das war vor der aktuellen Energiekrise).

Anstelle der lang ersehnten organischen und umfassenden Reform des sozialen und geförderten Wohnbaus kam es zu einem „Umbau“:

  1. Der soziale Wohnbau (ca. 50 Artikel) wurde aus dem Wohnbaugesetz Nr. 13/1998 ausgegliedert und in ein (kaum überzeugendes) Gesetz (das „WOBI-Gesetz“, Nr. 5/22) übertragen.
  2. Der Gesetzes-Koloss von 1998 für den geförderten Wohnungsbau bleibt bestehen. Nur in kleinen Details und Randbereichen ändert sich das Gesetz durch den vom Abg. Renzler unterzeichneten Gesetzentwurf Nr. 116/22.

Zwischendurch haben wir auch „kuriose“ Manöver erlebt, etwa als Landesrätin Deeg diesen Sommer im 4.Gesetzgebungsauschuss versuchte, diese komplexe Materie mit einem einzigen Artikel mit 53 Absätzen (!) in das Omnibusgesetz zu „schwindeln“. Der gesamte Prozess war von Konflikten und Spaltungen innerhalb der SVP durchsetzt, angefangen bei der Vallazza-Affäre bis hin zum letzten Akt, als sich LH Kompatscher überraschend nicht imstande sah, die finanzielle Deckung des Gesetzes vorzusehen, das von seiner Mehrheit stammt.

Insgesamt ist die Wohnbaureform ein klares Beispiel für einen misslungenen politischen Prozess. Nicht umsonst wurde sie von vielen als „Schwergeburt“ bezeichnet.

Zu den positiven Elementen zählen die Entbürokratisierung bei Auflösung der Sozialbindung, sowie die Möglichkeit für die Landesregierung, im Falle der Untätigkeit einer Gemeinde von Amts wegen Bauland für den geförderten Wohnbau auszuweisen. Das wichtigste Ergebnis, das im Ausschuss erzielt wurde, war die Senkung der Punktezahl für den Zugang zur Wohnbauförderung von 23 auf 21 Punkte.

In die falsche Richtung geht hingegen die Einführung eines Garantiefonds zum Schutz von Vermieter*innen bei Nichtzahlung der Miete. Unserer Meinung nach sollte man von den Mieter*innen ausgehen, die unverschuldet in Verzug geraten sind, und diese stärker unterstützen. Diese Forderung blieb bisher ungehört.

Fazit: Die Reform hat nicht stattgefunden. Das Gesetz bleibt weiterhin ein nur für Expert:innen verständliches Ungetüm. Die Förderungen werden leichter zugänglich sein, allerdings ist noch unklar, wie die Mehrkosten finanziert werden sollen. Das Wohnungsproblem in Südtirol, wo Kaufen zu teuer und Mieten praktisch unmöglich ist, bleibt akut. „Wenn heute eine geförderte Wohnung in einem Reihenhaus in einer mittelgroßen Gemeinde 600.000 Euro kostet, dann ist in den letzten Jahren viel schief gelaufen – und es sieht nicht so aus, als ob wir in absehbarer Zeit aus dieser Situation herauskommen werden“, folgert Brigitte Foppa, die die lange und schmerzensreiche Tragezeit dieser „Reform“ im 4. Gesetzgebungsausschuss begleitet hat.

Bozen, 29.11.2022

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

 

ANFRAGE ZUR AKTUELLEN FRAGESTUNDE.

Südtirols Schigebiete benötigen für den Betrieb der Aufstiegsanlagen und der Pistenbeschneiung sehr große Strommengen, die seit Jahren ansteigen. Für die Pistenpräparierung werden dieselbetriebene Pistengeräte (Schneekatzen) eingesetzt, welche erhebliche Treibstoffmengen verbrauchen.

Daher richten wir folgende Fragen an die Landesregierung:

  1. Wieviel „Schneekatzen“ sind auf Südtirols Pisten im Einsatz?
  2. Wieviel Treibstoff benötigen diese Maschinen pro Jahr?
  3. Wird der Treibstoff für die „Schneekatzen“ vom Land oder vom Staat finanziell unterstützt?
  4. Falls ja, wieviel Geldmittel werden für die Treibstoffsubventionierung vom Land und/oder von Staat jährlich an Südtirols Schigebietsbetreiber ausbezahlt?

 

Bozen, 17.11.2021

Landtagsabgeordnete

Hanspeter Staffler

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

INTERROGAZIONE SU TEMIN D’ATTUALITÀ.

Il 25 ottobre 2022 i vertici di SASA AG hanno incontrato il consiglio comunale di Merano e hanno annunciato di voler convertire circa 150 autobus esistenti a propulsione a idrogeno.

Si chiede alla Giunta provinciale:

  1. Quale propulsione hanno i 150 autobus esistenti che verranno convertiti ad idrogeno?
  2. Quanto costa la conversione a idrogeno di 150 autobus esistenti?
  3. Chi finanzia questa conversione?
  4. Perché viene scelta la conversione a idrogeno e non a propulsione elettrica a batteria?
  5. Quando avverrà la conversione?
  6. Quali sono i costi di acquisto e di esercizio di un autobus a idrogeno per la SASA?
  7. E quali sono i costi di acquisto e di esercizio di un autobus elettrico a batteria?
  8. Confrontando le ultime due risposte, è sensato puntare sull’idrogeno e non sull’elettrico?
  9. Quanti autobus, distinti per tipo di propulsione, ha attualmente in SASA? Si chiede il numero assoluto per ciascuna propulsione e la percentuale sul totale dei mezzi SASA.
  10. Quanti autobus e con quale tipo di propulsione verranno acquistati per i prossimi anni?
  11. A che prezzo verranno acquistati?
  12. E per quali aree geografiche verranno impiegati?

Bolzano, 14.11.2022

Cons. prov.

Riccardo Dello Sbarba

Brigitte Foppa

Hanspeter Staffler

 

INTERROGAZIONE SU TEMI D’ATTUALITÀ.

In seguito alla audizione del 25 ottobre 2022di Sasa nel consiglio comunale di Merano,

Si chiede alla Giunta provinciale:

  1. SASA intende utilizzare in futuro una parte significativa dei suoi autobus con idrogeno. Dove sarà costruita la stazione di rifornimento a idrogeno a Merano?
  2. Come e da chi verrà finanziata la stazione di rifornimento?
  3. Chi potrà rifornirsi lì? Solo Sasa o anche altri soggetti? E nel secondo caso, chi?
  4. Esiste già uno studio di fattibilità per questa stazione di rifornimento?
  5. Il 25 ottobre 2022, SASA ha affermato che avrebbe chiesto da 3 a 3,5 ettari nell’area delle caserme di Merano per la sua nuova ubicazione e che essa avrebbe avuto i requisiti per l’utilizzo di autobus a impatto zero nel Burgraviato ed in particolare a Merano. La Provincia intende trasferire parte della caserma Rossi alla SASA?
  6. Se sì, è quella parte che è stata recentemente trasferita dallo Stato alla Provincia?
  7. Se no, quale parte della caserma Rossi dovrebbe andare a SASA? E quando?
  8. Quali lavori saranno necessari affinché SASA possa utilizzare questo sito?
  9. Chi gestirà questi lavori? E chi li finanzierà?
  10. La Provincia cederà l’area a SASA gratuitamente o la affitterà?
  11. La Provincia intende conferire detta area in SASA tramite un aumento di capitale?

 

Bolzano, 14.11.2022

Cons. prov.

Riccardo Dello Sbarba

Brigitte Foppa

Hanspeter Staffler

AMFRAGE ZUR AKTUELLEN FRAGESTUNDE.

Die Landesmensa, stets gut besuchter kulinarischer und kollegialer Treffpunkt der Landesbeamt:innen, musste nach Jahrzehnten Tätigkeit die Tore schließen.

Die Räumlichkeiten der Landesmensa waren bis vor Kurzem im Gebäude der ehemaligen Handelskammer untergebracht. Nachdem das Gebäude der Handelskammer auf dem Tauschwege an die Signa-Gruppe ging, wurde der Landesverwaltung auf dem Areal des Waltherparks eine flächengleiche Alternative angeboten, die es aber in Zukunft für den Mensendienst nicht mehr brauchen dürfte.

Daher richten wir folgende Fragen an die Landesregierung:

  1. Warum musste die Landesmensa geschlossen werden?
  2. Was passiert nun mit den Räumlichkeiten, die im Waltherpark für die Landesmensa vorgesehen waren?

 

Bozen, 16.11.2021

Landtagsabgeordnete

Hanspeter Staffler

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

ANFRAGE ZUR AKTUELLEN FRAGESTUNDE.

Vor mehr als einem Jahr hat Südtirol eine Machbarkeitsstudie für ein so genanntes „Slot-System“ – ein digitales Buchungssystem für LKW entlang der Autobahn – in Auftrag gegeben und die Fertigstellung für Mitte 2022 angekündigt.

Daher richten wir folgende Fragen an die Landesregierung:

  1. An welchem Punkt befindet sich die Ausarbeitung der Machbarkeitsstudie bezüglich des „Slot-Systems“ für LKW auf der Brennerautobahn?
  2. Falls die Studie bereits fertiggestellt wurde: Warum wurde sie noch nicht veröffentlicht?
  3. Wann wird die Machbarkeitsstudie veröffentlicht bzw. vorgestellt werden?
  4. Falls die Studie bereits fertiggestellt wurde: Welches sind die Kernpunkte der Ergebnisse?
  5. Wie steht die italienische Regierung bzw. das Verkehrsministerium zur Idee des Slot-Systems?
  6. Hat die Landesregierung sich darüber schon mit Verkehrsminister Salvini ausgetauscht? Mit welchem Ergebnis? Falls nicht, wann wird es dazu kommen?
  7. Hat die Landesregierung Kenntnis über die Vorschläge von Verkehrsminister Salvini, die er am 5. Dezember in Brüssel bzgl. Transitverkehr auf der Brennerroute einbringen wird?
  8. Welche Pläne hat der neue Verkehrsminister bezüglich Entlastung der Brennerautobahn?

Bozen, 21.11.2022

 

Landtagsabgeordnete

Hanspeter Staffler

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

PRESSEMITTEILUNG.

Für die Sitzung des Landtages in dieser Woche werden die Grünen einen Beschlussantrag zur Jagd behandeln. Denn jedes Jahr landen 21.000 Tonnen Bleimunition in der Natur. Diese verursachen Bleivergiftungen. Davon betroffen sind vor allem Vögel, darunter Bartgeier und Steinadler. Mitten in den Alpen gelegen ist Südtirol eines der am stärksten von dieser Plage betroffenen Gebiete. Doch es gibt ungiftige Alternativen, welche im Nationalpark Stilfserjoch bereits verpflichtend verwendet werden. Die Grünen fordern ein Verbot der Bleimunition in ganz Südtirol.

Jährlich gelangen während der Jagdsaison 21.000 Tonnen Bleimunition in der Natur. Diese Art von Munition tötet nicht nur, wenn die Beute mit einer Kugel getroffen wird, sondern auch dann, wenn die mit Blei geschossenen Kadaver von anderen Tieren gefressen werden, die dann einer tödliche Bleivergiftung erliegen. In Europa fallen jedes Jahr schätzungsweise 1,3 Millionen Tiere einer Bleivergiftung zum Opfer, vor allem Greifvögel.

Die ersten Alarmsignale gab es im Jahr 2008, als im Nationalpark Stilfserjoch einer der wiederangesiedelten Bartgeier, dessen Freisetzung im Martelltal mit einem großen Festakt begangen wurde, vier Monate später in der Schweiz tot aufgefunden wurde. Untersuchungen des Ornithologen Enrico Bassi, wissenschaftlicher Leiter der Überwachung von Steinadler und Bartgeier im Nationalpark Stilfserjoch, haben daraufhin ergeben, dass sich der Großteil der kontaminierten Raubvögel in den Alpen im sogenannten „Viereck des Todes“, zwischen den Provinzen Trient, Bozen, Brescia und Sondrio aufhalten. Dieses „Viereck“ ist zusammen mit Österreich das am stärksten von Bleivergiftung betroffene Gebiet in Europa. „Welchen Sinn hat es, Bartgeier wieder anzusiedeln, wenn sie nach wenigen Jahren sterben, weil sie von ebenjenem Menschen vergiftet wurden, der sie in ihren natürlichen Lebensraum zurückgebracht hat?“, fragt sich Erstunterzeichner Riccardo Dello Sbarba.

Denn es gibt Alternativen: Nicht giftige Munition ist schon länger auf dem Markt und leicht erhältlich. Sie wurde bereits ausgiebig getestet – beispielsweise im Nationalpark Stilfersjoch, wo wie in den Natura-2000-Feuchtgebieten bleihaltige Munition per Gesetz verboten ist. Aber offenbar reicht diese Einschränkung nicht aus. Mit einem Beschlussantrag fordern wir daher ein Verbot der Verwendung von Bleimunition in der gesamten Provinz Bozen. Das Gesetz erlaubt es uns, dies zu tun. Worauf warten wir noch?

Bozen, 28.11.2022

Landtagsabgeordnete

Riccardo Dello Sbarba

Brigitte Foppa

Hanspeter Staffler

PRESSEMITTEILUNG.

Der 25. November ist der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wo sexuelle Gewalt beginnt. Beginnt sie schon beim vermeintlichen „Kompliment“, das einer jungen Frau auf der Straße hinterhergerufen wird? Diese Woche bringt die Grüne Fraktion das Phänomen des „Catcalling“ mit einem Beschlussantrag in den Landtag. Denn hierzu gibt es Redebedarf.

Der Begriff „Catcalling“ definiert eine Form der sexuellen Belästigung im öffentlichen Raum durch anzügliches Anreden, Nachrufen, Nachpfeifen oder sonstige Geräusche. Catcalling wird oft als banales Kompliment abgetan. In Wirklichkeit fühlen sich viele Frauen und Mädchen durch diese Praxis eingeschüchtert. Und sie sind in ihren täglichen Bewegungen eingeschränkt. Eine Untersuchung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen etwa ergab, dass eine große Mehrheit der Betroffenen nach Catcalling-Vorfällen ängstlicher wurde. So mieden 40% der Befragten danach bestimmte öffentliche Orte, während 8% sogar ihren Kleidungsstil änderten.

„Man fragt sich oft, wann die Gewalt beginnt. Fängt es schon mit einem vermeintlichen Kompliment an? Einem Nachpfeifen auf offener Straße? Einer „Wertschätzung“ für Beine, Hintern und Brüste? Wir denken ja, und dies wird durch Statistiken und Erfahrungsberichte von Mädchen bestätigt, die ihr Selbstvertrauen verlieren und anfangen, aus Angst vor solchen Vorfällen gewisse Straßen zu vermeiden und andere Kleidung zu tragen. Der öffentliche Raum gehört allen in gleichem Maße. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass es für eine Frau umständlicher oder gar gefährlicher ist, sich auf der Straße zu bewegen“, ist die Erstunterzeichnerin des Beschlussantrags, Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa, überzeugt.

Vor kurzem hatte die als Musikerin Camilla Cristofoletti die bei der Pressekonferenz anwesend war, das Thema in den sozialen Medien angesprochen: „Es handelt sich um eine Form der Belästigung, die meiner Meinung nach noch nicht die notwendige öffentliche Aufmerksamkeit erhält. Als ich einmal laut auf einem Angriff reagiert habe, zog nicht er, sondern ich die verärgerten Blicke der Passant:innen auf mich. Ich erinnere mich, dass ich mich sicherer gefühlt hätte, wenn all diese Menschen ihren verurteilenden Blick auf ihn gerichtet hätten, und er hätte vielleicht sein Verhalten geändert. Information ist meiner Meinung nach ein wichtiger erster Schritt, um das Bewusstsein der Gesellschaft zu schärfen.“

Die Istanbul-Konvention ordnet verbale sexuelle Gewalt als geschlechtsspezifische Gewalt ein, da sich die Vorfälle überwiegend gegen Frauen richten. Catcalling ist eine Form der verbalen sexuellen Gewalt. Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten wurde dieser Art der sexuellen Gewalt jedoch in Italien bisher noch nicht in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Dennoch wäre es wichtig, dies zu tun. Tatsächlich ist Catcalling sowohl ein Akt der Einschüchterung als auch ein Machtspiel, das zu so genanntem „Victim Blaming“ führt, einem Begriff, der die Opfer-Täter-Umkehr beschreibt, wonach es das Opfer ist, das es „herausfordert“.

Es geht nicht darum, das Flirten zu verbieten. Wenn wir aber anfangen, über diese Dynamik zu sprechen, wird uns bewusst, wie unterschiedlich sicher sich Frauen und Männer im öffentlichen Raum fühlen. „Ich bin mir sicher, dass den Männern, die sich so verhalten, bewusst ist, dass sie dabei Macht ausüben“, kommentiert Riccardo Dello Sbarba. Die Erkenntnis, dass es sich um eine Form der verbalen sexuellen Gewalt handelt, ist der erste Schritt. Sensibilisierung, Information und Erziehung innerhalb und außerhalb der Schulen durch Kommunikationskampagnen und Workshops können zu einer stärkeren Sensibilisierung der Gesellschaft insgesamt und zur Entwicklung eines korrekteren und respektvolleren Verhaltens führen.

 

Bozen, 24.11.2022

Landtagabgeordnete

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

Hanspeter Staffler

Minderheitenbericht zum Landesgesetzentwurf Nr. 116/22 „Änderungen des Landesgesetzes Nr. 13/1998 – Wohnbauförderungsgesetz“.

Seit mindestens 10 Jahren, wenn nicht schon seit noch länger, gilt im Hinblick auf das Wohnen in Südtirol das Mantra: „Es braucht eine Wohnbaureform“. Von Seiten der Regierungsmehrheit lautet dieses Mantra leicht abgewandelt: „Nächstes Jahr kommt die Wohnbaureform“.

Die Gründe für diese Notwendigkeit liegen auf der Hand. Während genanntes Mantra heruntergebetet wird, steigen die Preise der Wohnungen in Südtirol ins Endlose. Mietwohnungen sind im Lande, vor allem in der Landeshauptstadt Bozen, kaum zu finden, und wenn ja, dann nur zu horrenden Preisen. Junge Menschen können es sich meist schlicht nicht leisten von zu Hause auszuziehen. Wenn überhaupt, dann ist das meist nur in Form von Wohn- oder Lebensgemeinschaften möglich. Wer allein ist, muss einen Großteil des Lohnes für Miete oder Kreditrückzahlung im Falle eines Wohnungskaufs aufwenden.
Eine Zahl für alle: laut ASTAT muss eine Familie (vor der Energiepreissteigerung von 2022) 41% ihrer Ausgaben für das Wohnen kalkulieren. Im Wohnen liegt also ein wesentlicher Wohlstandsfaktor (oder, anders gesagt, ein wesentlicher Verarmungsfaktor). Wohnen ist die soziale Frage schlechthin in unserem Wohlstandsland Südtirol.

Das alles hat dazu geführt, dass das eingangs genannte Mantra sämtliche Aussagen der jeweils zuständigen Landespolitiker:innen geprägt hat. Im Jahr 2022 sollte die Reform nun endlich kommen. Und sie ist gekommen. Sie ist einerseits ein Beispiel für nicht gelingende politische Prozesse. Zugleich ist das Ergebnis mager, die Auswirkungen werden minimal sein – ob positiv oder negativ, das wird sich erst noch zu zeigen haben.

Die Reform: Ein politischer Pannenstreifen

Ausgangspunkt der Reform ist das Landesgesetz Nr.13 von 1998 (Wohnbauförderungsgesetz). Ein Gesetzesmonstrum mit 151 Artikeln, das nur für Expert:innen wirklich erschließbar ist. In seiner Form und in seiner Wortwahl ist es heute klar überaltert. Außerdem hatte das (ebenfalls unter einem schlechten Stern geborene) Gesetz „Raum und Landschaft“ von 2018 einige Rahmenbedingungen geändert, was seinerseits zu Anpassungen nötigte.

Das Wohnbaugesetz von 1998 umfasste die gesamte Materie des sozialen Wohnbaus (also des WOBI, das Wohnungen an Bedürftige vermietet) und des geförderten Wohnbaus (also die Bezuschussung für Private oder Genossenschaften, die Wohnungen bauen, kaufen oder sanieren). Das ist das Gerüst des Wohnbaus in Südtirol jenseits des freien Marktes, der sich natürlich in einer Wechselwirkung zum geförderten Markt entwickelt hat und dies auch weiterhin tun wird.

Die Reformierung der Materie führte in einem ersten Schritt dazu, die Materie des WOBI aus dem Gesetz zu nehmen und in einem eigenen LGE (104/21) zu bündeln. Mit dem WOBI-Gesetzentwurf hat sich der zuständige Gesetzgebungsausschuss in mehreren Sitzungen befasst. Dabei musste dieser erst regelrecht darum kämpfen, sich fundiert damit auseinandersetzen zu können. Es gab Beschleunigungsversuche und Interventionen. Die Landesrätin wollte sogar mitbestimmen, wer im Gesetzgebungsausschuss anzuhören sei und versuchte gar, „oppositionelle Vertretungen“ in der Anhörung zu verhindern.
Unbeirrt gingen die Ausschussmitglieder ihren Weg, informierten sich auch in einer Studienreise nach Wien über andere Formen des öffentlichen Wohnbaus – Formen, die zu wesentlich günstigeren Mieten und zu mehr Sicherheit über dauerhaftes Wohnen für die Bürger:innen führen, als es in Südtirol der Fall ist. Im Juli 2022 wurde das Landesgesetz zum öffentlichen und sozialen Wohnbau (LG Nr. 5/22) schließlich vom Südtiroler Landtag verabschiedet.

Nach dem holprigen Beginn der Arbeiten im Ausschuss waren einige kleine Verbesserungen möglich gewesen. Die „Ursünde“ des Gesetzes, nämlich dass fast alle Regelungen zum WOBI allein von der Landesregierung beschlossen werden, blieb bestehen. Nur die wichtigsten Durchführungsverordnungen, vor allem jene zu den Kriterien der Zuweisung und zum Landesmietzins (!), werden künftig nach Anhörung der Sozialpartner erstellt werden. Der Landtag wird zumindest durch ein Gutachten des für den Wohnbau zuständigen Gesetzgebungsausschusses in die Erstellung der DfO eingebunden werden. Und eine Gewerkschaftsvertretung im WOBI-Verwaltungsrat konnte gesichert werden.

Die Grundprobleme des Gesetzes blieben aber bestehen, die da waren und sind:

  • die fehlende Anbindung an das Gesetz „Raum und Landschaft“
  • die genannte Delegierung fast aller wichtigen Regelungen an die Landesregierung
  • die bislang fehlende Klarheit über den Landesmietzins
  • den Zugang auch der Mittelschicht zu den WOBI-Wohnungen, von denen es bereits jetzt zu wenig gibt
  • das „Enger-Stellen“ der Schraube durch Befristung der Mietverträge und Vorweisungszwang der Besitzdokumentation für ausländische Antragsteller:innen (auch für jene, die an diese Dokumente nicht heran kommen).

Insgesamt wurden mit dem WOBI-Gesetz über 50 Artikel aus dem Wohnbaugesetz entnommen. Sie werden großteils durch Durchführungsverordnungen ersetzt.

Damit begann Teil 2 der Stolperstrecke zur Wohnbaureform.

Im Sommer 2022 wurde dem Landtag ein Omnibusgesetz mit 24 Artikeln übermittelt, die die unterschiedlichsten Bereiche betrafen. Der letzte dieser Artikel bestand aus sage und schreibe 53 Absätzen, die die Neuregelung des geförderten Wohnbaus in einem einzigen Artikel vorsah.
Ein nie gesehener Vorgang. Als Vertreter:innen der politischen Minderheit verweigerten wir die Behandlung im Gesetzgebungsausschuss.
Erstens weil es undenkbar war, sich in kürzester Zeit und angesichts der Notwendigkeiten von Aussprachen und Anhörungen auf das Thema vorzubereiten. Vor allem aber wäre es durch die Geschäftsordnung des Landtags praktisch unmöglich gewesen, den Artikel fachgerecht zu behandeln. Laut Geschäftsordnung des Landtages müssen nämlich die Änderungsanträge der Abgeordneten „nach Artikeln“ (nicht nach Absätzen) behandelt werden. Das hätte geheißen, dass man sämtliche Änderungsanträge in einer einzigen Wortmeldung innerhalb 15 Minuten hätte erläutern müssen. Wenn man sich vorstellte, 2 Änderunganträge pro Absatz (dabei war ja jeder Absatz in Wirklichkeit ein Artikel) zu verfassen, dann hätte man 106 Anträge in 15 Minuten erläutern müssen.
Ein unvorstellbares Chaos. Es verwundert bis heute, dass das bei der Einreichung des Artikels nicht bedacht wurde – und es zeugt auch ein wenig von der Vergessenheit des Landtags in den Regierungsreihen.
Wie auch immer, nach Androhung, die Arbeiten im Ausschuss zu blockieren, wurde der LGE auf September vertagt.

Er wurde in einer informellen Anhörung im Landtag im August unter allgemeinem Desinteresse vorgestellt und nach einigen Auseinandersetzungen im Oktober im Gesetzgebungsausschuss behandelt. Der eine Artikel mit 53 Absätzen war nun in ein eigenes LGE mit 8 Artikeln gefasst worden, und die Einreichung war dem Abg. Renzler übertragen worden. Die etwas eigenartige Begründung lautete, dass der Weg über die Landesregierung „zu langwierig“ sei. Wir lassen dies unkommentiert.

Der LGE 116/22, der Gegenstand dieses Minderheitenberichtes ist, hat das Wichtigste versäumt, nämlich die überaus komplexe Materie zu ordnen, zu klären und zu reformieren – am sich gesteckten Ziel ist man also in weitem Bogen vorbeigefahren.
Man hätte die Materie des geförderten Wohnbaus in ein eigenes, neues Gesetz gießen können – wie es auch in mehreren Vorstufen des Gesetzes sowohl dieser Regierung als auch der Vorgängerregierungen geplant gewesen war. Man hätte die Begriffe ordentlich, verständlich und zeitgemäß definieren können. Man hätte auch Hand anlegen können an der Gesamtarchitektur der Förderung. Das alles wurde aufgegeben. Auf meine Nachfrage zu dieser Selbstaufgabe hieß es im Ausschuss, dass man das Risiko von Anfechtungen seitens der römischen Regierung minimieren wollte, was durch die Beibehaltung des bestehenden Gesetzes besser garantiert sei.
Aus welchem Grund auch immer, nun ist es so, dass der geförderte Wohnbau weiterhin mit dem LG 13 von 1998 geregelt bleibt. Diesem sind wie beschrieben die WOBI-Artikel ausgeklammert. Der LGE 116 legt nur in kleinen Teilen Hand an und berührt nur Randbereiche. Die wesentlichste Neuerung war im LGE, wie er vorgelegt wurde, nicht einmal enthalten. Dazu komme ich noch.

Bevor ich inhaltlich auf den LGE eingehe, möchte ich noch das blamable Finale dieses von A-Z verunglückten Gesetzgebungsprozesses beschreiben. Denn als nach mehreren Sitzungen, die zum Teil auch mehrmals für Besprechungen der Mehrheit unterbrochen werden mussten, schließlich die Behandlung des Art. 7 (Finanzbestimmung) anstand, passierte wiederum Nie Gesehenes: Die Finanzabteilung bzw. der Landesrat für Finanzen beanstandete in einem Schreiben den Gesetzestext:

Es muss festgestellt werden, dass unter Anderem noch etliche Elemente fehlen:

  • dem Gesetzentwurf wurde kein finanztechnischer Begleitbericht beigefügt. Somit kann die Angemessenheit der entsprechenden finanziellen Deckung nicht überprüft werden;
  •  eine Zuordnung der Mehrausgaben auf Artikelebene ist nicht erfolgt;
  •  eine klare finanzielle Beschreibung des Garantiefonds ist nicht vorhanden;
  • eine Anpassung der finanziellen Deckung an den zeitlichen Moment des Inkrafttretens ist zumindest laut der mit dem Ansuchen übermittelten Fassung des Gesetzentwurfes ebenfalls nicht erfolgt;
  • einige neue Artikel/Absätze scheinen sehr wohl Mehrausgaben mit sich zu bringen, die Deckung des Gesetzes wurde nicht geändert: o der in Art. 1 eingefügte Absatz 01, betreffend die Beiträge für den Erwerb von Flächen für den geförderten Wohnbau mittels Kaufvertrag gemäß Artikel 19 Absatz 3 des Landesgesetzes vom 10. Juli 2018, Nr. 9 in geltender Fassung;
  • der in Art. 6, eingefügte Absatz 03 mit dem die Mindestpunktezahl für den Bau und Kauf auf 20 Punkte gesenkt und vereinheitlicht werden (Erweiterung der Anzahl der Beitragsempfänger);
  • Art. 6, Absatz 3-bis, mit dem die Prozente für die einmaligen Beiträge um bis zu 5 Prozentpunkte erhöht werden können.

Aus diesen Gründen kann im Moment noch kein Gutachten erteilt werden.

Der Finanzlandesrat lehnte es ab, ein Gutachten zu erteilen – eine, sagen wir, ungewohnte Vorgangsweise, wird doch im Normalfall im Vorfeld um eine Einigung gerungen. Fanden die Auseinandersetzungen bisher außerhalb des Gesetzgebungsausschusses statt, so waren diesmal die Ausschussmitglieder Zeug:innen großer Peinlichkeit. Es gibt nur zwei Erklärungen für diesen Vorfall: Entweder das Wohnbauressort hat tatsächlich ein völlig mangelhaftes Gesetz auf den Weg gebracht. Oder das LH-Ressort verweigert die Finanzierung der Vorhaben auf diese Weise, die die Wohnbaulandesrätin offen blamiert. Der wahre Hintergrund bleibe hier dahingestellt.

Interessanterweise gab es im Anschluss an diesen Eklat einen, sagen wir in diesem Fall, unkonventionellen „Ausweg“. Der Abg. Renzler, Erstunterzeichner des LGE tat das, wovon alle Einbringer:innen von Gesetzesvorhaben nur träumen können – er bedient sich in der von ihm daraufhin vorgelegten Finanzbestimmung großzügig aus dem Sammelfonds für neue Gesetzesvorhaben: im Ausmaß von 3,5 Millionen für 2023 und 7,8 Mio. für 2024. Ja, wenn das immer so einfach ist, wäre man geneigt zu sagen.

Der entsprechende Artikel wurde mit 4:3 Stimmen im Ausschuss angenommen. Es wirkte, als ob man ein einstürzendes Haus mit Klebestreifen zusammenhalten wollte.

Angesichts dieses wirklich verunfallten Prozesses wirkten die Ausschussmitglieder und auch die begleitenden Beamt:innen am Ende der Arbeiten sichtlich gerädert. Man sprach von „Qualen“, von durchlittenen Stunden, ja von einer „Schwergeburt“.
Diese Bilder beschreiben gut, wie die Arbeit am LGE 116 erlebt wurde. In diesen Beschreibungen liegt auch der Grund, warum die Unterzeichnende beschlossen hat, den Prozess in einem Minderheitenbericht für die Außen- und Nachwelt aufzuzeichnen.
Denn in den beschriebenen Phasen, Abläufen und Auseinandersetzungen spiegelt sich sehr prägnant die Stimmung der XVI. Legislaturperiode des Südtiroler Landtags, insbesondere in ihrer Endphase. Die Bruchlinien sind aufgeworfen und treten nunmehr offen zutage.
Während sich die Minderheit zunehmend solidarisiert und zusammenarbeitet, scheint die Loyalität innerhalb der Mehrheit gebrochen. Man hat keine Hemmung, sich gegenseitig zu behindern und zu blamieren. Die Dinge scheinen oft nicht abgesprochen und meistens auch nicht ausgehandelt. Für die Themen, die einer guten Verwaltung und einer fundierten Weiterentwicklung harren würden, ist das eine sehr schlechte Voraussetzung. Dass sich ein Land inmitten derartiger Krisen ein derartiges politisches Missmanagement leistet, ist fahrlässig.

Und was wurde letztlich „geboren“?

Der LGE 116 ist keineswegs eine Vereinfachung oder Neuausrichtung der gesamten Materie.

Er beinhaltet zunächst einige kleine Anpassungen an das neue Raumordnungsgesetz.

Eine bürokratische Erleichterung stellt sicher die neue Auflösung der Sozialbindung dar. Sie ist, daran sei in diesem Zusammenhang erinnert, seit 2016 auf 10 Jahre begrenzt, was nicht im Sinne des Gemeinwohls sein kann. Eine Förderung, die unter gewissen Bedingungen erfolgt, geht nach nur zehn Jahren in das Eigentum der Besitzerin oder des Besitzers über, die Wohnung kann in der Folge bedingungslos verkauft werden. Wir finden das nicht richtig. Dass aber die Löschung der Bindung, bisher eine langwierige und auch für die Verwaltung aufwändige Operation, künftig rein über einen Antrag an das Grundbuchamt erfolgen soll, ist zu befürworten.

Ebenso kann die Aufnahme von innovativen Wohnmodellen wie generationenübergreifendes Wohnen oder Co-Housing sowie die Aufmerksamkeit auf Menschen mit Beeinträchtigung für die Wohnbauförderung gutgeheißen werden.

Unterstützenswert ist ebenfalls die „zwangsweise“ Ausweisung von Bauland für den geförderten Wohnbau, wie in Art. 6 gefordert. Bei Untätigkeit der Gemeinde kann künftig von Amts wegen von der Landesregierung Bauland für den geförderten Wohnbau ausgewiesen werden. Vom Rat der Gemeinden kam scharfer Gegenwind. Es werde hier die Autonomie der Gemeinden verletzt, so das Gutachten des Rates. Indessen ist diese Maßnahme sehr wichtig, angesichts der dramatischen Lage des zugänglichen Wohnens in Südtirol bietet sich hier Handlungsspielraum.

Völlig die Zielrichtung verfehlt wird indessen mit der geplanten Einrichtung eines – seit Langem geforderten – Garantiefonds für Vermieter:innen.
Der vom LGE vorgeschlagene Fonds soll von den Vermieter:innen selbst eingerichtet werden, mit dem Ziel eventuelle Zahlungsausfälle von säumigen Miter:innen rückzuerstatten. Die Landesregierung unterstützt die Einrichtung und Führung des Fonds mit öffentlichen Mitteln. Dieser Fonds ist rein auf die Vermieter:innen fokussiert, die Mieter:innen sind aus dem Blickfeld.
Dabei wäre es ein weit besserer Ansatz, den Mieter:innen, die unverschuldet zahlungsunfähig werden, unter die Arme zu greifen. Ein entsprechender Änderungsantrag der grünen Fraktion wurde abgelehnt.
Interessant ist, dass im Nachfeld der Sitzung im Gesetzgebungsausschuss sowohl die Mieter- als auch die Vermietervertretungen darauf hingewiesen haben, dass die Einbindung der Mieter:innen in den Fonds (wie auch auf staatlicher Ebene vorgesehen) weit sinnvoller wäre. Es wird zu sehen sein, ob diese Anregungen in der Debatte im Landtagsplenum aufgenommen werden. Es wäre wünschenswert.

An der „Lex Anti-Vallazza“ arbeitete sich die Mehrheit intern auch im Laufe der Sitzung ab, nicht ohne Konflikte. Auch der Rat der Gemeinden erhob seine Stimme zur Sache. In der ursprünglichen Version war vorgesehen, dass die Zuweisung eines geförderten Baugrundes „an die vorigen Eigentümer der enteigneten Flächen oder deren Verwandte und Verschwägerte“ nicht mehr zulässig sein sollte.
Damit wollte man weitere Fälle des Ausreizens der Regelung verhindern. Der Präsident des Rates der Gemeinden gab vehement zu bedenken, dass mit diesem Vorschlag ganze Weiler „aussterben“ würden.
Der Ausweg aus dem Dilemma wurde nach längeren „Beratungen“ von den Abg. Locher und Bacher vorgelegt. Sie schlagen vor, dass die Zuweisung von enteigneten Baugründen an die vorigen Besitzer:innen bzw. deren Verwandte zulässig ist, allerdings ohne dass ein Beitrag ausgezahlt wird (was an und für sich logisch sein müsste). Dies immer dann (und nur dann), wenn die Aufteilung 60:40 (60% des Grundes vorbehalten für den geförderten Wohnbau) und wenn der vormalige Eigentümer auf 40% der Fläche eine Wohnung von 495 Kubikmetern hätte errichten können.
Dieser Vermittlungsvorschlag erhielt im Ausschuss nur die 4 Stimmen der Mehrheit. Die Minderheitsverteter:innen stimmten für den ursprünglichen Vorschlag, der dieser Praxis grundsätzlich ein Ende bereitet hätte.

Schließlich ist noch auf den vielleicht bedeutsamsten Teil der Wohnbaureform zu kommen. Er war im vorgelegten Text gar nicht vorhanden, sondern entstand erst aus der Debatte im Ausschuss. Auslöser war ein Änderungsantrag der Freiheitlichen Fraktion mit dem Vorschlag, die Mindestpunktezahl zum Zugang zur Wohnbauförderung von derzeit 23 Punkten auf 20 Punkte zu senken.
Dieser Vorschlag griff eine alte (mindestens 9 Jahre, wie Abg. Renzler bei seiner Stimmabgabeerklärung sagte) Forderung auch der Arbeitnehmerinnen-Vertretungen auf, da das Erreichen der 23 Punkte für viele, junge Ansuchende, aber nicht nur, eine zu hohe Hürde darstellt. Bisher war es nie möglich gewesen, diese Punktezahl zu senken.
Der Druck muss groß gewesen sein. Denn im Zuge der Debatte im Ausschuss war es nun möglich, die Punktezahl herabzusetzen. Nicht, indem der Änderungsantrag der Freiheitlichen angenommen wurde, das nicht. Aber indem derselbe Grundsatz in einen Antrag an anderer Stelle ins Gesetz geschrieben wurde. Vom Abg. Locher natürlich. Auch diese „Spielchen“ sind Teil der Orientierungslosigkeit, die wohl auf der Angst vor Machtverlust gründen. Kein Moment der Größe.

Insgesamt ist die Überarbeitung der Materie des geförderten Wohnbaus nicht gelungen. Die Wohnbaureform in Südtirol bleibt auch nach diesem Gesetz eine lange Ankündigungsgeschichte ohne Lösung. Auch künftig werden sich die Bürger:innen Südtirols, die auf einen Beitrag zum Wohnen hoffen, durch ein weitgehend unlesbares Gesetz mit über 150 Artikeln quälen müssen. Es wird einige Erleichterungen geben, vor allem was die Aufhebung der Sozialbindung betrifft. Die Wohnbauförderung wird zugänglicher werden. Wie die Finanzierung hierfür (wenn mehr Menschen Zugang zur Förderung haben, braucht es auch mehr Geld) gesichert wird, ist bis dato unklar.

Aus dem großen Dilemma des Wohnens in Südtirol (zusammenfassbar wie folgt: „Das Kaufen ist zu teuer, das Mieten unmöglich“) führt auch dieses Gesetz nicht heraus. Wenn heutzutage die (geförderte) Wohnung in einem Reihenhaus in einer mittleren Gemeinde 600.000 Euro kostet, dann ist ziemlich viel schief gelaufen. Und daran wird sich nicht so schnell etwas ändern.

 

Bozen, 14.11.2022

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa