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Essen erfassen…in den Schulmensen

BESCHLUSSANTRAG

Ein Drittel der Lebensmittel in den Schulmensen landet im Müll. Zu diesem erschreckenden Ergebnis kam eine Studie aus dem Jahr 2018, an der sich mehrere Mensen in drei italienischen Regionen beteiligt haben. Diese Ergebnisse sind Teil des so genannten „Progetto Reduce“ des Umweltministeriums, das sich die Quantifizierung der Lebensmittelverschwendung in Italien zur Aufgabe gesetzt hatte. Südtirol war zwar nicht Teil dieser Untersuchung, jedoch darf vermutet werden, dass es hierzulande nicht viel anders aussieht. Ein Aspekt des Problems ist sicherlich in der Logistik zu finden. Vorportionierung eines ganzen Menüs ist für die Betreiber der Mensen, die teilweise hunderte Schüler:innen versorgen müssen, praktischer. Für Kinder und Jugendliche sind vorportionierte Menüs hingegen oft kontraproduktiv. Sie finden Lebensmittel auf ihren Tellern, die sie sich selbst nicht auswählen würden oder die Portion ist schlichtweg zu groß. In der Folge landet ein Großteil des Essens dann im Müll.

In Ravenna führte man aufgrund dieser Müllanalyse einen so genannten „io non spreco-bag“ – im Neudeutschen Doggybag – ein. So konnten die Kinder und Jugendlichen Brot, Obst (dieses landet laut obiger Studie am öftesten im Müll) oder verpackte Snacks von den Mensen der Grund- und Mittelschulen mit nach Hause nehmen. Initiativen, die vereinzelt auch schon andernorts praktiziert werden. Jedoch bei weitem nicht flächendeckend und sehr oft abhängig von der Eigeninitiative des Lehr- Koch- und Betreuungspersonals. Ein weiterer Lösungsansatz, der in dieselbe Kerbe und dabei auch noch drei Fliegen mit einer Klappe schlägt wäre es, den Schüler:innen übriggebliebenes Obst usw. in der Großen Pause am Vormittag des Folgetages zur Verfügung zu stellen. Dabei müssten sich die Familien nicht mehr um die Jause ihrer Kinder kümmern, diesen würden gesunde Zwischenmahlzeiten serviert und der Lebensmittelverschwendung würde vorgebeugt werden. Denn laut Foodinsider (ein Zusammenschluss italienischer Expert:innen, welcher Schulmensen und deren Qualität monitoriert) ist der Abfall in den Mensen nämlich auch sehr oft darauf zurückzuführen, dass Eltern – wissend oder vorbeugen wollend, dass ihre Kinder in der Mensa vielleicht nicht essen werden oder wollen – diesen überproportional große Schuljausen mitgeben. Die Kinder kommen in der Folge oft gar nicht sonderlich hungrig in die Kantine und essen oft aus diesem Grund wenig oder nichts. Die Katze beißt sich hier also selbst in den Schwanz.

Das Problem der Lebensmittelverschwendung als solches anzuerkennen und dagegen vorzugehen ist ein erster Schritt. Denn es ist nicht nur ein soziales Problem, sondern auch ein klimatisches. So ist die Lebensmittelverschwendung laut Foodinsider für 8 % der ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich. Nicht umsonst ist die Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2030 eines der 17 „UNO Nachhaltigkeitsziele“, zu denen auch Südtirol sich bekannt hat.

Auf Nachfrage der Grünen Fraktion bei der Landesregierung wurde bestätigt, dass Südtirol sein Potenzial, den Lebensmittelabfall zu verringern, noch nicht ausgeschöpft hat. Potenzial gibt es eindeutig bei der Vermeidung des Abfalls in den Schulmensen. Die Landesregierung gab an, dass es zur Reduzierung des Lebensmittelabfalls Daten benötige, die das Land heute noch nicht zur Verfügung habe. Ein erster Schritt hin zu mehr Daten wäre eine so genannte Müllanalyse in den Schulmensen. Die eingangs erwähnte Studie in drei italienischen Regionen führte genau so eine Analyse durch. Nur, wenn wir mehr über den Abfall wissen, wo der meiste entsteht (in der Küche oder auf dem Teller), welche Lebensmittel am meisten weggeschmissen werden usw., können wir geeignete Maßnahmen ergreifen, um das Problem anzugehen.

In den “Linee di indirizzo rivolte agli enti gestori di mense scolastiche, aziendali, ospedaliere, sociali e di comunità, al fine di prevenire e ridurre lo spreco connesso alla somministrazione degli alimenti” des Gesundheitsministeriums ist angeführt, dass für die Mensadienste von den Betreibern auch die Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung als Vergabekriterium herangezogen werden kann. Dies ist seit dem Jahr 2017 möglich. Seit damals fallen auch qualitative Aspekte bei der Vergabe der Mensadienste ins Gewicht, und nicht mehr rein ökonomische. Dies wäre ein weiterer Schritt, um die Lebensmittelverschwendung in Schulmensen einzudämmen. Von den Betreibern ein Konzept für Abfallvermeidung zu verlangen und dies auch stark ins Gewicht fallen zu lassen, würde den horrend hohen Abfallzahlen in den Mensen entgegenwirken.

Auch die bereits erwähnte Vorportionierung ist in mehrfacher Hinsicht ungünstig. Nicht zuletzt bekommen so etwa 6- und 11-jährige Kinder genau die gleich großen Mengen an Essen. Dass es in dieser Alterskategorie große Unterschiede gibt, was die benötigte Energiezufuhr betrifft, liegt auf der Hand. Schon allein dadurch, dass die Kinder selbst wählen könnten, was und wie viel sie essen wollen, würde der Lebensmittelabfall stark reduziert. Kurzum: Südtirol hat noch Luft nach oben. Jedoch wurde andernorts auch vorgemacht, wie es funktionieren könnte und welche Maßnahmen sinnvoll wären. Jetzt müssen wir das Problem nur noch angehen.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. Eine externe Müllanalyse in Südtirols Schulmensen durchzuführen, bei der zwischen folgenden Bereichen unterschieden werden soll
    1. WO entsteht der Überschuss bzw. Abfall (in der Küche oder auf dem Teller)?
    2. WELCHE Produkte bzw. Menükomponenten landen vorwiegend im Müll?
    3. WELCHE MENGEN an Lebensmitteln bzw. Speisen werden weggeschmissen (mit Unterscheidung zwischen vermeidbaren und nicht vermeidbaren Lebensmittelabfällen)?
  2. In die Bewerbungskriterien von den Betreibern der Schulmensen eine Strategie gegen Lebensmittelverschwendung zu integrieren und diese bei der Auswahl auch zwingend mitzuberücksichtigen.
  3. Darauf hinzuwirken, dass die Betreiber der Schulmensen auf die Vorportionierung der Menüs verzichten und Schüler:innen sich die Komponenten des Menüs selbst zusammenstellen können.
  4. Darauf hinzuwirken, dass die Betreiber der Schulmensen übrig gebliebenes Obst, Brot und verpackte Snacks entweder den Schüler:innen mit nach Hause geben oder aber ihnen diese bei der Großen Pause am Vormittag als Jause zur Verfügung gestellt werden.

Bozen, 30.11.2022 

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

Hanspeter Staffler

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