Grüne unterstützen den Antrag der Vertretungen des Sozialen und der Sozialberufe auf Anhörung im Gesetzgebungsausschuss

  • Gesetzentwurf Soziale Landwirtschaft heute im Gesetzgebungsausschuss
  • Gesetzentwurf problematisch – Kritik von Sozialverbänden
  • Grüne versuchen mit 21 Änderungsanträgen das Gesetz abzumindern
  • Gesetz ist nicht für die Menschen mit besonderen Bedürfnissen geschrieben, sondern dafür der Landwirtschaft eine weitere Einkommenssäule zu garantieren
  • Betriebe der sozialen Landwirtschaft werden den Anbietern von Sozial- und Gesundheitsdiensten gleichgestellt
  • Es bleibt unklar wie soziale Standrads und Qualifikationen erreicht werden sollen.
  • „Italienische Welt“ wurde nicht eingebunden

Am 26. April soll der Zweite Gesetzgebungsausschuss über den Gesetzentwurf Nr. 155/18 „Soziale Landwirtschaft“ befinden. Schon seit Längerem war bekannt, dass Maria Hochgruber Kuenzer einen Entwurf zum Thema vorlegen würde, am Ende aber wurde sie von Landesrat Schuler überholt – ein weiteres Signal, wie dick die Luft in der SVP-Bauernriege geworden sein muss.

„Soziale Landwirtschaft“, darunter sind verschiedene Tätigkeiten vorstellbar, die auf einem Bauernhof zusätzlich zur landwirtschaftlichen Kerntätigkeit ausgeübt werden können und die – zumindest in der Theorie – sozial benachteiligten Gruppen entgegen kommen.


Grundprobleme des Ansatzes

Das bedeutet konkret, dass sich etwa auf eine Bäuerin (meistens wird es die Frau betreffen) weitere Herausforderungen zukommen: Neben der Arbeit in Feld oder Stall, im Garten, im Hofladen, neben der Familienarbeit und/oder der Gästebetreuung soll sie sich um Menschen mit Beeinträchtigung, um haftentlassene Jugendliche, Therapiebedürftige, SeniorInnen, Menschen auf der Flucht etc. kümmern. Für diese Betreuungsleistungen erhalten landwirtschaftliche Betriebe, falls das Gesetz in Kraft tritt, Vergütung, öffentliche Förderung und Unterstützungsmaßnahmen.

Man kann den interdisziplinären und ganzheitlichen Ansatz, der hinter dem Gesetz steht, durchaus teilen. Eine ansatzweise gesunde Umgebung für Menschen mit besonderen Bedürfnissen im Sinne der „green care“ kann auch zu alternativen Therapieerfolgen führen. Das ist der positive Aspekt des Gesetzentwurfs.


Spezielle Schwächen: Vorrang für die bäuerliche Kategorie, Intransparenz der Zielrichtung und denkbarer Vorteile

Dennoch haben wir mehrere Vorbehalte gegen diverse Schwachstellen des Entwurfs, die wir in 21 Änderungsanträgen abzumindern versuchen. Hier die wesentlichsten Problempunkte:

  1. Der Gesetzentwurf ist nicht für die Menschen mit besonderen Bedürfnissen geschrieben, sondern dient explizit (Art.1) dazu, um der Landwirtschaft eine weitere Einkommenssäule zu garantieren. Hingegen wird diese im Staatsgesetz vom 18. August 2015, Nr. 141 über die soziale Landwirtschaft viel stärker in das lokale System der Sozialdienste und -aktivitäten eingebunden.
    Hier sehen wir indes den Versuch, eine Parallelwelt der Landwirtschaft aufzubauen – auch indem die Professionalität der Sozialberufe ausgehebelt wird. Während für jeden Sozialberuf eine fundierte Ausbildung erforderlich ist, wird die soziale Tätigkeit am Bauernhof vollkommen vage definiert. Die Ausbildungswege werden erst in der Durchführungsverordnung geklärt werden, wobei man über die Zielrichtung noch nichts weiß. Es darf vermutet werden (s. Art. 9), dass die Ausbildung über die land- und hauswirtschaftliche Berufsbildung erfolgen wird. Es ist zu befürchten, dass diese Ausbildungswege einem Vergleich mit den Ausbildungen der Sozialberufe nicht standhalten. Diese Schieflage wird zu Lasten der Betreuten gehen.
  2. Die finanzielle Förderung ist lückenhaft und weist keine Zielrichtung auf. Besonders schwerwiegend erscheint, dass die Kostenbeteiligung bei Tagsätzen und bei Stundentarifen künftig „kategorial“ geregelt werden könnte. Jahrzehnte wurde dafür gearbeitet, dass einheitliche Regeln gelten. Nun aber wiederum in der Landwirtschaft Sonderregelungen einzuführen, wäre ein Rückschritt.
  3. Die gesamte Materie wird über die Abteilung Landwirtschaft gesteuert, das Soziale und die Gesundheit sind gerade einmal mit je 1 Beamten/in im zu schaffenden Landesbeirat vertreten. Vergessen wurden sowohl die Vertretungen der Sozialberufe wie die der Sozialgenossenschaften, der Selbsthilfeorganisationen und der öffentlichen Sozialdienste.
  4. Ebenso vergessen wurde, wie in Südtirol leider nicht neu, die italienische Welt. Dass die Landwirtschaft weitgehend „in deutscher Hand“ ist, trifft zu, die Betreuten dürften aber durchaus auch aus der italienischsprachigen Welt stammen. Dies macht wieder deutlich, dass das Gesetz nicht für die zu Betreuenden gedacht ist, sondern für den Bauernstand.
  5. Die üblichen GIS-Erleichterungen gelten auch für Gebäude, die für soziale Landwirtschaft adaptiert werden. Es ist sicherzustellen, dass nicht über den Umweg der sozialen Landwirtschaft bauliche Eingriffe, die sonst nicht möglich wären, erfolgen können.
  6. Mit dem Gesetz werden die Betriebe der sozialen Landwirtschaft den Anbietern von Sozial- und Gesundheitsdiensten gleichgestellt. Damit scheint sich eine völlige Schieflage abzuzeichnen. Ein Bauernhof bleibt ein Bauernhof. Falls dort qualifizierte soziale Dienstleistungen angeboten werden, so ist eine starke Präsenz sozialer Standards und Qualifikationen erforderlich. Wie diese erreicht werden sollen, ist im Gesetzentwurf nicht sichtbar. Im Gegenteil, es erhöht sich die Gefahr, dass andere Wirtschaftszweige den Bereich der sozialen Dienstleistungen für sich entdecken und ohne vorangehende grundlegende Diskussion dieser Interessenslagen ins System der sozialen Dienstleistungen drängen.
  7. Das Gesetz bleibt in der Darlegung der Zielsetzung erstaunlich ungenau und verschleiert. Im Bericht gibt es nicht den Ansatz eines Hinweises auf die grundlegende Zielsetzung, den Maßnahmen und Modalitäten, wie diese erreicht werden sollen – darunter vor allem das abgesprochenen und integrierte Vorgehen im Netz mit den lokalen Sozial-, Gesundheits-, Arbeits- Berufsbildungs- und allgemeinen Bildungseinrichtungen. Kein Hinweis auf den Finanzierungsbedarf, keine wie auch immer geartete planerische Perspektive.

Aus den aufgeführten Gründen scheint uns der Gesetzentwurf noch nicht ausgereift. Sowohl der Dachverband für Soziales als auch der Landesverband für Sozialberufe haben nicht umsonst eine Anhörung im Gesetzgebungsausschuss beantragt. Auch die Stimme der lokalen Sozialdienste (Gemeinden und Bezirksgemeinschaften) und der Gesundheitsdienste sollte zu Wort kommen. Wir fordern, diese schnellstens, am besten bei der heutigen Sitzung durchzuführen, damit auch jene zu Wort kommen, die beim Entstehen des Gesetzes ganz offensichtlich hinter den Bauern zurückstehen mussten.

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss

Bozen, 26. 04. 2018

 

Unsere Mitglieder Zeno, Felix und Olivia erklärten am vergangenen Samstag auf der Vollversammlung der Verdi Grüne Vërc Sudtirolo Südtirol Sudtirolwas sich aus ihrer Sicht die Jugend in Südtirol von der Politik erwartet. Dabei kamen unter anderem die Themen #Arbeit#Wohnen#Bildung#Mehrsprachigkeit#Mitbestimmung#Kapitalismuskritik und #thegreenliezur Sprache.

Sabato scorso i nostri membri Zeno, Felix ed Olivia all’assemblea provinciale dei Verdi Grüne Vërc Sudtirolo Südtirol Sudtirol: cosa si aspettano dalla politica dal punto di vista dei giovani. Sono state approfondite varie tematiche, fra cui anche #lavoro#abitare#educazione#plurilinguismo,#partecipazione#criticareilcapitalismo e #thegreenlie.

Gerne weisen wir auf die Initiative von Hollawint hin: 1.000 Zeichen, 1.000 Stimmen: das ist ein neues Projekt der Malser Bürgerbewegung Hollawint, die sich seit 2013 mit der Thematik Landwirtschaft und Landschaft beschäftigt und gemeinsam mit zahlreichen anderen Initiativen, Organisationen und Gruppen für eine pestizidfreie Gemeinde Mals in Südtirol eingesetzt hat und heute noch einsetzt. Schreibe auch du deine Gedanken zum Thema Natur und Landschaft und schicke sie samt Foto an [email protected].

 

Landschaft, versehrt und verzehrt – hier im Riggertal bei Neustift

von Hans Heiss

Landschaft ist das eindrücklichste Kunstwerk, das wir kennen: Gebildet durch Naturräume, Erosion, Wasser, Wind und Klima, geformt von menschlichem Einsatz, genutzt durch Arbeit von Menschen, Tieren und Maschinen. Von der Alm bis zum Wattenmeer, vom polaren Eisberg bis zur Streuobstwiese ist Landschaft Produkt und Spiegel von Menschen und ihrer Gesellschaften. Sie schafft Identitäten und prägt sie aus – oft unmerklich, dafür mit umso größerem Nachdruck.
Die Zerstörung und Verformung von Landschaften ist in Südtirol weit gediehen: In 14 Jahren politischer Arbeit habe ich gesehen, wie Landstriche verschwinden, versiegelt und verbaut werden, als Deponieflächen genutzt und all dies – makaber genug – oft ohne Ausdruck des Bedauerns. Das (Selbst)Lob Südtirols als Sehnsuchtsland der Alpen ist ein großes Stück Lebenslüge. Übernutzung und artifizielle Umgestaltung werden medial verkauft als notwendiger Tribut an unseren Wohlstand.
Das Riggertal nördlich von Brixen ist heute eine Deponiefläche, der urtümliche, kaum verbaute Einschnitt, den der Eisack aufgeweitet hat, ist angefüllt mit den Exkrementen des Brennerbasistunnels. So wie hier dreht sich die Mühle der Umgestaltung, Unbehagen und Unruhe sind spürbar, aber ohne sichtbare Reaktion. Noch, denn vielleicht kommt der Schock, der den Umkehrschub auslöst.

Der unerwartete Tod von Herbert Denicolò macht auch uns Grüne betroffen: Aus voller Aktivität heraus gerissen, hinterlässt der Verstorbene eine bleibende Spur des Engagements zwischen katholischer Laienbewegung, Jugendarbeit und im Einsatz für soziale Fragen.

Der 1945 geborene Denicolò hat die Aufbruchsjahre der Autonomie im sozialen Bereich mit gestaltet und sich beherzt darum bemüht, die Öffnungsbewegung des Zweiten Vatikanums in die konservative Gesellschaft Südtirols zu tragen. Als Arbeitnehmervertreter seiner Partei und Landtagsmandatar 1993-2008 hat er zwar unter dem monokratischen Durnwalder-Regiment oft gelitten, aber soziale Anliegen gegen Lobby-Interessen immer wieder verteidigt. Als Amtsdirektor und Ideengeber der Südtiroler Jugendarbeit hat Herbert Denicolò ein bis um 1975 vernachlässigtes Feld neu bestellt.

Wir Grüne hatten in ihm im Landtag einen Ansprechpartner, der zwar stets der Parteiloyalität verpflichtet war, aber wichtige soziale und ökologische Themen wie die lange verpönte Riggertal-Schleife mittrug. Er war trotz sonorer Stimme das konziliante Gesicht und der Mann des Ausgleichs in einer vordem kämpferischen Arbeitnehmer-Bewegung, die sich auch gesellschaftspolitisch oft mutig zu Wort meldete. Auch deshalb denken wir gerne an Herbert zurück und zollen seiner Familie unsere Anteilnahme.

Brigitte Foppa und Tobe Planer, Vorsitzende
Hans Heiss und Riccardo Dello Sbarba, L.Abg.
Sepp Kusstatscher, MEP i. R.

Bozen, 23. 4. 2018

Bei der Landesversammlung am 21. April 2018 haben die Grünen ihren Weg zu den Landtagswahlen definiert. Partizipation, Transparenz, klare Themenführung und Übereinstimmung zwischen Personen und Programm sind die Wegweiser.

Es ist fast schon historisch: Südtirols Grüne haben bei jeder Landtagswahl einen anderen Weg von Programm- und Listenerstellung gewählt – in diesem Sinne ist die grüne Partei ihrer Bestimmung als Bewegung treu geblieben. Auch im Vorfeld der kommenden Landtagswahl läuft es nicht anders, entsprechend den gewandelten Zeitumständen.

So wird das Programm 2018 vielhändig auf der Grundlage offener Veranstaltungen geschrieben, die bereits im Gange sind, getragen von parteiinternen Arbeitsgruppen. Bisher kamen die Themenblöcke Raumordnung, Zukunft der Landwirtschaft und Jugendpolitik aufs Tapet. Demnächst folgen Verkehrspolitik, digitale Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit. Bis kommenden August soll das Wahlprogramm für ein zukunftsorientiertes und -fähiges Südtirol stehen.

Der Erfolg einer Wahl lebt von den Menschen, sie sich zur Verfügung stellen. Die Grünen sind auch diesmal wieder auf gutem Wege, glaubwürdige, fähige KandidatInnen aus einem breiten Spektrum der Gesellschaft zu gewinnen. Hierzu hat die Landesversammlung eine Gruppe von fünf Garantinnen und Garanten eingesetzt: Karl Tragust, Hans Heiss, Erica Fassa, Patrizia Trincanato und Tila Mair haben den Auftrag, den Prozess der Listenerstellung aus einer unabhängigen Position heraus zu begleiten und zu steuern.

Ein lebendiger Prozess: Es folgen zwei weitere Landesversammlungen, in denen die Grünen-Mitglieder Anfang Juni und Anfang September die Liste wählen werden, die von den GarantInnen vorgeschlagen wird. Es ist an der Zeit, wieder jene Formen der Politik aufzuwerten, die neben dem Digitalen auch durch Diskussion und persönliche Auseinandersetzung belebt werden.

Die Öffnung nach Außen ist diesmal ein besonderes Novum: 2013 waren die Vorwahlen auf eine vorgeschlagene Gruppe von ca. 30 Personen eingegrenzt; diesmal wird es möglich sein, über eine Internetseite ohne jegliche Vorgabe Personen zu nominieren, die in einem hypothetischen  grünen Landtagsteam wünschenswert wären.

Diese Nominierungsphase findet voraussichtlich in der zweiten Maihälfte statt und die Ergebnisse werden in die Arbeit der GarantInnen bei der Listenerstellung einfließen. Damit erproben wir eine der aktuellen deliberativen Formen, die in Partizipationsprozessen angewandt werden.

Bei der Landesversammlung am 21. April wurde auch ein Teil des Grünen Rates neu besetzt.

Toni Ladurner, Carla Leverato, Hannes Obermair, Rosina Ruatti, Josef Pfattner, Silvia Simoni, Matthias Schwarz, Pascal Vullo und Felix von Wohlgemuth wurden als Delegierte der Landesversammlung in den Grünen Rat gewählt. Zusammen mit den gewählten MandatarInnen, den SprecherInnen der Themen- und Ortsgruppen wird dieses Kernteam die Landtagswahlen 2018 bestreiten – und Herz, Kopf und Mut für eine ökologische und sozial gerechte Erneuerung Südtirols zur Verfügung stellen.

Bozen, 20.04.2018

Brigitte Foppa und Tobias Planer, Co-Landesvorsitzende
Karl Tragust, Hans Heiss, Erica Fassa, Patrizia Trincanato, Tila Mair, GarantInnen für die LTW 2018

Während die Tiroler Landesregierung die Begrenzung des Schwerverkehrs fordert und EU-rechtliche Absicherung anpeilt, fehlt in Südtirol immer noch ein Gesamtkonzept zur Transitverringerung. Wir fordern: Südtirol muss nachziehen.

Klare Forderungen! Bei der Verkehrsforschungskonferenz in Wien wurde von Tirols Landesregierung ein weiteres Mal die Begrenzung des LKW-Verkehrs auf der Brennerachse eingefordert. Mehr als 1 Million LKWs sollen und dürfen es nicht sein. Damit setzt Tirol ein wichtiges Zeichen.

Die Zahlen sprechen auch diesseits des Brenners eine klare Sprache. Wir haben die überaus bedenklichen Daten erst kürzlich in einer Pressekonferenz vorgestellt. Man sieht: von den Tiroler Forderungen „1 Million“ sind wir weit entfernt.


Die Diskussion über Obergrenzen in unserem Land ist ebenso lästig wie dringend notwendig, vor allem wenn es um Transit, um Luftqualität und somit um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger geht.

Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss

Bozen, 17.04.2018

Südtirol 2021: Ich kaufe in Bozen, Toblach, Innsbruck, Mals oder Trient am Bahnhof meine Eintrittskarte für die (Klimahouse) Messe in Bozen und steige in Zug oder Bus. Die Eintrittskarte ist gleichzeitig Ticket für den öffentlichen Nahverkehr. Extra aufgestockte Sonderzüge bringen mich dicht getaktet direkt zum Messeeingang. Wer dennoch mit dem Auto anreist oder in der Industriezone arbeitet freut sich über weniger Verkehr und freie Parkplätze. Auch dadurch atmet die Bozner Bevölkerung endlich bessere Luft und mindert den täglichen Verkehrsinfarkt. Die Messe Bozen verzeichnet derweil neue Besucherrekorde.“ so beginnt der Salto Artikel von Pascal Vullo, der sich für die Idee des Kombi Tickets für Südtirol stark macht.

Die Grüne Fraktion hat die Idee nun aufgegriffen und in Absprache mit dem Autor folgenden Beschlussantrag eingereicht:

BESCHLUSSANTRAG

Kombiticket für Veranstaltungen in Südtirol

Südtirol hat sich als Wirtschafts-, Messe-, Sport- und Kulturstandort etabliert. Veranstaltungen in diesen Bereichen ziehen die Einwohnerinnen und Einwohner der jeweiligen Gemeinde an, zudem erstreckt sich ihr Einzugsbereich über ganz Südtirol und seine Grenzen hinaus. Die Fülle an attraktiven Veranstaltungen zieht jedoch auch ein gesteigertes Verkehrsaufkommen mit sich. Angesichts der bereits vorhandenen Verkehrsüberlastung wachsen dadurch Lärm- und Schadstoffbelastung weiter an.

Um dem Anspruch als „KlimaLand“ und dem Ziel „Stärkung des Öffentlichen Personenverkehrs“ des „Klimaplans“ gerecht zu werden, sollte die An- und Abreise zu Großveranstaltungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Südtirol attraktiver gestaltet und somit der Individualverkehr reduziert werden. Auf der Grundlage der schon bestehenden, weit gediehenen Intermodalität und Qualität des öffentlichen Südtiroler Verkehrsnetzes bedarf es zusätzlicher ökonomischer Anreize für den Umstieg auf Bus und Bahn. Diese können u. a. durch ein sogenanntes Kombiticket geschaffen werden.

Welches sind die Charakteristika eines Kombitickets?

  • Das Kombiticket vereint alle Eintrittskarten zu einer Veranstaltung mit der zusätzlichen, kostenlosen Nutzung des örtlichen öffentlichen Personennahverkehrs. Daher ist für die Benutzung der Verkehrsmittel kein weiteres Ticket notwendig.
  • Das Kombiticket gilt für die An- und Abreise zum Veranstaltungsort innerhalb einer bestimmten Zeitspanne: Vor, während und nach der entsprechenden Veranstaltung.
  • Die Informationen zur Nutzung der Eintrittskarte als Fahrschein finden sich auf der selbigen und werden oftmals beim Verkauf extra ausgewiesen.

Beispiele für typische Veranstaltungen sind Theater, Konzerte, Festivals, Messen und Sportveranstaltungen. Das Kombiticket eignet sich daher insbesondere für Veranstaltungen mit einer hohen Anzahl an Besucherinnen und Besuchern. Ein Kombiticket kommt durch die freiwillige Vereinbarung zwischen Verkehrsgesellschaft und Veranstalter zustande. Die Veranstalter zahlen pro Ticket einen bestimmten Betrag an die Verkehrsgesellschaft, die dafür die Beförderung übernimmt und die Eintrittskarte als Fahrschein anerkennt. Der Erwerb des Kombitickets erfolgt an Vorverkaufsstellen und online, bei einigen Verkehrsgesellschaften sogar am Fahrkartenautomaten und in Fahrkartenverkaufsstellen.

Der Ticketpreis erhöht sich folglich minimal, da alle Besucherinnen und Besucher die Mehrkosten für den öffentlichen Personennahverkehr solidarisch mittragen. Für den Benutzer/die Benutzerin erfreulich: Der Aufpreis auf die Eintrittskarte ist deutlich geringer als der reguläre Preis des Nahverkehrsfahrscheins. Um ein ausgewogenes Aufwand-Nutzen-Verhältnis zu erreichen, werden Kombiticket-Vereinbarungen normalerweise ab 100 Besuchern/-innen abgeschlossen. Je nach Bedarf kommen bei Veranstaltungen zur Taktverdichtung und zur Angebotserweiterung auch Sonderzüge, -busse und -bahnen als Verstärkung zum Einsatz.

Aus Sicht der Verkehrsgesellschaften gibt es keine Nachteile durch die Kombitickets. Im Gegenteil, langfristig erschließt dieses Angebot oft neue KundInnenpotentiale und erhöht die Auslastung der öffentlichen Verkehrsmittel.

Die Veranstalter hingegen steigern durch das Angebot der Kombitickets die Attraktivität ihrer Events und die Zufriedenheit der Besucherinnen und Besucher, da die Erreichbarkeit deutlich verbessert wird. Auch diejenigen, die dennoch mit dem Auto anreisen, profitieren von weniger Verkehr und einfacherer Parkplatzsuche.

Gleichzeitig profitieren auch Bewohnerinnen und Bewohner, die die Veranstaltungen nicht besuchen, da der öffentliche Nahverkehr gestärkt, Staus reduziert und Umweltbelastungen verringert werden.

Der Erfolg von Kombitickets spricht für sich. Sie werden bereits seit mehreren Jahren von einer Vielzahl von Verkehrsgesellschaften unterschiedlichster Größe – von Ballungsgebieten bis hin zu mittleren und kleinen Verkehrsgesellschaften – in Deutschland und Österreich angeboten. In Italien gibt es eine solche Kooperation in Mailand.

Der Verkehrsverbund Südtirol, der Bus-, Seilbahn- und Eisenbahndienste im Tarifbereich des Landes Südtirol und bis Trient sowie zum ÖBB-Tarif auch bis nach Innsbruck und Lienz anbietet, eignet sich ausgezeichnet, um Kombitickets zum Einsatz zu bringen. So können in Südtirol wohnende Menschen, vor allem aus peripheren Landesteilen, zudem externe Besucherinnen und Besucher (ggf. auch per P+R) vom Angebot profitieren.

Eine Akquise von geeigneten Veranstaltern als Kooperationspartner könnte dementsprechend von der Südtiroler Transportstrukturen AG ausgehen. Die Vorteile in Sachen Publikumsattraktivität und nachhaltiger Mobilität liegen auf der Hand.

Als denkbarer Partner bietet sich bereits jetzt die Messe Bozen an, deren Mehrheitseignerin mit 88,84% das Land ist, an. Die Messe zählt jährlich über 230.000 Besucherinnen und Besucher und ist perfekt an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen. Eine entsprechende Kooperation wäre ein erster und zielführender Schritt der Erprobung.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung:

  1. Die STA, Südtiroler Transportstrukturen AG, damit zu befassen, die notwendigen Voraussetzungen zur Einführung eines Kombiticket-Modells für Südtirol zu schaffen.
  2. Für das Kombiticket zu werben und es geeigneten Veranstaltern und Veranstaltungsorten in Südtirol als Angebot zu unterbreiten.
  3. Die Messe Bozen als Kooperationspartner des Kombitickets ins Auge zu fassen und deren Möglichkeiten zu bewerten.
  4. In einem weiteren Schritt die geographische Ausweitung des Kombitickets zu verfolgen, indem v. A. im Rahmen der Euregio die überregionale Verkehrsanknüpfung gesucht wird und Gespräche mit denkbaren Partnern wie ÖBB-Trenord u. a. aufgenommen werden.

Landtagsabgeordnete

Hans Heiss
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba

Bozen, 11.04.2018

Der jähe, aber sorgsam geplante Abgang von Landesrätin Martha Stocker macht betroffen: Kaum jemand, der die Vielbeschäftigte in den letzten Wochen in voller Aktivität bestaunte, hätte sich ausgemalt, dass sie im heurigen Herbst der Politik den Rücken kehren würde. Vielmehr wirkte sie so motiviert, dass niemand an ihrem Wiederantritt zweifelte. Ihr unerwarteter Ausstieg sorgt für ein großes Überraschungsmoment, das gewiss auch beabsichtigt war.

Es besteht aber auch kein Zweifel daran, dass Martha Stocker bei einem Wiederantritt im Herbst 2018 einen herben Stimmverlust erlitten hätte und deutlich geschwächt worden wäre. Das wollte sie sich als selbstbewusster, ja stolzer Charakter, nicht antun, sodass sie einen Abgang mit erhobenem Haupt vorgezogen hat. Landesrätin Stocker hat 2014 von ihren Vorgänger im Bereich Gesundheit und Soziales ein schweres Erbe übernommen, die anschließenden Herausforderungen wie Gesundheitsreform und Flüchtlingsbewegung haben die Last ins Ungemessene vergrößert. An diesen Aufgaben hätten sich die allermeisten Anwärter verhoben, Landesrätin Stocker hat sich diesen Herausforderung im Dienste der Partei gewohnt diszipliniert gestellt, sie hinterlässt aber die zentralen Agenden Gesundheit und Soziales, zumal den Flüchtlingsbereich, als problematische Baustellen.

Dennoch: die langfristige politische Bilanz von Martha Stocker ist mehr als beachtlich: Sie hat an der Schnittstelle zwischen Frauen- und Sozialpolitik, Bildung, Kultur und Volkstumspolitik nicht nur für Ihre Partei Herausragendes geleistet, sondern auch den Übergang von der Ära Magnago (der sie gefördert hat) in die Ära-Post-Durnwalder-Ära (der sie klein zu halten versuchte) begleitet und maßgeblich gestaltet.

Nicht in der Tätigkeit als Landesrätin liegt ihr eigentliches Verdienst, sondern in der sorgsamen Gestaltung vieler Übergänge in 40 Jahren. Dabei zählte der Dienst an ihrem Land ebenso viel wie die SVP und die eigene, durchaus macht- und medienbewusste Profilierung. Mit ihrem absehbaren Abgang verliert nicht nur ihre Partei eine zentrale Impulsgeberin. Ihr Abschied ist Signal einer neuen Ära, in der ihre ethisch vielfach entkernte Partei und die Politik nach neuen Werten, Orientierung und Glaubwürdigkeit suchen müssen. Aber noch sind Nachrufe verfrüht: Vor Martha Stocker und dem Landtag liegen noch sechs intensive Arbeitsmonate.

Bozen, 16.04.2018

Hans Heiss, Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba, L.Abg.

Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit auf der A22

Die Brennerautobahn ist „ein Gesundheitskiller in unserem Land. 44.000 Menschen leben im Überschreitungskorridor der Stickoxidwerte“, mit diesen Worten stellt Riccardo Dello Sbarba den Beschlussantrag vor. Mit dem Antrag  „Einführung der Abschnittskontrolle („Tutor“-System) auf der Brennerautobahn“ (online hier) sollen die Abschnittskontrollen auf der Brennerautobahn eingeführt werden. Erfahrungen aus dem In- und Ausland haben erwiesen, dass dieses dazu führt, dass Höchstgeschwindigkeitsgrenzen vermehrt eingehalten werden. Somit hat man weniger Schadstoff- und Lärmbelastung.

Der Antrag wurde in folgendem Wortlaut angenommen:

Die Landesregierung wird verpflichtet, eine unmittelbare Erhebung der effektiven Geschwindigkeitsübertretungen auf der Brennerautobahn in Südtirol durchzuführen und die Ergebnisse im Laufe der September-Sitzung 2018 des Landtages vorzustellen; im Anschluss daran soll die Landesregierung die Maßnahmen für die Durchsetzung der geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen präsentieren; überprüft wird auch die Möglichkeit der Einführung der Abschnittskontrolle („Tutor“-System) auf der Brennerautobahn.

Befreiung von der KFZ-Steuer für umweltfreundliche Fahrzeuge

In unseren Beschlussantrag Kfz-Steuer: Wer mehr das Klima schützt soll weniger zahlen (online hier) wurde eine Senkung der Kfz-Steuer für jene Fahrzeuge vorgeschlagen, bei denen ein Höchstwert an CO2- Emissionen von 95 g/km bescheinigt wurde. Die Befreiung von der Kfz-Steuer für Hybridautos und umweltfreundliche Pkws soll für die gesamte Lebensdauer des Autos gelten, damit nicht die Spirale der Neu-Ankäufe gefördert wird. „Damit wird der Ankauf von umweltfreundlichen Fahrzeugen auch für jene gesellschaftlichen Gruppen erleichtert, die es sich sonst vielleicht nicht leisten könnten“, so die Einbringerin  des Antrags Brigitte Foppa.

Der Antrag wurde in folgender Form angenommen:

Die Landesregierung wird verpflichtet

1.   zu prüfen, ob sich eine Senkung der Kfz-Steuer für jene Pkws, die nicht mehr als 95 g CO2 pro Kilometer ausstoßen, einführen lässt, was der Zielsetzung der Europäischen Union bis zum Jahr 2021 entspricht;

2.   ebenfalls zu prüfen, ob die Befreiung von der Kfz-Steuer für Hybridautos und umweltfreundliche Pkws auch über die 3 bzw. 5 Jahre hinaus möglich ist.

Dürftige Reaktionen der Landesregierung auf Luftwerte und Transitexplosion. Es braucht Gesamtkonzept zur Transitverringerung und Anreize für umweltverträgliche Mobilität

  • Landesregierung reagiert zu dürftig auf Luftwerte und Transitexplosion
  • Transitverkehr muss drastisch reduziert werden
  • Die Verkehrspolitik der Landesregierung spart den Transitverkehr aber aus (siehe Liste Widersprüche)
  • Die Gesundheit der Menschen muss an erster Stelle stehen

Die Landesumweltagentur hat jüngst die Daten zur Luft“qualität“ vorgestellt. Nach Jahren der Tatenlosigkeit und Gleichgültigkeit angesichts der Überschreitungen, vorab der Stickoxidwerte in Bozen, Meran, Neumarkt und Brixen gab es ein laues Erwachen. Am Ende seiner politischen Laufbahn (und vielleicht auch mit dem Ziel interner Abrechnung?) hat LR Theiner doch noch ein Lebenszeichen zum Thema Luftschadstoffe gegeben und sogar Maßnahmen angekündigt.

Die einzige Maßnahme allerdings, die es in die öffentliche Debatte geschafft hat, ist das angedachte Dieselfahrverbot in einzelnen Gemeinden im nächsten Winter. Die positive Folge dieser Debatte, die die Rechtspopulisten sofort nutzten, um sich als Verteidiger der „geschröpften Autofahrer“ aufzuspielen, war immerhin, dass ein minimales Bewusstsein über die Stickoxidgefahr geweckt wurde.

Insgesamt aber fiel die Reaktion des Landesrates gewohnt mutlos aus – und die Konzentration auf den auf Südtirol begrenzten Individualverkehr zielt an der eigentlichen Problematik vorbei.

Dabei müsste man nur nach Tirol schauen. Dort wird die Transitlawine seit Jahren öffentlich intensiv debattiert und steht auf der politischen Agenda ganz oben. Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbegrenzungen („Lufthunderter“), sektorales Fahrverbot oder nun auch Blockabfertigung setzte die schwarz-grüne Regierung erfolgreich um. Diesseits des Brenners hingegen tut man so, als würde die Südluft auch die Schadstoffe wegblasen. Weisen UmweltschützerInnen auf das wachsende Gefahrenpotenzial hin, werden sie als Fortschrittsbremsen, Erfolgsverhinderer und Schwarzmaler abgetan. Der Rekurs des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz beim Verwaltungsgericht Latium etwa hat in der Öffentlichkeit ebenso wenig Aufmerksamkeit gefunden wie die von Landtag und Dreierlandtag bereits beschlossenen Maßnahmen zur Schadstoffreduktion. Sie werden von den meisten politischen Vertretern und weiten Teilen der Öffentlichkeit als „Papiertiger“ allenfalls müde belächelt, obwohl sie ernsthaft und engagiert diskutiert wurden.

Einige Beispiele:

Dabei müsste man sich zunächst über das Grundziel einig werden, nämlich, dass es den Transit zu reduzieren gilt. Hierzu aber verstrickt sich die Landesregierung immer wieder in Widersprüche:

Widerspruch Nummer 1: Die dritte Autobahnspur

So wird immer wieder die dritte Spur der Autobahn ins Gespräch gebracht, so jüngst zu Weihnachten 2017. Die dynamische dritte Spur im Süden des Landes ist inzwischen Realität geworden. Sogar Autobahnpräsident Pardatscher hat aber zugegeben, dass sie nur zu neuen Flaschenhälsen im Norden Bozens und in Trient führen wird. Verbraucherin und Verbraucher fragen sich natürlich auch ganz banal: Wie soll das mit Fahrverboten zusammengehen?

Widerspruch Nummer 2: ÖPNV löst nicht das Transitproblem

Die Fortschritte und – vor allem – die angekündigten Vorhaben im öffentlichen Nahverkehr sind anerkennenswert. Aber sie zielen eben nur auf die Umrüstung des lokalen Verkehrs. Dagegen bleibt die Brennerautobahn der größte Mobilitätsfaktor im Land. Die fatale Anziehungskraft der A22 entsteht aus der Kombination von Billigmaut in Italien und Billigsprit in Österreich, ist sattsam bekannt und führt dazu, dass mittlerweile 16 Millionen Fahrzeuge jährlich über die Brennerautobahn fahren. Tendenz unaufhörlich steigend.

Widerspruch Nummer 3: Umfahrungsstraßen lösen es schon gar nicht. Umleiten ist grundsätzlich keine Strategie

Die Antworten auf unsere Landtagsanfragen zeigen es klar auf: Umfahrungen schaffen neuen Verkehr. Im Unterland hat er deutlich zugenommen, nachdem die Umfahrungsstraßen geschaffen wurden. Der Schwerverkehr ist besonders stark gewachsen. Zeitgleich ist auch der Verkehr auf der A22 noch weiter angestiegen.

Ebenso wenig definitive Abhilfe schaffen andere Umleitungsmaßnahmen wie Verlegung der Autobahn in den Tunnel. Auch die immer wieder geforderten großräumigen Umlenkungsversuche über andere Alpenübergänge bieten zwar der lokalen Bevölkerung eine Erleichterung, andere werden dafür geschädigt. Aber immerhin würde damit eine gerechtere Verteilung erzielt, anstatt der Brennerachse und den an ihr lebenden Menschen den Löwenanteil der Verkehrswelle aufzuhalsen.

Widerspruch Nummer 4: BBT wird allenfalls Teillösung bieten

Der als Lösung der Problematik angepriesene Brennerbasistunnel wird in frühestens 9 Jahren einen Teil des Warenverkehrs auf einem Teil der Brennerachse auf die Schiene bringen. Mehr als eine leichte Verlagerung wird nicht erfolgen, der überregionale Verkehr auf der bisherigen Achse wird dann weiterhin das bisherige Ausmaß erreichen. Denkbar ist allenfalls eine Beibehaltung des Status quo. Kürzlich haben sogar die Frächter aufgefordert, die Erwartungen hierzu zurückzuschrauben, was sehr zu denken geben sollte. Auf jeden Fall wird das Transitproblem auf den restlichen 85 km der Brennerachse bestehen bleiben. Auch BBT-Befürworter gestehen zu, dass der BBT nur mit begleitenden verkehrspolitischen Maßnahmen Abhilfe schaffen wird. Bisher hat man dazu, abgesehen von den Eurovignetten-Beschwörungen des Landeshauptmanns wenig gesehen. Und noch sind nicht einmal zentrale Säulen des BBT-Projekts in Sicht wie die Ausführungsprojekte der Zulaufstrecken, die Umfahrung Bozen oder die Trassierung durch das Unterland – neun Jahre vor der vorgeblichen BBT-Eröffnung, gibt es keine Perspektive für den Verkehrs-Abschnitt, wo am meisten Menschen leben.

Widerspruch Nummer 5: Die traurige Rolle der ROLA

Bei der Vorstellung der alarmierenden Stickoxiddaten hat LR Theiner die Aufwertung der Rollenden Landstraße angekündigt. Das sind leere Worte, angesichts der Tatsache, dass sich die ROLA seit Jahren im Sinkflug befindet und mittlerweile nur mehr 0,5% des LKW-Transits auf der Schiene abgewickelt wird (18.000 von 3,6 Mio. LKW) und vor allem im Hinblick auf den auch von Spediteuren längst eingeforderten Güterterminal in Südtirol keine Lösung in Sicht ist.

Widerspruch Nummer 6: Der unverständliche Ankauf von Dieselbussen

Der Maßnahmenkatalog zur Verringerung der Stickoxide von 2011 sah unter anderem die Erneuerung des Fuhrparks des öffentlichen Personennahverkehrs vor. Der Beschluss der Landesregierung, 124 Dieselbusse im Wert von 38 Millionen Euro anzukaufen ist angesichts der Tatsache, dass auch Euro-6-Fahrzeuge im Realbetrieb zu viele Stickoxide freisetzen, unverständlich und inkohärent.

Widerspruch Nummer 7: Die Landesregierung kennt Daten und Fakten

Dass Lösungen nötig und möglich sind, geht aus den Aussagen der Landesabteilungen klar hervor.

  • Die Schlussbemerkung des „Programms zur  Reduzierung   der   NO2-Belastung“ besagt bereits 2011, dass „zur Erreichung des NO2-Grenzwertes von 40 µg/m³ im Jahre 2015 eine Reduzierung der Emissionen des Autobahnverkehrs von 40–50% nötig ist. Dieses Ziel scheint nur durch Verringerung des Verkehrs erreichbar.“
  • In der Antwort auf unsere Anfrage zur ROLA sagt LR Mussner, dass „sich mit dem Einsatz der ROLA in einem Abstand von 20 m zur Autobahn eine 10% geringere NO2-Konzentration erzielen ließe (bei 1.400 LKW pro Tag – entspricht der maximalen theoretischen Auslastung)“.
  • Die EURAC-Studie (März 2017) zu externen Kosten des Güterverkehrs zeigt klar auf, dass die Kosten für die Allgemeinheit im Sinne von Auswirkungen auf das Globale Klima, auf das lokale Klima, die Lärmbelastung, Unfallrisiko und Staugefahr auf der Straße pro Tonne transportierten Gutes 3-400 mal höher sind als auf der Schiene.

Wir sehen: Widersprüchlicher geht es kaum. Dabei wäre es klar, was Vorfahrt haben müsste: Die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, die entlang der Brennerachse wohnen, leben und atmen. Wir erwarten uns, dass die Landesregierung jenseits von Teilnahmslosigkeit und jähen Provokationen ein Gesamtkonzept zur Reduktion des Transitverkehrs vorlegt, abgestimmt mit anderen Alpenregionen und das lokal und überregional auf die Verringerung des Straßenverkehrs abzielt.

Bozen, 10. April 2017

Anlage:
Beschlussanträge der Grünen Fraktion, die in der Aprilsitzung behandelt werden:

Antrag zur Einführung eines Tutor-Systems auf der Brennerautobahn
Antrag zur Verringerung der KFZ-Steuer für Fahrzeuge, die weniger Treibhausgase ausstoßen