HomeDeutsch„WOBI-Gesetz”: Grüne erreichen doch mehr Einbeziehung der Sozialpartner. „Reform“ bleibt mangelhaft.

„WOBI-Gesetz”: Grüne erreichen doch mehr Einbeziehung der Sozialpartner. „Reform“ bleibt mangelhaft.

PRESSEMITTEILUNG.

Nach der Studienreise nach Wien stand gestern die geplante Reform zum sozialen Wohnbau im 4. Gesetzgebungsausschuss zur Debatte.

Der öffentliche und soziale Wohnungsbau in Südtirol wird derzeit im LG Nr. 13/1998 geregelt. Darüber hinaus enthält das Landesgesetz Nr. 9/2018 „Raum und Landschaft“ wichtige Bestimmungen zum Wohnbau, wie zum Beispiel die Nutzung von Bauland. Während der 4. Gesetzgebungsausschuss über das WOBI-Gesetz berät, arbeitet die Landesregierung an einer weiteren Reform des Raumordnungsgesetzes, über die noch nichts bekannt ist. „Das Raum und Landschaft-Gesetz ist einer der Grundpfeiler für das gesamte Bauwesen in unserem Land“, erklärte Brigitte Foppa am Ende der Debatte: „Wie können wir über den öffentlichen Wohnbau diskutieren, ohne zu wissen, wie sich das begleitende Raumordnungsgesetz entwickeln wird? Das wäre so, als würde man sich für eine Wohnung entscheiden, wenn man nur die Küchenpläne und nicht die des ganzen Hauses gesehen hat. Unmöglich, so zu entscheiden.“

Der Bedarf einer Reform ist sicherlich gegeben. Eine Mietwohnung in Südtirol zu finden ist praktisch unmöglich. In Südtirol gibt es derzeit 239.000 Wohnungen, von denen ca. 29.000 unbewohnt sind (12%). Von der Gesamtzahl sind 70 Prozent Privatwohnungen, 6 Prozent gehören dem WOBI (13.400), während weitere 10.200 zum Landesmietzins vermietet sind. Und die gewaltigste Tatsache: Die monatlichen Ausgaben für das Wohnen betragen in Südtirol im Durchschnitt ganze 41 Prozent der Gesamtausgaben einer Familie.

Die von Landesrätin Deeg vorgestellte Reform hat mehrere kritische Aspekte.

  1. Erstens die große Macht, die der Landesregierung in Zukunft gegeben wird, um die Anforderungen und Kriterien für die Vergabe von Sozialwohnungen und erschwinglichen Wohnungen zu regeln und festzulegen. Die Einbeziehung der Sozialpartner und des Landtags wird dank unserer Änderungsanträge möglich gemacht.
  2. Die Frage des Landesmietzinses fand in der öffentlichen Debatte bisher wenig Platz. Doch es ist unserer Meinung nach ein zu wichtiges und einflussreiches Instrument, als dass man es der Diskussion hinter verschlossenen Türen der Landesregierung überlassen könnte. Die Festlegung des Mietzinses nach Gebieten bestimmt de facto, wo die Menschen hinziehen. Hier braucht es öffentlich diskutierte strategische Überlegungen. Im Deeg-Gesetz lesen wir jedoch keine einzige Zeile darüber.
  3. Nach dem neuen Gesetz werden WOBI-Wohnungen nur noch für einen begrenzten Zeitraum vermietet. Zudem verschärfen sich die Zugangsbedingungen (z. B. müssen für Immobilien im Ausland Nachweise vorgelegt werden – dieser Passus wurde NICHT gestrichen). Damit ändert sich der Ansatz für den sozialen Wohnbau in Südtirol radikal, und wir fragen uns: Ist Bedürftigkeit nach Ansicht von Landesrätin Deeg also ein „vorübergehender Zustand“? Schön wär‘s! Wenn dem so wäre, müssten wir unsere gesamte Sozial- und Familienpolitik neu denken.
  4. Bisher konnten Familien und Personen, an welche WOBI-Wohnungen vergeben in der Regel in der Wohnung bleiben, wenn sich ihr Einkommen erhöhte, zahlten aber eine höhere Miete. Nach der Reform sollen in Zukunft auch Menschen mit höherem Einkommen Zugang zu WOBI-Wohnungen haben. Diese Sichtweise ist nicht per se falsch, funktioniert in der Praxis allerdings nur, wenn die Zahl der Wohnungen erhöht würde, wie das Beispiel Wien lehrt. Nach dem, was wir in Wien gelernt haben, bräuchten wir mindestens 55.000 Wohnungen, damit dieses System funktionieren könnte. Mit dem derzeitigen Südtiroler System, bei dem die Zahl der WOBI-Wohnungen unverändert bleibt, riskieren wir hingegen einen „Krieg der Armen“.

Von einer wirklich ausgewogenen und nachhaltigen Reform sind wir noch weit entfernt. Dank unserer Änderungsanträge war zwar mehr Einbeziehung der Sozialpartner bei der Festlegung der Kriterien für die Vergabe von Sozialwohnungen möglich, sowie die Präsenz eine:r Vertreter:in der repräsentativsten Gewerkschaftsverbände im WOBI-Verwaltungsrat.

Verschlimmert wurde das Gesetz im Ausschuss durch einen Antrag – ausgerechnet – des Abg. Renzler, der auf die strikte Einhaltung des Proporzes bei der Vergabe der WOBI-Wohnungen pochte. Das sind große Schritte zurück in die Vergangenheit. Bedarf, und Bedürftigkeit, stehen vor der Sprachgruppe.

Die Debatte wird am Freitag Vormittag weitergeführt.

 Bozen, 17.05.2022

Cons. prov.
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Author: Serena

Kommunikationsbeauftragte der Grüne Fraktion.

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