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Museen und Sammlungen: Raum für Dialog, Diversität und Öffnung

Ein neues Museumsgesetz für Südtirol ist nach bald 30 Jahren überfällig. Seit 1988, dem Zeitpunkt der Verabschiedung des bisher gültigen Gesetzes, hat sich der Bereich Museen in ganz Europa rapide weiter entwickelt. Auch in Südtirol erfuhr die Museumslandschaft eine sprunghafte Ausweitung ihres quantitativen und qualitativen Angebots, erst recht der Besucherzahlen.
1, 5 Millionen BesucherInnen (davon ca. 800.000 in den Landesmuseen) bestehen zum erheblichen Teil aus Gästen, aber auch aus Südtiroler BürgerInnen, denen Museen neben Bildung, Information und Freizeitspaß Anlass zu Stolz und Identifikation geben. Museen schaffen für Südtirol einen kulturellen und ökonomischen Mehrwert, der den personellen und finanziellen Einsatz der öffentlichen Hände mehr als rechtfertigt. Mit 62 fest angestellten Mitarbeitenden, ca. 150 saisonal Angestellten in bald zehn Landesmuseen und einem Jahresbudget von ca. 5 Mio. € an Beiträgen für alle Museen im Lande sowie ca. 6 Millionen Euro Personalkosten rechnet der Aufwand für Museen zu den lukrativsten Investments der öffentlichen Hand. Denn den finanziellen Aufwendungen stehen beträchtliche Einnahmen gegenüber, vor allem aber ehrenamtliche Eigenleistungen, die Bestand und Blüte der 47, nicht vom Land geführten kleineren Museen ermöglichen.
Was in den Museen möglich wäre…
Museen in Südtirol verdienen umso mehr Unterstützung, da ihre Tätigkeit und Einsatz im Vergleich zur Nachbarprovinz, dem Trentino, mit weit weniger Ressourcen und Geldaufwand erfolgt. Dort gibt es doppelt so viele hauptamtliche Beschäftigte, dort liegt das Budget des gesamten Bereiches gleichfalls auf doppelter Höhe, während die Besucherzahlen trotz der musealen Leuchttürme wie MART oder MUSE nur knapp den Südtiroler Anteil erreichen. Zukunfts-Dividende, die in diesem Bereich anreifen könnte.
Wir haben daher einen Entwurf erwartet, der Vertrauen in die enormen Chancen stärkt, die den Museen und Sammlungen in Südtirol innewohnen, in die Vermittlungskraft ihres Bildungsangebots, in die kreativen Leuchtspuren, mit denen exzellente Präsentationen BesucherInnen und Region anregen und erhellen. Einen Entwurf, der Autonomien und Handlungsstärke der Museen ertüchtigt und nicht zuletzt gezielt auf neue Segmente von Besuchern, wie SeniorInnen und MigrantInnen setzt.
… und was vorgesehen ist.
Der erste Eindruck ist jener eines knappen bis schütteren Textes, der sich einer inhaltlichen und strategischen Neuorientierung bzw. einer deutlichen Richtungnahme verschließt. Dieser Eindruck verbleibt auch nach der Bearbeitung des Entwurfes im Gesetzgebungsausschuss, welche einen praktisch unveränderten Text ins Plenum entlässt. Dieser wird der Vielfalt des Museumsbereichs nicht gerecht, sondern zeugt eher von ängstlicher Vorsicht.

  • Die beiden ersten Artikel legen die Definitionen und Ziele fest. Entgegen der Beschreibung im Titel des Gesetzes, das von „Museen und Sammlungen“ spricht, wird im Artikel 1 die Unterscheidung zwischen den beiden Begriffen nicht getroffen.
  • Unter den Zielen in Artikel 2 vermissen wir die pointierte Betonung der Forschungstätigkeit – die auf den Anteil der Bildung im lebensbegleitenden Lernen beschränkt wird, in Wirklichkeit aber einen eigenen Punkt verdienen würde.
  • Dasselbe gilt für die Kulturvermittlung, die als „qualitativ hochwertig“ definiert und als eigener Punkt im Gesetz festgelegt werden sollte, samt den dafür notwendigen Kriterien, Voraussetzungen und Maßnahmen.
  • In der Beschreibung der Aufgaben wäre eine deutlichere Zukunftsorientierung wünschenswert, etwa in der Nennung von kultureller Öffnung, sprachgruppenübergreifender Arbeitsweise oder mit der klaren Zielgruppenfestlegung, etwa auf bildungsungewohnte Milieus oder SeniorInnen.
  • Organisationsstruktur, Finanzierung und Personalregelung des Betriebes Landesmuseen: Der 2004, weniger aus funktionalen denn aus Gründen der politischen Personalunterbringung heraus geschaffene Betrieb wird zementiert und zentralisiert. Wir beobachten die „Hierarchisierung nach oben“ leider zunehmend in den Organisationsentscheidungen der Landesregierung (siehe Sanitätsreform oder die Diskussionen um das neue Führungskräftegesetz der Landesregierung). Gerade bei Museen schiene es wichtig, betriebliche Notwendigkeiten in Entscheidungsautarchie zu belassen.
  • Problematische Aspekte birgt der Personalartikel (Art.7). Es wurde letzthin, auch von unserer Seite, immer wieder auf den hohen Prekariatsanteil unter den Arbeitenden hingewiesen. Laut ASTAT-Bericht 2014 arbeiten in den Südtiroler Museen nur 14,5% mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag. Dies ist auf den saisonalen Betrieb vieler Museen zurückzuführen. Der Ansatz des LGE ist es, nun vermehrt Personal mit privatrechtlichen Verträgen einzustellen. Das ermöglicht mehr Flexibilität und praktische Umsetzbarkeit, führt aber auch zu unterschiedlichen Vertragsbedingungen innerhalb der Belegschaft.
  • Im dritten Abschnitt geht es um die Privatmuseen, deren „museumspolitische Ausrichtung“ (womit, wie aus der Antwort auf eine Nachfrage hervorging, die Finanzierungsentscheidungen gemeint sein dürften) künftig von einem Museumsbeirat gelenkt wird. Uns erschiene es wichtig, dass dieses Gremium nicht im vorgesehenen Ausmaß in Abhängigkeit von der Landesregierung stehen würde. Auch müssten Privatmuseen mit Finanzierungssicherheit rechnen können, dem Ermessensspielraum der Landesregierung sind, im Sinne von Vielfalt und Subsidiarität, engere Grenzen zu stecken. Große Zweifel bleiben auch angesichts des akuten Finanz-Engpasses, in dem sich die Privaten angesichts unvorhergesehener und nicht angekündigter Kürzungen befinden.

Grüne Gegengewichte
Wir Grüne haben versucht, in den Text des Gesetzes einige Öffnungen zu schreiben. Unsere über 20 Vorschläge von Abänderungsanträgen zielen darauf:

  • Museen und Sammlungen klarer voneinander abzuheben;
  • Ziele klarer zu definieren und die Zielgruppen stärker in den Blick zu nehmen;
  • Den Forschungsauftrag der Museen und deren Möglichkeiten im Zusammenhang mit anderen Einrichtungen stärker zu gewichten;
  • Den Vermittlungsauftrag von Museen stärker in Wert zu setzen;
  • Die Digitalisierung vor allem auch im Katalogbereich auf neuen Standard zu führen;
  • Die Autonomie der Landesmuseen gegenüber der Abteilung in den Mittelpunkt zu rücken und sie mit einer jeweils eigenen Direktion auszustatten;
  • Den neu eingeführten Museums-Beirat zu stärken und seine Aufgaben als beratendes, von Experten getragenes Gremium der Verwaltung an die Seite zu stellen.
  • Das Museion stärker in den Landeszusammenhang einzubinden;
  • Die Rolle der MitarbeiterInnen besser abzuklären und bessere vertragliche Absicherung zu bieten.

Bozen, 07.06.2017
L. Abg. Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba
Minderheitenbericht:
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Author: admin

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