HomeLandtagsarbeitBeschlussanträgeVorsicht ist besser als Nachsicht: Präventionsstrategie für Pandemien

Vorsicht ist besser als Nachsicht: Präventionsstrategie für Pandemien

BESCHLUSSANTRAG.

Rückblickend scheint das Manifest der Weltgesundheitsorganisation WHO, herausgebracht im Jahr 2018 in Teilen prophetisch. Es trägt den Titel „Managing Epidemics. Key factors about major deadly diseases” und beschreibt das Risiko, das globale Pandemien im 21. Jahrhundert für uns darstellen werden. Sie drohen sich heute rascher auszubreiten denn je, da unsere geänderten Lebensbedingungen ihnen einen optimalen Nährboden bieten.

Drei Jahre später stecken wir mitten in einer solchen Pandemie und sind hauptsächlich damit beschäftigt, das Coronavirus akut abzuwehren. Dabei wird die öffentliche Debatte vor allem davon beherrscht, wie die Ausbreitung des Virus angehalten und die Maßnahmen schnellstmöglich wieder aufgehoben werden können. Weit marginaler ist die Diskussion darüber, wie schweren Covid-Verläufen entgegengewirkt werden kann. Es gibt hierzu interessante Zahlen. In Deutschland ergaben Recherchen des Wochenmagazins „Die Zeit“, dass bei rund 30% der Covid-Patient:innen, die sich im Krankenhaus befinden, das Virus nur zufällig diagnostiziert wird. Es handelt sich hierbei meist um Unfallopfer oder schwangere Frauen. Sie werden aus anderen Gründen stationär in die Klinik aufgenommen, zählen statistisch aber trotzdem zu den Covid-Patient:innen in stationärer Behandlung. Daraus lässt sich eine Erkenntnis ableiten: Es gibt anscheinend mehr Menschen als bisher angenommen, die mit der Krankheit ohne ärztliche Behandlung und Komplikationen alleine fertig werden. Dies sind meist gesunde Menschen ohne Vorerkrankungen. Parallel dazu stellt sich die Frage, welche Menschen für einen schweren Verlauf besonders anfällig sind. Wir wissen, dass hierzu Menschen mit gewissen Vorerkrankungen zählen, etwa Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck etc.

Angesichts der Tatsache, dass wir wohl noch viele Jahre mit Corona leben werden müssen, wie die EU-Behörde zur Prävention von Infektionskrankheiten ECDC jüngst verlauten ließ, ist es an der Zeit, an die Vorsorge zu denken. Bisher wurde wenig unternommen, um die Bürger:innen davor zu schützen, nicht zu Risikopatient:innen zu werden. Dabei könnten viele Menschen präventiv vor einem schweren Verlauf geschützt werden – und darin besteht die Aufgabe einer Verwaltung. Public health bedeutet genau das: die Bevölkerung aktiv und präventiv zu schützen. Internationale Studien nicht zuletzt der WHO bestätigen den Erfolg derartiger Präventionsarbeit. Solche Strategien sind erprobt und sparen auf lange Sicht öffentliches Geld.

Im Angesicht des „Zeitalters der Pandemien“, in dem wir uns zu befinden scheinen, müssen wir auch in Südtirol eine Strategie entwickeln, um unser Land resilienter im Umgang mit solchen Krankheiten werden zu lassen. So fordert die WHO schon seit längerem so genannte Rahmenpläne zur Eindämmung von nicht übertragbaren Krankheiten wie Diabetes. Länder wie Finnland oder Österreich haben beispielsweise einen solchen Plan. Auch Übergewicht und Sedentarismus (= Nicht-Bewegung) können und müssen politisch bekämpft werden. Britische Forscher:innen fanden bereits in einer Studie in im April 2020 heraus, dass Übergewicht das Risiko britischer Patient:innen vervierfachte, an Corona zu versterben. Eine französische Studie kam zum Schluss, dass Bewohner:innen von OECD-Staaten – da oft übergewichtig – besonders an Corona zu leiden hätten. Die Antwort der Staaten und Länder auf das Virus sollte laut den Wissenschaftler:innen vor allem jene sein, auf die Gesundheit der Bevölkerung zu achten.

Es ist eine ressortübergreifende Herausforderung, die über die Kompetenzen des Sanitätsbetriebes hinausreicht und die Bereiche Landwirtschaft, Raumplanung, Umweltschutz, Verkehr, Soziales und Bildung mitumfasst.

Die WHO führt hierbei den „Health in all policy“-Ansatz an. Dabei sollen bei jeglicher politischen Entscheidung die Auswirkungen auf die Gesundheit dieser Entscheidung mitgedacht werden, um gesundheitsschädigende Kollateralschäden zu vermeiden und die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern.

Covid wird uns wohl noch eine Weile begleiten. Die Impfung verspricht Linderung. Wir müssen aber auch damit rechnen, dass dies nicht die letzte Pandemie gewesen sein wird, der wir in unserem Leben begegnen. Auf lange Sicht lässt sich aus der aktuellen Erfahrung viel lernen: Vor allem, wie stark gesunde Bürger:innen einem Virus entgegentreten können.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. In den Iter aller politischen Vorhaben verpflichtend eine Gesundheitsfolgenabschätzung in Form des von der WHO empfohlenen Health in all policy-Ansatzes einzuführen.
  2. Für Südtirol wie von der WHO empfohlen einen Rahmenplan zur Eindämmung von Diabetes mit konkreten Handlungsempfehlungen auszuarbeiten.
  3. Einen Kriterienkatalog zur „Corporate Health Responsibility“ zu entwerfen, in welchem Maßnahmen für ein gesundheitlich verantwortungsvolles Handeln der Südtiroler Unternehmen herausgefiltert werden sollen.
  4. Die Landesbeiträge an die öffentliche Gemeinschaftsverpflegung anzuheben mit der Auflage, die Betreiber:innen müssen diesen Ressourcengewinn in herkunftsnahe, biologische und fair produzierte Produkte investieren.
  5. Die Sportstunden an den Südtiroler Grund- Mittel und Oberschulen auf mindestens drei Schuleinheiten pro Woche anzuheben oder alternativ den Fördersportunterricht auf alle Grund- Mittel und Oberschulen Südtirols auszuweiten, damit in jeder Schulstufe verpflichtend mindestens einmal wöchentlich ein außerschulisches Sportangebot zur Verfügung steht.
  6. An den Südtiroler Grund- Mittel und Oberschulen in jeder Schulstufe verpflichtend ein Projekt mit dem Schwerpunktthema „Ernährung“ im Schulkalender zu verankern.

 

Bozen, 05.05.2021

 

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa

Hanspeter Staffler

Riccardo Dello Sbarba

Author: Heidi

BBT: "Ottimizzazione
Flughafenausbau zers
KEINE KOMMENTARE

KOMMENTAR SCHREIBEN