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Wir fordern: Zeit für Veränderung!

Seit vielen Jahren treten wir Grünen für die grundlegende Erneuerung des Südtiroler Bildungssystems ein. Dessen wichtigste Ziele in einem Land mit mehreren Sprachgruppen müssten Verständigung, kulturelle Befruchtung und Mehrsprachigkeit sein. In Südtirol beharrt man indessen auf dem Ansatz von Trennung und Nebeneinander. Die Schulsysteme bleiben getrennt, ungeachtet der Rufe aus der Bevölkerung, die vermehrt nach anderen Modellen verlangen
Diese konservative, erneuerungsfeindliche und abweisende Haltung rächt sich mittlerweile deutlich.
Bereits die Ergebnisse der KOLIPSI-Studie zeigen schmerzlich und in aller Schärfe, dass die Trennung der Sprachgruppen zu Ängsten, Unkenntnis und miserablen Sprachergebnissen führt. Die Tatsache, dass nun in „deutschen“ Kindergärten letztlich keine „deutschen“ Kinder mehr eingeschrieben werden, zeigt den definitiven Kollaps des Trennungssystems auf. Eltern greifen daher seit Jahren zur Selbsthilfe und schreiben ihre Kinder in den Kindergarten der jeweils anderen Sprache ein. Es könnte kein klareres Signal aus der Bevölkerung geben. Seit Langem haben wir vorausgesagt: Wir sind bei der mehrsprachigen Schule (allerdings im Do-it-yourself-Modus) angelangt.
Zu Recht fühlt sich die Landesregierung zum Handeln verpflichtet. Allerdings bleibt sie hartnäckig bei ihrer Haltung. Anstatt die deutlichen Zeichen der Zeit zu erkennen und dem Hilferuf der Eltern nach einem echten, funktionierenden mehrsprachigen Schulsystem Gehör zu schenken, sollen kurzsichtige Sofortmaßnahmen zur Eindämmung des Phänomens ergriffen werden. Der Trend wird aber anhalten, sodass über Kurz oder Lang nur zwei Lösungswege denkbar sind: Man wird entweder zu immer radikaleren und reaktionäreren Beharrungsstrategien greifen – mit allen möglichen Verrenkungen, die auch zum Teil der Entscheidungsfreiheit der Eltern laut Autonomiestatut und dem Bildungsrecht laut Verfassung zuwiderlaufen könnten. Oder die Mehrheit wagt endlich den Schritt in Richtung mehrsprachiges Bildungssystem, wie dies gesellschaftlich immer mehr gewünscht wird.
Bisher hat die Landesregierung, haben auch die Bildungslandesräte Achammer und Tommasini in dieser Frage keinen „Naggler“ gemacht. Wir fordern deshalb dazu auf, endlich auf den entschiedenen Wunsch vieler Eltern einzugehen und zukunftsweisende Wege der Bildungspolitik zu beschreiten, anstatt im Alten zu verharren. Die Zeit für die mehrsprachige Schule, zumindest als Zusatzangebot, ist überreif.
24.07.2017
Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba

Lassen wir den Frühling zur Tür herein!
Unsere Unterstützung zum Vorstoß von Sen. Palermo

Eine historische Forderung der Grünen wurde nun von Francesco Palermo im Senat eingebracht, nämlich die Möglichkeit des Zusatzangebotes von mehrsprachigen Klassen.
Auf den vorsichtigen, überaus maßvollen Vorstoß von Senator Palermo reagierte das konservative Südtirol sofort mit Abwehrhaltung, sodass sie den Untergang der deutschen Minderheit wieder einmal als existenzielle Bedrohung an die Wand gemalt hat.
Besonders befremdlich in dieser Angelegenheit ist die Haltung der SVP. Noch am vergangenen Samstag hatte Landesrat Achammer bei der Tagung des Landesbeirates der Eltern für ein mehrsprachiges Südtirol geworben, jetzt wird der konkreten, zunehmend breit eingeforderten Schaffung von Wahlfreiheit für Familien schon wieder ein Riegel vorgeschoben.
Dieselbe Haltung hatten wir schon bei Behandlung unseres Gesetzentwurfs zur mehrsprachigen Schule im Gesetzgebungsausschuss des Landtages erlebt, wo 2016 der analoge Vorschlag abgelehnt wurde*. Man wolle keine Vorzugsschienen schaffen, hieß es.
Es ist nur zu bedauern, dass das regierende Südtirol in tiefer Angst vor den Rechtsparteien erstarrt und sich dem gesellschaftlich längst erwünschten, in Schulen bereits erprobten und in vielen Ländern anerkannten Weg versperrt. Dies ist eine Nagelprobe für den Mut und den Willen der Landesregierung zu neuen Wegen, denen sie sich aber auch hier zu verschließen scheint.
Die damit verbundene Modernität und Mentalitätsöffnung würde unser Land dringend benötigen, auch um unseren inneren Reichtum zu nützen. Wir hätten die Chance der Mehrsprachigkeit und erfolgreicher Beherrschung mehrerer Sprachen vor der Haustür, zum Greifen nahe. Lassen wir es Frühling werden, lassen wir sie ein.
L.-Abg.
Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss
21.02.2017
*Durch die absurde Geschäftsordnung des Landtages wird auch dieser Gesetzentwurf, da von der Opposition stammend, im Landtag übrigens nicht behandelt werden.

Vorstellung des Landesgesetzentwurfs 67/15: Recht auf Mehrsprachlichkeit im Bildungssystem des Landes

scuoleBei den Open-Space-Veranstaltungen des Südtirol-Konvents war unverkennbar die wichtigste Forderung zum Themenbereich „Zusammenleben der Sprachgruppen in Südtirol“: Ein echtes mehrsprachiges Schulsystem wurde von vielen Konvent-Teilnehmenden als dringendstes Mittel für mehr sprachliches und kulturelles Verständnis angeführt. Die Zeichen der Zeit und des Zeitgeists sprechen hier eine überdeutliche Sprache.
Die Landesregierung setzt im Bereich Mehrsprachigkeit mit den CLIL-Angeboten in der Oberschule einige zaghafte Schritte. Wir wollen diese würdigen. Es braucht Zwischenschritte und der Widerstand der Konservativen ist groß.
Trotzdem wollen wir als Grüne, die seit Jahrzehnten eine moderne, überzeugt mehrsprachige Gesellschaft anvisieren, ein weiteres Mal einen Schritt voraus gehen.
Wir haben daher diesen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der parallel zur Anpassung der „Buona scuola“ in die öffentliche Debatte auch das ureigenste Anliegen der Südtiroler Progressiven einbringt, eben das mehrsprachliche Zusatzangebot im gesamten Südtiroler Bildungsangebot. „Unsere gute, mehrsprachliche Schule“, so könnte man diesen Wunsch zusammenfassen. Es wäre gar nicht schwer und niemand würde irgendein Recht verlieren.
Heinz von Förster, der konstruktivistische Forscher und „KybernEthiker“ sagte: Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird! Er sah darin auch eine Ursache des Glücks. In der Südtiroler Bildungswelt wäre Platz dafür.
Gute Gründe für ein Recht auf Mehrsprachlichkeit im Südtiroler Bildungssystem

  • Wünsche aus der Elternschaft (Convivia, Genitori per il Bilinguismo / Eltern für die Zweisprachigkeit, MixLing) und Umfrageergebnisse (Landeselternbeirat für die deutsche Schule unter den Eltern- und SchulratspräsidentInnen – 2008 und 2015, KOLIPSI-Studie der Eurac – 2009)
  • Aussagen im Sprachenbarometer 2014 (Sprachstatistik ASTAT)
  • Oftmals bemängelte schlechte Zweitsprachkenntnisse der Südtiroler OberschülerInnen
  • Gute Annahme aller bisherigen mehrsprachlichen Angebote, z.B. CLIL-Unterricht, „Zweitsprachjahr“

Rechtliche Grundlagen
Unser Landesgesetzentwurf baut auf bestehenden gesetzlichen Regelungen auf, baut diese aus und entwickelt sie weiter:

  • Europäische Vorgabe Muttersprache+2, Barcelona 2002
  • Landesgesetz vom 16. Juli 2008, Nr. 5, Art. 1 und Art. 14
  • Landesgesetz vom 24. September 2010, Nr. 11, Art. 1 und Art. 7
  • Autonomiestatut, Art. 19

Die bereits bestehenden gesetzlichen Grundlagen geben ausreichend Anhaltspunkte und den Auftrag, die Mehrsprachlichkeit im Südtiroler Bildungssystem auszubauen. Dieser Landesgesetzentwurf geht den ersten Schritt dazu
Ein größeres Sprachangebot, das keine bestehenden Rechte beschneidet
Der Gesetzentwurf ergänzt das bestehende schulische Angebot, falls erwünscht und genügend Anmeldungen vorliegen (für den Kindergarten 14, für die Schule 15 Einschreibungen), um ein mehrsprachliches. Das freiwillige Zusatzangebot kann im Kindergarten, in der Unter- und Oberstufe gewählt werden. Das übliche Angebot bleibt ausnahmslos unverändert erhalten (das Recht auf mutterspachigen Unterricht nach Art. 19 des Autonomiestatuts wird nicht beschnitten).
Das Personal für die mehrsprachlichen Abteilungen setzt sich aus beiden Sprachgruppen zusammen. Es erhält eine spezielle Aus- und Weiterbildung.
Der Fachunterricht erfolgt in einer der beiden Landessprachen Deutsch bzw. Italienisch. Um einen ausreichenden Fachwortschatz zu garantieren, wird die Sprache im Laufe der Schulkarriere gewechselt. In der Unterstufe kann, wenn das Schulkonzept dies vorsieht, auch eine jahrgangsübergreifendes mehrsprachliches Angebot entwickelt werden, in der Oberstufe und den Landesberufsschulen kann der mehrsprachliche Schwerpunkt auch in einzelnen Modulangeboten erfolgen.
Das mehrsprachige Angebot ist eine Bereicherung der Bildungslandschaft Südtirols und kann, ähnlich der ladinischen Schule, als Labor für neue Formen des Lernen und der kulturellen Annäherung dienen. Von der derzeitigen Schule, die ja derzeit schon mit der Realität der mehrsprachlichen Zusammensetzung konfrontiert ist, wird Druck genommen – und schließlich bietet das neue Angebot auch einen Schutz für all jene, die sich der mehrsprachigen Orientierung im Sinne der ausdrücklichen Muttersprachlichkeit nicht anschließen möchten.
Damit wäre eine Situation allgemeinen Gewinnes geschaffen.
Gesetzesentwurf und Begleitbericht
Bozen, 18.04.2016
Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss

Grüner Beschlussantrag „Gut informiert mehrsprachig erziehen“ angenommen
Heute wurde der Grüne Beschlussantrag zur mehrsprachigen Erziehung vom Südtiroler Landtag angenommen.
Bambini-extracomunitari-a-scuola1Bisher gibt es in Südtirol im an sich riesigen Informationsmaterial des Landes nur minimale Informationen zu mehrsprachig aufwachsenden Kindern: Im „Kindergesundheitsbüchlein“, das allen Eltern bei der Geburt eines Kindes ausgehändigt wird und das soeben neu aufgelegt wurde, findet sich im ganzen Bereich „Hör-, Seh- und Sprachentwicklung“ kein einziges Wort zum mehrsprachigen Aufwachsen. In den „Elternbriefen“ befindet sich zum gesamten Thema eine halbe Seite (plus Erfahrungsbericht einer Mutter).
Außerdem gibt es ein kleines hausgemachtes Faltblatt des Dienstes für physische Rehabilitation – Logopädie (!), das die wichtigsten Infos für Eltern zur mehrsprachigen Erziehung zusammenfasst. Den guten Willen dieses Faltblatts heben wir ausdrücklich hervor. Dass natürliche Mehrsprachigkeit aber im Bereich der Logopädie angesiedelt wird, ist an sich schon ein Nonsens. Mehrsprachigkeit ist kein Problem, das behandelt werden muss, sondern ein „Geschenk“, das nur richtig genutzt werden will. Ein Land, das sich eben dieser Mehrsprachigkeit rühmt, sollte neben Dutzenden von gut und aufwändig gemachten Broschüren aller Art, die Mittel aufbringen, eine ansprechende Informationsschrift zu erstellen, die alle betroffenen Eltern erreicht.
Dieses Ansinnen wurde heute von der Mehrheit des Landtags geteilt und nach einer langen, zum Teil sehr ideologisch geführten Debatte wurde der Antrag angenommen, endlich Informationsmaterial zur Verfügung zu stellen, das mehrsprachigen Familien Orientierung in der sprachlichen Bildung ihrer Kinder geben soll. Für uns ein Beitrag zum Alltag der Familien – zugleich aber auch ein erster Schritt zur Anerkennung der mehrsprachigen Familien in unserem Land!
Die Landesregierung wurde damit beauftragt,
1. aufgrund der zunehmenden sprachlichen Heterogenität eine ausführliche Informationsschrift für Eltern zur sprachlichen Bildung auszuarbeiten, in der ein besonderer Schwerpunkt auf das Aufwachsen in einem mehrsprachigen Kontext gelegt werden soll.
2. bei einer eventuellen Überarbeitung des Kindergesundheitsbüchlein zu prüfen, ob im Bereich der sprachlichen Erziehung das Thema der mehrsprachig aufwachsenden Kinder aufgenommen werden und/oder darin auf weitere Informationsmöglichkeiten zu diesem Thema hingewiesen werden soll.
Dafür gestimmt haben Grüne, PD, SVP, M5S, Team A und Alto Adige nel Cuore.
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