HomeCovid-192020 – 2021: Ein Haushalt für die Geschichtsbücher

2020 – 2021: Ein Haushalt für die Geschichtsbücher

Die Landtagssitzung im Dezember ist in der Regel ganz dem Haushaltsgesetz für das Folgejahr gewidmet. Diese Sitzung ist immer auch eine Gelegenheit, um Bilanz über das zu Ende gehenden Jahr zu ziehen. So war es auch heuer, doch war der Anlass wohl noch nie von derart großer historischer Bedeutung. Brigitte, Riccardo und Hanspeter wandten sich mit Sorge an den Landtag und blickten dennoch konstruktiv in die Zukunft. 

Der Landtag tagte vom 16. bis 18. Dezember.

Brigitte eröffnete die Debatte mit einem Kommentar darüber, wie sehr die Pandemie das Leben von uns allen verändert hat. Wie ein Mantra zog sich diese Beobachtung durch ihre Rede: „Alles ist anders. Nichts wird mehr so sein wie früher“. Die Schlüsselwörter, mit denen sie dieses dramatische Jahr 2020 beschrieb, waren: Einfrieren, Einsamkeit, Isolation, Polarisierung, gerissene Fäden, Ohnmacht, Verletzlichkeit, Ehrlichkeit.

Eine bewegende Widmung an Lidia Menapace, eine Bezugsperson für viele Feministinnen, die ausgerechnet aufgrund einer Covid-Erkrankung von uns ging. Gerade bei ihrer Beerdigung wurde deutlicher denn je, dass die Fäden des Gewebes, an dem sich die Frauen und die gesamte Gesellschaft hielten, gerissen sind.

Die Einsamkeit hat alle Räume durchdrungen, bis hinauf zur Spitze, bis zum Landeshauptmann, der sich noch nie so allein und isoliert gezeigt hat. Einsamkeit ist gefährlich in einer Demokratie. Deshalb ist es wichtig, die parlamentarische Arbeit und den Dialog zwischen Exekutive und Legislative weiter zu stärken. Eine großartige Lektion hierzu erhalten wir von Chiara Valerio in ihrem Essay „La matematica è politica“. Brigitte zitierte eine Passage, die scheint, als wäre sie für diesen Anlass geschrieben: „Hätten unsere PolitikerInnen Mathematik studiert, und hätten sie diese verstanden, würden sie sich in Bezug auf die Ämter, die sie bekleiden, anders verhalten, denn sie würden nicht als Individuen handeln, sondern als Funktionen eines Systems, das größer ist als ihr Ego, und vor allem würden sie sich nicht mit den Dingen beschäftigen, sondern mit den Beziehungen zwischen den Dingen“.

Hoffen wir, dass diese Worte Landeshauptmann Kompatscher und Landtagspräsident Noggler dazu anregen, ihren Versuch, dem Gesetz zur direkten Demokratie die Seele zu rauben, nochmals zu überdenken. „Wollen Sie wirklich das bestätigende Referendum abschaffen? Den Bürgerrat aushöhlen? Das Büro für politische Bildung vom Landtag aussiedeln? Wir werden das nicht zulassen, denn ohne Partizipation gibt es keine Nachhaltigkeit“ – betonte Brigitte nachdrücklich.

Die Mädchen und Jungen des Kinderlandtags weisen uns den Weg aus der Krise. Diese Begriffe haben sie uns zu Beginn des Jahres 2020 mit auf den Weg gegeben: Gesundheit, Wohlbefinden, Gemeinschaft, Miteinander, Umweltschutz, Gerechtigkeit. „Diese Auflistung möchte ich um den Begriff der Ehrlichkeit ergänzen“, schloss Brigitte ihre Rede, „zeigen wir auch unsere Schwächen, nicht nur unsere starken Seiten. Nur so wird auch das Vertrauen der Menschen wachsen“.

Riccardo folgte mit einer eindrucksvollen Rede, in der er klare und besorgte Kritik an der Tendenz zur Privatisierung übte, die in unserem Land zunehmend um sich greift. Aber viel mehr als eine Kritik an der Privatwirtschaft war seine Rede ein flammendes Plädoyer für das öffentliche System im Allgemeinen und für die öffentliche Mobilität, das Recht auf Wohnen und die Gesundheitsversorgung im Besonderen.

„Wenn Landeshauptmann Kompatscher in seiner Rede zum Zusammenhalt aufruft, dann kommt mir in den Sinn, dass wir zuallererst ein System und ein Umfeld schaffen müssen, aus dem sich dieser Zusammenhalt ergibt. Denn momentan haben wir ein System, das in Richtung Zersplitterung und Privatisierung drängt“, erklärte Riccardo.

Als erstes appellierte er an Mobilitätslandesrat Alfreider, die Inhouse-Lösung für den öffentlichen Verkehr auch tatsächlich umzusetzen. „Folgen wir dem positiven Beispiel des Trentino. Geben wir uns als öffentliche Hand nicht mit einem Anteil von 45% des öffentlichen Personennahverkehrs zufrieden, um den Rest dem privaten Sektor zu überlassen, ohne von diesem gleichwertige Nachhaltigkeitsstandards zu fordern!“, so Riccardo. Die Emissionen des Verkehrs haben den größten Einfluss auf den Klimawandel und wenn nur 45% des öffentlichen Verkehrs hier gegensteuern, ist dies zu weinig.

Anschließend forderte er Soziallandesrätin Deeg auf, endlich das Gesetz zum sozialen Wohnungsbau vorzulegen und dafür zu sorgen, dass nicht private Interessen, sondern das Recht auf Wohnen für alle im Mittelpunkt steht. Das Recht auf Wohnen hat einen gefährlichen Feind, die Spekulation; wir müssen den Mut haben, diesem seine Grenzen aufzuzeigen. Dies kann nur die öffentliche Hand tun.

Last but not least sprach er über die Sanität. Die Covid-Krise konfrontiert uns mit den Schwächen eines Gesundheitssystems, die durch die immer weiter fortschreitende Privatisierung der letzten Jahrzehnte noch verstärkt werden. „Nach der Spanischen Grippe, die in genau drei Wellen zwischen 1918 und 1919 auftrat, wurden die großen öffentlichen Gesundheitssysteme geboren“, führte Riccardo aus. Die Lehren aus der Geschichte dürften nicht vergessen werden. Denn wir alle, unabhängig unserer sozialen Schicht und unserer Herkunft, haben ein Recht auf ein öffentliches, allgemeines, gerechtes und kostenloses Gesundheitssystem.

Und er schloss leidenschaftlich: „Nur so, mit einer starken öffentlichen Orientierung am Gemeinwohl und an den Grundrechten, frei von Spekulation und Profit, können wir aus der Pandemie herauskommen. Für ein Grünes, faires, demokratisches und widerstandsfähiges Europa!“

Hanspeter hingegen wies auf weitere eklatante Mängel des Gesetzes hin: So sehen wir im Haushalt 2021 keine ernsthaften Maßnahmen für eine aktive Politik für einen fairen und starken Arbeitsmarkt. Inwieweit sich die Pandemie auf diesen Arbeitsmarkt auswirken wird, kann noch niemand sagen. Aber Covid und diese Mehrfachkrise werden Risse und Wunden hinterlassen, auf die unsere Landespolitik nicht vorbereitet ist. Das ist einerseits verständlich, andererseits aber ist es nicht akzeptabel, dass nichts getan wird, um uns auf die enormen vor uns liegenden Schwierigkeiten vorzubereiten.

Dieser Haushalt verheißt nichts Gutes für wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel. Die für die Umwelt bereitgestellten Mittel wurden sogar halbiert: „Wie soll es möglich sein, die CO2-Emissionen im Bauwesen zu reduzieren? Wie können wir die Verkehrsbelastung reduzieren? Wie die schädliche Emissionen in der Landwirtschaft?“, fragte sich Hanspeter. Die „Ära des Betons“ im Bauwesen muss ein Ende nehmen. Der Bau neuer Straßen, wie es die bereitgestellten Mittel nahelegen, führt nur zu mehr Verkehr. Und solange die Landwirtschaft nicht in die Klimaschutzstrategien einbezogen wird, wird es sehr schwierig sein, die Ziele zur Emissionsminderung zu erreichen.

Damit verbunden ist die gravierende Krise, in der sich die Biodiversität in unserem Land befindet. „Ich kann es einfach nicht fassen, wie eine der reichsten Provinzen Italiens und Europas nicht in der Lage ist, Verantwortung für das Überleben und den Schutz der schwächsten Lebewesen zu übernehmen: Pflanzen, Insekten und Wildtiere“, stellte er bedauernd fest.

Es herrscht ein Mangel an Visionen für die Zukunft, dies betrifft auch die Schule. Es gibt keinen Plan zur Aufwertung des Schulpersonals. „Alles, was wir in die Ausbildung investieren, wird auf uns zurückfallen: Säen wir Frustration, werden wir mehr Frustration ernten; wenn wir hingegen Respekt und Aufwertung säen, werden wir diese auch ernten.“

Weihnachten steht vor der Tür und damit auch das Ende dieses dramatischen Jahres. Wir wünschen euch, dass ihr die nächsten Wochen so friedlich wie möglich verbringen könnt. Schaut auf euch und auf die Menschen in eurem Umfeld.

Bis dahin könnt unsere Neuigkeiten auf der Homepage Verdi Grüne Verc und auf unseren Facebook, Instagram und Twitter -Accounts verfolgen. Wenn ihr uns braucht, schreibt an [email protected].

#WirBleibenDran

Brigitte, Riccardo, Hanspeter

Author: Heidi

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