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Aus dem Blog von Brigitte Foppa:

Ich denke an die Gesichter.
An die Gesichter der Buben im Schulhof, als sie uns über die gängige Sexualterminologie aufklärten.
An das Gesicht des alten Herren, der in der Bar so lange gewartet hat, bis ich, damals ca. 12 Jahre alt, allein war und er versuchte mich zu küssen (mit Zunge).
An die Gesichter der Gäste, die schunkelnd Mösenlieder sangen, während wir das Essen servierten.
An die Gesichter in der Hütte, als die Schnaderhüpflen zu den nacketen Weibern gesungen wurden.
An das Gesicht des jungen Betrunkenen, den ich des Lokals verwies und er mich daran erinnerte, welches Geschlechtsteil ich habe.
An das Gesicht des Typen vor dem Mädchenheim, als er den Mantel aufmachte.
An den Chef, der uns zum Service rief („Hennen!“) und fragte, wer denn heute der Chefin „das Würstl bringen“ wolle.
An den Kollegen im Gemeinderat, als er den Witz vom Rasenmäher erzählte („Weißt du den Unterschied zwischen einer Frau im Minirock und einem Rasenmäher? Nein? Dann halt mal die Hand drunter!“)
An die Gesichter der Kollegen im Gemeinderat, die uns Rätinnen wahlweise als Jungfrauen (naiv) oder als Flittchen (unbeständig) bezeichneten.
An den Kollegen im Landtag, der sagte, heute habe die Opposition (da war nur ich) keine Eier in der Hose.
An die Kollegen im Regionalrat, wenn sie die anwesenden weiblichen Abgeordneten kommentieren.
An die Gesichter all jener, die mir und anderen Frauen schon das ganze Leben lang was nachschreien, dass wir schöne oder hässliche Beine, Pos oder Brüste haben.
An die Gesichter der Männer, die uns ihre Vermutungen darüber aussprechen, ob wir gut sind oder schlecht oder heiß oder frigide.
Ich sehe in diesen Gesichtern viele Unterschiedlichkeiten. Alle aber zeigen eines auf, nämlich garantierte Bewusstheit dessen, was sie gerade tun. Sie schmunzeln, grinsen, feixen, schauen gespannt auf die Reaktionen. Alle wissen, dass sie mich oder meine Geschlechtsgenossinnen irritieren, verstören, verletzen, beleidigen.
Die Hauptreaktion auf die Sexismusdebatte leugnet dies. Aussagen wie „Man wird jetzt keiner Frau mehr die Tür aufhalten dürfen“ verbinden die stets unfaire Paradoxisierung als Argumentationstaktik, mit dem Versuch, Männer von ihrer Verantwortung zu entbinden.
Dabei werden Männer regelrecht infantilisiert. Ihnen wird die banalste soziale Kommunikationskompetenz abgesprochen, nämlich zu verstehen, was die eigenen Aussagen beim Gegenüber bewirken. Das ist schlichtweg absurd. Schon die kleinen Buben im Kindergarten erkennen, wann sie Mädchen verletzen. Jeder Mann kennt den Unterschied zwischen Aussagen wie „Du bist eine geile Henne“ und „Du hast eine interessante Ausstrahlung“. Hierfür braucht es kein feministisches Sittengericht, Männer haben diese Unterscheidungskompetenz genauso intus wie Frauen. Die Bundeszentrale für politische Bildung zitiert eine Studie, die belegt, dass sich Männer und Frauen weitestgehend darüber einig sind, was in einer Interaktion als sexistisch, beleidigend oder entwürdigend empfunden wird. Ich glaube das auch. Alle Gesichter der Männer, die ich vorhin Revue passieren ließ, drücken dieses Bewusstsein darüber aus.
Dieser Aspekt ist von größter Bedeutung. Denn es heißt, dass Männer sich trotz dieses Bewusstseins für Sexismus entscheiden. Die Gründe und Zielsetzungen dieser Entscheidung sollten in der laufenden Debatte einen sehr viel wichtigeren Anteil haben als die hilflose Flucht in Bagatellisierung, paradoxe Verzerrung und Opferumkehrung, die wir derzeit erleben.
Sexistische Äußerungen sind Gesten einer gestörten Interaktion zwischen den Geschlechtern. Die Auseinandersetzung darüber, wie wir hier als Gesellschaft und als Männer und Frauen verändernd, verbessernd, ja vielleicht gar heilend einwirken können, verlangt uns viel ab. Es wird auch wehtun – und Zeit brauchen. Die #Me too-Kampagne katalysiert, beschleunigt, fordert heraus.
Dafür werden meine Tochter oder wenigstens meine soeben geborene Großnichte vielleicht irgendwann in andere Gesichter schauen als ich, und hoffentlich auch anders gesehen werden. Auf Augenhöhe und mit Respekt im Blick.

http://m.bpb.de/apuz/178670/die-sexismus-debatte-im-spiegel-wissenschaftlicher-erkenntnisse?p=all

 

 
Die Grüne Fraktion hat sich den 40. Jahrestag der Zweisprachigkeitsprüfung zum Anlass genommen, um folgenden Beschlussantrag dem Landtag vorzulegen.
Uns erscheint es widersprüchlich, dass diejenigen, welche die Oberschule und Universität in zwei verschiedenen Sprachen besuchen, (z.B. italienischsprachige Oberschule und anschließend  Studium in Deutschland) automatisch den Zweisprachigkeitsnachweis erhalten, die Studierenden der Uni Bozen hingegen von dieser Möglichkeit ausgeschlossen sind. Diese besuchen drei bzw. fünf Jahre Vorlesungen auf Deutsch Italienisch und English und bilden sich in einem mehrsprachigen Ambiente aus.
 

Beschlussantrag

Die dreisprachige Universität verdient den Zweisprachigkeitsnachweis

Auf den 9. November 2017 fällt der 40. Jahrtag der Einführung der Zwei- und Dreisprachigkeitsprüfung. Seit seiner Einführung wurde dieses Instrument des öfteren reformiert, vor allem im Hinblick auf eine kommunikativen Ansatz im Prüfungsmodus. Zudem wurden neue Zugänge eröffnet, um das Attest für die Zweisprachigkeit zu erwerben.
Eine dieser Möglichkeiten ist die Europäische Zertifizierung, die von verschiedenen Instituten vergeben wird, etwa durch das Goethe-Institut oder den TestDaF für das Deutsche, das CELI (der Universität Perugia) oder das CILS (der Universität Siena) für das Italienische. Immer mehr Personen folgen diesem Weg: Nach einer ASTAT-Untersuchung stehen im Jahr 2016 den 2845 Personen, die die Zweisprachigkeit über die traditionelle Landesprüfung erwerben konnten, 1998 Personen gegenüber, die dasselbe Attest über den Weg europäischer Zertifizierung erreicht haben.
Eine weitere Alternative, um den Zweisprachigkeitsnachweis zu erwerben, bietet sich all jenen, die eine italienische Oberschule abgeschlossen und an einer deutschsprachigen Universität bzw. in umgekehrter Weise den Abschluss erzielt haben.
In paradoxer Weise wurde dem Abschluss an der dreisprachigen Universität Bozen jedoch kein gleicher Stellenwert zuerkannt, sodass er nicht automatisch den Erwerb des Zweisprachigkeitsnachweises zur Folge hat.
Dieser Ausschließung scheint die absurde Logik zugrunde zu liegen, dass der Besuch zweier getrennter einsprachiger Studiengänge zwar die Zweisprachigkeit garantiere, während der Besuch einer mehrsprachigen Universität über fünf Jahre, verbunden mit dem Besuch von Vorlesungen und dem Ablegen von Prüfungen in deutscher wie in Italienischer Sprache, in einer völlig mehrsprachigen Umgebung, nicht dasselbe Ergebnis gewährleistet. Dem scheint eine völlige Missachtung des dreisprachigen Charakters unserer Universität zugrunde zu liegen.
Dagegen ist es notwendig, den Wert der Mehrsprachigkeit, wie ihn die Universität Bozen vermittelt, zu verteidigen, verkörpert sie doch ihren wichtigsten “Identitäts- und Qualitätsnachweis”, auch im internationalen Vergleich.
Diese offene Frage betrifft zudem nicht nur die Universität Bozen, sondern auch das zweisprachige Studium an der Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe “Claudiana”, wie auch das integrierte Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck.
 

Aus diesen Gründen verpflichtet

Der Südtiroler Landtag die Landesregierung:

  1. Alle nur denkbaren Anstrengungen zu unternehmen, um auf dem Weg notwendiger rechtlicher Abänderungen zu erreichen, dass die Erlangung eines Abschlusses an der Freien Universität Bozen den automatischen Erwerb des entsprechenden Zweisprachigkeitsnachweises nach sich zieht. Dies aber unter der Bedingung, dass der Studiengang eine gewisse Zahl von Prüfungen in den unterschiedlichen Sprachen vorsieht, die für den Zweisprachigkeitsnachweis erforderlich sind.
  2. Die Möglichkeit zu überprüfen, ob ein automatischer Erwerb des Zweisprachigkeitsnachweises für all jene vorgesehen werden könnte, die den Studiengang an der Landesfachhochschule “Claudiana” erfolgreich abschließen oder das Integrierte Studium der Rechtswissenschaften an der Universität >Innsbruck absolvieren.
  3. Mit den Spitzen der Freien Universität Bozen und der Landesfachhochschule „Claudiana“ wie auch mit den Verantwortlichen des integrierten Studiums der Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck geeignete Maßnahmen zu vereinbaren, um das Niveau der Zweisprachigkeitskompetenzen der Studierenden am Ende ihres Studiengangs ständig anzuheben.

Bozen, 9. November 2017
Gez. L.Abg.
Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa, Hans Heiss

Im Grunde ging es um eines: Fleisch, das in öffentlichen Einrichtungen insbesondere Mensen in Schulen, Seniorenheimen, Krankenhäusern und Kindergärten angeboten wird, soll mit Herkunftsort in der Speisekarte angeführt werden. Warum ist das wichtig? Ein verschwindend kleiner Teil des Fleisches, der bei uns auf den Tellern landet, kommt von Südtiroler Bauernbetrieben. Der Großteil stammt aus Massentierhaltungen aus der Poebene, Deutschland, Polen und den Niederlanden. „Immer mehr VerbraucherInnen lehnen Massentierhaltungen entschieden ab. Denen sollte man entgegen kommen. Wir haben das Recht, davon in Kenntnis gesetzt zu werden, woher das Fleisch stammt“, erklärt Brigitte Foppa. Ziel des Antrags ist neben Transparenz auch die Sensibilisierung.
Spannend dann die Polemik danach. „Immer seid ihr so schlimm gegen Fleisch“, „Ihr macht der Gastronomie einen Bärendienst“, „Könnt ihr nicht rechnen, grüne Zahlen sind dunkelrote Zahlen“. So und ähnlich tönte es aus den Reihen von Freiheitlichen und SVP (nur Maria Hochgruber Kuenzer hob sich von diesem Chor ab). Man kommt nicht umhin sich zu fragen, wer hier nicht rechnen und wer hier nicht lesen kann. Der Antrag fordert Etikettierung. Fleisch in den Supermärkten wird nach Herkunftsort gekennzeichnet. Dies sollten auch die öffentlichen Mensen tun.
Der Antrag wurde abgelehnt.
Bozen, 09. 11. 2017
 
Brigitte Foppa, Hans Heiss und Riccardo Dello Sbarba

Die SVP-PD-Mehrheit hat heute den Beschlussantrag der Grünen abgelehnt, der sich mit der Verlängerung der Startbahn des Flughafens befasste. Wir hatten darin vorgeschlagen, die Möglichkeit der Verlängerung von 1292 m auf 1432 m aus dem Bauleitplan (BLP) von Leifers zu löschen. Diese war 2013 von der ehemaligen Durnwalder Regierung so eingetragen worden. Die Forderung nach Streichung war auch von der Gemeinde Leifers selbst erhoben worden.
Die Ablehnung unseres Beschlussantrags ist unverständlich. LH Kompatscher hat in seinem Beitrag zum Beschlussantrag bestätigt, dass die Landesregierung niemals eine Verlängerung zulassen würde, auch um dem Ergebnis der Volksbefragung Rechnung zu tragen.
Das ist schätzenswert – nur sollte logisch sein, dass man dann auch den Bauleitplan anpasst. Die einzige Erklärung für diese Weigerung ist, dass eine derartige Abänderung die bereits schleppende Übergabe an Private zusätzlich schwächen könnte. Offensichtlich wissen die UnternehmerInnen um die Schwierigkeiten des Flughafens, der ja nie funktioniert hat und nie funktionieren wird. Entsprechend hat LH Kompatscher von der Schwierigkeit der Vergabe gesprochen und auch nicht ausgeschlossen, dass sie womöglich ins Leere münden könnte.
Auf diese Weise zeigt sich die Flughafenpropaganda der letzten Monate in einem anderen Licht: Man las von internationalen und europäischen Investoren, die Interesse am Bozner Flughafen hätten. In Wirklichkeit aber haben sich nur drei lokale Unternehmen interessiert, deren Kapazität und Solidität noch zu überprüfen sei, wie der LH heute bestätigte.
Zusammenfassend: die Ablehnung eines vernünftigen Vorschlags spiegelt die schwache Stellung des Flughafens wider: kaum jemand hat Interesse an einem solchen „Geschäft“. Die Landesregierung täte daher gut daran, den Illusionen, irgendwelche fantastischen Privatinvestoren würden sich um den Flughafen reißen, entgegenzutreten – und auf die drastische Verkleinerung dieser überflüssigen Infrastruktur hinzuarbeiten. Seit jeher der einzig sinnvolle Plan B sollte endlich Plan A werden.
Bozen, 08.11.2017
Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa, Hans Heiss
 

Einige Wochen sind seit dem Unglück des kurdischen Flüchtlingsbuben Adan vergangen, nun bringt die Grüne Fraktion das Thema erstmalig wieder in den Landtag. Leider lässt sich die Landesrätin nicht zu Klärung der Fakten bewegen. Bleibt wohl nur mehr der bereits eingeleitete Rechtsweg, um endlich zu den notwendigen Klärungen zu gelangen, die die Politik nicht anstreben möchte.
Mit der heutigen Fragestunde im Landtag hätte sich der LRin Stocker erneut die Chance geboten, im Falle Adans endlich Klartext zu reden. Warum wurde die Familie nicht aufgenommen? Was hat in den internen Strukturen der Verwaltung nicht funktioniert? Es wäre eine Gelegenheit gewesen, Fehler offen zu benennen und Mängel anzusprechen. Nichts davon ist leider eingetroffen. Kein Wort der Selbstkritik, keine Klärung der Rechtsnormen und –prozeduren, bzw. Verantwortlichkeiten, welche zur Nichtaufnahme dieser Familie in den öffentlichen Strukturen geführt haben. In ihrer kurzen Beantwortung wiederholte die LRin lediglich die Aussagen der Pressekonferenz vom 10. Oktober. Somit hat sie einfach die „offizielle Version“ der Geschehnisse zementiert, die bereits unmittelbar danach scharf in Frage gestellt worden war.
In Anbetracht dieser kalten und bürokratischen Positionierung, hakte der Landtagsabgeordnete Dello Sbarba mit einer weiteren Frage nach, in der er wissen wollte, ob der LRin denn mittlerweile bekannt sei, dass von Seiten der Beauftragten des Sanitätsbetriebs für Flüchtlinge eine Email vorliegt, in der diese ausdrücklich um die Aufnahme der Familie gebeten hatte. Und zwar bereits am 4. Oktober, drei Tage bevor der Junge tragisch ums Leben gekommen ist – und eine Woche vor der besagten Pressekonferenz des 10. Oktobers, in der die LRin erklärt hatte, es hätte keine offiziellen Anfragen für Unterbringung seitens der Familie gegeben. Neben dieser offiziellen Anfrage um Unterbringung erinnerte die Verantwortliche in der genannten Email auch daran, dass Adan an diesem Tag vom Krankenhaus entlassen werde und die Familie noch keinen Schlafpatz habe. In der beigelegten Entlassungsbescheinigung stand schwarz auf weiß, dass der Junge sich in einem schlechten Gesundheitszustand befindet: “la patologia di Abdullah è molto complessa, invalidante e necessita di stretto monitoraggio e cure continue”.
Dello Sbarba fragte nach, ob die LR denn wisse, dass es diese Email gäbe, ob das Land darauf geantwortet habe und weitere Details. Die LRin wich erneut aus, und meinte nur, dass diesen Informationen gerade nachgegangen werde und etwaige Neuigkeiten dann kommuniziert werden würden.
Wir Grünen finden diese Art und Weise auf Fragen zu reagieren inakzeptabel. Das Land hat die Pflicht die Karten auf den Tisch zu legen und alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen um hier Klarheit zu schaffen, sowohl von politischer als auch von administrativer Seite.
Es ist untragbar, dass trotz allem was passiert ist, hier eine Mauer des Schweigens aufgebaut wird.
Hoffen wir, dass die laufende Ermittlung nun die notwendige Klärung in die Wege leitet.
Bozen, 07.11.2017
Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss, Brigitte Foppa