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Wissen dürfen, was wir essen

BESCHLUSSANTRAG.

Wie die Arbeits- und Lebensbedingungen für Mensch und Tier in Großschlachtbetrieben aussehen können, mussten wir im Juni 2020 aufgrund des Corona-Skandals in der Schlachterei Tönnies in Ostwestfalen in Deutschland erfahren. Abgesehen davon, dass die Bedingungen der Arbeiterinnen und Arbeiter in diesem Betrieb sklavenähnlich waren und die Firma vor allem aus der Ausbeutung von Menschen ihren Profit schlug, brachte es viele Menschen europaweit vor allem auch zum Nachdenken darüber, unter welchen Bedingungen das Fleisch produziert wird, dass sie – oft mehrmals wöchentlich – verzehren.

Nun wissen wir, dass Fleisch der Firma Tönnies auch nach Südtirol geliefert wurde und hierzulande entweder als „Südtiroler“ Speck weiterverarbeitet oder über die Fleischtheke des Supermarktes gereicht wurde. Für viele Südtirolerinnen und Südtiroler war dies ein Schock. Denn vielfach meinte man bis dahin, dass die im Lande käuflichen Fleischteile von Schwein, Rind, Huhn, Schaf, Ziege und Co. von Tieren stammen, die lokal aufgezogen und geschlachtet würden. Ein leicht nachvollziehbarer Trugschluss.

Denn die Qualitätszertifikate der tierischen Produkte wiegen leicht in Sicherheit. Befindet man sich erst im Gütesiegelwald, wird es noch schwerer, vor lauter Zertifikaten den Qualitätsstandard zu sehen. Viele dieser Labels halten nicht unbedingt, was sie versprechen oder suggerieren.

Deshalb ist es vielen Menschen zunehmend wichtig, zu wissen, was sie konsumieren. Dieser Wunsch stellt eine Win-Win-Situation für Produzierende und Konsumierende dar. Herstellerinnen und Hersteller, die auf Transparenz setzen und klar deklarieren, woher ihre tierischen Produkte stammen, sind für ihre KundInnen attraktiv. Konsumierende haben Gewissheit zu den Produkten, die sie kaufen. Sie können Lokales oder Überregionales kaufen und verzehren. Der einzige Unterschied: Sie dürfen wissen, was sie tun. Darin liegt eine große Freiheit.

In der Vergangenheit wurde von Fachleuten auf diversen Tagungen – auch in und um Bozen – unterstrichen, wie wichtig der Ausbau von nachhaltig produzierten Lebensmitteln gerade in der Gemeinschaftsverpflegung ist.

Auch der Nationale Aktionsplan zum Green Public Procurement (GPP) sieht vor, dass Mindestumweltkriterien (MUK) eingehalten werden. Italien ist bisher der einzige Staat der Union, der das GGP verpflichtend vorsieht. Eine weitere Norm, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist (und die die Deklarierung erleichtert!), ist die EU-Richtlinie Nr. 1337/2013. Sie sieht vor, dass beim Verkauf von Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch das Herkunfts- und Schlachtland auf der Etikette angegeben werden muss.

Die Deklarierung der Herkunft von tierischen Produkten in öffentlichen Ausspeisungen ist ein erster Schritt in diese Richtung. Konsumentinnen und Konsumenten fordern zunehmend diese Klarheit über die Herkunft der Lebensmittel, in besonderem Maße für Fleisch. Immer mehr Menschen wissen um die Wichtigkeit der Lebensmittel für die eigene Gesundheit und jene ihrer Kinder.

In dieser Hinsicht hat die Gemeinschaftsverpflegung eine besonders wichtige Rolle. Denn es werden dort erstens Menschen mit Essen versorgt, die mehrmals wöchentlich am selben Ort verköstigt werden. Zweitens handelt sich oftmals um Menschen, die aufgrund ihres Alters oder Gesundheitszustandes besondere Bedürfnisse oder/und Sensibilitäten aufweisen (Kinder, SeniorInnen, Kranke, Pflegebedürftige…).

Die Gemeinde Bozen hat hier eine Vorreiterrolle inne. Auf den Menüplänen der Schulausspeisungen steht neben jedem Gericht, welche Zutaten darin aus biologischem Anbau stammen und welche aus fairem Handel. Diese Praxis sollte ausgeweitet werden.

Auf der Grundlage der Kennzeichnungspflicht sollen die Betreiber von öffentlichen Ausspeisungen angehalten werden, im Menüplan anzuführen, woher das verwendete Fleisch und die tierischen Produkte stammen und wie das Tier, von dem sie stammen, gehalten und gefüttert wurde bzw. wird.

Wie wir von anderen Ländern, die dieses Prinzip bereits auf die Gastronomie ausgeweitet haben, wissen, beschränkt sich der zusätzliche Aufwand größtenteils auf die Anfangsphase.
Profitieren wird vom Kennzeichnungsprinzip nicht nur die Konsumentin und der transparent arbeitende Betrieb, sondern ganz besonders auch die heimische Landwirtschaft. Das Vertrauen in die Produkte, die im Land hergestellt werden, schafft Konsens zum regionalen Einkauf in der Mensaküche. Nicht zuletzt bedingt eine veränderte Nachfrage auch ein diversifizierteres Angebot – auch das ein Vorteil für die heimische Landwirtschaft.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung:

alle Maßnahmen zu treffen, damit die Betreiber von öffentlichen Ausspeisungen angehalten werden, den Herkunftsort und die Haltungsbedingungen der verwendeten tierischen Produkte auf den Menüplänen anzugeben.

Bozen, 08.07.2020

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Author: Heidi

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Artenvielfalt und Be
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