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Gründe für das grüne „Nein“ zur Verfassungsreform.
Nach der nun erfolgten Festsetzung des Referendums auf den 4. Dezember 2016 hat sich der Grüne Rat sofort zu einer Sondersitzung getroffen und ist zum Schluss gekommen, den von Ministerpräsident Renzi initiierten und vom Parlament genehmigten Reformentwurf abzulehnen. Der Grüne Rat empfiehlt den Südtiroler Wählerinnen und Wählern, beim Referendum vom 4. Dezember mit Nein zu stimmen.
Südtirols Verdi Grüne Vërc haben sich mit ihren Vertretungen im Südtiroler Landtag und im römischen Parlament sowie im Autonomiekonvent an der Diskussion über die staatliche Verfassungsreform von Anfang an engagiert beteiligt.
Wir Grüne bleiben überzeugt, dass Italiens Demokratie dringend einer Reform ihrer Institutionen bedarf. Wir sehen in der zur Abstimmung stehenden Renzi-Reform jedoch eine Gegenreform: Was kommt, ist schlechter, als was ist, aus folgenden Gründen:

  • Zentralismus: Der Staat wird zentralisiert und die Autonomie der Regionen ausgehöhlt; Der Zentralstaat wird in die Autonomie der Regionen eingreifen, „wenn es die juridische und ökonomische Einheit der Republik oder das nationale Interesse erfordern“. Das ist ein Freibrief für zentralistische Willkür.
  • Schwacher Schutz: Die „Schutzklausel“ für die fünf Regionen mit Sonderstatut (nur unter anderen auch unsere) ist nur ein scheinbarer Schutz. Sie schützt uns nicht vor dem Zugriff der Reform, sondern schiebt sie diesen allenfalls auf. Die „Schutzklausel“ gewährt nur Aufschub.
  • Scheinreform des „Bikameralismus“: Das Zweikammer-System wird nicht abgeschafft. Der Senat wird zwar verkleinert, dafür aber verkompliziert und vor allem entdemokratisiert. Er wird von oben ernannt werden, statt wie bisher von unten gewählt.
  • Gefährdung von Demokratie: In Verbindung mit dem Wahlgesetz „Italicum“ schwächt die Verfassungsreform die Demokratie. Es tritt der gar nicht unwahrscheinliche Fall ein, dass eine Minderheitspartei die Mehrheit der Sitze in der Abgeordnetenkammer erlangt und der Regierungschef somit ohne Gegengewicht sämtliche Verfassungsorgane des Staates bestimmt – und selbst den Krieg erklären kann.
  • Weitere Negativfolgen: Das Referendum verlangt ein einziges Ja oder Nein zu insgesamt 47 Artikeln der Verfassung. Man kann nicht zum Guten „ja“ und zum Schlechten „nein“ sagen. Das ist unfair. Das Schlechte überwiegt. Dies gilt auch für die Stellung von Frauen im Senat: Da überwiegend Bürgermeister delegiert werden und die „Ersten Bürger“ zu 90% Männer sind, ist leicht absehbar, dass in der Zweiten Kammer Frauen nur ein Schattendasein führen werden.

Wir Südtiroler Grünen warnen vor jener provinziellen Sicht auf die Verfassungsreform, wie sie innerhalb der Mehrheitspartei überwiegt. Danach hätten Südtiroler „nur auf Südtirol zu schauen“. Staatsweite Auswirkungen der Verfassungsreform hätten „Südtirol nicht zu interessieren“. Wir halten solche Einstellung nicht nur für unsolidarisch, sondern für selbstschädigend. Die Verfassung hat uns sehr wohl auch jenseits unserer Autonomie zu interessieren. Ohne sie und ihre staatsbürgerlichen Rechte ist Autonomie nicht denkbar.
Wer die sog. „Schutzklausel“ als hinreichenden Grund für ein Südtiroler „Ja“ zur Verfassungsreform angibt, argumentiert fahrlässig und widersprüchlich. Der beste Schutz für die Südtirol-Autonomie sind solidarische Nachbarregionen. Mehr Sonderrechte für Sonderregionen inmitten von entrechteten Normalregionen schüren Neid und werden sich auf Dauer nicht halten lassen.
Auch wäre die Schutzklausel wirklich eine solche, und nicht nur ein Aufschub: Warum für eine Reform stimmen, vor der wir uns selber zu schützen suchen? Das ist unlogisch und letztlich zynisch. Es ist die übliche Art, lieber auf Abmachungen zwischen Parteien zu setzen, als transparente Regeln festzuschreiben. Das mag gelegentlich Vorteile bringen, macht jedoch unsere Autonomie dauerhaft verhandelbar und abhängig von politischem Wohlverhalten.
Wir Grünen sagen deshalb überzeugt „Nein“ zu dieser Verfassungsreform. Die wirklichen Probleme dieses Staates sind nicht die nicht-reformierte Verfassung. Und diese Reform ist somit auch nicht deren Lösung. Ihre Befürworter werden es so darzustellen versuchen. Wir müssen keine Erpressung fürchten, wohl aber eine Reform, deren zentralistischer und undemokratischer Geist auch Südtirol schaden würde.
Per il Coordinamento provinciale dei Verdi/ Für den Grünen Rat
Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba, Florian Kronbichler
BZ, 27. 9. 2016

Glaubt die politische Mehrheit überhaupt an den Konvent?
Die Abwesenheit der „Mitte“, Parallelveranstaltungen und das Voranbringen von statutsändernden Gesetzen sprechen dagegen.
autonomiekonventGestern hat der Ausschuss für Autonomiefragen des Landtages mehrheitlich ein positives Gutachten zum Verfassungsgesetzentwurf des Abgeordneten Alfreider „zum Schutze der ladinischen Minderheit“ abgegeben.
Der zuständige Regionalausschuss hatte letzte Woche den Entwurf nach Aufforderung der Opposition noch ausgesetzt. Wir hatten darauf hingewiesen, es sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt, mitten in der ersten Phase des Konvents (und noch VOR dem Open Space in den ladinischen Tälern!) nicht angebracht, am Konvent vorbei Änderungen am Autonomiestatut via Abgeordnetenkammer vorzunehmen.
Im Landtag hingegen war diese Vorgangsweise nicht mehr angesagt – das Gutachten zum Alfreider-Entwurf wurde durchgeschoben.* Ein Vorgehen, das gewiss nicht der Mühen der BürgerInnen würdig ist, die sich Samstag für Samstag Zeit für die Diskussionen in den Konventveranstaltungen nehmen.
So stellt sich verschärft die Frage, ob die Mehrheitsparteien selbst überhaupt an den Konvent glauben: Denn die laue Teilnahme der SVP-MandatarInnen und die weitgehende Absenz der politischen Mitte bei den Konventsveranstaltungen liegt vor aller Augen. Angesichts der kapillaren Struktur der 40.000-Mitglieder-Partei SVP bleibt es unverständlich, warum sie das Feld des Konvents der Übermacht der Sezessionsbewegten und den tapferen, aber minderheitlichen Ökosozialen überlassen. Letzten Samstag hat zudem der PD eine Parteiveranstaltung parallel zum Jugendkonvent und zum Open-Space in Neumarkt veranstaltet.
Es sieht so aus, als ob die Veranstaltungen zum Konvent der Bevölkerung als Beschäftigungstherapie verordnet würden. Denn während Bürgerinnen und Bürger Konvent spielen dürfen, gehen die politischen Geschäfte weiter wie bisher. Business as usual im Lande Südtirol. Wir warnen eindringlich vor der Gefahr, dass hier ein Vertrauensvorschuss der Bevölkerung in neue demokratische Prozesse verheizt wird.
Die Chance, die aus dem Konvent erwächst, sollte nicht vertan werden. Kaum anzunehmen, ob sie sich nochmals bietet, wenn jetzt alles umsonst gewesen sein sollte. Die Verantwortung für diese Schieflagen liegt eindeutig bei den Parteien der politischen Mehrheit.

*inhaltliche Anmerkung zum Gesetzentwurf Alfreider: Wir sind gegen 3 Vize-LH’s! Die SVP kann sich den 2. LH-Vizeposten gerne unter einem Ladiner und einem Deutschen aufteilen.

01.03.2016
Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss

Statt Klage zu führen , sollte sich die politische Mehrheit eher an die eigene Nase fassen.
Streitende KinderDas Regionalgesetz zu den Gemeindewahlen, soviel scheint sicher, birgt in der Frage der BM-Kandidatur eine Unvereinbarkeit mit der Verfassung.
Wer aber trägt Schuld an dem Schlamassel? Nun möchte man meinen, dass jene, die in unserem Land und in der Region die Gesetze maßgebend verantworten, nämlich die politische Mehrheit, auch die Verantwortung dafür übernehmen, dass sie es mit dem Verbarrikadieren und Errichten von Sperrklauseln gar zu bunt getrieben haben.
Die SVP hätte dafür einstehen können, dass sie 1994 den entsprechenden Passus ins Wahlgesetz eingefügt oder diesem zumindest zugestimmt hat, war sie damals doch wohl in der Mehrheit. Auch mag sie sich Gedanken darüber gemacht haben. Stattdessen erklärt Kronjurist Karl Zeller, dass ja der Regierungskommissar seinerzeit anlässlich der Vidimierung des Gesetzes gar nicht protestiert habe. Damit ist definitiv geklärt, wer die Schuld am Schlamassel trägt – der Staatsvertreter, der in seiner Aufpasserfunktion versagt habe. Die Dienste des ansonsten oft genug kritisierten „Wachhunds“ aus Rom waren in diesem Fall also wohl gefragt.
Keine reife Leistung – Kolleginnen und Kollegen der Regierungsmehrheit! Es wäre Euch gut angestanden, in diesem Fall zur eigenen Verantwortung und zu den eigenen Absichten zu stehen, um diese auch historisch einzuordnen. Stattdessen erleben wir, gerade von jenen, die seit jeher die Entscheidungen treffen, statt einer Verantwortungsposition die Haltung eines Kindes am Schulhof, das etwas ausgefressen hat und auf die Frage der Lehrerin, wer es denn gewesen sei, nur weinerlich zu sagen weiß: „Der andere war’s!“
6. März 2015
Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba