HomeDeutschEin Dach über dem Kopf und mobil sein. Das Mindeste, möchte man meinen.

Ein Dach über dem Kopf und mobil sein. Das Mindeste, möchte man meinen.

PRESSEKONFERENZ.

Ein Dach über dem Kopf. Mobil sein können. Das sind wirklich elementare Grundrechte. Möchte man meinen. Unser Wohlstandsland Südtirol hat ein ausgebautes Netz an Schutz und Hilfeleistungen für schwierige Situationen. Bestimmte schwierige Lagen aber werden weiterhin nicht genügend aufgefangen. Zwei dieser Problemlagen werfen wir in der Landtagssitzungswoche vom Jänner 2020 auf und bringen Lösungsvorschläge in Form von Beschlussanträgen in den Landtag.

Beschlussantrag Nr. 200/19: Einfach mobil. Öffentlicher Verkehr ohne Behinderung für alle!

Seit 2015 hat Südtirol ein Landesgesetz für Menschen mit Beeinträchtigung (Landesgesetz vom 14. Juli 2015, Nr. 7), das in vielen Punkten den Auftrag der UN- Behindertenrechtskonvention wahrnimmt. Ein sehr wichtiger Aspekt des Alltags von Menschen mit Beeinträchtigung ist die Mobilität. Im Landesgesetz ist entsprechend auch festgelegt, dass wirksame Maßnahmen für eigenständige Mobilität getroffen werden, vom Transport zu Bildungs- und Arbeitseinrichtungen über den barrierefreien Zugang zu Verkehrsmitteln und die Begleitdienste bis zu den Förderungen. Bei der Tagung des Südtiroler Monitoringausschusses für Menschen mit Behinderung im Oktober 2019 wurde deutlich, dass viele dieser sehr fortschrittlich und ambitioniert formulierten Ziele noch nicht umgesetzt sind. Viele Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen, Lernschwierigkeiten oder besonderen Bedürfnissen sind in ihrem Alltag mit vielerlei weiterhin bestehenden Barrieren konfrontiert – und werden dadurch in ihrem Recht auf freie und autonome Bewegung eingeschränkt, ja behindert. Dabei ist es besonders wichtig, dass Menschen sich OHNE HILFE bewegen können, das muss das Ziel sein. Ansonsten sind Menschen mit Beeinträchtigungen immer auf die Verfügbarkeit von Begleitpersonen angewiesen, die für die nicht vorhandenen Dienste einspringen. Es muss klar sein, dass das „Defizit“ nicht bei den Betroffenen liegt, sondern bei den Diensten.

In diesem Sinne machen die Betroffenen unter anderem darauf aufmerksam

  • dass die Durchsagen in den Bussen oft nicht verstanden werden;
  • dass es an akustischen und visuellen Signalen fehlt und dass es deren Wiederholung bräuchte;
  • dass weiterhin vielerorts Rampen für den Einstieg mit Rollstuhl fehlen;
  • dass die Schalter an den Bahnhöfen für Rollstuhlfahrende zu hoch sind;
  • dass sie bestimmte Bahnhöfe oder Züge (Trenitalia) nur nach 12-stündiger Voranmeldung nutzen können;
  • dass öffentliche Toiletten – sofern überhaupt vorhanden – vielfach noch nicht barrierefrei sind;
  • dass sie immer wieder in Kontakt mit ÖPNV-Personal kommen, die offensichtlich nicht geschult sind auf den Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung;
  • dass sie für die Freizeitgestaltung auf teuren Privattransport zurückgreifen müssen;
  • dass Fahrpläne und Information im öffentlichen Raum nur schwer verständlich und/oder lesbar sind, insbesondere für Menschen mit Lernschwierigkeiten;
  • dass einige Bahnhöfe in Südtirol immer noch nicht barrierefrei erreichbar sind (Beispiel Bahnhof Sterzing);
  • dass es für Menschen mit Lernschwierigkeiten Angebote für Mobilitätstraining braucht.

All diese Problematiken, die nur einen Teil der Schwierigkeiten wiedergeben, mit denen Menschen mit Beeinträchtigung – aber nicht nur: denken wir an SeniorInnen, Eltern mit Kinderwagen, etc. – tagtäglich konfrontiert sind, zeigen auf, dass ein verstärkter Handlungsbedarf gegeben ist.

Der Antrag der Grünen Fraktion setzt deshalb auf folgende Punkte:

  1. Auf das „2-Sinne-Prinzip“ umrüsten. Nach diesem Prinzip müssen mindestens zwei der drei Sinne „Hören, Sehen und Tasten“ angesprochen werden. Dadurch wird eine große Anzahl von Personen auch sicher von den Informationen über Haltestellen, Verspätungen etc. erreicht.
  2. Sämtliche Busse mit Rampen ausstatten und alle Bahnhöfe barrierefrei gestalten;
  3. den Zugang zu den Trenitaliazügen und Bahnhöfen auch ohne Voranmeldung möglich machen;
  4. die Fahrerinnen und Fahrer des ÖPNV verstärkt auf den Umgang mit Menschen mit diversen Beeinträchtigungen sensibilisieren;
  5. einen leistbaren Privattransport ermöglichen;
  6. die Fahrpläne und jegliche Information über den ÖPNV in Leichter Sprache zur Verfügung stellen;
  7. eine App zur Mobilitätsinfo in Leichter Sprache und für Sehbehinderte und ein System für Kommunikation in Gebärdensprache mit der Mobilitätszentrale entwickeln;
  8. den „Euroschlüssel“ für die Toiletten in den Bahnhöfen und bei Haltestellen für Südtirol übernehmen.

Hier der vollständige Beschlussantrag und die Version in  Leichter Sprache, übersetzt vom Büro „okay“ der Lebenshilfe.

 

Beschlussantrag Nr. 217/19: Obdachlose: es braucht einen Plan zur Unterstützung der Gemeinden und des Ehrenamtes.

Auch diesen Winter zeigt sich erneut die tragische Situation der vielen Menschen, die auf der Straße leben, besonders in der Landeshauptstadt.

Im November 2019 haben 450 Menschen in Einrichtungen für Obdachlose Schutz gefunden. Unter ihnen zu finden: Obdachlose einheimischer Herkunft, AsylwerberInnen, aber auch Menschen, die arbeiten oder denen das Recht auf humanitären Schutz zuerkannt wurde, die aber keine Wohnung finden. Sogar Familien mit kleinen Kindern.

Im Dezember hat die Gemeinde Bozen 54 Plätze hinzugefügt und der Unternehmer Heiner Oberrauch hat ein Gebäude mit 45 Betten zur Verfügung gestellt. Letzteres wird von Ehrenamtlichen betreut, welche selbständig und ohne Unterstützung von öffentlicher Seite die Verantwortung dafür tragen müssen.

Zudem garantieren die Kältenotfallzentren (emergenza freddo) nur ein Mindestmaß an Hilfeleistung: Sie sind erst spät am Abend zugänglich und die Menschen müssen sie früh am Morgen wieder verlassen. Wo sie den ganzen Tag in der Kälte verbringen, interessiert hingegen niemanden.

Obdachlos zu leben bedeutet, Gesundheits- und Sicherheitsrisiken ausgesetzt zu sein und nicht in der Lage zu sein, sich eine normale Existenz aufbauen zu können. In mehreren Ländern Nordeuropas gibt es „Housing first“-Projekte, die in erster Linie darauf abzielen, gefährdeten Menschen ein Dach über dem Kopf zu geben und sie so dazu ermächtigen, sich in das soziale Gefüge einzugliedern.

Obdachlose fallen in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinden, diese dürfen aber nicht allein gelassen werden. Die Grüne Fraktion im Landtag fordert daher, dass auch das Land seinen Beitrag leistet und mit diesen konkreten Maßnahmen das Problem über die Notlage hinaus angeht:

  1. gemeinsam mit den Gemeinden einen Landesplan für Obdachlose erstellen und angemessen finanzieren;
  2. Freiwillige zu unterstützen und schützen;
  3. Wohnlösungen finden für Menschen mit Schutzstatus, die aber die Aufnahmezentren verlassen müssen, sowie für Menschen, die einer Arbeit nachgehen, jedoch über keine Unterkunft verfügen;
  4. den Staat auffordern, AsylwerberInnen, die sich momentan außerhalb der Quote befinden (fuori quota) den Zugang zu den CAS-Einrichtungen zu ermöglichen.

Hier der vollständige Beschlussantrag.

Bozen, 10.01.2020

 

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Author: Heidi

Grüne fordern klare
Ospedale di Bolzano:
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