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Grüne und SEL treffen Ministerpräsident Ramelow zu ausführlichem Meinungsaustausch.
TreffenHeissKronbichlerDelloSbarbaRamelowDie letzte Woche in Südtirol stand auch im Zeichen Thüringens: Nach dem Besuch einer Thüringer Landtagsdelegation beehrte auch Ministerpräsident Ramelow in einem zweitägigen Besuch unser Land. Und zwar nicht auf Stippvisite, sondern in einer ausgiebigen tour d’horizon, die einen Besuch der Trostburg auf Einladung des Burgeninstituts ebenso umfasste wie Gespräche mit Wirtschaftsvertretern und dem Landeshauptmann.
Auf Wunsch des Ministerpräsidenten, der in Erfurt einer Rot-Rot-Grünen Koalition präsidiert, trafen sich auch Riccardo Dello Sbarba und Hans Heiss für die Grünen/Verdi/Verc, dazu der Kammerabgeordnete Florian Kronbichler für SEL gestern zu einem ausgiebigen Meinungsaustausch, an der auch die Generalkonsulin der Bundesrepublik in Mailand, Frau Jutta Wolke, teilnahm.
Dabei legte die Grüne-SEL Runde die aktuelle Situation Südtirols dar und erörterte die Frage des Verfassungsreferendums, auf das Ministerpräsident Ramelow als Kenner Italiens ausführlich einging. Intensiv diskutiert wurde auch das Modell Rot-Rot-Grün, dem Beobachter seit Regierungsantritt der Dreierkoalition in Thüringen (Dezember 2014) zunächst krachendes Scheitern prophezeit hatten, das aber erstaunlich rund und effektvoll läuft.
Der Landeschef erklärte die klare Trennung von institutioneller Regierungsarbeit und Parteipositionen zu einem zentralen Erfolgsfaktor. Er – Ramelow stünde – für alle Koalitionspartner und man lasse Streit tunlichst außen vor. Nachdem nun auch Berlin im Zeichen einer Koalition von R 2 Grün stehe, sei diese zunächst belächelte Variante zur attraktiven Option für die Bundestagswahl 2017 aufgerückt.
Engagiert äußerte sich Ramelow zur Flüchtlingsfrage, auf die das Bundesland Thüringen mit 2,1 Mio. Ew. mit Aufnahme von 21.000 Asylbewerbern reagiert habe. Dank einer Sprach-, Ausbildungs- und Wohnungsoffensive seien bereits rund 15% der Asylbewerber in Arbeit und Ausbildung, zudem fast alle Aufnahmezentren geräumt. Das massive Engagement der Wirtschaft habe zum Erfolg ebenso beigetragen wie die entschiedene Haltung der Landesregierung, die auch den Erfolg der AfD in Grenzen halte.
Die Grüne-SEL-Delegation lernte einen handlungsstark-visionären Landeschef kennen, dessen Regierungsteam alle Vorurteile linker Traumtänzerei und Misswirtschaft dementiert.
Hans Heiss    Brigitte Foppa     Riccardo Dello Sbarba    Florian Kronbichler
Bozen, 26. 9. 2016

Die gestrigen Landtagswahlen in Deutschland sind nicht nur ein Test für 12,7 Mio. Bundesbürger und Bundesbürgerinnen und die Stimmung im Land, sondern auch für Europa insgesamt, wozu auch Südtirol gehört. Drei Lehren sind daraus zu ziehen:

  1. Wer laviert, der verliert: Die Flüchtlingsfrage wird in den kommenden Jahren die Wahlgänge vieler europäischer Staaten von den Gemeinden- bis zu Parlamentswahlen bestimmen. In Deutschland wurden die Parteien stark gewählt, die hierzu eine klare Haltung Pro oder Contra aufweisen: Von der AfD über die Grünen in Baden-Württemberg bis hin zur SPD in Rheinland-Pfalz. Wer in dieser Kernfrage einen unsicheren Kurs bewies, wurde abgestraft, nach dem Motto: „Wer laviert, der verliert!“. Dieses Motto trifft auch auf Südtirol zu.
  2. Persönlichkeiten ziehen Parteien mit: Ob Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg oder Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz – nur die Glaubwürdigkeit von Politikern und Politikerinnen führt dazu, dass auch Parteien starken Zuspruch erfahren. Ihr Profil stärkt die eigene Partei, sie schwächt aber auch Koalitionspartner wie die SPD in Baden-Württemberg und die Grünen in Rheinland-Pfalz. In Südtirol ist die Stärkung politischer Glaubwürdigkeit vordringlich – ob auf Landesebene oder in Bozen.
  3. Populismus hat Aufwind, auch als Signal tiefer Politikverdrossenheit. Der jähe, in dieser Größenordnung nicht erwartete Aufschwung der AfD in Westdeutschland, vor allem aber in Sachsen-Anhalt belegt rechtskonservative bis extrem rechte Positionen unter der Bevölkerung, aber auch ein abgrundtiefes Misstrauen, das ernst zu nehmen ist. Dennoch: Die AfD wird nicht in den Himmel wachsen, sondern in den Landtagen ihren Realitätstest erleben. Zwar sind 24% in Sachsen-Anhalt beeindruckend, aber in den bevölkerungsstarken Ländern im Westen hält sich ihre Bedeutung weiter in Grenzen. Dennoch bleibt sie eine ernst zu nehmende und zu bekämpfende Größe – unter anderem Namen auch in anderen Ländern.

WK09_Spitzenkandidat-Winfried-KretschmannDie Grünen Südtirols gratulieren aber vor allem Winfried Kretschmann und den Grünen Baden-Württembergs, wo sie dank vorzüglicher Regierungsarbeit und der herausragenden Persönlichkeit des Ministerpräsidenten zur neuen Volkspartei aufgestiegen sind.
 
Bozen, 14. 3. 2016
Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa