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Für die Grünen wird eher an Demokratie und Innovation gespart.

Laut Medienmeldungen verteidigt der SIAG-Generaldirektor Stefan Gasslitter die Umrüstung der Landescomputer auf Microsoft unter anderem mit „Einsparungen“.
Zur Erinnerung: Jahrelang wurde in der Landesverwaltung auf eine Open-Source-Lösung hingearbeitet und dies wurde auch immer offen kundgetan. Man wollte damit die Abhängigkeit von internationalen Software-Konzernen vermindern und entsprechend auch finanzielle Einsparungen erwirken. Plötzlich wurde dann aber ein Beschluss der Landesregierung gefasst, der am 12. April 2016 diesen Bestrebungen zuwiderlief. Mit dem Beschluss Nr. 388 wurden dann die Weichen für eine Cloud-Lösung gestellt, die derzeit mit Open-Source-Werkzeugen nicht leistbar ist.
Am 22.04.2016 wurde dann über die SIAG ein Auftrag über die Lieferung von Microsoft-Lizenzen an die Telecom Italia erteilt. Mit Consip-Konvention wurden all jene Nutzungsvereinbarungen für Softwarepakete der Microsoft erworben, die bereits vor Ablauf des alten Vertrages in der Verwaltung im Einsatz waren und die angepasst werden mussten, außerdem wurden die Verträge für jene Pakete abgeschlossen, die zur Online-Nutzung von Office 365 notwendig waren (inkl. Cloud-Dienste).
Die insgesamt 16.164 Lizenzen für 3 Jahre laufen mit 31.05.2019 aus. Die Kosten belaufen sich auf insgesamt 5.522.524,86 Euro zzgl. Mehrwertsteuer. Alle diese Angaben entstammen der Antwort auf unsere Landtagsanfrage Nr.2028/16. In derselben Antwort wurde auch ausgesagt, dass es das Ziel der Landesregierung sei, das Rollout der alten Lizenzen innerhalb 2016 abzuschließen und die neu erworbenen Lizenzen noch 2016 einzusetzen.
Laut den gestrigen Meldungen wird dieser Einsatz nun abgeschlossen, ein Jahr später als angekündigt. In der Zwischenzeit, so wurde uns von Landesrätin Deeg mitgeteilt, nutzten 421 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Landesverwaltung das gesamte Office-365-Paket,
während „Teile der Lizenzen von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesverwaltung genutzt“ wurden.
Wir Grünen haben wiederholt kritisiert, dass das Abgehen von der Open-Source-Orientierung einen Demokratieverlust darstellt und das Potenzial an digitaler Nachhaltigkeit und zugleich Innovation, das von der Landesverwaltung ausgehen sollte, verloren geht.
Die Klage Gasslitters, es gebe in Südtirol zu wenig Fachkompetenzen in der IT-Wirtschaft zur Weiterentwicklung von Open-Source-Lösungen, ist daher absurd. Ist es doch gerade die Vorgangsweise der Landesregierung und der SIAG rund um die bewusste Abkehr von Open-Source, die genau zum Abbau von Kompetenzen in diesem strategischen Bereich führt.
Falls es sich also tatsächlich um „Einsparungen“ handelt, so kann das Südtirol auf längere Sicht teuer zu stehen kommen.
Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss
und die AG Digital Sustainability der Verdi Grüne Vërc

Digitale Nachhaltigkeit in Südtirol: Warum Offene Standards für die Demokratie wichtig sind.
Dies war eines der Themen des Sommergesprächs „Cloud: Mito, realtà, autonomia“, das am Freitag, 29: Juli im Kolpinghaus Bozen stattfand.
gruppenbildEs war die erste öffentliche Veranstaltung der neuen Grünen Gruppe „Digital Sustainability“, deren Einladung ca. 40 TeilnehmerInnen gefolgt waren. Hauptreferent Italo Vignoli, Gründer von The Document Foundation, gab einen fulminanten Überblick über die Geschichte der Open Source, deren Anwendungsmöglichkeiten und Vorzüge gegenüber den Produkten, die von weltweit operierenden Großunternehmen produziert werden und die die NutzerInnen in letztlich ausschließender Weise an sich zu binden suchen. In der nachfolgenden spannenden Diskussion, moderiert von Brigitte Foppa, wurde über Sicherheitsfaktoren, Copyright, die demokratischen Auswirkungen der Softwarenutzung, die Grenzen der Übertragbarkeit und Übermittlung von Daten beratschlagt. Markus Mittelberger, Corinna Lorenzi und Anton Auer berichteten von Praxiserfahrungen mit der Nutzung von Cloud-Systemen oder Telegram als Kommunikationsplattformen, in denen Dokumente gemeinsam entwickelt werden können. Die Bozner Grünen hatten ihren gesamten Gemeindewahlkampf über Telegram organisiert!
Bei der Veranstaltung stellte sich auch die neu gegründete Grüne Gruppe „Digital Sustainability“ der Öffentlichkeit vor. Es ist dies neben Grünen Frauen, Young Greens, verdECOnomia und social&green die fünfte Arbeitsgruppe innerhalb der Verdi Grüne Vërc. Sie hat sich rund um die Notwendigkeit der nachhaltigen Gestaltung des Digitalen gegründet und wird sich in den kommenden Monaten mit Demokratie, Zugänglichkeit und Chancengleichheit der digitalen Welt befassen. Die wichtigsten Kriterien hierfür hat die Gruppe im „Manifest zur Digitalen Nachhaltigkeit in Südtirol/Altoadige“ zusammengefasst und als Grundlage des begonnenen Dialogs zum Thema vorgestellt.
Das Manifest beinhaltet 10 Kriterien der Nachhaltigkeit und 4 Zielsetzungen:

  1. Freie Inhalte: Offene, partizipative Modelle kultureller Produktion (z.B. Wikipedia…) sind zu fördern, in dem mit öffentlichen Geldern finanzierte Inhalte frei zugänglich gemacht werden.
  2. Freier Wissenszugriff: Von der Gesellschaft finanzierte Forschungs- und Bildungsergebnisse sollen als öffentliche Güter frei verfügbar sein.
  3. Freie Open Source Software (FOSS): Dank quelloffener, frei veränderbarer Software wird Transparenz, Unabhängigkeit und Zukunftssicherheit mit langfristiger Kosteneffizienz verbunden.
  4. Offene Standards, als Grundlage für Interoperabilität und Austauschfähigkeit in der Informations- und Kommunikationstechnologie, die Investitionssicherheit mit Nachhaltigkeit zu verbinden vermag.

Im Sommergespräch am letzten Freitag wurde nachdrücklich die praktische Bedeutung dieser 4 Zielsetzungen für eine Strategie der „digitalen Demokratie“ als Teil einer modernen Demokratie unterstrichen, die auch für eine moderne Autonomie in Südtirol notwendig sein wird.
Auf dieses „Sommergespräch“ wird ein „Herbstgespäch“ folgen, bei dem die arbeits- und sozialpolitischen Aspekte digitaler Nachhaltigkeit im Mittelpunkt stehen werden.
Bozen, 01.08.2016
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