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Denkmalpflege in Südtirol: Endlich wird die seit 2015 vakante Abteilungsspitze neu besetzt, hoffentlich mit sachgerechtem und transparentem Ergebnis.

Weißer Rauch aus dem Ressort von Florian Mussner, Landesrat für Denkmalpflege: Endlich kommt das von uns Grünen seit langem geforderte Auswahlverfahren für die Direktion der Abteilung Denkmalpflege – die Stelle soll in kurzer Frist neu besetzt werden.

Die strategisch wichtige Position ist seit Frühjahr 2015, seit der unrühmlichen Nicht-Bestätigung von Dr. Waltraud Kofler Engl, unbesetzt. Sie wurde zwischenzeitlich geführt von der Stellvertreterin Dr. Christine Roilo, Direktorin des Südtiroler Landesarchivs, seit deren Rücktritt Anfang dieses Jahres von Ressortdirektor Pagani (auch hierzu unsere Anfrage).

Drei Jahre lang war damit eine für die gebaute Kultur und das Erscheinungsbild unseres Landes grundlegende Abteilung ohne langfristig voraus schauende Gesamtregie. Damit nicht genug: Auch die Jahre zuvor, seit dem Abgang von Landeskonservator Dr. Helmut Stampfer Ende 2007, waren von gravierenden Konflikten und Führungsproblemen bestimmt.

Nun besteht hoffentlich die Chance, den administratiiven und wissenschaftlichen Arm der Denkmalpflege und historischen Baukultur in Südtirol neu zu stärken, im Einklang mit bewährten Einheiten wie dem Südtiroler Landesarchiv und der Bodendenkmalpflege, mit Respekt vor der fachlichen Qualifikation bewährter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Angesichts des aktuellen Baubooms und der anstehenden Reform der Raumordnung ist die Rolle der Denkmalpflege für Bauten, Archäologie und der historischen Erinnerungskultur dringend zu stärken: Entsprechend wichtig ist ein transparentes Auswahlverfahren auf dem Weg zur Bestellung einer fachlich qualifizierten, organisatorisch versierten Persönlichkeit von hoher Führungs- und Teamqualität, auch mit Rückgrat gegenüber Bauherren und Politik.

Die Grünen werden die Besetzung der Schlüsselposition sorgsam im Blick haben, denn zu wichtig ist ein Neustart nach einem Jahrrzehnt prekären, oft krisenhaften Übergangs. Umso merkwürdiger mutet an, dass in der leut Ausschreibung gewünschten “fachlichen Komptenz” Kenntnisse in Architektur und Bauwesen nicht genannt sind, wohl aber in der Abteilung kaum mehr erforderliche Qualifikationen wie “Landestoponomastik”und “Volkskunde”.

Hans Heiss
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba

Bozen, 01.03.2018

Notwendig sind Ansporn und Anreize statt Ermutigung zum Abriss.

denkmalschutz-1280Landesrat Mussners Halbzeitbilanz hat viele Aspekte berührt, für Aufmerksamkeit hat aber vor allem sein in gewohnt sanftem Tonfall vorgetragener Wunsch, den Denkmalschutz im ländlichen Raum weniger restriktiv auszulegen. Mehr noch. Landesrat Mussner wünscht eine gründliche Kurskorrektur, um vor allem bauwillige Eigentümer denkmalgeschützter Höfe vor scheinbar „unüberwindbaren Hürden“ zu befreien.
Dabei nimmt der Landesrat einige Einzelfälle der letzten Zeit zum Anlass für seine Kritik, die offenbar auf generelles Aufweichen des Denkmalschutzes abzielt. Er vergisst dabei aber auf die vielen Fälle, die in intensivem, aber fruchtbaren Austausch zwischen Denkmalpflege und Bauern einvernehmlich gelöst werden. Auch sollte mit gezielter Aufstockung von Mitteln und einem befristeten Aktionsplan, auch einer „Beratungs-Offensive“ mit Architekten, Bauernbund, Denkmalpflege und Betroffenen nach Lösungswegen gesucht werden.
Eine solche Aktion wäre weit zielführender als die ebenso vage wie bedrohliche Ankündigung einer radikalen Kurskorrektur. Denkmalpflege in Südtirol braucht gewiss neue Positionen, die aber weit mehr sind als die von Mussner und vielen Bauherren gewünschte Deregulierung.
Landtagsabgeordnete
Hans Heiss
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Bozen, 28. Juni 2016

Anfrage zur aktuellen Fragestunde
Heimatpfleger gegen Denkmalschutz? Welche Eingriffe erfolgten am Zehntmesserhaus in Sarnthein?
ZehntmesserhausesDas Zehntmesserhaus in Sarnthein ist ein Juwel ländlicher Baukultur und denkmalpflegerisch „einer der herausragenden Bauten in Sarnthein“ (LR F. Mussner, 14. 4. 2015). Das Haus ist Eigentum des Vereins für Kultur und Heimatpflege Sarnthein, sodass seine sorgsame Erhaltung eigentlich gewährleistet sein sollte. Aber trotz des Versuchs der Abt. Denkmalpflege, das Haus unter Schutz zu stellen, haben Gemeinde und Verein das Ansinnen unwirsch abgewiesen, die Landesregierung hingegen hat den im Juni 2014 eingebrachten Schutzantrag der Abt. Denkmalpflege durch Fristverfall unwirksam gemacht und Umbauplänen freie Bahn eröffnet. Nun hat der Verein unter Obmann Kritzinger (Kommentar in Sachen Dankmalpflege: „Mit mir hat niemand geredet“) den Umbau vorgenommen und mithilfe von Landesregierung und Gemeinde die Anliegen des Denkmalschutzes in die zweite Reihe gestellt. Zudem: Die Landesregierung hat die eigene Abteilung. „vorgeführt“, mit denkwürdiger Begründung: das Haus sei zwar schützenswert, brauche aber nicht unter Schutz gestellt zu werden.
Daher richten wir folgende Anfrage an die Südtiroler Landesregierung:

  • Warum hat sich die Landesregierung einer Unterschutzstellung verweigert?
  • Sind die Umbauten kontrolliert, welche Veränderungen worden vorgenommen?

Bozen, 21. August 2015
Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba
Brigitte Foppa

plustertal_bruneckDie Gemeinde Bruneck hat 2012 einen Raumordnungsvertrag (ROV) von erheblicher Tragweite abgeschlossen und durch Ratsbeschluss am 9. Juli 2012 ratifiziert. Die Landesregierung hat den Vertrag und die Entscheidungen der Gemeinde Anfang 2013 durch stillschweigende Genehmigung und Terminverfall ratifiziert.

Zum Sachverhalt: Ein namhafter Privater hat der Gemeinde Bruneck zwei Grundstücke im Westen der Stadt, die GP 589/2 und 591 (landwirtschaftliches Grün), im Umfang von 17.976 m2 abgetreten und im Gegenzug ein Baurecht auf den ihm bereits zu Eigentum gehörigen GP 45/1, 44/1, 45/2, 498/4 im Umfang von 3439 m2 bzw. 6114 m3 in der KG Bruneck/Dietenheim erhalten. Dieses, durch den ROV zur Verfügung gestellte Baurecht im Bereich des denkmalgeschützten Aschguts wird als Wohnbauzone c 6 x / Erweiterungszone einen erheblichen Mehrwert abwerfen, umgekehrt hingegen ist die künftige Verwendung der ins Eigentum der Gemeinde Bruneck abgetretenen Fläche im westlichen Vorfeld der Stadt noch offen.

Den klaren Verwertungsabsichten des Privaten steht also ein noch weitgehend ungeklärtes „öffentliches Interesse“ der Gemeinde gegenüber, der der Grundankauf der ca. 1,8 ha allerdings teuer zu stehen gekommen ist. Laut Schätzgutachten hat die Gemeinde als Kompensation für den Tausch 1.800.000 € erlegt, die folgendermaßen errechnet wurden:

  • Erwerb der GP 589/2, 591 Bruneck: 17.976 m2 x 218 €: 3.918.768 €
  • Gewährung des Baurechts GP 45/1, 344/1, 45/2, 498/4: 6:114 m3 x 315 € :1.925.910 €

Demnach betrug die zulässige Ausgleichzahlung der Gemeinde bis zu maximal 1.992.858 €, wie das vorgeschriebene Angemessenheitsgutachten der Abt. Vermögensverwaltung des Landes am 29. 6. 2012 ergeben hat. Lt. ROV € betrug die effektive, von der Gemeinde zu erlegende Ausgleichsumme dann „nur“ € 1.800.000.- An den Vertrag knüpfen sich im Sinne des öffentlichen Interesses freilich gravierende Fragezeichen:

Finanzielle Nachteile der Gemeinde

Dem Privaten wurde am Aschgut ein lukratives Baurecht eingeräumt, die Gemeinde hat dafür zwar am westlichen Stadtrand eine erhebliche Fläche erstanden, deren Nutzung aber noch in weiter Ferne liegt und die zudem wohl eindeutig überschätzt wurde: 218 € für einen m2 landwirtschaftlichen, nicht unmittelbar baureifen Grundes liegen sehr hoch und deutlich über gängigen Marktpreisen, sodass der Kompensationspreis zu Lasten der Gemeinde nach oben geschnellt ist. Der Private kann auf dem Areal des Aschhofs umgehend bauen, während die Gemeinde bestenfalls über ein Erwartungsland verfügt. Zwar hält das Schätzamt in einem Angemessenheitsgutachten vom 29. Juni 2012 fest, dass die Leistungen „nicht zu Ungunsten der Gemeinde Bruneck gewichtet sind“, für den Privaten bedeuten die Leistungen aber einen Glücksgriff, da sein bisheriges landwirtschaftliches Grün in Dietenheim in hochwertiges Bauland umgewandelt wird und er aus dem Verkauf relativ wertarmer Ackerflächen zudem eine starke Finanzspritze erhält.

Denkmalpflegerische und landschaftliche Beeinträchtigungen

Das soeben geschaffene Baugrundstück auf dem Aschgut ist überdies eine schwere Beeinträchtigung des Ensembles Dietenheim, da mitten in die reizvolle und raumprägende Höfegruppe ein invasiver Baukörper platziert wird. Ein zwar zu spät eingelangtes, aber in seinem Urteil eindeutiges offizielles Gutachten des Amtes für Bau- und Kunstdenkmäler vom 6. Dezember 2012 trifft ein entschiedenes Urteil: „Durch die Verbauung würde nicht nur das Umfeld der Ansitze, sondern auch die unmittelbare Umgebung der Villa Sonnwend bzw. Mahl., ein seltenes Beispiel des Villenbaus im Heimatstil aus der Zwischenkriegszeit, komplett verbaut werden. Die Villa samt Garten weist ein geschichtliches und künstlerisches Interesse auf: zwei Gartenhäuser wurden als Zeugnisse der Gartenarchitektur der Frühmoderne bereits unter Denkmalschutz gestellt. Aus den oben angeführten Gründen gibt dieses Amt zur geplanten Änderung ein negatives Gutachten ab.“

Daher stellt sich mit Nachdruck die Frage, ob der ROV nicht vor allem aufgrund des Interesses und des Drucks des Privaten abgeschlossen wurde, während für die Gemeinde kein unmittelbarer Nutzen resultiert, sehr wohl aber von ihrer Seite eine erhebliche raumordnerische und finanzielle Vorleistung erbracht wurde, die zudem von einem einschneidenden landschaftlich-denkmalpflegerischen Nachteil für Dietenheim und seine Bewohner begleitet ist.

Die am Ostrand der Stadt auf den GP 589/2 und 591 angedachte Sport- oder Wohnbauzone ist aufgrund der noch nicht erfolgten Umwidmung eine rein hypothetische Option, da die Zone vorerst als landwirtschaftliches Grün ausgewiesen bleibt – die fehlende unmittelbare Verwertung der Liegenschaft, die seitens der Gemeinde nur „auf Vorrat“ gekauft wurde und nun „auf Halde“ liegt, bildet ein absolutes Novum in der bewegten Geschichte der Raumordnungsverträge in Südtirol.

Denn die Möglichkeit eines ROV dürfte nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen und zwar dann, wenn die Umsetzung des vordefinierten öffentlichen Interesses nicht bzw. nur schwierig mit dem sog. herkömmlichen Rechtsinstrumenten verwirklicht werden kann. Ein ROV wäre im vorliegenden Falle überhaupt nicht notwendig. Das öffentliche Interesse (in diesem Falle die Ausweisung einer Wohnbauzone bzw. Zone für öffentliche Einrichtungen) könnte zur Gänze auch ohne ROV verwirklicht werden.

Zudem wird das öffentliche Interesse der Gemeinde am Grunderwerb rechtlich nur schwachbrüstig fundiert: Der als notwendig hingestellte Ankauf der Flächen im Westen wird unter Verweis auf ein älteres Stadtentwicklungskonzept begründet, das von der Gemeinde im fernen Jahr 1999 verabschiedet wurde. Darin ist als denkbare Maßnahme für den Westen der Stadt die Ausweisung einer Wohnbauzone oder die Erweiterung der Zone für Öffentliche Einrichtungen vorgesehen. Dieser Beschluss ist aber nur eine Absichtserklärung ohne größere Bindungswirkung, nicht aber ein Planungsinstrument wie ein Bauleitplan, ein Durchführungsplan oder a. m.

Fazit der ganzen Operation: Unmittelbare, sofort umsetzbare Vorteile für den Privaten, vage Möglichkeiten für die Gemeinde zu hohem Preis, beides auf rechtlich schwacher, wohl nur politisch abgesicherter Grundlage, zu hohen öffentlichen Kosten und zu gravierenden denkmalpflegerischen Nachteilen.

Daher richten wir folgende Fragen an die Südtiroler Landesregierung:

  • Weshalb konnte die Gemeinde in den Raumordnungsvertrag einwilligen, wenn sie keinen unmittelbaren Bedarf an einer konkreten Nutzung des erworbenen Areals hat und nicht einmal eine Umwidmung vorgenommen hat?
  • Wie konnte die Raumordnungskommission in den ROV einwilligen, wenn dessen Zielsetzungen so vage und zeitlich unbestimmt sind und auf keinem wirklich tragfähigen Planungsinstrument beruhen?
  • Sind die für GP 589/2 und 591 geschätzten 218 €/m2 für eine auf absehbare Zeit als landwirtschaftliches Grün ausgewiesene Fläche nicht ein stark überzogener Wert, dessen Über-Schätzung auf Kosten der Öffentlichkeit geht?
  • Warum hat die Raumordnungskommission vor ihrer Sitzung am 22. 11. 2012 nicht das Gutachten des Amtes für Bau- und Kunstdenkmäler angefordert bzw. trotz vor Sitzung nochmals urgiert, zumal dieses bereits in informeller Form vorgelegen ist?

Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba

Bozen, 28. Mai 2013