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Bei der Behandlung des Nachtragshaushalts im Südtiroler Landtag hat LH Kompatscher gestern Abend mitgeteilt, dass nun auch die zugesagte Subvention für das Museum für Bergfotografie am Kronplatz Bruneck ausgezahlt wird. Damit geht ein finanzielles und kulturpolitisches Hasardstück weiter, das deutlich macht, auf welche Vorzugsschiene potente Subventionswerber zurückgreifen können – ganz im Gegensatz zu anderen.

Zur Vorgeschichte: Auf dem Kronplatz bei Bruneck, im Gebäude der ehemaligen Bergstation, entsteht in der Trägerschaft der Kronplatz Seilbahn AG und des Tiroler Archivs für Bergfotografie (Sponsorship: Durst AG) ein Museum für Bergfotografie. Ein anerkennenswertes Projekt, das mit dem Foto- und Kulturhistoriker Martin Kofler adäquat besetzt ist. Eine offene Frage bildete aber die Finanzierung des Ganzen, da das Projekt doch ca. 6 Mio. € in Anspruch nimmt. Um die Finanzierungslast zu mindern, wandte sich der Bauwerber Kronplatz AG bereits 2016 an die Südtiroler Landesregierung um einen Beitrag.
Da es nach den Kriterien der Museumsförderung aber nicht möglich ist, Antragstellern mit Gewinnabsicht, wie der Kronplatz AG, Investitionsbeiträge zuzuwenden, erweiterte die Landesregierung diskret die rechtlichen Möglichkeiten: So können gemäß 2017 geänderter Kriterien Gemeinden als Beitragsempfänger auftreten, um sodann „den Beitrag jenen Subjekten ab(zu)treten, denen sie die Umsetzung des Bauvorhabens auf der Grundlage einer eigens dafür abgeschlossenen Vereinbarung übertragen haben.“

Kunstgriff Kriterienänderung: Die mit Landesregierungs-Beschluss Nr. 147 vom 7. 2. 2017 geänderten Kriterien, ermöglichten der Landesregierung, dem Bauwerber und Museumsträger über diesen Kunstgriff über die Gemeinde Bruneck 3 Mio. € zuzuschanzen.
An sich sind Unterstützungen auch Privater eine erwägenswerte Möglichkeit der Museumsförderung, zumal bei einem gut fundierten und ziel führenden Projekt.
Die Perspektive ändert sich aber dann, wenn man weitere Aspekte berücksichtigt:

  • So werden die Privatmuseen des Landes weiterhin knapp gehalten;
  • So sind Projekte wie der im Dezember 2016 angekündigte Ausbau der Franzensfeste zum 10. Landesmuseum immer noch „auf hoher See“ und dümpeln mühsam voran.
  • Vorhaben wie der Ausbau des Weinmuseums in Kaltern sind immer noch auf Halde, obwohl Schloss Buol Biegeleben im fernen Jahr 2007 eigens dafür angekauft wurde.
  • So verzögert sich seit Jahren eine dringende Sanierung von Schloss Velthurns, obwohl dafür nur 800.000 € erforderlich wären.
  • So sind wichtige Positionen im Netz der Landesmuseen weiterhin unbesetzt, wie die Stellvertretung auf Schloss Tirol; Direktionsposten wie jene am Touriseum werden eingespart.

Sorgsame Ad-Hoc-Lösung: Unter diesen Gesichtspunkten ist das Vorgehen der Landesregierung mit auf Einzelfall-Lösung zielende Kriterien-Abänderung, die dann zu allem Überdruss 2018 wieder rückgängig gemacht wurde, und der nun erfolgenden Mittelzuweisung mehr als fragwürdig, ja wohl kaum akzeptabel.

Seit langem fällige Fördermaßnahmen zugunsten wichtiger Museumsprojekte stocken, während die Finanzierung potenter Privater wie auf Schienen läuft. Auch wenn die Träger des Museums für die künftigen 20 Jahre über die Subvention des Landes hinaus alle weiteren Kosten in Eigenregie tragen wollen, ist die maßgeschneiderte, dann wieder korrigierte Kriterienänderung, wie der nun fließende 3-Mio.-Beitrag mehr als problematisch. Denn sie demonstrieren, welchen Druck finanzstarke Subventionswerber auf die Waagschale bringen können, während kleinere Museen und Kulturinitativen auf keine vergleichbare Hilfestellung bauen können.

Das Urteil des Brunecker Theatermachers Gasperi 2017 spricht für sich: „Das ist nicht Kulturvermittlung, sondern Zweckentfremdung von Steuergeldern und Respektlosigkeit gegenüber den Südtiroler Kulturschaffenden, die oft mit einem Trinkgeld überleben müssen“.

Dem gilt es wenig hinzufügen: Weitblickende, gerechte und transparente Kulturpolitik sieht anders aus.

Bozen, 26.07.2018

Landtagsabgeordnete
Hans Heiss Brigitte Foppa Riccardo Dello Sbarba

plustertal_bruneckDie Gemeinde Bruneck hat 2012 einen Raumordnungsvertrag (ROV) von erheblicher Tragweite abgeschlossen und durch Ratsbeschluss am 9. Juli 2012 ratifiziert. Die Landesregierung hat den Vertrag und die Entscheidungen der Gemeinde Anfang 2013 durch stillschweigende Genehmigung und Terminverfall ratifiziert.

Zum Sachverhalt: Ein namhafter Privater hat der Gemeinde Bruneck zwei Grundstücke im Westen der Stadt, die GP 589/2 und 591 (landwirtschaftliches Grün), im Umfang von 17.976 m2 abgetreten und im Gegenzug ein Baurecht auf den ihm bereits zu Eigentum gehörigen GP 45/1, 44/1, 45/2, 498/4 im Umfang von 3439 m2 bzw. 6114 m3 in der KG Bruneck/Dietenheim erhalten. Dieses, durch den ROV zur Verfügung gestellte Baurecht im Bereich des denkmalgeschützten Aschguts wird als Wohnbauzone c 6 x / Erweiterungszone einen erheblichen Mehrwert abwerfen, umgekehrt hingegen ist die künftige Verwendung der ins Eigentum der Gemeinde Bruneck abgetretenen Fläche im westlichen Vorfeld der Stadt noch offen.

Den klaren Verwertungsabsichten des Privaten steht also ein noch weitgehend ungeklärtes „öffentliches Interesse“ der Gemeinde gegenüber, der der Grundankauf der ca. 1,8 ha allerdings teuer zu stehen gekommen ist. Laut Schätzgutachten hat die Gemeinde als Kompensation für den Tausch 1.800.000 € erlegt, die folgendermaßen errechnet wurden:

  • Erwerb der GP 589/2, 591 Bruneck: 17.976 m2 x 218 €: 3.918.768 €
  • Gewährung des Baurechts GP 45/1, 344/1, 45/2, 498/4: 6:114 m3 x 315 € :1.925.910 €

Demnach betrug die zulässige Ausgleichzahlung der Gemeinde bis zu maximal 1.992.858 €, wie das vorgeschriebene Angemessenheitsgutachten der Abt. Vermögensverwaltung des Landes am 29. 6. 2012 ergeben hat. Lt. ROV € betrug die effektive, von der Gemeinde zu erlegende Ausgleichsumme dann „nur“ € 1.800.000.- An den Vertrag knüpfen sich im Sinne des öffentlichen Interesses freilich gravierende Fragezeichen:

Finanzielle Nachteile der Gemeinde

Dem Privaten wurde am Aschgut ein lukratives Baurecht eingeräumt, die Gemeinde hat dafür zwar am westlichen Stadtrand eine erhebliche Fläche erstanden, deren Nutzung aber noch in weiter Ferne liegt und die zudem wohl eindeutig überschätzt wurde: 218 € für einen m2 landwirtschaftlichen, nicht unmittelbar baureifen Grundes liegen sehr hoch und deutlich über gängigen Marktpreisen, sodass der Kompensationspreis zu Lasten der Gemeinde nach oben geschnellt ist. Der Private kann auf dem Areal des Aschhofs umgehend bauen, während die Gemeinde bestenfalls über ein Erwartungsland verfügt. Zwar hält das Schätzamt in einem Angemessenheitsgutachten vom 29. Juni 2012 fest, dass die Leistungen „nicht zu Ungunsten der Gemeinde Bruneck gewichtet sind“, für den Privaten bedeuten die Leistungen aber einen Glücksgriff, da sein bisheriges landwirtschaftliches Grün in Dietenheim in hochwertiges Bauland umgewandelt wird und er aus dem Verkauf relativ wertarmer Ackerflächen zudem eine starke Finanzspritze erhält.

Denkmalpflegerische und landschaftliche Beeinträchtigungen

Das soeben geschaffene Baugrundstück auf dem Aschgut ist überdies eine schwere Beeinträchtigung des Ensembles Dietenheim, da mitten in die reizvolle und raumprägende Höfegruppe ein invasiver Baukörper platziert wird. Ein zwar zu spät eingelangtes, aber in seinem Urteil eindeutiges offizielles Gutachten des Amtes für Bau- und Kunstdenkmäler vom 6. Dezember 2012 trifft ein entschiedenes Urteil: „Durch die Verbauung würde nicht nur das Umfeld der Ansitze, sondern auch die unmittelbare Umgebung der Villa Sonnwend bzw. Mahl., ein seltenes Beispiel des Villenbaus im Heimatstil aus der Zwischenkriegszeit, komplett verbaut werden. Die Villa samt Garten weist ein geschichtliches und künstlerisches Interesse auf: zwei Gartenhäuser wurden als Zeugnisse der Gartenarchitektur der Frühmoderne bereits unter Denkmalschutz gestellt. Aus den oben angeführten Gründen gibt dieses Amt zur geplanten Änderung ein negatives Gutachten ab.“

Daher stellt sich mit Nachdruck die Frage, ob der ROV nicht vor allem aufgrund des Interesses und des Drucks des Privaten abgeschlossen wurde, während für die Gemeinde kein unmittelbarer Nutzen resultiert, sehr wohl aber von ihrer Seite eine erhebliche raumordnerische und finanzielle Vorleistung erbracht wurde, die zudem von einem einschneidenden landschaftlich-denkmalpflegerischen Nachteil für Dietenheim und seine Bewohner begleitet ist.

Die am Ostrand der Stadt auf den GP 589/2 und 591 angedachte Sport- oder Wohnbauzone ist aufgrund der noch nicht erfolgten Umwidmung eine rein hypothetische Option, da die Zone vorerst als landwirtschaftliches Grün ausgewiesen bleibt – die fehlende unmittelbare Verwertung der Liegenschaft, die seitens der Gemeinde nur „auf Vorrat“ gekauft wurde und nun „auf Halde“ liegt, bildet ein absolutes Novum in der bewegten Geschichte der Raumordnungsverträge in Südtirol.

Denn die Möglichkeit eines ROV dürfte nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen und zwar dann, wenn die Umsetzung des vordefinierten öffentlichen Interesses nicht bzw. nur schwierig mit dem sog. herkömmlichen Rechtsinstrumenten verwirklicht werden kann. Ein ROV wäre im vorliegenden Falle überhaupt nicht notwendig. Das öffentliche Interesse (in diesem Falle die Ausweisung einer Wohnbauzone bzw. Zone für öffentliche Einrichtungen) könnte zur Gänze auch ohne ROV verwirklicht werden.

Zudem wird das öffentliche Interesse der Gemeinde am Grunderwerb rechtlich nur schwachbrüstig fundiert: Der als notwendig hingestellte Ankauf der Flächen im Westen wird unter Verweis auf ein älteres Stadtentwicklungskonzept begründet, das von der Gemeinde im fernen Jahr 1999 verabschiedet wurde. Darin ist als denkbare Maßnahme für den Westen der Stadt die Ausweisung einer Wohnbauzone oder die Erweiterung der Zone für Öffentliche Einrichtungen vorgesehen. Dieser Beschluss ist aber nur eine Absichtserklärung ohne größere Bindungswirkung, nicht aber ein Planungsinstrument wie ein Bauleitplan, ein Durchführungsplan oder a. m.

Fazit der ganzen Operation: Unmittelbare, sofort umsetzbare Vorteile für den Privaten, vage Möglichkeiten für die Gemeinde zu hohem Preis, beides auf rechtlich schwacher, wohl nur politisch abgesicherter Grundlage, zu hohen öffentlichen Kosten und zu gravierenden denkmalpflegerischen Nachteilen.

Daher richten wir folgende Fragen an die Südtiroler Landesregierung:

  • Weshalb konnte die Gemeinde in den Raumordnungsvertrag einwilligen, wenn sie keinen unmittelbaren Bedarf an einer konkreten Nutzung des erworbenen Areals hat und nicht einmal eine Umwidmung vorgenommen hat?
  • Wie konnte die Raumordnungskommission in den ROV einwilligen, wenn dessen Zielsetzungen so vage und zeitlich unbestimmt sind und auf keinem wirklich tragfähigen Planungsinstrument beruhen?
  • Sind die für GP 589/2 und 591 geschätzten 218 €/m2 für eine auf absehbare Zeit als landwirtschaftliches Grün ausgewiesene Fläche nicht ein stark überzogener Wert, dessen Über-Schätzung auf Kosten der Öffentlichkeit geht?
  • Warum hat die Raumordnungskommission vor ihrer Sitzung am 22. 11. 2012 nicht das Gutachten des Amtes für Bau- und Kunstdenkmäler angefordert bzw. trotz vor Sitzung nochmals urgiert, zumal dieses bereits in informeller Form vorgelegen ist?

Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba

Bozen, 28. Mai 2013