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Ökologische Ausgleichsflächen – Umsetzung und Ausweitung der Agrios-Richtlinien

BESCHLUSSANTRAG

Laut Weltbiodiversitätsbericht 2019 besteht weltweit das Risiko eines gewaltigen Massensterbens von wildlebenden Pflanzen und Tieren. Fachleute sprechen gar vom sechsten Massensterben, das fünfte globale Massensterben fand vor 60 Millionen Jahr statt, damals kam es zum Zusammenbrechen der Dinosaurierpopulationen.

Noch gäbe es einen Hoffnungsschimmer, das sechste Massensterben ließe sich noch abwenden, wenn wir heute und jetzt reagieren würden. Reagieren heißt einerseits bestehenden natürliche Lebensräume nicht mehr anzutasten und ökologisch degradierte Lebensräume zu renaturieren.

Die EU-Kommission ist gerade dabei, eine Norm zur Wiederherstellung von Ökosystemen zu schaffen. Dabei sollen zwei Themen miteinander verbunden werden: Natürliche oder naturnahe Ökosysteme sind einerseits Refugien für wildlebende Tiere und Pflanzen sowie andererseits unabdingbare CO2-Senken.

Auslöser für das sich anbahnende sechste Massensterben sind Zerstörung der Lebensräume, Ausbeutung der Meere, Umweltvergiftung, Klimaerhitzung und intensive Landwirtschaftssysteme. Intensive Landwirtschaftssysteme neigen zu Monokulturen, Monokulturen werden zumeist mit industriellen Techniken betrieben, industrielle Techniken vertragen keine ökologischen Kleinlebensräume.

Ökologische Kleinlebensräume werden auch gerne als Landschaftselemente bezeichnet, Landschaftselemente wie Lesesteinhaufen, Trockenmauern, Hecken, Baumgruppen, offene Gewässer, Kuppen, Mulden oder Böschungen. All diese Kleinlebensräume wären überlebenswichtige Refugien für viele wildlebende Tiere und Pflanzen, für eine gesunde Endwicklung müssten diese Kleinlebensräume untereinander auch vernetzt sein.

Die Natur- oder Biodiversitätskrise wird seit Jahrzehnten wissenschaftlich durch die „Rote Listen“ dokumentiert: auch für Südtirol gibt es eine Reihe von Roten Listen zu wildlebenden Pflanzen, Insektenarten oder Singvögeln. Insgesamt zeichnen diese Rote Listen einen einheitlichen Trend auf, alle wildlebenden Arten sind quantitativ und qualitativ im Rückgang begriffen. Hauptursache ist der Verlust an Lebensräumen, welcher neben der allgemeinen Bodenversiegelung durch die Erschließung der Hochlagen und durch die intensive Obst- und Gründ-Landwirtschaft erfolgt.

Dass es in der intensiven Obstwirtschaft ökologische Ausgleichsmaßnahmen braucht, hat die Arbeitsgruppe für integrierten Obstbau (AGRIOS) schon seit langem erkannt und fordert seit Jahren in den Richtlinien von den eigenen Mitgliedern Folgendes:

„ÖKOLOGISCHE AUSGLEICHSFLÄCHEN UND PFLEGE DES UMFELDES DER OBSTANLAGE

Im Sinne des integrierten Anbaues schützt und pflegt der Obstbauer auch das Umfeld seiner Obstanlagen. Sträucher, Trockenmauern, Steinhaufen oder Böschungen dienen vielen nützlichen Tieren als Unterschlupf. Daher dürfen diese Bereiche nicht mit Pflanzenschutzmitteln (Herbiziden u.a.) behandelt oder abgebrannt werden. Die ökologischen Ausgleichsflächen müssen mindestens 5% der gesamten Obstbaufläche betragen.“ (AGRIOS-Richtlinien 2023)

Es ist offensichtlich, dass die Obstwirtschaft noch meilenweit von dieser 5%-Vorgabe entfernt ist: kaum ein Betrieb hat ökologische Ausgleichsflächen geschaffen. Es wäre auch denkbar, dass im Einzugsgebiet der Erzeugergenossenschaften nach überbetrieblichen Lösungen gesucht wird. Jedenfalls ist die Umsetzung der AGRIOS-Vorgabe bisher nicht gelungen.

Dabei ist dieser Teil der Richtlinie sehr positiv zu betrachten und sollte auch auf die intensive Grünlandwirtschaft ausgedehnt werden. Intensiver Obstbau und intensive Grünlandwirtschaft sind in Südtirol Haupttreiber der Natur- und Biodiversitätskrise, entsprechende Ausgleichsflächen könnten das Artensterben eindämmen.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. Maßnahmen zu erlassen, um Einzelbetriebe oder Erzeugergenossenschaften im Obstbau zu motivieren, die AGRIOS 5%-Richtlinie für ökologische Ausgleichsflächen zügig umzusetzen.
  2. Maßnahmen zu erlassen, um auch für die intensive Grünlandwirtschaft eine analoge 5%-Richtlinie für ökologische Ausgleichsflächen einzuführen.

Bozen, 15.05.2023

 

Landtagsabgeordnete

Hanspeter Staffler

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

 

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