Genug ist genug

BESCHLUSSANTRAG

Die Dolomiten gehören zu den schönsten und imposantesten Naturlandschaften der Welt. Wohl gerade auch deshalb stehen die Dolomiten und ihre Bewohner:innen unter zunehmendem Druck: Insbesondere der Massentourismus und seine Auswirkungen, darunter vor allem der motorisierte Verkehr, setzen ihnen zu. Nicht umsonst dringt der Ruf „Genug ist genug!“ aus der Bevölkerung. Laut Recherchen des Wochenmagazins ff (Nr. 18/2023) könnte das Jahr 2023 die schier unglaubliche Zahl von 9 Millionen Gästeankünften knacken. Der absolute Rekord bis jetzt fand im Jahr 2022 mit 7,9 Millionen Ankünften statt. So eine unfassbar große Zahl lässt sich nicht anders in den Griff bekommen als durch klare Regeln.

Ein einhergehendes Problem, auf das wir Jahr für Jahr aufmerksam gemacht werden, ist die Lärmbelastung längs der – von dieser Masse an Menschen, von Einheimischen und Lieferanten – befahrenen Straßen. Besonders die Anrainer:innen beliebter Ausflugsstraßen stöhnen unter hochtourigem Fahren, unter aufheulenden Motoren oder schneller starker Beschleunigung bzw. plötzlichem Bremsen von Fahrzeugen. Unter dieser Lärmbelastung leiden Südtiroler:innen seit Jahren. Lärmmessungen werden bei Beanstandung durchgeführt, meistens geschehen diese dann im Ortsgebiet, wo ein Grenzwert von 50 Dezibel gilt. Gleichzeitig stellt die Lärmbelastung durch motorisierten Verkehr innerhalb der Ortschaften nur selten ein Problem dar, da dort eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h besteht und sich die Verkehrsteilnehmenden im Allgemeinen auch daran halten. Auf Land- und Passstraßen, wo Geschwindigkeitsübertretungen eine viel größere Rolle spielen als innerorts, wird eher selten gemessen.

Projekte zum Schutz von Berg und Mensch und die Probleme der verkehrsbelasteten Straßen wurden in den letzten Jahren sehr oft angesprochen. Das Problem wird zwar inzwischen anerkannt und als solches beschrieben – mit konkreten Lösungen, die rasche Linderung bringen, tat man sich aber bislang schwer. Nun wurde mit dem Projekt „Dolomiten Low Emission Zone“ ein weiterer Lösungsversuch gestartet. Viele der angestrebten Maßnahmen gelten erst ab dem nächsten Jahr. Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und Tempolimit 60 sind ein guter Anfang – wobei die eingangs beschriebenen Geschwindigkeitsübertretungen außerorts mitgedacht werden müssen: Denn ein Tempolimit ist nur so wirksam wie seine Umsetzung. Werden die 60 km/h nicht regelmäßig kontrolliert, werden sich erfahrungsgemäß viele nicht daran halten. Doch alles in allem unterstützen wir diese Maßnahmen.

Gleichzeitig hoffen wir, dass das Projekt schnell vorangetrieben wird. Denn bei einem Treffen mit den Lokalverwaltungen teilte das Ressort für Mobilität diesen mit, dass sie für die Detailausarbeitung des Programmes verantwortlich seien. Uns wird berichtet, dass eine Zusammenarbeit bis jetzt nicht zustande gekommen sei. Doch die Zeit drängt und die Taskforce muss dringend mit den Arbeiten beginnen, dabei sollten auch die Gemeinden Villnöss, Abtei und St. Martin in Thurn miteingebunden werden, damit die Maßnahmen auch für den Valparolapass und das Würzjoch greifen können.

Laut wird es leider wahrscheinlich trotzdem bleiben. Und gerade angesichts der steigenden Ankunftszahlen muss die Bevölkerung in ihrem Anspruch auf Gesundheit und Ruhe geschützt werden.

Seit Jahren steht eine Zufahrtsbeschränkung auf bestimmten Straßen für Motorräder als mögliche Lösung im Raum. So geschehen im Tiroler Bezirk Reutte, der im Jahr 2020 ein Verbot für Motorräder erlassen hatte, die lauter sind als 95 dB. Dieses Verbot wurde auch in den Folgejahren, 2023 inklusive, verlängert. Diesem Beispiel könnte man folgen und eine ähnliche Regelung für besonders beliebte Motorradstrecken erlassen. Denn Südtirol spricht im benachbarten Ausland gezielt Motorradfahrer:innen an und dort wird wiederum mit Südtirol geworben, das eine tolle „experience“ für das Motorradfahren biete. Im Juni 2022 hatte eine Anfrage (Nr. 4/7/2022) der Grünen Fraktion im Landtag solch dubiose Werbepartnerschaften zum Gegenstand. Führt man sich vor Augen, was an den Wochenenden im Sommer auf Südtirols Bergstraßen (aber nicht nur) passiert, dann wird klar, dass gezielte Anwerbung von Motorradurlauber:innen der völlig falsche Weg wäre. Neben der Beendigung von Zuschüssen an Motorsportveranstaltungen, wie im Klimaplan vorgesehen, ist auch eine Ansage notwendig, dass Motorradurlaub nicht beworben wird.

Motorräder sind nur das am lautesten hörbare Element im riesigen Segment des motorisierten Individualverkehrs „mit Tourismushintergrund“. Die Blechlawinen, die sich morgens in die Täler hinein und abends hinaus wälzen, sind ihrerseits tägliche Bilder der Hochsaisonen. Tagestourist:innen brechen morgens von ihren Domizilen auf und besuchen die Highlights ihres Urlaubslandes – die zu Hotspots geworden sind. Der Größe der Belastung an diesen Orten kann man nur mit strikter Reglementierung beikommen – und zum Teil wird man an auf lange Sicht auch an Tageskontingentierungen nicht vorbeikommen. Der Pragser Wildsee macht es vor.

Der Tourismus hat einen wichtigen Anteil am Wohlstand Südtirols. Das soll auch so bleiben. Dazu braucht es die Akzeptanz und Mitarbeit der Bevölkerung, ansonsten ist die Gastfreundschaft, die unser Land ausmacht, gefährdet. Lärm- und Umweltbelastung muss daher eingegrenzt werden. Das Land hat Instrumente in der Hand. Wir müssen sie nutzen.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. Die Taskforce „Pässe“, vom Projekt „Dolomiten Low Emission Zone“ vorgesehen, mit den lokalen Verwaltungen von Arabba, Wolkenstein, Corvara, Canazei, Abtei, St. Martin in Thurn und Villnöss umgehend einzurichten, damit die Maßnahmen so schnell wie möglich greifen können.
  2. Die Zufahrt von besonders lauten Motorrädern ab 95 dB Standgeräusch für alle Dolomiten- und Passstraßen in den Sommermonaten (von Mail bis Oktober) zu verbieten.
  3. Auf Tourismuskampagnen, die sich auf das Anwerben von Motorradfahrer:innen konzentrieren ausdrücklich zu verzichten bzw. keine öffentlichen Förderungen jeglicher Art an solcherlei Kampagnen zu vergeben.
  4. Die Geschwindigkeits- und Lärmkontrollen auf den Passstraßen in den Sommermonaten massiv auszubauen.
  5. Ein Programm zur Kontingentierung des (Tages-)Tourismus zu erarbeiten, das vorsieht, dass für genau definierte Hotspots nur eine gewisse Anzahl an motorisierten Fahrzeugen passieren darf (ausgenommen sein sollen Anrainer:innen sowie alle, die aus Arbeitsgründen die Straßen befahren müssen).
  6. Ein Programm zur Eindämmung des Tagestourismus mit eigenem Fahrzeug zu erarbeiten, in welches Tourismusbranche, Marketing, ÖPNV, Gemeinden und Umweltverbände eingebunden werden.

 

Bozen, 19.05.2023

 

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

Hanspeter Staffler

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