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Bannzone Glurns

Die Landesregierung opfert historisches Umfeld der Stadtmauer und den Willen der Gemeinde dem Intensivobstbau. Und unterminiert die eigene Glaubwürdigkeit.

Die Stadt Glurns ist in ihrer Anlage und Geschlossenheit ein Juwel alpiner Stadtkultur: Mit ihrem Mauerring repräsentiert sie Wehrhaftigkeit, Siedlungsdichte und Funktionalität alpiner Städte auf kleinstem Raum in aller Vollendung. Ganz zu recht steht sie daher unter Schutz, der durch eine Bannzone vor der Stadtmauer ergänzt worden ist. Damit sollte das Vorfeld der Stadt freigehalten, ihre Sichtbarkeit gewahrt und ihre Ausstrahlung auf Dauer gesichert werden.
So wurde auch der Intensivobstabau vor der Stadtmauer unter Verwendung von Spalieren weitgehend untersagt. Einer der Grundbesitzer bewies allerdings besondere Findigkeit und zog mit Holzgerüsten auf Metallschuhen (anstelle der verbotenen Betonsäulen, Folien und Hagelnetzen) unverdrossen eine Anlage hoch. Damit wurde dem Buchstaben des Verbots zwar oberflächlich entsprochen, nicht aber der Zielsetzung der Bannzone, die freie Sichtbarkeit der Stadtmauer zu gewährleisten. Der Gemeinde und dem Amt für Bau- und Kunstdenkmäler, die sich dagegen zur Weht setzten, begegnete der Grundbesitzer mit einer Aufsichtsbeschwerde an die Landesregierung, die gestern in diesem Fall entschieden hat:
Sie gab, gegen das Gutachten des Amtes für Bau- und Kunstdenkmäler, gegen den Willen der Gemeinderats und trotz der Eingaben des Heimatpflegeverbandes dem Wunsch des Bauern (und auch des Bauerbundes) in ihrer gestrigen Sitzung statt. Anstatt andere Lösungen ins Auge zu fassen, wie etwa einen denkbaren Grundtausch mit Landesflächen, wurde dem Wunsch des Grundbesitzers gegen das öffentliche Interesse der Vorzug gegeben.
Der gestern gefasste Beschluss ist ein Etappensieg für den Rekurssteller, eine Niederlage für Landschaftsschutz und Denkmalpflege und ein Debakel für die Glaubwürdigkeit der Landesregierung: Die anfängliche Erklärung der Regierung Kompatscher, sich an Gutachten der Ämter halten zu wollen, wurde wieder einmal dementiert. Individuelles Interesse erhält den Vorzug vor Rechtstaatlichkeit, wie bereits im Fall der sanierten Kraftwerke in Martell vor einem Monat. Lobby-Druck und ängstliches Schielen auf Wählerstimmen zählen mehr als verantwortliches und mutiges Regierungshandeln. Der von Landesrat Schuler angekündigte Flächentausch ist nur ein ferner Ausgleich, auf deren Umsetzung wir gespannt sind. Daran glauben können wir längst nicht mehr. Zugleich gibt der Vorgang einen Vorgeschmack darauf, wer im neuen Gesetz für Raum und Landschaft das Sagen haben wird.
Bozen, 30.08.2017
Hans Heiss, Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, L.Abg.

Author: admin

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