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BESCHLUSSANTRAG.

Die derzeit herrschende Wasserknappheit zeigt auf, welche Auswirkungen die Erderhitzung haben kann: höhere Temperaturen und geringere Niederschläge beeinträchtigen die Wasserversorgung. Möglicherweise sind die Jahre 2022 und 2023 besonders trockene Jahre und die Folgejahre sind vielleicht nicht ganz so angespannt. Aber ein Trend scheint sich für die kommenden Jahre und Jahrzehnte abzuzeichnen, heiße und trockene Phasen dürften sich häufen, Wasserknappheit kann zum ständigen Begleiter werden.

Es ist alles hergerichtet, falls nicht bald ausgiebige und beständige Niederschläge Abhilfe schaffen. Südtirols Quellen schütteten bereits im Jahr 2022 bis zu 40% weniger Wasser. Hotspots wie Schlerngebiet, Salten oder Prämajur im Obervinschgau mussten bereits mit Tankwasser versorgt werden. Viele Gemeinden hatten im vergangenen Jahr in Kombination mit Sparmaßnahmen gerade noch genug Wasser, Wasserwarte sind aber angesichts des niederschlagsarmen Winters 2022/23 sehr besorgt. Die Wasserversorgung einiger Siedlungen sei gefährdet.

Südtirols Etschtal verfügt über einen riesigen Grundwasserspeicher, der normalerweise durch Niederschläge und wasserführende Bäche ständig aufgefüllt wird. Allerdings reagiert der Grundwasserkörper mit zeitlicher Verzögerung auf Wassergaben oder auf Wasserentzug, derzeit haben die Tiefbrunnen eine sinkende Tendenz. Wenn es so weiter geht, werden viele Brunnen im Laufe des ersten Halbjahres auf einen historischen Tiefstand sinken.

Der Wasserabfluss in Südtirols Bächen und in der Etsch war im vergangenen Jahr weiter unter dem Durchschnitt. Wasserkraftwerke beklagten Einbußen in der Produktion von rund 40%. Es erreichten uns laufend Klagen, dass die Restwassermenge in Bächen nicht eingehalten würde, in einzelnen Fällen kam es gar zum Trockenfallen von Bächen.

Eklatantestes Beispiel dafür war der Schlandraunbach bei Schlanders, welcher von einem großen Einzugsgebiet mit Bergen über 3000 Metern gespeist wird und normalerweise viel Wasser führt. Im Mai des vergangenen Jahres wurde legal und illegal (laut Auskunft von Landesrat Vettorato) so viel Wasser für die Beregnung von Obstanlagen abgezweigt, dass der Unterlauf trocken fiel, was ein Fischsterben auslöste.

Es ist aber auch kein Zufall, dass die Obstanlagen von Schlanders so viel Wasser benötigen. Denn der Anteil an Wiesen mit ausschließlicher Oberkronenberegnung ist in Schlanders mit 64% (laut Lafis-Fruit) extrem hoch, landesweit liegt die Quote bei 30%. Es hat den Anschein, dass die bisher üppige Wasserführung des Schlandraunbaches Investitionen ins Wassersparen hintanhielten, jetzt wo das Wasser im Schlandraunbach knapp wird, fehlen die Tropfberegnungssysteme.

Tropfberegnung benötig im Gegensatz zur Oberkronenberegnung 35% weniger Wasser, was angesichts der knappen Wasserressourcen ein gewaltiges Einsparungspotential darstellt. Südtirolweit gibt es zurzeit rund 5.000 Hektar Apfelanlagen (von 16.000 Hektar insgesamt), welche über keine Tropfberegnung verfügen (Lafis-Fruit), sondern die Obstanlagen ausschließlich mit Oberkronenberegnung bewirtschaften. Diese 5.000 Hektar sollten nun durch steuernde Maßnahmen so rasch wie möglich auf Tropfberegnung umstellen.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. Im Sinne der bestehenden Normen eine gezielte Sensibilisierungs- und Informationskampagne zu starten, um die säumigen Landwirt:innen auf die dringende Notwendigkeit der Umstellung und auf die möglichen finanziellen Förderungen hinzuweisen.
  2. Für jene Obstbauflächen, welche ausschließlich mit Oberkronenberegnung bewirtschaftet werden, den Einheitspreis der jährlichen Wassergebühren um 35% anzuheben.

 

Bozen, 23.03.2023

 Landtagsabgeordnete

Hanspeter Staffler

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

 

BESCHLUSSANTRAG.

Im Autonomiestatut wird in Artikel 19 das Recht auf den muttersprachlichen Unterricht geregelt. Dieses Recht, erkämpft vor mehreren Jahrzehnten, bildete eine Säule der Südiroler Autonomie. Als Schutz der Minderheit hat dieses Prinzip eine wesentliche Berechtigung.

Die sprachliche Welt der Gründer:innen der Autonomie ist jedoch nicht mehr dieselbe wie die sprachliche Realität, in der wir heute leben. Was damals nicht vorstellbar, ja nicht gewünscht war (und vielleicht auch heute strukturell nur erduldet wird) ist die Tatsache, dass italienisch- und deutsch, bzw. ladinischsprachige Südtiroler:innen sich einen Kultur- und Lebensraum teilen. Die Nähe mehrerer Kulturen ist ein Schatz von unvorstellbarer Größe, der außerhalb Südtirols als solcher wahrgenommen, innerhalb Südtirols aber oftmals nicht als Vorteil verstanden wird. Ein Teil dieses spezifischen Kulturraums sind auch viele Südtiroler Familien, in denen nicht eine der drei großen Landessprachen gesprochen wird, sondern zwei oder sogar drei. Diese Kinder wachsen nicht nur mit einer Mutter- oder Erstsprache auf, sondern mit mehreren. Dass das Prinzip des muttersprachlichen Unterrichts jenen Kindern, die nicht nur mit einer, sondern mehreren utter- oder Erstsprachen aufwachsen, nicht gerecht wird, war zu Zeiten der Verfassung des Artikel 19 nicht abzusehen bzw. nicht vorstellbar. Heute ist es so, dass den Kindern, die mit zwei oder mehreren utter- oder Erstsprachen aufwachsen, kein auf sie zugeschnittenes Schulsystem zur Verfügung steht.

Dasselbe gilt für die vielen Familien, in denen zwar lediglich eine Sprache gesprochen wird, die es aber als Mehrwert verstehen, ihre Kinder so früh wie möglich an die Zweit- oder Drittsprache des Landes heranzuführen.

Dass das Bedürfnis vieler Eltern, ihre Kinder die jeweilige zweite Sprache so gut wie möglich lernen zu lassen mit einer objektiven Notwendigkeit einhergeht, zeigen die Ergebnisse beider Kolipsi-Studien der Eurac. Denn das Sprachniveau der Schüler:innen in der jeweiligen Zweitsprache ist alles andere als gut. In der Kolipsi II-Studie (Daten des Schuljahres 2014/2015) wurde festgehalten, dass das Niveau von Deutsch bzw. Italienisch als Zweitsprache im Vergleich mit den Ergebnissen der ersten Kolipsi-Studie (Daten des Schuljahres 2007/2008) gesunken sei. Das Fazit der Forscherinnen ist ernüchternd bis düster: „Besonders nachdenklich stimmt dabei das Ergebnis […] in Anbetracht der Tatsache, dass für einen größer gewordenen Teil der Jugendlichen eine aktive Teilnahme am Alltagsleben der Zweitsprache in der Zweitsprache kaum oder nur schwer möglich ist“ (siehe Kolipsi II, 2017, S. 65).

Was passiert also in einem System, dessen Grundstruktur die Bedürfnisse der in ihm lebenden Menschen nicht mehr umfasst? Die Menschen werden sich bewusst, dass sie zwar das System nicht ändern, es aber behelfsmäßig auf ihre Bedürfnisse ausrichten können. So geschah es, dass immer mehr Südtiroler:innen ihre Kinder in die Schulen der Zweitsprache einschrieben und einschreiben. Der Wunsch, die eigenen Kinder gut auf die Südtiroler Realität – jene eines mehrsprachigen Landes – vorzubereiten, ist nachvollziehbar. Paradoxerweise kann jedoch genau diese Art der Behelfs-Lösung das System des muttersprachlichen Unterrichts gefährden. Denn jene Familien, die ihr Kind weiterhin in ihrer utter- oder Erstsprache unterrichtet wissen möchten, laufen dadurch Gefahr, wider Willen Teil einer mehrsprachigen Schule zu werden.

Kurzum: Das System ist an einem Kipppunkt. Man kann davor die Augen verschließen oder damit beginnen, die Realität als solche anzuerkennen und neben der italienischen und der deutschen Schule als Zusatzangebot für alle, die das wollen, auch mehrsprachige Bildungsformen anzubieten. Ein solches frei wählbares Zusatzmodell würde die derzeitige Situation entzerren und entlasten. Deutschsprachige Schulen bzw. italienischsprachige Schulen würden wieder ihrem Auftrag der Vermittlung in der utter- oder Erstsprache gerecht werden – und für alle jene, die dies wünschen, stünde eine Alternative bereit.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. Sicherzustellen, dass das Recht auf freie Schulwahl laut Verfassung auch in Zukunft für Schüler:innen und deren Eltern gewährt ist.
  2. Projekte mehrsprachigen Unterrichts immer dann zuzulassen, zu unterstützen und zu fördern, wenn eine festzulegende Mindestanzahl an Eltern (z.B. 14 für den Kindergarten, 15 für die restlichen Schulstufen) ihre Kinder in eine entsprechende Abteilung einschreiben.
  3. Projekte mehrsprachigen Unterrichts dauerhaft wissenschaftlich zu begleiten.
  4. „Didaktik der Mehrsprachigkeit“ in der Ausbildung des Lehrpersonals sowie der pädagogischen Fachkräfte vorzusehen.
  5. „Didaktik der Mehrsprachigkeit“ in den Fortbildungen des Lehrpersonals und der pädagogischen Fachkräfte vorzusehen.
  6. Die Durchlässigkeit der Schulsysteme (deutsch und italienisch) zu verbessern und das Wechseln von der Rangliste des einen Systems in das jeweils andere durch die Zusammenarbeit der jeweiligen Schulämter zu erleichtern.
  7. In der Landesgesetzgebung und der Beschließungstätigkeit der Landesregierung zum gesamten Thema der Sprachdidaktik in Südtirol neben dem Konzept der „Muttersprache“ auch das Konzept der mehrfachen Muttersprache oder „Muttersprachen“ zu berücksichtigen.

Bozen, 24.03.2023

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa

Riccardo Dello Sbarba

Hanspeter Staffler

PRESSEMITTEILUNG.

18 Millionen pro Jahr sind es in Deutschland, einige Hunderttausend in der Schweiz und einige Zehntausend in Südtirol: Singvögel, die durch Kollision mit Lärmschutzwänden und Glasfassaden zugrunde gehen. Freistehende Wände, die aus transparentem Glas bestehen, sind regelrechte Todesfallen für unzählige Singvögel. Dabei muss das nicht sein, wenn Glasfassaden oder Glaselemente halbtransparent oder mit geeigneten Mustern versehen sind, dann erkennen die Vögel das Hindernis und drehen rechtzeitig ab.

Der von den Grünen heute im zweiten Gesetzgebungsausschuss eingebrachte Gesetzentwurf sieht vor, bereits vorhandene Lärmschutzwände, welche aus transparenten Glaselementen errichtet wurden, ehestens mit geeigneten Klebefolien nachzurüsten, sodass das sinnlose Sterben ein Ende hat. Zudem sieht die Initiative vor, dass Lärmschutzwände, Glasbauwerke und Glasfassaden, welche zukünftig gebaut werden, bereits von Anfang an aus Vogelschutzglas zu errichten sind. Diese einfachen Maßnahmen dürften über 80% der tödlichen Kollisionen verhindern, so die Einschätzung des Erstunterzeichners Hanspeter Staffler.

Im zuständigen Gesetzgebungsausschuss des Landtages wurde der Gesetzesvorschlag am Mittwoch intensiv und umfassend diskutiert, es wurden auch einige Nachschärfungen vorgeschlagen. Die anwesende Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer machte Hanspeter Staffler den Vorschlag, gemeinsam mit den zuständigen Landesämtern einige Passagen zu überarbeiten und den Gesetzesvorschlag in einer der nächsten Sitzungen zu behandeln. „Das Land steckt mitten in einer Naturkrise, Insekten- und Vogelpopulationen brechen dramatisch ein, daher ist rasch zu handeln“ sagt Hanspeter Staffler, der sich so schnell wie möglich mit den Landesämtern treffen will.  Die Gemeindekommissionen für Raum und Landschaft sollten sich dieses Themas annehmen, denn sie können den Kollisionsschutz wildlebender Vögel in ihrer täglichen Arbeit konkret umsetzen.