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Textilien: Nachhaltige Beschaffung

BESCHLUSSANTRAG.

Sprechen wir von Klimawandel, Nachhaltigkeit oder Umweltschutz, so darf ein wichtige Aspekt nicht vergessen werden: die Textilwirtschaft. Unglaubliche Summen geben wir im Jahr für Kleidung aus. 2016 investierten die Menschen der EU-Mitgliedsländer laut Eurostat 395 Milliarden Euro in ihre Kleidung. In Italien wurden im selben Jahr 64 Milliarden Euro für Mode ausgegeben. Das ist Platz drei in der EU. Platz eins geht an Großbritannien (rund 83 Milliarden Euro), die Deutschen landeten knapp vor Italien auf Platz zwei (70 Milliarden Euro).
Dabei verhält sich in der Mode- ähnlich wie in der Lebensmittelbranche – tendenziell wollen die Menschen viele und billige Kleidungsstücke. Ein großer Teil davon landet laut der Fondazione Sviluppo Sostenibile und Confindustria in kürzester Zeit auf dem Müll. In Italien beläuft sich der Textilmüll auf 240.000 Tonnen jährlich – das Gros davon sind Kleidungsstücke. Man spricht von Fast Fashion. Die klassische Sommer- und Winterkollektion haben die Giganten der Modeindustrie längst hinter sich gelassen. Bis zu 24 Kollektionen bieten die Marktführer der Branche jährlich an. Laut Greenpeace hat sich die weltweite Textilproduktion in der Folge zwischen 2000 und 2015 mehr als verdoppelt.
Dies ist unter anderem wegen des massiven Anstiegs von Kunstfasern wie Polyester möglich. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Nutzung von Polyester für Kleidung fast verdreifacht. Auf die Folgen für die Umwelt – Polyester wird aus nicht erneuerbarem Erdöl hergestellt und mit jedem Waschgang lösen sich haufenweise Mikropartikel von den Produkten ab, die dann ungehindert in Flüssen und Meeren enden – soll hier nicht näher eingegangen werden.
Es ist möglich, etwas gegen diese Mechanismen zu unternehmen. Und es ist höchst an der Zeit, die bestehende Form der Herstellung, Entsorgung und Nutzung von Kleidung umzukrempeln. Kleidung muss qualitativ wertvoller werden und reparierbar sein. Ein wichtiger und einfacher Schritt, den jeder und jede Einzelne vollziehen kann, ist es, weniger Kleidung zu kaufen und diese länger zu tragen.
Doch wenn wir von Textilien sprechen, meinen wir nicht nur Kleidung: Auch Handtücher, Geschirrtücher, Bettlaken, Tischwäsche, Putzlappen usw. sind Teil des Problems. Zumeist bestehen sie aus Baumwolle, was schon mal positiv ist, da es sich um eine Naturfaser handelt. Jedoch ist auch die Produktion von Baumwolle nicht unproblematisch. Laut dem Piano d’Azione Nazionale sul Green Public Procurement (PANGPP) aus dem Jahr 2011 beansprucht die Baumwollanpflanzung zwar lediglich 2,5% des Kulturlandes der Erde, dafür aber 16% der weltweiten Menge an Pestiziden und Düngungsmitteln. Verglichen mit allen anderen angebauten Produkten ist dies überproportional viel.
Teils werden in der Produktion noch Mittel verwendet, die schon längst verboten sind, nicht wenige davon hochgiftig. Es passiert leider auch zu oft, dass gewisse Substanzen im Endprodukt haften bleiben und somit alles andere als gesund für uns sind.
Hier besteht enormes Potenzial zur Handlung für die Autonome Provinz Bozen – Südtirol. Als öffentlicher Beschaffer hat das Land eine große Kaufkraft und somit auch die Macht, an bestehenden Strukturen zu rütteln und Veränderung herbeizuführen. Schon heute gibt es hierzu ein Gesetz auf Staatsebene (Nr. 221/2015), das die Verpflichtung für die öffentlichen Verwaltungen vorsieht, bei Vergaben von Waren und Dienstleistungen ökologische Mindestumweltkriterien einzuhalten. Konkret bedeutet dies, dass die Landesverwaltung bereits heute dazu verpflichtet wäre, bei der öffentlichen Beschaffung auf einen nachhaltigen Einkauf zu achten. Leider ist dieses Gesetz immer noch unzureichend umgesetzt und wird auch in Südtirol stiefmütterlich behandelt. So wurden mit den Landesgesetzen Nr. 16/2015 und Nr. 3/2019 Entschuldigungen geschaffen, die nationalen Kriterien nicht einhalten zu müssen. Also hängt die nachhaltige Beschaffung de facto fast ausschließlich vom guten Willen der Ämter ab. Ein solches ist das Amt für Forstverwaltung, wo man beispielsweise beim Ankauf der Arbeitskleidung bewusst auf Nachhaltigkeit achtet. Ein Beispiel, das zeigt, dass es möglich ist, in diesem Bereich etwas zu unternehmen. Jedoch wäre es von Vorteil, wenn die gesamten Landesämter dazu angehalten würden.
In der Vergangenheit hat sich die Landesregierung auch schon in eine nachhaltige Richtung bewegt. Mit dem Beschluss der Landesregierung Nr. 1.092 vom 10. Oktober 2017 „Richtlinien für den Ankauf von Papier, Büromaterialien und Büromöbeln, Fahrzeugen, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln“ beschloss sie, die Richtlinien beim Kauf der angegebenen Produkte zu ändern und unter anderem die Umweltstandards anzuheben – auch wenn diese Bestimmungen durch die oben erwähnten Schlupflöcher natürlich stark abgemildert werden.
Doch ein nachhaltiger Einkauf von Textilien kann gelingen. Wenn beim Ankauf von textilen Produkten zunehmend darauf geachtet würde, dass diese langlebig, so nachhaltig wie möglich produziert und so fair wie möglich hergestellt werden, stellte dies ein wichtiges und richtiges Statement dar.
Ganz im Sinne der sozialen, ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeit. Schließlich ist die Textilindustrie für 10% des weltweiten CO2- Ausstoßes verantwortlich und wir können einen Beitrag dazu leisten, dies zu ändern.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. Beim Ankauf von Textilprodukten wie Handtüchern, Geschirrtüchern, Bettlaken, Tischwäsche, Putzlappen etc. in öffentlichen Küchen, Mensen, Krankenhäusern usw. sowie bei Arbeitskleidung künftig den Aspekt Umweltverträglichkeit bei Anpflanzung, Herstellung, Anwendung und Beseitigung zu beachten.
  2. Darauf hinzuarbeiten, dass die in Punkt 1 genannten Textilprodukte in öffentlichen Landeseinrichtungen nach dem Prinzip der Ressourceneffizienz angeschafft werden, damit sie so lange wie möglich verwendet werden können.
  3. Bei der Anschaffung von Textilprodukten sollen als Mindestanforderungen die Einhaltung der Normen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gelten (Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen, Beseitigung der Zwangsarbeit, Abschaffung der Kinderarbeit, Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf). Zusätzlich dazu sollen menschenwürdige Arbeitsbedingungen im Allgemeinen im Fokus der Beschaffung stehen.

Bozen, 25.11.2019

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Author: Heidi

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