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Solidarität mit Schutzmacht, Nachbarn und anderen Regionen, vor allem aber mit Flüchtlingen.

Haus_Noah_Prissian_03_09_2015_LQ_Presse-47Lange haben die deutsche Bundesregierung und Kanzlerin Merkel die Devise „Wir schaffen es!“ nicht durchgehalten. Kanzlerin Merkel hat mit der von ihr bekundeten Aufnahmebereitschaft gewiss eine Schleuse geöffnet, aber auch eine Schneise der Humanität gelegt, die zumindest ein wenig zur Ehrenrettung Europas beiträgt.
Trotz bewundernswerter Anstrengungen, zumal von Städten wie München und zahlloser Freiwilliger, hält die leistungsstarke Bundesrepublik nach sprunghafter Zunahme der Flüchtlingszahlen nahe der Kapazitätsgrenze. Da die bisherige Grenzöffnung der Vergangenheit angehört, folgt daraus ein großer Rückstau von Flüchtlingen auf österreichischem Boden. Sie wollen nicht nur die zunehmend untragbaren Bedingungen in den Lagern Jordaniens und des Libanon, sondern auch die menschenrechtswidrige Behandlung in Órban-Ungarn schnellstmöglich hinter sich lassen und stranden nun vielfach in Österreich.
Im Sinne der Nachbarschaftshilfe hat unser Land die Pflicht, Österreich und vor allem das Bundesland Tirol, das ein Vielfaches unserer Lasten trägt, zumindest ein wenig zu entlasten. Soll die „Europaregion Tirol“ keine Leerformel bleiben, ist die Solidarität Südtirols gefordert. Erinnert sei auch daran, dass viele südliche Regionen Italiens verhältnismäßig weit höhere Flüchtlingszahlen zu bewältigen haben als unser wirtschaftlich leistungsstarkes Land. Notwendig sind vor allem:

  • Die Planung neuer Aufnahmezentren;
  • Die Verstärkung der Einrichtungen am Brenner, wo verstärkte Grenzkontrollen bzw. Sperren absehbar sind;
  • Notunterkünfte für die nun von Österreich und Deutschland verstärkt zurück gewiesenen Flüchtlinge und Asylanten.

Südtirols Solidarität ist dringend gefordert, im Sinne der Flüchtlingsbetreuung, aber auch im Hinblick auf andere italienische Regionen und Tirol. Mehr humanitärer Einsatz ist nicht nur ein Gebot der Menschenwürde, sondern auch der Glaubwürdigkeit Südtirols. Viele Ehrenamtliche in Südtirol gehen hier bereits vorbildlich voran, auch ihre Leistung gilt es durch verstärkten Einsatz anzuerkennen.
Hans Heiss
Brigitte Foppa
Riccardo dello Sbarba

prissianAufnahme von Flüchtlingen.
Nachdem die zur Flüchtlingsaufnahme bestimmte Turnhalle der Wirtschaftsoberschule in Brixen am Sonntag geräumt wurde, steht nun jene der Berufsschule ‚Tschuggmall‘ in Brixen zur Verfügung.
Bei aller rühmenswerten Hilfsbereitschaft von Direktoren und Einsatzkräften wirkt die Aktion mit weiterer Fortdauer von Tag zu Tag peinlicher. Anstatt der erwarteten Hunderte Flüchtlinge begleitete die Polizei zuletzt täglich wenige Dutzend Personen, die am Bahnhof Brixen aufgegriffen wurden, zur Turnhalle. Von dort machten sich die Gäste nach kurzem Aufenthalt wieder Richtung Brenner davon, um Österreich oder Deutschland zu erreichen.
Die angekündigte Entlastung Bayerns und Tirols erweist sich so als Alibi-Aktion, mit der Landesregierung und Polizeikräfte vorgeben, die Nachbarn zu unterstützen, während sie tatsächlich heilfroh darüber sind, dass die Flüchtenden das Land schnellstmöglich verlassen. Mit der Aufnahme von knapp 800 Flüchtlingen leistet Südtirol, zumal Caritas und andere Organisationen, zwar einen gewissen Beitrag, der sich aber gegenüber den Quoten im Bundesland Tirol (ca. 4000, demnächst sogar 6000!) oder einer oberbayerischen Kreisstadt mit oft zehntausenden Flüchtlingen mehr als bescheiden ausnimmt. Umso mehr zu begrüßen ist der Einsatz vieler Freiwilligen, die mit Zeit, Geld und Hilfsbereitschaft nicht geizen.
Um sich in die von der Landesregierung am Tag der Autonomie beschworene Kette europäischer Solidarität glaubwürdig einzureihen, sollte sie die Quote Südtirols deutlich erhöhen und hierzu vorab die überfüllten Aufnahmezentren in Süditalien entlasten.
Die Grünen empfehlen daher der Landesregierung folgenden Stufenplan:

  • Eine realistische Prognose der künftigen Flüchtlingszahlen für das kommende Halbjahr vorzunehmen und bekannt zu geben;
  • Denkbare, weitere Standorte in nächster Zukunft mit den jeweiligen Gemeinden abzusprechen;
  • Das Aufnahmezentrum am Brenner für die Übernachtung besser zu adaptieren und eine ständige Betreuung einzurichten;
  • Nach dem Vorbild österreichischer Bundesländer einen eigenen Flüchtlingskoordinator zu ernennen;
  • Vor allem aber eine größere Zahl Flüchtlinge zu übernehmen, die annähernd der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftskraft Südtirols entspricht.

Wir können nur hoffen, dass der im Museion heute auftretende Flüchtlingschor der Landesregierung nicht nur als Sound exotischer Sympathieträger in den Ohren tönt, sondern auch zu vorausschauendem Handeln ermutigt.
Südtirol braucht nicht die Kraftakte anderer, völlig überlasteter Länder nachzuahmen – aber ein wenig mehr darf’s schon sein, um uns vor den Nachbarn im Norden und anderen Regionen im Süden nicht völlig beschämen zu lassen.
Hans Heiss
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba Bozen, 9. 9. 2015

Ospitalità-GastlichkeitAufnahme von Flüchtlingen in Südtirol II.
Die spontane Hilfsaktion der Landesregierung mit der zeitweiligen Nutzung von Turnhallen in Brixen als Aufnahmezentren wirft nach der ersten Aufnahmebereitschaft grundlegende Fragen auf:
Was soll am Montag passieren, nachdem ja erklärtermaßen die Turnhallen an der Wirtschaftsoberschule geräumt werden sollen? Werden die Flüchtlinge an andere Standorte verbracht oder gar sich selbst überlassen, um möglichst schnell in Richtung Brenner zu entschwinden?
Diese Frage stellen sich nicht nur zunehmend viele Bürgerinnen und Bürger, sondern wohl auch die Direktionen und Einsatzkräfte: Wenn die an sich begrüßenswerte Hilfsbereitschaft nur auf so kurze Sicht angesetzt wird, ist der beachtliche Einsatz mehr ein Schlag ins Wasser als eine wirkungsvolle Aktion.
Die Landesregierung muss jetzt bekannt geben, wie der Aufenthalt der Flüchtlinge fortgesetzt wird, wohin sie allenfalls verbracht werden und ob sie einem regulären Aufnahmeverfahren unterzogen werden. Brixen bietet eine Reihe von Landes- und Staatsimmobilien, die nicht nur zeitweilig genutzt werden können, vom kaum ausgelasteten Institut der Englischen Fräulein bis zum vormaligen Sitz des IV. Armeekorps.
Die Polizeikräfte und Staat schulden gleichfalls dringend Aufklärung Flüchtlinge werden am Bahnhof Brixen beliebig aus Zügen herausgefischt und in das kurzfristige Aufnahmezentrum Brixen verbracht, während ab einem gewissen Zeitpunkt wieder freie Fahrt herrscht. Hier besteht ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit, um das Wort WiIlkür zu vermeiden.
Bürgerinnen und Bürger, Hilfskräfte, deren tatkräftiger Einsatz zu rühmen ist und vor allem die Flüchtlinge selbst haben Anspruch darauf zu erfahren: wie die Aktion weiter laufen soll, ob sie nur medienwirksamen Aktionismus zur Beruhigung des deutschen Nachbarn und des eigenen Gewissens bedeutet oder ob sie nachhaltig wirksame Hilfe darstellt.
Hans Heiss
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba