HomeDeutschDer Brixner Hofburggarten: Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe

Der Brixner Hofburggarten: Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe

Landesgesetzentwurf Nr. 47/20. Änderung des Landesgesetzes vom 17. Dezember 2015, Nr. 16.

Als im Herbst 2017 das Begleitgesetz zum Stabilitätsgesetz 2018 (Landesgesetz vom 20. Dezember 2017, Nr. 22) zur Behandlung in den Südtiroler Landtag kam, war die Diskussion zum Hofburggarten in Brixen seit Jahren im Gange.

Eine kurze Chronik:
Die Gemeinde Brixen übernahm 2008 den Hofburggarten in Pacht. Zwei Jahre später wurden den Bürgerinnen und Bürgern Projektideen mit Eventcharakter vorgestellt, die aus dem Hofburggarten eine Touristenattraktion machen sollten. In Ablehnung dieser Zielrichtung bildete sich in der Folge die Initiative „ProPomarium“, die eine sanfte Gestaltung und Nutzung des Hofburggartens forderte.
Ein Planungswettbewerb zur Neugestaltung des Hofburggartens wurde ausgelobt. Das Siegerprojekt im Jahr 2015 von „freilich landschaftsarchitektur“ und dem Architekturbüro Höller & Klotzner sah eine Anlage nach historischem Raster vor, mit Streuobst- und Blumenwiesen, zudem Flächen für Veranstaltungen. Das Siegerprojekt wurde in einer Fachtagung über Historische Obstbaumgärten in Brixen als „Leuchtturmprojekt von mitteleuropäischer Bedeutung“ bezeichnet und erhielt allgemeine Anerkennung, dank der historisch sensiblen und nutzungsoffenen Gestaltung ebenso wie der maßvollen Kosten von 2,4 Mio. €. Es handelte sich damals um einen so genannten Realisierungswettbewerb, der einem realisierbaren Projekt galt. Im Ausschreibungstext war auch angeführt, dass das Siegerteam mit der weiteren Planung beauftragt würde, sobald der Garten neugestaltet wird.
Nach den Gemeindewahlen 2015 erfolgte ein Gesinnungswandel und man setzte von nun an verstärkt auf eine Event-Ausrichtung des Hofburggartens, etwa mit dem „Soliman“-Elefanten im Maislabyrinth. Kontakte mit dem Multimedia-, Variete- und Zirkuskünstler, Autor und Gartengestalter André Heller wurden geknüpft, mit dem Ziel, ihm die Entwicklung des Hofburggartenprojekts zu übertragen.
Im Dezember 2017 wurde das Konzept von Hellers „Wundergarten“ vom Brixner Gemeinderat gutgeheißen, die Gewinner des Wettbewerbs von 2015 wurden im Mai 2019 für den Verzicht finanziell entschädigt.
Die Tatsache, dass der neue Planer nicht mit einem öffentlichen Wettbewerb ermittelt worden war, warf allerdings Probleme auf. Denn das Vergabegesetz von 2015 (Landesgesetz vom 17. Dezember 2015, Nr. 16, Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe) besagt zwar im Artikel 25, Absatz 1, dass „die Vergabestellen öffentliche Aufträge mittels Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Ausschreibung“ vergeben können. Und laut Absatz 1b, Ziffer 1 gilt dies auch für „Schaffung oder Erwerb eines einzigartigen Kunstwerks oder einer einzigartigen künstlerischen Leistung als Ziel der Auftragsvergabe“. Jedoch traf dies in seiner ursprünglichen Form nur dann zu, „wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung“ gab und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter“ war. (LG 2015, Nr. 16, Artikel 25, Absatz 2).
Dies war der Stand der Dinge im Jahr 2017, als der Entwurf des Begleitgesetzes zum Stabilitätsgesetz (LG 22) im Landtag behandelt wurde.
Der aus Brixen stammende Abgeordnete der Grünen Fraktion, Hans Heiss, wies in der Landtagssitzung vom 7. Dezember 2017 mit Nachdruck darauf hin, dass es im LGE einen Passus gebe, der für das Hofburggartenprojekt in Brixen Folgen haben könnte:

„Die Änderung könnte aber auch dazu dienen, einem Künstler wie André Heller den umfassenden Auftrag zur Planung, Gestaltung und Umsetzung des Brixner Hofburggartens zu erteilen und eine weitere Ausschreibung des südtirolweit ausstrahlungsstarken Projekts zu umgehen. Bei diesem Vorhaben handelt es sich nicht um wenige 100.000 €, sondern um eine Größenordnung von mindestens 10-15 Mio. € – um es vorsichtig anzutragen. Dass die kleine Ziffernverschiebung im Vergabegesetz auf diese Weise einen ebenso eleganten wie weit reichenden Coup zugunsten des
Multimediakünstlers zur Folge haben könnte, ist nicht nur denkbar, sondern wahrscheinlich – dann aber wäre die Änderung eine „Leggina Heller“ und legistisch ein „Kunstwerk“ in bester Durnwalder’scher Trickkisten-Tradition.“, so der Abg. Heiss in der Sitzung vom 7. Dezember 2017.

Der genannte Passus, Absatz 4 des Artikels 5 des Landesgesetzes vom 20. Dezember 2017, Nr. 22, beinhaltet tatsächlich eine kleine Ziffernverschiebung, die recht harmlos klingt: „In Artikel 25 Absatz 2 des Landesgesetzes vom 17. Dezember 2015, Nr. 16, werden die Wörter „Ziffern 1) und 2)“ durch die Wörter „Ziffern 2) und 3)“ ersetzt.“

In den Ziffern 1), 2) und 3) des Art. 25, Abs. 2 des LG 16/2015 werden die Gründe benannt, für welche Bauleistungen, Lieferungen und Dienstleister nur von einem einzigen Anbieter erbracht werden können. Ziffer 1) bezieht sich auf der „Schaffung oder Erwerb eines einzigartigen Kunstwerks oder einer einzigartigen künstlerischen Leistung als Ziel der Auftragsvergabe“.
Die Ziffern 2) und 3) betreffen andere Gründe.

Ursprünglich musste für die Ziffern 1) und 2) allerdings eine „vernünftige Alternative oder Ersatzlösung“ (so der Absatz 2) bestehen, damit das Verhandlungsverfahren auch tatsächlich ohne vorherige Veröffentlichung abgewickelt werden konnte. Im Dezember 2017 wurde, mit einer simplen Ziffernverschiebung, die Ziffer 1) von der Notwendigkeit der Alternative oder Ersatzlösung entbunden.

Nun trafen die oben beschriebenen Bedingungen auf die Schaffung und den Erwerb eines einzigartigen Kunstwerks nicht mehr zu. Der Weg für die Vergabe von künstlerischen Leistungen und Kunstwerken ohne Ausschreibung und vor allem ohne Begründungen oder Bedingungen wurde geebnet. Dadurch können bestimmte Künstlerinnen und Künstler problemlos begünstigt und ein fairer Wettbewerb umgangen werden.

Für den Brixner Hofburggarten schien der Passus wie maßgeschneidert. Das neue Projekt des Multimediakünstlers André Heller steht bereits in den Startlöchern, nachdem sowohl der Museumsbeirat (wenn auch nur bedingt) als auch der Gemeinderat Brixen sich dafür ausgesprochen haben. Jetzt (Stand: 17. Februar 2020) fehlt nur noch die Genehmigung der Landesregierung. Die Änderung, die das LG 2015, Nr. 16, Artikel 25, Absatz 2 im Dezember 2017 erfahren hat, könnte einen erheblichen Einfluss auf diese Entscheidung haben.

Grund für die Änderung des Südtiroler Vergabegesetzes war laut Begleitbericht zum Gesetzentwurf eine angestrebte Angleichung an die EU-Norm. De facto ist in der EU-Richtlinie (Nr. 24 aus dem Jahr 2014 im Artikel 32, „Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung“) von derselben Materie die Rede. Die bedeutenden Stellen sind wortgleich mit jenen im Südtiroler Vergabegesetz: Aufträge laut Ziffern 2) und 3) können demnach nur in Abwesenheit „vernünftiger Alternativen oder Ersatzlösungen“ ohne vorherige Veröffentlichung vergeben werden.
Für Ziffer 1) – „Schaffung oder Erwerb eines einzigartigen Kunstwerks oder einer einzigartigen künstlerischen Leistung als Ziel der Auftragsvergabe“ ist auch im EU-Recht trotz Vorhandensein einer „vernünftigen Alternative oder Ersatzlösung“ eine Vergabe ohne Wettbewerb möglich.

Es handelte sich bei diesem Vorgehen also durchaus um eine Anpassung an geltendes EU-Recht.
Besagte EU-Richtlinie ist jedoch äußerst umfangreich und begründet ihre Erwägungen ziemlich detailliert. Beim Durchlesen der Gründe genannter Richtlinie wird klar, dass es sich bei der „Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung“ um absolute Ausnahmen handeln sollte, denen nicht der kleinste Verdacht von Willkür oder Vetternwirtschaft anhaften darf.

So ist in der Begründung Nummer 50 zu lesen, dass ein Auftrag ohne vorherigen Wettbewerb nur unter sehr außergewöhnlichen Umständen angewendet werden dürfe. Dies sei in der Tat der Fall bei Kunstwerken, bei denen der einzigartige Charakter und Wert des Kunstgegenstands selbst untrennbar an die Identität des Künstlers gebunden ist.

Diese Einzigartigkeit, oder Ausschließlichkeit, wie es in besagter EU-Verordnung heißt, muss eine objektive Ausschließlichkeit sein. Nur bei vollkommener Objektivität kann es in Einzelfällen erlaubt sein, keinen öffentlichen Wettbewerb stattfinden zu lassen. Als wichtigster Aspekt wird in der EU-Norm angeführt, dass eine Ausschließlichkeitssituation nicht durch den öffentlichen Auftraggeber selbst mit Blick auf das anstehende Vergabeverfahren herbeigeführt werden darf.

Genau dieser Punkt ist beim Hofburggarten jedoch nicht gegeben. Eine Ausschließlichkeitssituation wurde mit Blick auf den Wunschkünstler kreiert. Ein Wettbewerb blieb aus. Der Brixner Hofburggarten ist nicht untrennbar an die Identität André Hellers gebunden. Die Gestaltung des Gartens an ihn zu vergeben ohne Abhalten eines Wettbewerbs, steht in Widerspruch mit geltendem EU-Recht.

Aus diesem Grund möchte Einbringerin das Südtiroler Vergabegesetz aus dem Jahr 2015 dahingehend erweitern, als dass für Ziffern 2), 3) UND 1) keine „vernünftige Alternative oder Ersatzlösung“ (LG 2015, Nr. 16, Artikel 25, Absatz 2) bestehen muss, damit ein Verhandlungsverfahren auch ohne Veröffentlichung durchgeführt werden kann.

Das heißt, dass die Bedingungen der „vernünftigen Alternative oder Ersatzlösung“ sowohl für die Schaffung und den Erwerb eines einzigartigen Kunstwerks als auch für die beiden in Ziffern 2) und 3) beschriebenen Situationen gelten muss. Somit wird das Südtiroler Vergabegesetz einerseits mit geltendem EU-Recht konform gehen. Andererseits wird Südtirol einen Schritt weitergehen in Bezug auf Fairness und Transparenz.
Der vorliegende Gesetzesentwurf möchte also dem Artikel 25 des Landesgesetzes „Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe“ eine neue, erweiternde Fassung geben:

Der hier vorliegende LGE besteht aus einem Artikel, der dem Artikel 25 Absatz, Absatz 2 des LG 2015, Nr. 16 folgende neue Fassung verleiht: „2) Die in Absatz 1 Buchstabe b) Ziffern 1) 2) und 3) festgelegten Ausnahmen gelten nur dann, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist“

Dadurch werden die Bestimmungen des LG 2015, Nr.16 erweitert. Dies hat zur Folge, dass die Umgehung des Wettbewerbs bei Schaffung oder Erwerb eines einzigartigen Kunstwerks oder einer einzigartigen künstlerischen Leistung nur möglich ist, wenn keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung vorhanden ist.

Die Einbringerin möchte damit potenzielle ad Personam-Regelungen ausschließen und so den kreativen Wettbewerb a priori fair und für alle zugänglich gestalten.

Bozen, 19.02.2020

Die Einbringerin
Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa

Author: Heidi

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