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Tagungen und Kongresse fördern – Tourismus entzerren

BESCHLUSSANTRAG.

Der stetig wachsende Tourismus in Südtirol konzentriert sich weiterhin auf Spitzenzeiten, zumal auf die Monate Juli und August, die in einem Jahreszeitraum von 16% weiterhin über 30% der Nächtigungen generieren. Die entsprechende Belastung liegt auf der Hand: Verkehrsspitzen, Staus und Druck auf Landschaft und Ortskerne sind dann an der Tagesordnung und treffen auch jene Einheimischen, die nicht vom Tourismus leben. Obwohl „Ganzjahres-Tourismus“ zum Gebot der Stunde und Motto der Verantwortlichen aufgerückt ist, wird seine Realisierung weiterhin nicht mit der nötigen Stringenz verfolgt.

Ein Königsweg zu seiner Pflege wäre der zügige Aufbau des Seminar-, Konferenz- und Tagungsgeschäftes, wie im Bundesland Tirol längst schon der Fall. Denn Tagungen und Kongresse finden besonders in den Monaten November, Jänner und Februar statt, in denen die normale Urlaubstätigkeit ausgesprochen schwach verläuft. Das Tagungsgeschäft stützt sich auch – anders als oft vermutet – nicht auf übergroße Teilnehmerzahlen im „Davos-Format“, denn im Schnitt kommt eine Tagung auf 120 bis 140 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, selbst in Großstädten und im Messeumfeld auf durchschnittlich gut 250 Personen. Eine solche Größenordnung ist mit normalen Tagungsräumen und auch bei kleineren Hotelgrößen dank Kooperation gut zu schultern.

Leider kümmert sich in Südtirol die im Umbau befindliche IDM nach wie vor nur am Rande um den aussichtsreichen Zweig, konkret mit nur einer einzigen Mitarbeiterin, die mit diesem Thema befasst ist. Das hierfür eingerichtete sog. B2B-Portal will überdies Kontaktstelle für Gruppenreisen wie für MICE-Veranstaltungen gleichermaßen sein. Ein fragwürdiger Spagat angesichts der Komplexität des MICE-Tourismus. „MICE“ steht dabei für die Begriffe Meetings (Tagungen), Incentives (von Unternehmen organisierte Belohnungsreisen für Mitarbeiter), Conventions (Kongresse) und Exhibitions (Ausstellungen) bzw. Events.

Es wird also erkannt, dass „Eventorganisatoren, Veranstaltungshallen, historische Gebäude mit Tagungsmöglichkeiten, Catering- und Transportunternehmen“ vom Tagungstourismus profitieren. Dadurch könne „Südtirols Tourismus die Nebensaisonen stärken und neue Kundensegmente ansprechen: Unternehmen, Organisationen, Ämter und Verbände, die Tagungen oder Reisen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisieren.“ In der aktuellen, bescheiden dimensionierten Form besteht aber das Risiko, dass vom Unternehmen „Mice“ im Endeffekt nur eine kleine „mouse“ übrigbleibt.

Dagegen bedürften die um Tagungsangebote anfragenden Unternehmen, Institutionen und Organisationen einer schlagkräftigen Stabsstelle, die sich auch der Einwerbung proaktiv stärker annehmen könnte, beispielsweise mit eigener Präsenz auf europäischen Leitmessen wie der IMEX in Frankfurt am Main oder der ibtm WORLD in Barcelona sowie im Aufbau eines Multiplikatoren-Netzwerks. Im Bundesland Tirol wird dies durch das Convention Bureau Tirol (www.convention.tirol) beispielhaft vorexerziert, da am zentralen Standort Innsbruck/Maria-Theresia-Straße vier Mitarbeiterinnen diesen Bereich, den „Tagungs(t)raum Tirol“, engagiert und neutral bestellen – seit inzwischen fast 15 Jahren und im Verbund mit nunmehr 60 offiziellen Partnern wie Tagungsstätten und Hotels. In unserem Landesteil sind solche Bemühungen hingegen versandet, wie das durch Hansjörg Viertler in den Neunzigern lancierte „Convention-Büro“.

Es sieht so aus, als ob sich die IDM lieber auf außereuropäische Mega-Branchenevents konzentriere, bei denen Luxus- und Wintertourismus im Mittelpunkt stehen: Für das Jahr 2020 wären da z.B. das T-Fest in Dubai und das Mountain Travel Symposium in Kalifornien, um nur zwei zu nennen.

Es wäre höchst an der Zeit, angesichts der steten „overtourism“-Debatte und der realen Belastungen, diesen Königsweg der besseren Verteilung im Jahreslauf mit Nachdruck anzustreben und dem Kongresstourismus stärkere Aufmerksamkeit zu widmen.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Landesregierung

  1. Bisherige Daten zum Kongress- und Tagungstourismus in Südtirol systematisch zu erheben zu lassen und in einen Vergleich mit Tirol und dem Trentino zu ziehen;
  2. das Potenzial des Kongress- und Tagungssegments von IDM in Kooperation mit Universität, EURAC, Vertretern und Verantwortungsträgern des Tourismus sowie der Südtiroler Unternehmerschaft zu erfassen, zumal die EURAC-/HGV-Studie „Zukunft Tourismus Südtirol 2030“ zur Bedeutung des Tagungstourismus völlig schweigt;
  3. den Convention-Bereich auf dieser Grundlage in kurzer Frist in Strategie und Besetzung systematisch auszubauen und so der „Meeting Industry“ auch in Südtirol als wichtiger touristischer Zukunftszweig die Wertschätzung zukommen zu lassen, die sie andernorts seit langem besitzt.

Bozen, 19.02.2020

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Author: Heidi

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