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Landesversammlung 15.11.2014
Grundwerte wie Demokratie, Gerechtigkeit, Gesundheit, Umweltschutz, Friedliches Zusammenleben, Gemeinwohl beschäftigen nicht nur uns Grüne, sondern haben in den letzten Monaten ganze Gemeinden und Talschaften in ihren Bann gezogen.
Sie sind es, die uns Grüne einen – nicht der Anspruch an Machtverteilung und Versorgungsposten. Sie sind es auch, die uns mit ökosozialen Bürgerlisten und –bewegungen auf Gemeindeebene in Verbindung bringen. Daher haben wir die 4. Landesversammlung 2014 unter das Vorzeichen der Werte gesetzt.
Ob es in einer Gemeinde ökosoziale Initiativen gibt oder nicht, das ist ein wesentlicher Unterschied für das demokratische Leben in dieser Gemeinschaft. Dies wurde eindrucksvoll von den Berichten untermauert, welche uns Menschen aus vier Gemeinden bei dieser Landesversammlung lieferten.
So wäre es ohne die grüne Stadträtin Bozens, Patrizia Trincanato, wohl nur schwerlich dazu gekommen, dass es nun unter dem Siegesdenkmal, dem jahrzehntelangen Streitapfel Südtirols, eine Stätte gibt, wo alle Interessierten der schwierigen, gemeinsamen Geschichte nachgehen können.
Ohne den Einsatz von engagierten BürgerInnen, die sich um Gesundheitssicherheit und Landschaftsschutz sorgten, hätte es in Mals niemals eine für ganz Europa richtungweisende Volksabstimmung gegeben, davon überzeugten uns Martina Hellrigl und Friedrich Haring von Hollawint und dem Promotorenkomitee für die Pestizidfreie Gemeinde Mals.
Der Einsatz der Initiativgruppe für den Erhalt des Krankenhauses Innichen, zur Kenntnis gebracht von Rosmarie Burgmann, bietet all jenen BürgerInnen Vertretung, die sich gegen die Vorgangsweise der Landesregierung in Sachen Sanitätsreform zur Wehr setzen.
Wie wichtig direkte Demokratie für die Klärung der Mehrheitsverhältnisse ist, zeigt schließlich das Beispiel Brixen und Plose-Seilbahn.
„Nach der lauen Demokratisierung, die durch die Mandatsbeschränkung vor 5 Jahren eingesetzt hat, ist es nun an der Zeit, weiter zu gehen und demokratische Vielfalt in möglichst vielen Gemeinden zum Blühen zu bringen“, so die beiden Grünen-Vorsitzenden Brigitte Foppa und Giorgio Zanvettor. „ Es ist jetzt unsere Chance und Aufgabe, den Dissens, der aus dem Zusammenbruch des quasi monarchischen Systems in Südtirol entstanden ist, zu kanalisieren. Die Enttäuschung und der Zorn, auch nach SEL- und Rentenskandal, sind aufzufangen, damit sie sich nicht umlenken in Sozialneid und Rechtspopulismus, sondern in produktive, demokratische Energie“, sagt Foppa. „Wir hoffen daher auf die Verstärkung der grünen und /oder ökosozialen Präsenz vor Ort“, ergänzt Zanvettor.
In Arbeitsgruppen wurden die sechs Grundthemen bearbeitet.
Einige Forderungen an die Landesregierung, die von der Landesversammlung verabschiedet wurden:

  • Umwelt:
    Förderung  von biologischer, regionaler Produktion:
    die Lokalkörperschaften fordern und fördern beim Einkauf von Lebensmitteln nach biologischen und regionalen Kriterien. Dies sollte geschehen durch:
    1. eine jährliche Publizitätspflicht zu den beauftragten LieferantInnen
    2. Unterstützung für lokale Anbieter im Ausschreibungsportal
    3. Unterstützung für Gemeinden beim Formulieren von Qualitätsausschreibungen
  • Gesundheit:
    Transparenz in der Vorgangsweise bei der Sanitätsreform, Vorlegen des Zahlenmaterials, Einbeziehung der betroffenen Gemeinden in den Entscheidungsprozess
  • Demokratie:
    Das Konzept der Konkordanzdemokratie sollte bezüglich seiner Eignung und Anwendbarkeit für das Südtiroler Gemeindewahlgesetz näheren Betrachtungen unterzogen werden, um eine möglichst breite Beteiligung zu ermöglichen
  • Soziale Gerechtigkeit:
    Förderung und Entwicklungen von Modellen solidarischen Wohnens
  • Zusammenleben:
    Überdenken der Sprachgruppenerhebung und –zugehörigkeitserklärung
  • Gemeinwohl: EntscheidungsträgerInnen sollen alle Initiativen, welche sie umsetzen auf ihre Gemeinwohl-Verträglichkeit/Wirkung prüfen.

Im Rahmen der Landesversammlung stellten außerdem die SprecherInnen der VerdECOnomia, Johanna Donà und Franz Hillebrand, das Konzept zur Erstellung der Gemeinwohlbilanz für die Verdi Grüne Vёrc vor.
Schließlich erfolgte von seiten der Vorsitzenden aus aktuellem Anlass der Aufruf zu Solidarität und Menschlichkeit im Hinblick auf den angekündigten Fackelzug der Lega Nord am Brenner zur Verhinderung einer Flüchtlingsversorgungszentrums – ein Akt von Egoismus und Ausgrenzung, den wir verurteilen!
Brigitte Foppa und Giorgio Zanvettor
Co-Landesvorsitzende Verdi Grüne Vërc
Bozen, den 15.11.2014

DreierLandtag 2014 Brigitte Foppa… sagte Sandwirt Hofer zu seinen Schergen.
Nach der gestrigen Sitzung des Dreierlandtags und dem Schlagabtausch mit den Freiheitlichen Kollegen zu ihrem Vorschlag, das Lied „Zu Mantua in Banden“ zur Euregio-Hymne zu erheben, findet wir uns heute via Pressemitteilung als „Feiglinge“ abgestempelt. Ein schlechter Schuss, voll daneben, finden wir.
Wir Grüne haben uns nicht gegen ein gemeinsames Musikstück als „Hymne“ für die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino ausgesprochen, im Gegenteil: Wir haben sogar konstruktive Gegenvorschläge geliefert, etwa ein gemeinsam von mehreren jungen MusikerInnen aus den drei Ländern entworfenes Musikstück, entweder mehrsprachig oder ganz ohne Text.
Auch wir finden, dass Musik Menschen verbindet. Allerdings stellen wir uns in aller Klarheit gegen die Verwendung eines Liedes, dessen Kern die Chronik einer Erschießung ist. Auch wenn es oft gesungen wurde und als hoch geschätztes Kulturerbe erscheint: Der Text des Andreas-Hofer-Liedes ist eindeutig militaristisch („den Tod, den er so manchesmal vom Iselberg geschickt ins Tal“) und kampfverherrlichend („will sterben wie ich stritt“, sagt Hofer, als er das Niederknien verweigert).
In einer Zeit, in der uns fast täglich Hinrichtungen in anderen Teilen der Welt erschüttern, ist es kein zukunftsweisendes Signal der Verbundenheit unserer Länder, wenn die Geschichte einer Hinrichtung als gemeinsame Hymne dienen soll.
Diese Verbundenheit braucht Erzählungen, die Gemeinsamkeit stiften. Liedtexte, die Menschen aller Sprachgruppen, Generationen, Geschlechter zusammenführen – während eine Kriegserzählung, eine Opfergeschichte immer trennen wird und bestimmte Gruppen ausschließt.
Hier gilt es, einen neuen Weg einzuschlagen, durch einen Neubeginn, der weit mutiger wäre als immer nur das Alte fortzuschreiben und abzuschreiten. So viel zum Vorwurf der Feigheit, der sein Ziel weit verfehlt.
Brigitte Foppa
Hans Heiss
BZ, 29.10.2014
Anhang: Liedtext, mit wörtlicher Übersetzung ins Italienische

Zu Mantua in BandenDer treue Hofer war,
In Mantua zum Tode
Führt ihn der Feinde Schar.
Es blutete der Brüder Herz,
Ganz Deutschland, ach, in Schmach und Schmerz.
Mit ihm das Land Tirol,
Mit ihm das Land Tirol.Die Hände auf dem Rücken
Der Sandwirt Hofer ging,
Mit ruhig festen Schritten,
Ihm schien der Tod gering.
Den Tod, den er so manchesmal,
Vom Iselberg geschickt ins Tal,
Im heil’gen Land Tirol,
Im heil’gen Land Tirol.
Doch als aus Kerkergittern
Im Festen Mantua
Die treuen Waffenbrüder
Die Händ‘ er strecken sah,
Da rief er laut: „Gott sei mit euch,
Mit dem verrat’nen deutschen Reich,
Und mit dem Land Tirol,
Und mit dem Land Tirol.
„Dem Tambour will der Wirbel
Nicht unterm Schlegel vor,
Als nun der Sandwirt Hofer
Schritt durch das finst’re Tor,
Der Sandwirt, noch in Banden frei,
Dort stand er fest auf der Bastei.
Der Mann vom Land Tirol,
Der Mann vom Land Tirol.
Dort soll er niederknie’n,
Er sprach: „Das tu ich nit!
Will sterben, wie ich stehe,
Will sterben, wie ich stritt!
So wie ich steh‘ auf dieser Schanz‘,
Es leb‘ mein guter Kaiser Franz,
Mit ihm sein Land Tirol!
Mit ihm sein Land Tirol!“
Und von der Hand die Binde
Nimmt ihm der Korporal;
Und Sandwirt Hofer betet
Allhier zum letzten Mal;
Dann ruft er: „Nun, so trefft mich recht!
Gebt Feuer! Ach, wie schießt ihr schlecht!
Ade, mein Land Tirol!
Ade, mein Land Tirol!“ »
 
A Mantova in catenestette il fedele Hofer
La schiera dei nemici
lo portava alla morte.
Pianse il cuore dei fratelli,
tutta la Germania,
oh, di dolore e vergogna.
E con essa la regione del Tirolo,
con essa la regione del Tirolo.Le mani legate sulla schiena
camminò l’albergatore Hofer.
Con passo tranquillo e fermo,
la morte gli sembrò facile.
La morte che lui stesso parecchie volte
aveva mandato in valle, dal Monte Isel.
Nella sacra regione del Tirolo,
la sacra regione del Tirolo.
Ma quando dalle grate del carcere
nella fortezza di Mantova
vide i fedeli fratelli di armi allungare le mani,
allora chiamò a voce alta:
“Dio sia con voi,
con il tradito Regno di Germania
e con la regione del Tirolo,
la regione del Tirolo.”
Al tamburo non riesce il rullo,
quando l’albergatore Hofer
attraversò la porta buia.
L’albergatore,
libero anche nelle catene,
lì stette, fermo, al bastione.
L’uomo del Tirolo,
l’uomo del Tirolo.
Là deve inginocchiarsi, ma disse:
“Non lo faccio. Voglio morire in piedi,
voglio morire come ho combattuto!
Così come sto in questa trincea,
viva il mio buon imperatore Franz,
e con esso la regione del Tirolo,
con esso la regione del Tirolo!”
E il caporale gli tolse la benda dalla mano
e l’albergatore Hofer
qui pregò per l’ultima volta.
Dopo esclamò: “Allora colpitemi!
Fuoco! Ah, come sparate male!”
Addio, mio Tirolo,
addio mio Tirolo!

DreierLandtag 2014
 

2014 10 11 Treffen am BrennerNach der Ablehnung des Vorschlages der grünen Landtagsfraktion, am Brenner eine Notversorgungsstelle für Flüchtlinge einzurichten, kam das Treffen mit der grünen Tiroler Landesrätin Christine Baur wie gerufen.
Christine Baur ist seit 2013 in der Tiroler Landesregierung unter anderem für die Flüchtlingsagende zuständig. Dabei erweist sich das Bundesland Tirol im Vergleich mit Südtirol wesentlich „gastfreundlicher“ und verantwortungsbewusster. So kommen in Tirol (das in der Gesamteinwohnerzahl etwa 1,5 mal so stark ist wie Südtirol) über 2.000 Flüchtlinge unter, während es in Südtirol gerade einmal 250 sind. Auch hat Tirol eingesehen, dass es angesichts der Bedürftigkeit der oft schwer traumatisierten Flüchtlinge, jenseits der Zuständigkeitsgrenzen zu handeln gilt. „Wir tun es einfach!“, sagte die Landesrätin, wobei sie durchaus auch auf die Koordinierungsschwäche der europäischen Flüchtlingspolitik hinwies. Trotzdem ist Tirol bereit, aufgegriffenen Durchreisenden, meistens auf dem Weg nach Nordeuropa, eine Erstversorgung, Unterkunft und Essen zu bieten, bevor sie nach Italien zurück geschickt werden. Auf der Südseite des Brenners ist die Lage wesentlich schlechter, die Institutionen sind nicht dort imstande, etwas Ähnliches zu bieten und überlässt das Feld den Freiwilligenorganisationen, die sich mit großem Einsatz um die Flüchtlinge kümmern.
Das grüne Treffen am Brenner brachte die Erkenntnis, dass die Versorgung von Menschen in Not, zumal wenn sie aus Kriegsgebieten stammen, absolute Priorität haben muss. Dabei kann man sich am Bundesland Tirol orientieren, anstatt die Verantwortung auf Italien abzuschieben, wie gestern im Landtag passiert. Die Zeit ist reif, nicht mehr darüber zu diskutieren, OB wir Flüchtlinge aufnehmen sollten, sondern es geht darum, über das „Wie“ zu reden.
Das ist unsere humanitäre Pflicht, diesseits wie jenseits des Brenners.
Beim Dreierlandtag am 28. Oktober sollte auf jeden Fall Raum dafür geschaffen werden, über dieses Thema zu informieren und gemeinsam über Lösungen zu beraten.
Florian Kronbichler
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hans Heiss

OrsoBrunoNach wochenlangen Polemiken und einer langen Verfolgungsjagd ist die Bärin Daniza nun getötet worden. Die allgemeine Empörung schlägt hohe Wellen und die arme Bärin ist ein Star wider Willen geworden, der die Seiten der Zeitungen und sozialen Medien füllt.
Wir teilen die Entrüstung über das so offensichtliche Versagen der Verantwortlichen. Aber wir erinnern auch daran, dass wir im letzten Juli einen Beschlussantrag vorgelegt hatten, die eine Arbeitsgruppe Großraubwild vorsah, um die Bevölkerung über mögliche Probleme rund um Bären, Wölfe und Luchse zu informieren und sensibilisieren und zugleich die Auswirkungen dieser Wildpräsenz in unserem Territorium zu studieren. Damals gab es eine ziemlich peinliche Diskussion im Landtag (nachzusehen in http://www.landtag-bz.org/de/datenbanken-sammlungen/video-archiv-detail.asp?lang=de&id=125 Beschlussantrag 38/14) , in der unser Antrag abgelehnt wurde. Proteste gab es keine, ebenso keine allgemeine Empörung über die Gleichgültigkeit der Politik dem Thema gegenüber.
Wir nutzen also diesen traurigen Anlass, um die Landesregierung aufzufordern, der Information und Sensibilisierung der Bevölkerung den Vorrang vor Angst- und Panikmache zu geben und sich in den Entscheidungen auf das Wissen von ExpertInnen zu verlassen und nicht auf die Interessen von Einzellobbys.
Unser abgelehnter Beschlussantrag (vorgelegt im Jänner 2014) ist hier verfügbar: http://www2.landtag-bz.org/documenti_pdf/IDAP_296108.pdf.
BZ, 12.09.2014
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hans Heiss

Vier Vertreter der Wirtschaftsgruppe der Grünen verdECOnomia nahmen an der Klausurtagung des Vereins für Gemeinwohlökonomie Italien teil.
Die Tagung fand am 27. Juli auf dem Petersberger Leger in Aldein statt, deren Betreiber, Alexander Bisan, selbst eine Gemeinwohlbilanz erstellt hat und aktuell nur mehr vegetarische und vegane Kost anbietet. Ziel des Dachvereins für Gemeinwohlökonomie ist es, Informationen über die Gemeinwohlökonomie italienweit zu verbreiten. Günther Reifer, Präsident des Vereins, wurde erst im Mai 2014 im römischen Parlament vorstellig, um die Grundsätze der Gemeinwohlökonomie zu präsentieren. Auf der Klausur wurden die Aktionen für das kommende Jahr geplant, um die Idee der Gemeinwohlökonomie noch weiter zu verbreiten. Mehr Infos dazu findet ihr unter: www.economia-del-bene-comune.it.
Die Zielsetzung der Gruppe verdECOnomia ist kohärent mit dem Ziel des Vereins, daher wird sich die verdECOnomia dort auch in Zukunft aktiv einbringen. Einige unserer Mitglieder haben ihre Unternehmen bereits bilanziert, wie z.B. Triade Bio des Co-Koordinatoren der verdECOnomia, Franz Hillebrand. Sie konnten so den Prozess schon ein bis zwei Jahre testen. Es geht grundsätzlich nicht um die Bilanzierung an sich, sondern darum den Prozess mitzumachen, sich die Fragen zu stellen: Was könnte ich verbessern? Was noch nachhaltiger gestalten? Wie wähle ich meine Lieferanten aus? Wie gehe ich mit meinen MitarbeiterInnen um? …
Die verdECOnomia strebt zudem die Bilanzierung der Grünen Partei nach den Kriterien der Gemeinwohlbilanz an. Gemeinsam mit dem PD wird ein Workshop geplant, um voneinander lernen zu können. Gestartet wird im Herbst 2014.

Pressekonferenz Rebecca Harms - Hotel MondscheinRebecca Harms mit den Südtiroler Grünen zur Zukunft unseres Landes.

Die institutionelle Zukunft Südtirols steht auch im Mittelpunkt dieses Wahlkampfes. Das diffuse Unbehagen der (deutschsprachigen) Bevölkerung erwächst aus einer nicht ausreichenden Grunderfahrung von Mitbestimmung und Demokratie sowie einer ständig geschürten Angst vor „Italien“. Dieses Unbehagen wird von den „deutschpatriotischen“ Rechtsparteien auf die „Staatsform“ gelenkt und richtet sich gegen die Zugehörigkeit zum italienischen Staat.

So werden Sezession, Freistaat und Rückkehr zu Österreich als machbare Optionen präsentiert. Der Versuch, solche Optionen zu lancieren, setzt an am Veränderungswunsch der Menschen in Südtirol und treibt zugleich einen Keil zwischen die Sprachgruppen. Außerdem nimmt man die Kräfte aus der Pflicht, die für eine wirkliche Erneuerung vorab verantwortlich wären, nämlich die regierenden Mehrheitsparteien.

Wir Grüne setzen diesen falschen und leichtfertigen Alternativen die Vision einer demokratischen Erneuerung des Autonomiestatuts entgegen (s. ausführlicher in unserem Auszug aus dem Wahlprogramm). In einer offenen, partizipativen Form sollen BürgerInnen und Vertretungen der gesellschaftlichen Strömungen die neuen Grundlagen des Zusammenlebens gemeinsam erarbeiten.
Wesentliche Ressource und identitätsstiftendes Merkmal unseres Landes sind dabei die Mehrsprachigkeit und die Präsenz mehrerer Kulturen in einem begrenzten alpinen Raum.

Europa ist in dieser Vision von großer Bedeutung. Einerseits als der größere Zusammenhang, in dem auch unser Land eingebettet ist, jenseits des schwer angeschlagenen Nationalstaates Italien. Vor allem aber auch als Garant einer friedlichen Koexistenz von Staaten, Regionen und Völkern auf unserem Kontinent.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im EU‐Parlament, Rebecca Harms, erinnert an den Gedanken des solidarischen Transfers, der Europa zu Grunde liegt und der immer noch seinen Wert behält. Die Abspaltungstendenzen, die sich in Europa beobachten lassen, sind oft Ausdruck von Eigennutz, finanzieller Ängsten von Kleinräumen und des Willens zur Abgrenzung gegenüber wirtschaftlich Schwächeren.
Es braucht also nicht „mehr Europa“, sondern einen echten Glauben an unsere Völkergemeinschaft. Sie ist letztlich, so Rebecca Harms, das Beste, das wir in den letzten 100 Jahren hervorgebracht haben. „Eigentlich ein Wunder!“, so die Fraktionsvorsitzende.

StoppGewaltVerstößt die laufende Pressekampagne „Stopp der Gewalt“ nicht in gravierender Weise gegen das durch die Verfassung auferlegte Diskriminierungsverbot?

Seit einem Monat ist die Debatte um Gewalt unter Jugendlichen voll entbrannt, ausgelöst durch eine brutale Attacke einer Gruppe ausländischer Jugendlicher gegen einheimische junge Männer und eine Frau aus bekannten Familien. Der in jeder Hinsicht verurteilenswerte Angriff mit schweren Verletzungen wurde zum Auslöser einer Kampagne, in der die „Dolomiten“ vor allem den hohen Anteil jugendlicher Ausländer an den gewaltsamen Angriffen hervorhoben. Nun ist unbestritten, dass jugendliche Migranten an gewaltsamen Angriffen beteiligt sind, mit z. T. schweren Verletzungen und psychischen Traumen für die Betroffenen. Die betroffenen Jugendlichen und ihre Familien verdienen Anteilnahme und konkrete Hilfe, wobei die Kampagne gewiss dazu beigetragen hat, die öffentliche Aufmerksamkeit zu heben. Die Kampagne hat allerdings auch Ausländer und vor allem Albaner als potenzielle Gewaltfaktoren im Land über Wochen hinweg in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit gerückt. Nicht nur die Täter selbst, sondern ganze Nationalitäten werden durch die Art der Darstellung als Gefahrenherde inkriminiert und als erhöhte Sicherheitsrisiken klassifiziert. Vor allem junge Albaner, mit 5600 Personen (2011) vor den Bundesdeutschen Angehörige der größten Gruppe von Migranten in Südtirol, rückten als Täter ins Visier der Presse.

Obwohl die „Dolomiten“ ihre Hinweise auf Ausländergewalt durch das Hervorheben „guter Ausländer“ und durch Hinweise auf notwendige Unterscheidung abschwächten, blieben im Rahmen der Kampagne vor allem die negativen Bilder im Bewusstsein der Öffentlichkeit haften, wie aus öffentlichen Reaktionen vor allem in „Sozialen Medien“ hervorgeht. Eine Pressekampagne dieses Zuschnitts ist daher abzulehnen, mag sie auch den Vorzug der Sensibilisierung eines bislang unterdrückten Themas haben und die notwendige Solidarität mit den bisherigen Opfern und Vermeidung künftiger Gewalttaten fördern.

Die Kampagne erreichte ihren Höhepunkt am Tage eines „Sicherheitsgipfels“ in der Handelskammer Bozen (11. Juli 2013), bei dem Staat, Land und soziale Organisationen (allerdings ohne Vertreter der am stärksten inkriminierten Albaner) eine Bilanz der Situation zogen und Maßnahmen vereinbarten. Obwohl die Ernsthaftigkeit vieler Vorfälle nicht in Frage gestellt wird, hielt Präfekt Valenti fest: „von einem Notstand zu sprechen, ist vermessen“.

Die „Dolomiten“ listeten am selben Tag auf zwei Seiten Opfer und Täter von 44 Vorfällen im Zeitraum Frühjahr 2004 bis Juli 2013 auf: Als „Täter“ wurden in 36 Fällen „Albaner“ aufgelistet, hinzu kamen noch mehrere ungezählte Gruppen dieser Nationalität, 3 Mazedonier, 4 Nordafrikaner, einige Pakistani, dazu eine unbestimmte Zahl von „Ausländern“, „vermutlich Ausländern“, „Jugendliche mit Migrationshintergrund, hinzu kamen 2 Süditaliener, 5 einheimische Burschen, je ein Mann aus Meran und aus Leifers. Als Opfer aufgelistet wurden 63 Einheimische, hinzu kamen als wenige Ausnahmen eine Frau aus Marokko und eine Einwandererin. Dies sind freilich keine objektiv erhobenen Daten, sondern Ergebnisse eigener Recherchen und Meldungen Betroffener. Dass in der von den „Dolomiten“ veröffentlichten Liste die zahlreichen gewalttätigen Angriffe von „einheimischen“ Neonazis und -faschos vor allem im Meraner Raum zwischen 2004 und 2009 fehlen, sei hier nur der Vollständigkeit halber angemerkt.

Nochmals: Niemand will die Schwere und tragische Folgen vieler Attacken in Frage stellen, erst recht nicht das Leid der Opfer klein reden, wohl aber verdient diese Form medialer Aufbereitung Kritik, die den Lesern folgendes nahe legt:

  • Die Täter seien in überwiegendem Ausmaß Ausländer, vor allem Albaner;
  • Die Opfer hingegen seien fast ausnahmslos Einheimische, vor allem Jugendliche.

Dies hat zur Folge, dass vor allem Albaner in Südtirol dauerhaft diskriminiert werden und ca. 50-100 „Täter“ dazu ausreichen, um mit ihrer geschätzten Zahl von 1% eine ganze Volksgruppe negativ abzustempeln: Wie sich dies auf die Stimmungslage und Lebensqualität der gesamten Nationalität auswirkt, kann man sich annähernd vorstellen:

Es verhält sich mit solchen Schuldzuweisungen ähnlich wie bei den Südtirolern, die nach 1945 von italienischer Seite allesamt als Nazis gebrandmarkt wurden, da starke Gruppen von ihnen spätestens seit der Option von 1939 mit dem Nationalsozialismus sympathisiert hatten.

Daher richten wir folgende Fragen an die Südtiroler Landesregierung:

Welche sind die genauen Ergebnisse des gestrigen „Sicherheitsgipfels“, welches Maßnahmenpaket wurde verabschiedet?

  1. Wird den Opfern von Gewaltattacken für die erlittenen körperlichen und psychischen Schäden seitens des Landes Hilfe geboten?
  2. Gehörte zum „Sicherheitsgipfel“ nicht auch die Sicherung des Rufes von ausländischen Nationalitäten?
  3. Beurteilt sie die laufende Pressekampagne neben ihren unstrittigen Erfolgen für den Opferschutz nicht als massive und verfassungswidrige Diskriminierung ganzer Bevölkerungsgruppen?
  4. Wird die Antidiskriminierungsstelle (Art. 5 des LG 12/2011) des Landes bewerten, ob mit der angeführten Pressekampagne nicht eine massive und ungerechtfertigte Diskriminierung einer Bevölkerungsgruppe vorliegt?
  5. Welche Statistiken liegen zur Gewalt gegen Personen im Zeitraum 2004-2013 in Südtirol vor, lassen sie sich nach Art der Angriffe, Verletzungen und Altersgruppen aufschlüsseln (um Vorlage wird ersucht)?

 Bozen,12. Juli 2013

Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba

Die Landesversammlung der Grünen nimmt mit Abscheu zur Kenntnis, welche Form die Berichterstattung über einige verwerfliche Vorfälle von Gewaltanwendung gegen Frauen und Jugendliche angenommen hat.

Die Grünen verurteilen jede Form von Gewalt. Sie verwahren sich aber genauso gegen den Missbrauch von Meldungen über Gewalt-Vorfälle, wirkliche wie angebliche.

Vorbeugung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten müssen Sache der Ordnungskräfte und der Justiz bleiben, und zwar ausschließlich. Medienkampagnen sind dafür nicht hilfreich. Im Gegenteil, sie schüren ein Klima der Verdächtigung, der Kollektiv-Schuldzuweisung und letztlich der Fremdenfeindlichkeit.

Jede Panikmache schadet dem Ziel des gesitteten Umgangs der Menschen miteinander. Was als Appell zum Selbstschutz gemeint sein mag, wird leicht als Aufruf zu Selbstjustiz verstanden. Kein noch so schlimmer Vorfall kann eine solche rechtfertigen. Es gilt den Anfängen zu wehren.

Die Grünen rufen Bürgerinnen und Bürger auf, der Panikmache nicht zu erliegen. Freiheit und Gesetzlichkeit sind das höchste Gut jeder demokratischen Gesellschaft. Schützen wir es! Auch vor jenen, die vorgeben, es zu schützen.

Erklärung der Landesversammlung

Bozen, den 22. Juni 2013