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Die derzeitige Staatsbürgerschaftsregelung führt zu diversen sozialen Problemen für Kinder und Jugendliche. Wenn deren Eltern nämlich keine italiensiche Staatsbürgerschft haben, bekommen auch sie diese nicht automatisch, selbst wenn sie hier geboren worden sind, ihren gesamten Bildungsweg in unseren Schulen absolviert haben und perfekt die Sprache des Landes beherrschen. Aufgrund dessen sind Kinder und Jugendliche in Italien tagtäglich diskriminierungen ausgesetz.
Lesen Sie hier unseren Beschlussantrag.
[gview file=“http://www.verdi.bz.it/wp-content/uploads/2017/09/ious-soli.pdf“]

Es wäre ein großer Verlust für die Geschichtswissenschaft und die öffentliche Erinnerungskultur in Südtirol und Bozen

source: https://de.wikipedia.org/wiki/Stadtarchiv_Bozen#/media/File:Altes_Rathaus_in_Bozen_-_S%C3%BCdseite_in_den_Lauben.JPG; author: Vollmond11; license: CC BY-SA 3.0, Attribution-ShareAlike 3.0 Unported, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


Dem Vernehmen nach hat Hannes Obermair, Historiker und Leiter des Stadtarchivs Bozen, seine Stelle bei der Gemeinde Bozen gekündigt. Die Hintergründe der Entscheidung sind nicht bekannt, wohl aber ist absehbar, dass dies ein folgenschwerer, bedauernswerter Schritt wäre: Für die Geschichtswissenschaften und die öffentliche Erinnerungskultur in Südtirol, vorab in der Landeshauptstadt Bozen.
Dr. Obermair ist am Stadtarchiv Bozen seit Anfang 2002, seit 2009 auch als Direktor des Hauses tätig, nachdem er zuvor am Südtiroler Landesarchiv seit 1993 grundlegende Aufbauarbeit geleistet hatte. Der bereits zum Zeitpunkt des Einstiegs in Bozen angesehene Mediävist und Editor hat dem Stadtarchiv ein markantes wissenschaftliches und öffentliches Profil verliehen und damit die Kulturpolitik über Bozen hinaus maßgebend bereichert.
Vorab sein qualifiziertes und entschiedenes Eintreten für eine öffentliche Erinnerungskultur in Bozen haben zu einer grundlegenden Wende zum Besseren beigetragen: Als wichtiger Mitträger und Ideator der Umgestaltung des Siegesdenkmals zur Gedenkstätte, als Vordenker und Promotor einer europäischen Erinnerungskultur in Bozen hat Obermair herausragendes öffentliches Engagement bewiesen. Dabei hat er sich mit großer Zivilcourage und strategischem Gespür auf die Gratwanderung zwischen Wissenschaft und Politik eingelassen und meldet sich unerschrocken in öffentliche Debatten zu Wort.
Die Gemeinde Bozen sollte sich bewusst sein, dass sie sich den Abgang einer solchen Persönlichkeit, die bei beiden großen Sprachgruppen anerkannt ist, grundsätzlich nicht leisten kann. Es sollten alle Versuche unternommen werden, Hannes Obermair doch noch umzustimmen und ihn dazu zu bewegen, seine verantwortliche und grundnotwendige Position in Bozen weiterhin wahrzunehmen.
Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba, L.Abg.
Brigitte Foppa, Co-Vorsitzende der Grünen und L. Abg.
Tobias Planer, Co-Vorsitzender der Grünen und Gemeinderat in Bozen
Bozen, 23.08.2017

L.Abg. Sigmar Stocker wirft den Grünen Südtirols vor, die Kampagne des Münchner Umwelt-Instituts heimlich unterstützt zu haben. Wir sollten – so Stockers Verdacht – damit der Bundestagskandidatur von Karl Bär auf der Grünen Landesliste in Bayern Schützenhilfe im Wahlkampf gewährt haben.
Gewiss ist verständlich, dass es für den Blauen Stocker in Südtirol kaum Schlimmeres geben kann als das Auftreten eines Grünen mit Namen Bär (womöglich mit islamistischem Hintergrund) und so beeilen wir uns, ihn zu beruhigen:

  • Wir Südtiroler Grüne sind an der Kampagne des Münchner Umweltinstituts nicht beteiligt. Mit Karl Bär hatten wir uns im April 2017 zu einem allgemeinen Meinungsaustausch zum Thema Landwirtschaft getroffen.
  • Wir Grüne wurden, wie auch die Malser AktivistInnen, von der Kampagne des Umweltinstituts überrascht. Sie weist durchaus auch einige Schwächen auf, etwa dass ganz Südtirol und alle Bauern in einen Topf geworfen werden oder dass sie sich durch die Verwendung eines Bildes aus der biologischen Landwirtschaft den Vorwurf der Unprofessionalität gefallen lassen muss.
  • Die Aktion legt aber auch den Finger in die Wunde. Kaum ein Land spielt wie Südtirol mit dem „sauberen Image“ des Landes in den Bergen, das von naturnaher Landwirtschaft und schöner Landschaft lebt. Dem widerspricht eine weitgehend monokulturell angelegte Landwirtschaft mit großem maschinellen und chemischen Einsatz. Die Münchner Kampagne bricht dieses Tabu und wirft wichtige Fragen für die künftige Ausrichtung der Südtiroler Landwirtschaft auf.
  • Die emotionalen und beleidigten Reaktionen des offiziellen Südtirols finden wir deshalb überzogen, die von der Landesregierung angedrohte strafrechtliche Verfolgung ist absurd.
  • Wir glauben hingegen: Irritation schafft Veränderung!
  • In diesem Sinne sind wir davon überzeugt, dass der Weg vom konventionellen Obstbau zu einer stärker biologischen Ausrichtung mit Nachdruck zu verfolgen und der Pestizid-Einsatz Schritt für Schritt zu verringern ist. Die Zeichen dafür, dass dies erkannt wird, stehen besser als früher. Die Forderung kommt nicht primär von politischen Bewegungen oder Umweltinstituten, sondern von vielen BürgerInnen und zahllosen VerbraucherInnen. Inzwischen zieht sogar Landesrat Schuler „den Hut vor den Biodynamischen“.
  • Wir Grüne unterstützen den „Malser Weg“ als ein notwendiges Versuchslabor und demokratischen Test über die künftige Ausrichtung der Südtiroler Obstwirtschaft. Dabei geht es nicht um die Profilierung einzelner Personen oder Gruppierungen, sondern um grundsätzliche Orientierung und um die Entwicklung einer Region; letztlich auch um den Weg Südtirols.

Brigitte Foppa und Tobias Planer, Co-Landesvorsitzende
Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba, Landtagsabgeordnete
P.S. Außerdem gilt immer noch Meinungs- und Ausdrucksfreiheit. Wenn Sigmar Stocker uns Grüne stets als VerbotsfetischistInnen etikettiert, so könnte er ruhig einmal darüber nachdenken, wie er mit ungeliebter Gegenmeinung umgeht.
Bozen, 18.08.2017

Die Debatte um die Einschreibungen von „nicht-deutschen“ Kindern in die deutschen Kindergärten wirft diverse Fragen in Zusammenhang auf die Südtiroler Bildungspolitik der letzten Jahrzehnte auf. Es zeigt sich in aller Deutlichkeit, auf wie vielen Widersprüche und Scheinregelungen die Trennungspolitik fußt. Die sich nun abzeichnenden Maßnahmen, wie sie die SVP treffen will („Vorrang“ für „deutsche“ Kinder in deutschen Kindergärten und zentral gesteuerte Verteilung von „nicht deutschen“ Kindern auch auf Kindergärten, die weiter vom Familienwohnort entfernt liegen können), führen diese Linie fort. In zwei Landtagsanfragen sind wir einigen dieser Fragen nachgegangen.
Die erste und wichtigste Frage, sie liegt der gesamten Debatte überhaupt zugrunde, lautet:

  • Wie wird die “Deutschheit” der Kinder festgestellt werden?

Denn es kann wohl kaum an die Erhebung der Sprachkenntnisse von Kindern unter 2 Jahren gedacht werden. Erwägt man also die Eigenerklärung der Eltern? Wie will man deren eventuelle “Falscherklärungen” erkennen? Und da die Südtiroler Realität ja auch Familien kennt, in denen die Eltern unterschiedliche Sprachen sprechen, folglich die zweite Frage:

  • Gelten Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, als “deutsch”?

Wenn man davon ausgeht, dass Eltern eine Eigenerklärung abgeben werden, dann ergibt sich die dritte Frage:

  • Was wird passieren, wenn sich nach Beginn des Schuljahres herausstellt, dass ein Kind etwa “nicht genug Deutsch” spricht? Entscheidet dann tatsächlich der Kindergartenbeirat gemäß Art. 22 des LG Nr.36/1976?

Ob dieses Gremium, bestehend aus Kindergartenpersonal, Gemeinde- und Elternvertretungen, tatsächlich geeignet ist, über Ausschluss von Kindern aus Sprachgründen zu entscheiden, darf bezweifelt werden – etwa, dass Eltern über die Kinder anderer Eltern entscheiden dürfen oder müssen.
Wenn man schließlich das Gremium des Kindergartenbeirat aus der Nähe betrachtet, trifft man auf das Landesgesetz Nr. 36 aus dem Jahre 1976, in dessen Artikel 23 steht, dass die Mitglieder des Kindergartenbeirats „der dem Kindergarten entsprechenden Muttersprache angehören“ müssen. Dazu ergeben sich die weiteren Folgefragen:

  • Wie wird grundsätzlich festgestellt, welche “Muttersprache” die Mitglieder der Kindergartenbeiräte haben?
  • Gelten Menschen, die mehrsprachig aufwachsen, als automatisch “muttersprachlich” im Sinne der genannten Norm?
  • Wie wird die geforderte “Muttersprachlichkeit” garantiert, wenn keine “deutschen” Eltern in einem Kindergarten für die Vertretung zur Verfügung stehen?

Eines ist sicher: Je länger man am Trennungsmodell im Südtiroler Bildungssystem festhält, desto mehr wird man sich in Widersprüchlichkeiten wie den hier angerissenen verstricken – und von einer echten, zukunftsweisenden Lösung entfernt bleiben.
Bozen, 26.07. 2017
Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba

Neuerungen bringen vor allem weniger Rechte für MigrantInnen und weniger Garantien für VerbraucherInnen beim Kauf Gentechnik-freier Produkte.
Das Omnibusgesetz (LGE Nr. 125/17) ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Gesetze nicht geschrieben werden sollten. Vor einem Jahr, als der vorhergehende Omnibus-Gesetzentwurf behandelt wurde, hatte die Grüne Fraktion den Wunsch geäußert, es möge das letzte Gesetz dieser Art sein. Der vorliegende Gesetzentwurf macht einmal mehr diese Hoffnung zunichte und gibt auch für die Zukunft Anlass zu Pessimismus.
Verschiedenste Themenbereiche, die teilweise von besonderer Bedeutung sind, wie Soziales und Umwelt, sind von den Änderungen betroffen. Vor allem für MigrantInnen und VerbraucherInnen bringen die Neuerungen negative Auswirkungen mit sich.
Keine Gnade bei der Vergabe von Beihilfen an MigrantInnen
Mit Artikel 18 wird das Landesintegrationsgesetz abgeändert. Demnach werden künftig wirtschaftliche und soziale Hilfeleistungen nur dann gewährt, wenn nicht nur der Antragsteller/die Antragstellerin, sondern sogar auch die gesamte Kernfamilie Bereitschaft zur Integration zeigt. Wenn die betroffenen Personen „geringe oder gar keine Bereitschaft“ zeigen, werden ihnen einige Beihilfen sozialer und wirtschaftlicher Natur, „die über die Kernleistungen hinausgehen“, nicht gewährt.
Es wird aber weder geklärt, was unter den „Maßnahmen zur Förderung der Integration“ verstanden wird, noch welche Hilfeleistungen auf der Grundlage der Integrationsbereitschaft gewährt oder verweigert werden sollen. Bezieht sich die Regelung vielleicht auf das Familiengeld oder doch auf das Wohngeld? Doch diese Leistungen sind für viele Familien unentbehrlich, um nicht in Armut zu leben. Ist eine solche Regelung, die eine Ungleichbehandlung von Menschen in der gleichen Situation vorsieht, überhaupt verfassungsmäßig? Die Betroffenen werden im Unklaren gelassen, obwohl diese Änderung einen massiven Eingriff in das Leben tausender MigrantInnen bedeuten würde. Artikel 18 führt daher zu einer schwerwiegenden Rechtsunsicherheit und stellt einen völligen Blankoscheck für die Landesregierung dar.
Außerdem wenden sich diese Maßnahmen vor allem an MigrantInnen, die bereits seit Jahren bei und mit uns leben. Müssen sie ihre Integrationsbereitschaft ein weiteres Mal beweisen? Überdies wurde dem Landesbeirat für Integration die Passage nicht zur Beurteilung vorgelegt, obwohl er von Rechts wegen dafür zuständig wäre. Bevor die Landesregierung anderen eine Integrationsprüfung auferlegt, sollte sie zuerst selbst ihre Hausaufgaben machen. So wurde beispielsweise die im Landesintegrationsgesetz vorgesehene Antidiskriminierungsstelle nie eingerichtet, auch sind keine Initiativen von Seiten des Landes bekannt, die sich gegen die Diskriminierung eingewanderter Personen, z.B. im Bereich der Arbeits- und Wohnungssuche, einsetzen.
Menschen mit Zwangsmaßnahmen zu belegen oder sie gar durch die Streichung grundlegender Leistungen in die Verarmung zu treiben, ist wahrlich keine Handreichung zur Integration. Sie gelingt nur, wenn sie aktiv mit viel Vertrauen und Motivation von der eingewanderten Person ausgeht.
Weniger Garantien für Gentechnik-freie Produkte
Weitere Verschlechterungen ergeben sich durch Artikel 12 und 14, die das Landesgesetz zur Anerkennung und Kennzeichnung Gentechnik-freier Produkte betreffen. Was als Entbürokratisierung verkauft wird, stellt sich bei genauer Betrachtung als Rechtsunsicherheit für die VerbraucherInnen heraus.
Für die Kennzeichnung der Produkte und die Führung des Registers wird allein die Landesagentur für Umwelt zuständig sein. Das vorherige Komitee, in dem auch VerbraucherInnenverbände vertreten waren, wird abgeschafft. Eben diese Vereine wurden nicht einmal zum Gesetz angehört. In Zukunft brauchen sich HerstellerInnen für die Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“ nicht mehr um ein Ansuchen zu kümmern, eine einfache Meldung reicht aus. Überprüfungen können also nur im Nachhinein durch Kontrollen erfolgen, deren Häufigkeit wird aber im Gesetz nicht festgelegt. Mindest- und Höchstausmaß der Sanktionen werden ausgeweitet, der Ermessensspielraum derjenigen, die sie anwenden müssen, erweitert sich.
Die Gesetzesänderung führt dazu, dass sich VerbraucherInnen, die sich bewusst für den Kauf Gentechnik-freier Produkte entscheiden, nicht 100% sicher sein können, was in ihrem Einkaufskorb landet.
Diese und weitere Themen hätten eine genaue und aufmerksame Bewertung, auch mittels eigener Gesetze, benötigt.
Immerhin, zur Sonntagsruhe ist uns im Gesetzgebungsausschuss ein Erfolg gelungen. Bauarbeiten dürfen weiterhin nur an Werktagen durchgeführt werden. Wir haben es geschafft, den Teil, der vorsah, die Arbeit auf Baustellen an sieben Tage in der Woche zu erlauben, zu streichen. Die Gesundheit der AnrainerInnen und ArbeiterInnen ist zumindest vorläufig gerettet. Die Landesregierung könnte jedoch in der Landtagssitzung noch einmal versuchen, diesen Artikel zu ändern.
Wir werden in der Landtagsdebatte Anträge zu den genannten Themen, aber auch bezüglich der Neuregelungen zu den Apotheken und der Finanzierung öffentlicher Mobilität durch die Gemeinden einbringen und unseren Wunsch an die Landesregierung, von Omnibusgesetzen verschont zu bleiben, erneuern.
Bozen, 27.06.2017
Landtagsabgeordnete
Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa, Hans Heiss
Minderheitenbericht zum Landesgesetzentwurf Nr. 125/17 von Riccardo Dello Sbarba

Studie Kolipsi II: Rückgang der Zweitsprachenkenntnis bei Schülerinnen und Schülern ist kein Betriebsunfall, sondern ein Systemdefekt Südtirols. Grüne Vorschläge.
Die gründliche, auf breiter Stichprobenbasis durchgeführte Studie Kolipsi II zeigt ein ebenso glasklares wie bittereres Ergebnis: Die Kenntnis des Deutschen bei italienischen Schülerinnen und Schülern ist ebenso rückläufig wie bei ihren deutschsprachigen AlterskollegInnen.
Der in den letzten Jahren erfolgte Einbruch, wonach 20% der Deutschsprachigen die zweite Landesprache kaum bis notdürftig und gut 50% nur passabel beherrschen, unter italienischen Schülerinnen und Schülern sogar 45% des Deutschen kaum mächtig sind, ist mehr als eine Einbuße von Bildungskompetenzen:
Der dramatische Rückgang gegenüber 2007/08 verweist auf Schwächen von Bildungspolitik und Sprachunterricht und bedeutet eine Niederlage der Autonomie. Denn Sprachkenntnisse sind Grundvoraussetzungen des Zusammenlebens und die Basis einer gemeinsam gestalteten Zukunft.
Das Resultat der Studie im Vergleich mit den Ergebnissen 2007/08 lässt sich nicht schön reden, sondern verlangt umsichtiges und zielorientiertes Handeln:

  1. Notwendig ist eine systematische Überprüfung der Unterrichtsqualität, der Aus- und Fortbildung von Lehrenden samt anschließender Verbesserung. Schulen und Zweitsprachlehrenden muss mehr denn je bewusst sein, dass Sprachunterricht eine grundlegende Südtirol-Qualifikation bildet und sie daran hohe Verantwortung tragen. Der Sach-Fach-Unterricht CLIL hat dann Erfolg, wenn er sorgsam vorbereitet, planvoll praktiziert und bewertet wird und die nötige gesellschaftliche Achtung erhält, nicht aber als hektische Kosmetik betrieben wird.
  2. Unumgänglich ist – wie von den EURAC-Forscherinnen ausgeführt – eine veränderte Haltung von Eltern und Familie: Falls sie die zweite Sprache nur als Qualifikation für Arbeitsmarkt und beruflichen Erfolg betrachten, ist dies zu wenig – die zweite Sprache verdient es, mit Freude gelebt, als umfassender Gewinn erkannt und praktiziert zu werden.
  3. Auf der Seite der politischen Verantwortungsträger, vorab der Mehrheit, verdient dieses Alarmzeichen schrumpfender Zweitsprachkompetenz keine Schönfärberei oder Aktivismus, sondern eine grundsätzliche Überlegung: Politik, Wissenschaft, Schulämter und Schulen sollten in kurzer Frist eine gemeinsame Bewertung der Kolipsi-Ergebnisse vornehmen und einen wirkungsvoller Reformkatalog mit klaren Zielen und Zeiten entwickeln.
  4. Als wichtiges politisches Handlungsfeld wurde bereits bei der Vorstellung der Studie die Sozialpolitik genannt: Sozial schwache Familien sind die benachteiligtsten Mehrsprachigkeitsverlierer im Lande – ihnen muss eine besondere Unterstützung gewährt werden.
  5. Eine ewige Forderung der Grünen gewinnt unter dem Eindruck des Kolipsi-Kollapses neues Gewicht: Die Option einer mehrsprachigen Schule zumindest als Versuch und Wahlchance sollte endlich als ernsthafte Option in Betracht gezogen werden.
  6. Und wenn es stimmt, dass Begegnung, Kennenlernen und Gelegenheit zu Kontakt und Kommunikation Schlüsselbedingungen für Zwei- und Mehrsprachigkeit sind, dann ist es umso notwendiger, den vom Landtag 2014 genehmigten grünen Beschlussantrag zur Schaffung gemeinsamer Schulgebäude umzusetzen.

Der Weckruf der Studie, für die den EURAC-Wissenschaftlerinnen großer Dank gebührt, ist hörbar genug: Auf dem Spiel stehen nicht nur Sprachkompetenzen, sondern die Zukunft der Autonomie und des Zusammenlebens.
Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hans Heiss

Die Landesregierung will den Zugang zu „zusätzlichen“ Leistungen strenger regeln: Diese werden von jetzt an nur den Personen vorbehalten, die sich „integrationswillig zeigen“. Die Aussage bezieht sich auf Artikel 18 des Omnibusgesetzes Nr. 125/2017, das am Montag, den 22. Mai, im vierten Gesetzgebungsausschuss behandelt wird.
Wir werden sehen, ob es sich dabei um eine vorgezogene Wahlkampagne handelt, um einen starken Auftritt zu Lasten der schwächsten Personen (ohne Wahlrecht). Die Grüne Fraktion im Landtag hat bereits eine Anfrage eingereicht, die sämtliche Widersprüche der neuen Bestimmung aufführt:

  1. Zu dieser neuen Regelung über die Leistungen wurde der Landesintegrationsbeirat nicht angehört, obwohl vom Gesetz vorgeschrieben.
  2. In den dürftigen 16 Zeilen des Artikels 18 sind weder die Leistungen, die allenfalls verweigert werden würden, noch gültige Kriterien festgeschrieben, um zu entscheiden, ob eine Person integrationswillig ist oder nicht.
  3. Die neue Bestimmung verfügt über keine wissenschaftliche Grundlage zum komplexen Thema des „Integrationswillens“ und die entsprechenden Folgen, weder auf lokaler noch auf europäischer Ebene.
  4. Der Gesetzesartikel geht an keiner Stelle auf die schon gültigen rechtlichen Rahmenbedingungen ein. Diese sehen bereits Einschränkungen vor (5-jähriger Wohnsitz und Arbeit im Land), die von italienischen und europäischen Gerichten bereits als ausreichend eingestuft wurden.
  5. Das Land selbst hat gegen sein Integrationsgesetz verstoßen, da es das im Landesgesetz Nr. 12/2011 vorgesehene „Antidiskriminierungszentrum“ nie ins Leben gerufen hat. Bevor das Land also den MigrantInnen Auflagen erteilt, sollte es seine eigenen Hausaufgaben machen, und dadurch die Integration fördern.
  6. Die Landesregierung schaltet auf einen harten Kurs mit den MigrantInnen, aber uns ist noch nicht zu Ohren gekommen, dass auch Kampagnen gegen Diskriminierung, Rassismus, Xenophobie und Islamophobie geplant wären. All diese Phänomene gibt es auch bei „Einheimischen“, von Mietwohnungen, die nur „für unsere Leute“ bestimmt sind, bis zu rassistischen Äußerungen im Internet, verfasst von Personen, die in unserem Land leben.

In dieser Form ist die neue Bestimmung inakzeptabel. Sollte sie angenommen werden, wird sie den sicherlich folgenden Anfechtungen nicht standhalten.
Landtagsabgeordnete
Riccardo Dello Sbarba
Brigitte Foppa
Hans Heiss
Anfrage

In einem Abend, der unter dem Motto „So kann’s gehen. Tiroler Lösungen zur Flüchtlingsfrage“ stand, beleuchteten die Tiroler Soziallandesrätin Christine Baur, die Flüchtlingsbeauftragte des Bozner Gemeinderates Chiara Rabini, der Sprecher der grünen Arbeitsgruppe social&green Karl Tragust und der Landtagsabgeordnete Riccardo dello Sbarba zusammen mit vielen anwesenden Ehrenamtlichen den Umgang mit Flucht und Migration in Nord- und Südtirol.
„Weltweit sind mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Europa kann und soll sich dieser Herausforderung nicht verschließen. Je schwieriger die Lage wird, desto besonnener müssen wir agieren. Grund- und Menschenrechte müssen sich in schwierigen Situationen bewähren – sie sind kein Schönwetterprogramm.“, so umreißt Christine Baur ihre Grundhaltung.
Den Sinn des Treffens erläuterte Brigitte Foppa: „Als Grüne stellen wir dem Thema nicht aus, sondern tragen Informationen zusammen und versuchen konkrete Lösungsansätze zu erarbeiten.“
Entsprechend berichtete die Tiroler Landesrätin Christine Baur über die Situation in Tirol, wo sie einen Landesbetrieb eingerichtet hat, in dem ca. 300 Angestellte sich um gut 6.000 Menschen auf der Flucht kümmern. Dabei wird nicht nur für Unterkunft und Verpflegung gesorgt, sondern von Anfang an auf konkrete Integrationsmaßnahmen gesetzt. Erfolgsbringend ist sicher auch das persönliche Engagement der Landesrätin, die sich dem Thema sofort gestellt hat und keine entschuldigende Haltung an den Tag legt, sondern auf eine offensive Informations- und Managementtätigkeit setzt.
Chiara Rabini betonte, dass die großen Zentren in Bozen mit teils über 100 BewohnerInnen nicht tragbar seien und plädiert für eine Teilnahme am italienischen SPRAR-System um eine durchdachte Begleitung in kleinen Strukturen zu gewährleisten. Karl Tragust, der einen Überblick über die verschiedenen Arten und Zeiten von Flüchtlingswellen und des damit verbundenen Krisenmanagementes gab, betonte wie wichtig Vergleiche sind und man nur aus ihnen lernen könne.
Riccardo dello Sbarba erweiterte den Blick in die Praxis, indem er über die Lokalaugenscheine der Grünen in den Südtiroler Flüchtlingsunterkünften berichtete. Die Unterkünfte seinen des reichen Landes Südtirols nicht würdig, bestätigten auch die verschiedenen ExpertInnen.
Viele Ehrenamtliche waren an dem Abend anwesend und berichteten, wie viele Menschen durch den Rost fallen, weil sie nicht in irgendwelche Kontingente fallen und so auf der Straße landen. Sie werden vielfach nur von Ehrenamtlichen, die immer wieder an ihren Grenzen stoßen, versorgt. Es kann nicht sein, dass Ehrenamtliche für die öffentliche Hand permanent in die Presche springen müssen, dies das einhellige Fazit des Abends.
Südtirol geht davon aus, dass es sich nur um ein kurzfristiges Problem handelt und reagiert mit Notstandspoltik. Damit muss Schluss sein, wir müssen dem Beispiel Tirols folgen, die Probleme sehen, anerkennen und auf konkrete Integrationsmaßnahmen setzten, so die Grünen Südtirols.
Brigitte Foppa e Hans Heiss, co-portavoce / Co-Landesvorsitzende Verdi Grüne Vërc
BZ, 23.03.2017

Grüne Vorschläge für die Reform des Autonomiestatuts

Heute, Freitag 24. Februar, wird der Autonomiekonvent über das Thema des Minderheitenschutzes diskutieren. Unser Vertreter im Konvent, Riccardo Dello Sbarba, hat hierzu eine Reihe von Vorschlägen hinterlegt, die heute Abend in der Eurac zur Debatte stehen werden.
Seit 1972, dem Geburtsjahr des derzeitigen Autonomiestatuts, hat die Gesellschaft einen weitreichenden Wandel erlebt und auch die Institutionen haben sich weiterentwickelt. So ist es nun möglich geworden, eine modernere und europäischere Autonomie zu entwerfen.
Wir Grünen haben seit jeher zu den Themen des Zusammenlebens, der demokratischen Vielfalt und der BürgerInnen-Rechte an der Seite von vielen anderen Teilen der Gesellschaft Denk- und Vorarbeit geleistet. Die Zeit ist jetzt reif, Wünsche und Forderungen, die von der Bevölkerung seit langem vorgebracht werden, in unsere Landesverfassung einfließen zu lassen. Damit kommt die Politik ihrem Auftrag der Volksvertretung am ehrlichsten nach.
UNSERE ÜBERLEGUNGEN IM ÜBERBLICK:
Erstens: Die Gesellschaft ist nicht mehr statisch, sondern dynamisch.
Die Migration ist ein eindrucksvolles Phänomen, jedoch nicht der einzige Ausdruck dieser Entwicklung. Es geht auch um den Bildungsgrad, der heute höher ist als früher, um die Frauen, die den Arbeitsmarkt erobert, die Wirtschaft und die Unternehmen, die sich internationalisiert haben. Die Gesellschaft von heute muss mobil sein, wenn sie funktionstüchtig sein will – und das gilt für alle Ebenen, auch in beruflicher Hinsicht. Junge Menschen studieren im Ausland, sie reisen, verlassen das Land und/oder kehren wieder zurück – und nicht selten stoßen sie dann auf ein Gesellschaftssystem, das auf Sesshaftigkeit ausgerichtet ist, anstatt auf Mobilität und Flexibilität. Bestimmte Starrheiten sind nicht mehr zeitgemäß.
Auf die mobile Gesellschaft reagieren bedeutet konkret:

  • im Statut die neuen Minderheiten im Lande anerkennen;
  • die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung freistellen, zumindest bei der ersten Erklärung;
  • die Jahre der Ansässigkeitspflicht in der Region für das Wahlrecht zu reduzieren.

Zweitens: Die Macht ist vom Staat auf das Land übergegangen.
Im Jahr 1972 gab es noch die Übermacht von Staat und Region. Durch das Statut wurde ein großer Teil dieser Macht auf das Land übertragen. Gerade darin liegt der Erfolg der Autonomie: Die Sprachminderheiten werden heute nicht mehr durch anachronistische Systeme der Trennung geschützt, sondern dadurch, dass das Land weitgehend souverän agieren kann.
Nimmt die autonome Macht zu, muss die innere Demokratie im Gegenzug ausgebaut werden. Dadurch erwachsen mehr Rechte und mehr Freiheiten für die Menschen, jenseits der Logik der “Zugehörigkeit”. Alte Ungerechtigkeiten wurden inzwischen ausgeglichen, man darf daher über die Sinnhaftigkeit bestimmter Mechanismen neu nachdenken. Auch über die in jeder Demokratie notwendige Gewaltenteilung bzw., Aufteilung der Macht sind Überlegungen anzustellen. Daher gilt es:

  • den ethnischen Proporz flexibler zu gestalten und auszusetzen, wo immer der ethnische Ausgleich schon erreicht ist (wobei er als Korrekturmechanismus jederzeit wieder eingesetzt werden kann, wenn sich die Gleichgewichte wieder verschieben sollten);
  • mindestens die Hälfte der RichterInnen des Verwaltungsgerichtes von der politischen Ernennung auszunehmen und via Wettbewerb zu ermitteln.

Drittens: Der Minderheitenschutz in Europa nimmt neue Formen an.
Der “neue” Minderheitenschutz fußt auf dem Prinzip der “Wahlfreiheit” (s. Rahmenabkommen zum Schutz nationaler Minderheiten von 1994). Die „Werkzeuge“ zum Schutz der Minderheiten (z.B. Schule in der Muttersprache) müssen gesichert bleiben. Jede Person muss das Recht haben, diese zu nutzen oder aber andere Wege zu beschreiten, die vielleicht besser zur eigenen Lebensplanung passen. Mehrsprachigkeit ist kein Problem, sondern ein Ziel und ein Wert – außerdem von vielen Bürgerinnen und Bürgern gewünscht. Viele Wege führen zur Mehrsprachigkeit. Es ist nicht mehr akzeptabel, dass in unserem Land, mit seiner kulturellen Vielfalt und seinem sprachlichen Reichtum, Modelle verboten sind, die in ganz Europa gängig sind.
Unsere Vorschläge:

  • Verankerung der innovativen Sprachdidaktik und der Schulversuche, die in vielen Schulen bereits existieren, im Autonomiestatut;
  • Schaffung der Möglichkeit eines Zusatzangebots der Gemeinsamen mehrsprachigen Schule für jene, die sie wünschen – im Sinne des Spracherwerbs, aber auch als Ausdruck eines Landes, das nicht (mehr) auf Trennung setzt.
  • Ausweitung des Gebrauchs der ladinischen Sprache.

Wir sind überzeugt, mit diesen Vorschlägen einem großen Teil der Bevölkerung aus dem Herzen und aus der Seele zu sprechen. Auch auf diese Stimmen sollten wir bei der Weiterentwicklung unserer Autonomie nicht vergesse
Bozen, 24. Februar 2017
Landtagsabgeordnete
Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa, Hans Heiss
Vorschläge zur Änderung des Autonomiestatuts:
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