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Die unkoordinierten Grenzschließungen in Europa im Zuge der Corona-Krise offenbaren nicht nur die immer noch bestehenden Defizite, europäische Probleme gemeinsam zu lösen, sondern haben auch massive Auswirkungen auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Hundertausende Grenzpendler und Saisonkräfte können ihre Heimatländer nun auf unbestimmte Zeit nicht mehr verlassen und stehen somit vor einer ungewissen Zukunft.

Besonders hart trifft der Wegfall der – vor allem osteuropäischen – Arbeitskräfte aber zurzeit die Landwirtschaft in unserem Land. Ein Bereich, der geprägt ist von einem hohen Anteil manueller Arbeit, steht von heute auf morgen nahezu ohne Personal da.

Um die anfallenden Arbeiten dennoch durchführen zu können und insbesondere die Ernte der landwirtschaftlichen Produkte zu ermöglichen (man denke derzeit etwa an Spargel), können viele unserer Landwirte nur auf die Hilfe von Nachbarn oder Freunden setzen – anders wäre es auch nicht zu bewerkstelligen. Jede Hand wird dringend gebraucht.

Nur ist diese Art der Nachbarschaftshilfe derzeit nicht vorgesehen und wird mit Schwarzarbeit gleichgestellt. Auch für kurzfristige Hilfe, und seien es auch nur einige Stunden, muss der komplette bürokratische Spießrutenlauf durchlaufen werden. Der Aufwand ist für alle Beteiligten viel zu groß.

Deshalb muss es jetzt schnell zu einer Entbürokratisierung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse in der Landwirtschaft kommen, auch um den Menschen, die in den nächsten Monaten auf Zuverdienste angewiesen sind, neue Möglichkeiten zu eröffnen.

Wir ersuchen daher den Landeshauptmann, sich bei den anstehenden Verhandlungen mit Rom für die effektive Erleichterung bei diesen geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen einzusetzen, damit vorerst für das Jahr 2020 eine unkomplizierte und schnelle Anstellung der Landwirtschaft möglich wird. Ebenso müssen dringend Regelungen erarbeitet werden, um auch bei derzeit geschlossenen Grenzen die Einreise von saisonalen Arbeitskräften nach Südtirol zu ermöglichen – Arbeitskräfte, welche teils schon seit Jahren bei unseren Landwirten arbeiten, die Produktionsabläufe kennen und daher dringend erwartet werden.

Felix von Wohlgemuth
Co-Sprecher Verdi Grüne Vërc

PRESSEMITTEILUNG.

Die Grüne Fraktion im Südtiroler Landtag unterstützt den Beschlussantrag “Gesundheit geht vor – Arbeitsgruppe zum Schutz vor Pestiziden”, der heute von den Brixner GemeinderätInnen der Grünen Bürgerliste vorgestellt wurde. Die Grüne Bürgerliste Brixen macht somit einen wichtigen Vorstoß in Sachen chemisch-synthetische Pestizide. Sie weist auf die enorme strukturelle Verzahnung zwischen Intensiv-Obstbau, Wohnen und Tourismus im Talkessel von Brixen hin.
„Brixen – aber auch ganz Südtirol – braucht ein umfassendes Monitoring im Sinne der Präventionsarbeit in Sachen Schutz vor Pestiziden. Ein erster Schritt hierzu ist eine fixe Messstation in Brixen“ so die GemeinderätInnen den Grünen Bürgerliste.
Es ist mittlerweile gesichert, dass Pestizide weit über die eigentlichen Zielflächen des Intensiv-Obstbaues hinaus anzutreffen sind. In Südtirol wurden Wirkstoffe von Pestiziden auf Kinderspielplätzen, in Ortszentren und auf biologisch bewirtschafteten Flächen gefunden. Allesamt Orte, wo chemisch-synthetische Pestizide nichts zu suchen haben.
Insektenkundler weisen darauf hin, dass durch die Abdrift von Pestiziden von den Flächen des Intensiv-Obstbaues ins Umland auch Wildbienen und Schmetterlinge zugrunde gehen und aus der Landschaft verschwinden. Der gewaltige Rückgang an Insekten wird auch im Weltbiodiversitätsbericht dem massiven Einsatz an Pestiziden in der Landwirtschaft zugeschrieben.
Hanspeter Staffler pflichtet den Brixner GemeinderätInnen bei „Südtirol braucht die Ökowende und den Ausstieg aus der Pestizidwirtschaft bis ins Jahr 2030“ lautet seine Forderung.

Bozen, 19.09.2019

Landtagsabgeordnete
Hanspeter Staffler
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba

Bei der gestrigen Veranstaltung „Zukunft der Landwirtschaft” in Brixen erhielten die ZuschauerInnen die Gelegenheit, mit drei ExpertInnen über die verschiedenen Möglichkeiten einer nachhaltigen Landwirtschaft zu diskutieren. Eingeladen waren Thomas Waitz, Biobauer und EU-Parlamentarier der Grünen, Urban von Klebelsberg, langjähriger Stiftsverwalter von Kloster Neustift und Elda Dalla Bona, Leiterin von „GASlein“ (Gruppo di acquisto solidale).
Es wurde unter anderem über den Unterschied von nachhaltiger und biologischer Landwirtschaft gesprochen: Urban von Klebelsberg verwies darauf, dass nachhaltige Produktion nicht immer biologisch und umgekehrt biologische Erzeugnisse nicht unbedingt nachhaltig sein müssen. Er plädierte dafür, Landwirte „mitzunehmen“, denn der Biotrend komme vom Markt und ließe die Bauern erkennen, dass sie mit nachhaltiger biologischer Produktion mehr verdienen können. Dies würde laut von Klebelsberg zu einem Umdenken der Bauern führen, biologische Anbauweise sei für sie vorteilhafter.
Elda Dalla Bona sprach unter anderem darüber, dass viele Biogeschäfte zu teuer verkaufen würden. Wir in Südtirol seien es gewohnt, sehr hohe Preise „auszuhalten“, das würde die Menschen jedoch davon abhalten, biologisch einzukaufen; stattdessen machten sie ihre Einkäufe lieber in den Supermärkten. Darauf kam aus dem Publikum der Einwand, dass ein Südtiroler Bauer nicht mit den Preisen des Großhandels konkurrieren könne.
Thomas Waitz plädierte dafür, die Umweltauswirkungen der Produktionsweise der Erzeugnisse in den Preis einfließen zu lassen: Das Argument, auf einem herkömmlich produzierten Apfel seien nur geringe Rückstände von Pestiziden, sei hinfällig, wenn dafür die Anbauweise dieses Apfels massive Umweltschäden verursacht habe. Die EU müsse mehr Fördermittel für kleine Strukturen wie Hofläden bereitstellen, Tourismus und Landwirtschaft müssten verstärkt zusammenarbeiten, denn das Stichwort für eine nachhaltige Landwirtschaft sei die Regionalisierung.

Die Veranstaltung wurde von der Grünen Bürgerliste Brixen und den Südtiroler Grünen organisiert.

Medienberichten zufolge hat Landesrat Schuler das Umweltinstitut München und Autor Alexander Schiebel wegen Rufschädigung angezeigt.
Unerhört. Und unklug. So beurteilen wir diesen Schritt. Unerhört, weil von den beiden Angezeigten – vielleicht auch drastisch und etwas überzogen, oder nicht jedem Geschmack entsprechend – Kritik an einer Tatsache geäußert wurde, die in Südtirol Realität ist: Der Großteil der Landwirtschaft Südtirols verwendet nun einmal chemisch-synthetische Pestizide. Der Landesrat für Landwirtschaft sollte Garant für die Vielfalt in der Landwirtschaft sein und sich nicht auf eine Seite schlagen – auch wenn es vielleicht politisches Kapital bringt.
Außerdem beweist Schuler, dessen Vermittlerposition wir andernorts durchaus schätzen, hier politische Kurzsichtigkeit. Durch diesen Schritt führt er zu genau jener Polarisierung in der Meinung, die er bisher immer hatte vermeiden wollen. Polarisierung entzweit und ist nicht produktiv.
Schade, dass Arnold Schuler hier auf die Provokationen hereingefallen ist, anstatt sich von ihnen zu Umdenken und Zukunftsweisung inspirieren zu lassen.
 
Bozen, 29.09.2017
 
Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss

Wie jetzt bekannt wird, wurde dem Apfelbauern Ägidius Wellenzohn, einem engagierten und glaubwürdigen Bio-Anbauern des Vinschgaus, ein Teil seiner Anlage jüngst systematisch mit Glyphosat vergiftet. Wellenzohn, der seit bald 30 Jahren ausschließlich biologisch anbaut und für eine pestizidfreie Gemeinde Mals eintritt, musste auch aufgrund von Rückstandsproben feststellen, dass seine Anlage zielbewusst mit dem hochgiftigen Pestizid attackiert worden war.

Mit Glyphosat vergifteter Apfelbaum


Ein derart hinterhältiger, von übelster Aggression getragener Angriff ist schärfstens zu verurteilen. Wer so auf die Existenz und den Einsatz eines Bauern zielt und mit so gezieltem Vernichtungswillen vorgeht, muss von äußerster Bösartigkeit getrieben sein. Eine solche Aktion erfordert nicht nur strafrechtliche Verfolgung und Schadensvergütung, sondern auch ein klares Wort der Politik und der Verbände, allen voran des zuständigen Landesrates und des Südtiroler Bauernbundes.
Landesrat Schuler und SBB-Obmann Tiefenthaler müssen in aller Eindringlichkeit darauf hinweisen, dass mit solchen Aktionen wie auch bereits den Attacken in Partschins im August eine rote Linie überschritten wird. Wer sich gegen Bär und Wolf zur Wehr setzt, muss auch gegen menschliche Wolfsnaturen wenden, die bei Nacht und Nebel ihren Hass in giftiger Weise ausleben.
Bozen, 25.09.2017
Hans Heiss
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba

Seit Tagen läuft die Diskussion um das Auftreten von Bär und Wolf und deren mutmaßliche Attacken in Südtirol auf Hochtouren. Aufregung und Zorn der betroffenen LandwirtInnen sind vollkommen verständlich: Obwohl entsprechende Testergebnisse erst zum Teil vorliegen, besteht kaum mehr Zweifel daran, dass zumindest einige der Schafe und Kälber die im Umfeld von Plattkofel, Fedaia-, Fassa- und Ultental gerissen wurden, auf das Konto von Wölfen gehen. Der medialen Erregung und dem Wunsch nach „Lynchjustiz“ mit sofortigen Abschüssen von Großwild ist allerdings entgegen zu halten:
 

  • Die Gefährdung und Schadensentwicklung durch Bären ist zumindest in Südtirol in den Jahren 2014, 2015 und 2016 auffallend zurückgegangen. Es sind nur mehr minimale Schaden dokumentiert, von Attacken auf Tiere ist kaum, von solchen auf Menschen überhaupt nicht die Rede. Mit entsprechendem Management ist das „Bärenproblem“ in Südtirol bis auf weiteres gut handhabbar und wird auch seitens des zuständigen Amtes sorgsam reguliert.
  • Anders ist die Situation angesichts des wachsenden Auftretens von Wölfen: Hier gefährden die vermehrten Attacken zwar längst nicht die gesamte Almwirtschaft und deren große Viehbestände, aber doch sensible Almregionen an den Grenzen zum Trentino. Hier sind genaue Erfassungen des Problems notwendig, um Maßnahmen zu ergreifen. Dabei ist zu bedenken, dass der Wolf auch in den Alpen zur autochtonen Fauna gehört. Seine Rückkehr ist nicht über Wiederansiedlungsprogramme erfolgt, sondern auf natürlichem Wege.
  • Andere Regionen, wo der Wolf als Teil der Biodiversität betrachtet wird, darunter auch das benachbarte Trentino, haben bereits wirksame Strategien zu Prävention und Schadensbegrenzung entwickelt. So etwa Elektrozäune, Einsatz von Nachtpferchen oder von Herdenschutzhunden, Anpassung der Beweidungsmodalitäten usw. Wir haben keine Kenntnis davon, dass diese Maßnahmen auch in Südtirol angemessen zum Einsatz kämen.
  • Im Gegenteil, hierzulande wird sogar die wissenschaftliche Begleitung dieses Phänomens abgelehnt. Der Vorschlag der Grünen, hierzu ein wissenschaftliches Beratungsgremium einzusetzen, wurde im Landtag im Juli 2014 knapp versenkt. Dabei ist er aktueller denn je, wenn man die Notstandslogik überwinden will. Teil eines sinnvollen Managements wäre es zunächst, von der bisherigen Alleinzuständigkeit des Amtes für Jagd und Fischerei abzugehen und die Perspektive einer kompetenzübergreifenden Dienststelle aufzubauen. Vorbildhaft ist das Trentino, wo verschiedene Institutionen zusammenarbeiten, von der Landesverwaltung über das Naturmuseum MUSE bis hin zu den Gemeinden und der Universität.
  • Ein wissenschaftlicher, intersdisziplinärer Ansatz ist notwendige Voraussetzung für jegliche Folgemaßnahme. Die Entnahme einzelner Tiere ist kein grundsätzliches Tabu. Allerdings darf eine solche erst dann erfolgen, wenn sich die Vorsorge- und Schutzmaßnahmen als erfolglos erwiesen haben. In Südtirol verbeißt man sich indessen in die Vorstellung eines “wolfsfreien Landes” und setzt auf diese – typisch für Vorwahlzeiten! – Illusionsstrategie. Illusion auch deshalb, weil der Wolf nicht vor den Landesgrenzen Halt macht. Daher zielt auf Staats- und auf Unionsebene die Gesetzgebung in Richtung des Zusammenlebens zwischen Mensch und Wolf.
  • Dem Südtiroler Bauernbund ist deshalb in seinen Forderungen deutliche Mäßigung dringend angeraten. Es liegt auf der Hand, dass er die Frage von Bär und Wolf in ihrem politischen Druck- und Erpressungspotenzial nutzt, um den Landesrat in Schach zu halten.

In dieser allgemein aufgeheizten Stimmung raten wir zu einer sachlichen Debatte.
Ein Managementplan, Unterstützung in Prävention, Schutz und im Falle eventueller Schäden, wissenschaftliches Monitoring und Schaffung von Synergien sowie eine effektive Kommunikation wären notwendige Bausteine einer sinnvollen Gesamtstrategie, die wir der Landesregierung empfehlen.
Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa
Bozen, 31.08.2018

Die Landesregierung opfert historisches Umfeld der Stadtmauer und den Willen der Gemeinde dem Intensivobstbau. Und unterminiert die eigene Glaubwürdigkeit.

Die Stadt Glurns ist in ihrer Anlage und Geschlossenheit ein Juwel alpiner Stadtkultur: Mit ihrem Mauerring repräsentiert sie Wehrhaftigkeit, Siedlungsdichte und Funktionalität alpiner Städte auf kleinstem Raum in aller Vollendung. Ganz zu recht steht sie daher unter Schutz, der durch eine Bannzone vor der Stadtmauer ergänzt worden ist. Damit sollte das Vorfeld der Stadt freigehalten, ihre Sichtbarkeit gewahrt und ihre Ausstrahlung auf Dauer gesichert werden.
So wurde auch der Intensivobstabau vor der Stadtmauer unter Verwendung von Spalieren weitgehend untersagt. Einer der Grundbesitzer bewies allerdings besondere Findigkeit und zog mit Holzgerüsten auf Metallschuhen (anstelle der verbotenen Betonsäulen, Folien und Hagelnetzen) unverdrossen eine Anlage hoch. Damit wurde dem Buchstaben des Verbots zwar oberflächlich entsprochen, nicht aber der Zielsetzung der Bannzone, die freie Sichtbarkeit der Stadtmauer zu gewährleisten. Der Gemeinde und dem Amt für Bau- und Kunstdenkmäler, die sich dagegen zur Weht setzten, begegnete der Grundbesitzer mit einer Aufsichtsbeschwerde an die Landesregierung, die gestern in diesem Fall entschieden hat:
Sie gab, gegen das Gutachten des Amtes für Bau- und Kunstdenkmäler, gegen den Willen der Gemeinderats und trotz der Eingaben des Heimatpflegeverbandes dem Wunsch des Bauern (und auch des Bauerbundes) in ihrer gestrigen Sitzung statt. Anstatt andere Lösungen ins Auge zu fassen, wie etwa einen denkbaren Grundtausch mit Landesflächen, wurde dem Wunsch des Grundbesitzers gegen das öffentliche Interesse der Vorzug gegeben.
Der gestern gefasste Beschluss ist ein Etappensieg für den Rekurssteller, eine Niederlage für Landschaftsschutz und Denkmalpflege und ein Debakel für die Glaubwürdigkeit der Landesregierung: Die anfängliche Erklärung der Regierung Kompatscher, sich an Gutachten der Ämter halten zu wollen, wurde wieder einmal dementiert. Individuelles Interesse erhält den Vorzug vor Rechtstaatlichkeit, wie bereits im Fall der sanierten Kraftwerke in Martell vor einem Monat. Lobby-Druck und ängstliches Schielen auf Wählerstimmen zählen mehr als verantwortliches und mutiges Regierungshandeln. Der von Landesrat Schuler angekündigte Flächentausch ist nur ein ferner Ausgleich, auf deren Umsetzung wir gespannt sind. Daran glauben können wir längst nicht mehr. Zugleich gibt der Vorgang einen Vorgeschmack darauf, wer im neuen Gesetz für Raum und Landschaft das Sagen haben wird.
Bozen, 30.08.2017
Hans Heiss, Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, L.Abg.

Gesundheitsstudie der Landesregierung ist mehr Placebo als themengerechtes Forschungsergebnis

Foto von der Umweltschutzgruppe Vinschgau http://umweltvinschgau.wordpress.com/


Die gestern mit beachtlichem Echo und der Präsenz von LR Schuler und Stocker vorgestellte Studie zur Auswirkung von Pflanzenschutzmitteln auf die menschliche Gesundheit beeindruckt mehr durch verfehlte Themenwahl und Verspätung als durch zielgerechte Seriosität.
Die Studie, vor exakt vier Jahren im Juli 2013 in Auftrag gegeben, vergleicht 31 Gemeinden mit „hoher landwirtschaftlicher Nutzung“ mit 54 Gemeinden mit „niederer landwirtschaftlicher Nutzung“.
Schon diese Unterscheidung ist problematisch genug:  „Intensive landwirtschaftliche Nutzung“ wird nur klassischen Obstbaugemeinden zugeschrieben, während Gemeinden mit intensiver Rinderhaltung und entsprechenden Kollateraleffekten von Gülle und Nitraten wie Sterzing, Sand in Taufers, Pfitsch und andere in die niedrige Klasse eingereiht werden – Geringe Intensität? Von wegen!
Entsprechend grobschlächtig sind auch die Resultate: Alle Krebserkrankungen vom Gehirn bis zum Knochenmark wirft die Untersuchung in einer Rubrik „Tumorerkrankungen“ zusammen. Dagegen weist die vorliegende Präsentation jene Krankheitsbilder nicht aus, deren Häufung auf die Wirkung von Pestiziden hindeutet: z. B. Magen, Niere, Knochenmark. Die mit dem Vorschlaghammer gebildete Kategorie „Tumorerkrankungen“ ist viel zu grobmaschig, um die durch Pestizide verursachten speziellen Tumorarten aufzuweisen. Damit werden die Unterschiede zwischen den Gebieten hoffnungslos eingeebnet. Auch wegen des knapp bemessenen Untersuchungszeitraums 2003-2010 können Langzeitfolgen nicht bewertet werden, wie auch Krebsforscherin Gentilini sofort bemängelt hat.
Dass solcherart „Keine relevanten Unterschiede“ zwischen den Gebieten auftreten, ist leicht absehbar. Zudem sind die Überlagerungen mit den Auswirkungen von Luftemissionen, die in Gebieten mit „geringer landwirtschaftlicher Nutzung“ wie Brenner, Bruneck, Freienfeld, Toblach, St. Ulrich, Welsberg, Sterzing auftreten können, gleichfalls unberücksichtigt.
In der vorgestellten Form sorgt die Studie nur für oberflächliche Entwarnung und setzt sich auch mit den zahlreich vorhandenen Forschungen über den Zusammenhang von Pestiziden und Krankheit offenbar kaum, wenn nicht gar nicht auseinander.
Sie ist mehr Beschwichtigung als wirkliche Aufklärung, die Placebowirkung wird durch den Hinweis auf die niedrigen Alzheimer-, Demenz- und Parkinsonquoten in Gebieten mit „intensiver landwirtschaftlicher Nutzung“ noch weiter verstärkt.
Die vorgestellten Ergebnisse sind eher Beruhigungspillen als analytisch überzeugende Resultate, für deren Bewertung wir Einblick in die gesamte Studie verlangen.
2.8.2017
Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba
Brigitte Foppa

Neuerungen bringen vor allem weniger Rechte für MigrantInnen und weniger Garantien für VerbraucherInnen beim Kauf Gentechnik-freier Produkte.
Das Omnibusgesetz (LGE Nr. 125/17) ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Gesetze nicht geschrieben werden sollten. Vor einem Jahr, als der vorhergehende Omnibus-Gesetzentwurf behandelt wurde, hatte die Grüne Fraktion den Wunsch geäußert, es möge das letzte Gesetz dieser Art sein. Der vorliegende Gesetzentwurf macht einmal mehr diese Hoffnung zunichte und gibt auch für die Zukunft Anlass zu Pessimismus.
Verschiedenste Themenbereiche, die teilweise von besonderer Bedeutung sind, wie Soziales und Umwelt, sind von den Änderungen betroffen. Vor allem für MigrantInnen und VerbraucherInnen bringen die Neuerungen negative Auswirkungen mit sich.
Keine Gnade bei der Vergabe von Beihilfen an MigrantInnen
Mit Artikel 18 wird das Landesintegrationsgesetz abgeändert. Demnach werden künftig wirtschaftliche und soziale Hilfeleistungen nur dann gewährt, wenn nicht nur der Antragsteller/die Antragstellerin, sondern sogar auch die gesamte Kernfamilie Bereitschaft zur Integration zeigt. Wenn die betroffenen Personen „geringe oder gar keine Bereitschaft“ zeigen, werden ihnen einige Beihilfen sozialer und wirtschaftlicher Natur, „die über die Kernleistungen hinausgehen“, nicht gewährt.
Es wird aber weder geklärt, was unter den „Maßnahmen zur Förderung der Integration“ verstanden wird, noch welche Hilfeleistungen auf der Grundlage der Integrationsbereitschaft gewährt oder verweigert werden sollen. Bezieht sich die Regelung vielleicht auf das Familiengeld oder doch auf das Wohngeld? Doch diese Leistungen sind für viele Familien unentbehrlich, um nicht in Armut zu leben. Ist eine solche Regelung, die eine Ungleichbehandlung von Menschen in der gleichen Situation vorsieht, überhaupt verfassungsmäßig? Die Betroffenen werden im Unklaren gelassen, obwohl diese Änderung einen massiven Eingriff in das Leben tausender MigrantInnen bedeuten würde. Artikel 18 führt daher zu einer schwerwiegenden Rechtsunsicherheit und stellt einen völligen Blankoscheck für die Landesregierung dar.
Außerdem wenden sich diese Maßnahmen vor allem an MigrantInnen, die bereits seit Jahren bei und mit uns leben. Müssen sie ihre Integrationsbereitschaft ein weiteres Mal beweisen? Überdies wurde dem Landesbeirat für Integration die Passage nicht zur Beurteilung vorgelegt, obwohl er von Rechts wegen dafür zuständig wäre. Bevor die Landesregierung anderen eine Integrationsprüfung auferlegt, sollte sie zuerst selbst ihre Hausaufgaben machen. So wurde beispielsweise die im Landesintegrationsgesetz vorgesehene Antidiskriminierungsstelle nie eingerichtet, auch sind keine Initiativen von Seiten des Landes bekannt, die sich gegen die Diskriminierung eingewanderter Personen, z.B. im Bereich der Arbeits- und Wohnungssuche, einsetzen.
Menschen mit Zwangsmaßnahmen zu belegen oder sie gar durch die Streichung grundlegender Leistungen in die Verarmung zu treiben, ist wahrlich keine Handreichung zur Integration. Sie gelingt nur, wenn sie aktiv mit viel Vertrauen und Motivation von der eingewanderten Person ausgeht.
Weniger Garantien für Gentechnik-freie Produkte
Weitere Verschlechterungen ergeben sich durch Artikel 12 und 14, die das Landesgesetz zur Anerkennung und Kennzeichnung Gentechnik-freier Produkte betreffen. Was als Entbürokratisierung verkauft wird, stellt sich bei genauer Betrachtung als Rechtsunsicherheit für die VerbraucherInnen heraus.
Für die Kennzeichnung der Produkte und die Führung des Registers wird allein die Landesagentur für Umwelt zuständig sein. Das vorherige Komitee, in dem auch VerbraucherInnenverbände vertreten waren, wird abgeschafft. Eben diese Vereine wurden nicht einmal zum Gesetz angehört. In Zukunft brauchen sich HerstellerInnen für die Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“ nicht mehr um ein Ansuchen zu kümmern, eine einfache Meldung reicht aus. Überprüfungen können also nur im Nachhinein durch Kontrollen erfolgen, deren Häufigkeit wird aber im Gesetz nicht festgelegt. Mindest- und Höchstausmaß der Sanktionen werden ausgeweitet, der Ermessensspielraum derjenigen, die sie anwenden müssen, erweitert sich.
Die Gesetzesänderung führt dazu, dass sich VerbraucherInnen, die sich bewusst für den Kauf Gentechnik-freier Produkte entscheiden, nicht 100% sicher sein können, was in ihrem Einkaufskorb landet.
Diese und weitere Themen hätten eine genaue und aufmerksame Bewertung, auch mittels eigener Gesetze, benötigt.
Immerhin, zur Sonntagsruhe ist uns im Gesetzgebungsausschuss ein Erfolg gelungen. Bauarbeiten dürfen weiterhin nur an Werktagen durchgeführt werden. Wir haben es geschafft, den Teil, der vorsah, die Arbeit auf Baustellen an sieben Tage in der Woche zu erlauben, zu streichen. Die Gesundheit der AnrainerInnen und ArbeiterInnen ist zumindest vorläufig gerettet. Die Landesregierung könnte jedoch in der Landtagssitzung noch einmal versuchen, diesen Artikel zu ändern.
Wir werden in der Landtagsdebatte Anträge zu den genannten Themen, aber auch bezüglich der Neuregelungen zu den Apotheken und der Finanzierung öffentlicher Mobilität durch die Gemeinden einbringen und unseren Wunsch an die Landesregierung, von Omnibusgesetzen verschont zu bleiben, erneuern.
Bozen, 27.06.2017
Landtagsabgeordnete
Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa, Hans Heiss
Minderheitenbericht zum Landesgesetzentwurf Nr. 125/17 von Riccardo Dello Sbarba

Gut gemeint, aber allzu spät und von zweifelhafter Wirkung!

D-7546-antersasc-alm-wiesen-puezDie Landesräte Schuler und Theiner kündigen eine Lösungsstrategie zur Frage der Almerschließungen an: Eine Arbeitsgruppe soll allfällige Erschließungsanträge im Einzelfall vorab prüfen, um mithilfe des Gutachtens den Gesuchstellern eine Vorentscheidung zu ermöglichen.
Dieser Lösungsvorschlag kommt reichlich spät, nachdem bereits über 85% der rund 1732 Almen Südtirols durch fahrbare Wege erschlossen sind, nur mehr 188 Almen als unerschlossen gelten und etwa im Streit um die Zufahrten zur Antersasc-Alm oder zur Spronser-Alm bereits viel Porzellan zerschlagen wurde. Fakt ist zudem, dass nur mehr ca. 50 Almen von mehr als 15 laktierenden Kühen bestoßen werden.
Wichtiger als die Prüfung noch fehlender Almenwege, wobei Südtirol alpenweit gewiss keinen Vergleich zu scheuen braucht, wäre eine Bilanz der Nutzung und Übernutzung von Almen, denn:

  • Gewiss ist die Almwirtschaft eine notwendige Ergänzung der Viehwirtschaft, da rund 50% des Viehbestands gealpt wird, zudem sichert die Möglichkeit zum Ausschank einen bäuerlichen Nebenerwerb.
  • Mit Nachdruck ist auch darauf hinzuweisen, dass Almwege auch als Zufahrten für private Hüttenbesitzer und als Treiber für den fortgesetzten Ausbau von Hütten, aber auch für Planierungen und Entwässerungen dienen.
  • Schließlich sind Almwege auch Kanäle für den Transport von Gülle in große Höhen; frei nach dem Motto: „Auf der Alm da gibt’s koa Sünd, auch wenn man dort die Gülle findt!“.

Schließlich ist fragwürdig, aus welchem Grund eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt werden soll: Die Zuständigkeit des Landes ist klar, die fachliche Expertise der zuständigen Ämter voll ausreichend. Umfassende Statistiken und Bewertungen über die Sinnhaftigkeit von Erschließungen liegen vor, sodass alle Entscheidungsgrundlagen bereits gegeben sind. Ob sich Almenbesitzer mit dem Vorgutachten zufrieden geben und im Zweifelsfalle ihr Projekt nicht doch durchzudrücken suchen, bleibt offen.
Aus dieser Sicht wirkt die Arbeitsgruppe mehr als eine Beruhigungspille, als Ventil für weitere Erschließungen statt als kontrollierende Instanz. Das Vorgehen der Landesräte Theiner und Schuler dient mehr der Beschwichtigung der Landwirtschaft und ihrer Interessenvertreter als dem notwendigen Schutz der sehr überschaubaren Zahl unberührter Almen.
16.1.2017
Hans Heiss, Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba