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Rede von Hans Heiss zum Haushalt 2018
Das Finale der Legislatur 2014-2018 des Südtiroler Landtags hat begonnen. Zeit also für eine Bewertung nicht nur des Haushalts 2018, sondern auch der letzten 4 Jahre, der Ära Kompatscher-Achammer, die Anfang 2014 den Auftakt genommen hat. Wir begnügen uns also nicht mit dem Blick auf die stattlichen Zahlen des vorliegenden Dokuments, sondern halten auch Rückblick auf den eingeschlagenen Kurs, der eingehende Bewertung verdient.
Die Haushaltsrede von Landeshauptmann Kompatscher fasst die Erträge der Legislatur zusammen und unterlegt ihnen als tragenden Grundakkord und Leitmotiv „Sicherheit“: Sicherheit auf allen Ebenen: Von der Autonomie, den Finanzen bis hin zur öffentlichen Sicherheit. Dabei ist dieses Leitmotiv ebenso Bilanzkennwort wie auch Selbstermutigung, in der Hoffnung, in gefahrvollen Zeiten, weiterhin in sicherem Fahrwasser zu navigieren. Nicht mehr viel ist übrig geblieben vom Schlachtruf der Regierungserklärung, die Anfang 2014 unter die Fanfare gestellt wurde: „Mehr Eigenständigkeit wagen“.
Anstelle des Muts zur Freiheit und individuellem Risiko ertönt nun der Sicherheitsappell, mit Landesregierung und Mehrheitsparteien als Garanten der Sicherheit, als der eigentlichen Schutzmacht der Südtiroler. Und darin eingeschlossen ist auch der Appell an die Wählerinnen und Wähler des anbrechenden Jahres 2018, ihre Wahl auf der sicheren Seite zu treffen. Die SVP verspricht Sicherheit – das erinnert an die Walkampfparolen der CDU in der gefahrvollen Epoche des Kalten Kriegs, die damals, zu Adenauers Zeiten lauteten: „Keine Experimente!“
Sicherheit ist gewiss ein Eckstein für die Entwicklung und Zukunft unseres Landes, aber die mantraartige Wiederholung in der Haushaltsrede wirkt auch lähmend: Will Europa, wollen Italien und Südtirol Zukunft gestalten, sind neben dem Grundrecht auf Sicherheit vor allem Mut und Lernfähigkeit gefragt, ebenso Neugier und Offenheit. Noch bedenklicher aber, dass die Sicherheitsparole auch eine Zukunftsangst verbirgt, die in Südtirol grundlegend spürbar ist und diese Gesellschaft lähmt. Und Angst – so eine Binsenweisheit – ist der erste Feind der Freiheit.
Beim ersten Hinsehen ist die Bilanz der ersten vier Jahre durchaus beeindruckend: Ende 2013 hätte niemand darauf gewettet, dass Südtirol wieder nahe der Vollbeschäftigung halten würde. Niemand hätte mit Blick auf den Haushalt zu hoffen gewagt, dass die finanztechnischen Lecks der Ära Berlusconi-Monti wieder geschlossen würden, kompensiert durch neue Haushaltssicherheit und Einnahmen. Niemand hätte vermutet, dass ein wahres Füllhorn an Kompetenzen und Zuständigkeiten einen warmen Regen über Südtirol und das Trentino ausgießen würde, vom Sicherungspakt über die Konzession der A-22 bis zum „Heimholen“ des Stroms, um nur eine kleine Blütenlese aufzubieten.
All dies und noch mehr ist eingetreten, getragen von einem stattlichen Wirtschaftswachstum, das die Sorgen der Jahre 2008 bis 2013 beinahe vergessen macht. Neuer Mut zum Risiko, Investitionsfreude haben wichtige Sektoren erfasst.
Die neu erwachte Nachfrage zeigen sich an übervollen Autobahnen und Weihnachtsmärkten, am druckvollen Bauboom, der Eröffnung erweiterter Unternehmen und neuer Hotels. Der Erfolg ist Resultat eines aufgehellten wirtschaftlichen Horizonts, aber auch Ergebnis umsichtiger wirtschaftspolitischer Setzungen durch die Landesregierung. Entlastung statt Subvention, offenere Rahmenbedingungen, ökonomische Ermutigung statt Gängelung, wie noch gängiger Usus in der Ära des unvergessenen Altmeisters, dessen Gepolter in der aktuellen Polit-Szene immer noch nachgrummelt.
Dennoch, trotz aller Erfolge liegt über dem Land auch eine Atmosphäre von Unsicherheit, von Entmutigung und Verbitterung. Sie ist spürbar hinter mancher Euphorie, hinter wieder erwachtem Lebensgenuss und neuer Gier. Sie ist begleitet von einem historisch einmaligen Misstrauen gegenüber der Politik, der auf nationaler Ebene so gut wie keine, aber auch auf der Ebene unseres Landes schwindende Lösungskompetenzen zugetraut werden.
Das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger unseres Landes in die Zukunft ist brüchig, das Gefühl, dass der Boom nur kurzfristig dauern und der Friede faul sein könnte, ist als gesellschaftliche Grundstimmung spürbar. Es ist dies Teil einer europaweit fühlbaren Sorge darüber, dass das Ende einer Ära erreicht ist.
Die bislang gültige Zentrierung auf den Westen und Europa gehört der Vergangenheit an, ob wir wollen oder nicht. Die Absenz der USA in zentralen Handlungsfeldern, das erratische Wüten des US-Präsidenten und die Schwäche der EU tun das Ihre dazu, dass sich Krisenlagen nicht abschwächen, sondern verschärfen. Neue Akteure führen Regie, darunter das autoritäre Duo Putin und Erdogan, erst recht das China Xi-Jin-Pings, das überall in der Welt in Anlagegütern und Machtpositionen investiert, auch in Bozen und Südtirol. Gegen diese Invasoren, die über die Neue Seidenstraße lautlos einmarschieren, regt sich kaum Widerstand, anders als bei Flüchtenden und Migranten, dabei sorgt diese Immigration für kaum geringeren Wandel.
Der neue Horizont taucht auch Südtirol in ein anderes, in ein befremdendes Licht: Eine fahle Stimmung liegt auch über unserem Land, wie bei einem Föhn, der hell leuchtend wärmt und alles glasklar wirken lässt, aber nur einen Wetterumschwung, oft einen jähen Wettersturz verkündet. Darauf kommen wir noch.
Vorerst aber ein engerer Fokus: Die letzten vier Jahre haben nicht nur die gute Hand von Landesregierung und Landeshauptmanns bewiesen, sondern auch eine Kette von Missgriffen und Fehlsteuerungen generiert, die zu beschönigen sich nicht nur der Opposition verbietet.
In fünf Feldern zeigen sich Unsicherheit und Verärgerung bei Bürgerinnen und Bürgern, oft auch ein Ausmaß an Gereiztheit, das nicht mehr vergeht und deren Bearbeitung für die nähere Zukunft vordringlich ist und dies in fünf Bereichen:
(1) Im Bereich der Autonomie, (2) der Landesverwaltung, (3) der Gesundheit, (4) der Sozialen und schließlich (5) auf dem Feld der Migration.
Im Bereich Autonomie ist die Erfolgsserie, die der Landeshauptmann aufgefächert hat, beeindruckend. Die Erträge, wie in der Haushaltsrede aufgeführt, sind außerordentlich und reißen nicht ab. Aber trotz der Anerkennung für Sicherungspakt und die 16 DFB aber bleibt unbeachtet, dass die Erfolge von einem großen Verlust begleitet sind. Die Erträge sind der Gewinn einer Handvoll Entscheidungs- und Machtträger, die wie Croupiers am Spieltisch der Autonomien sitzen und die gewonnenen Chips ins Land holen. Bürgerinnen und Bürger aber stehen am Spieltisch und blicken beeindruckt auf die Gewinne, die auch in ihrem Namen „heimgeholt“ werden, aber im ein wenig deprimierenden Wissen, dass sie nur Zaungäste eines Spiels sind, das sie nur begrenzt durchblicken.
Denn inzwischen hat sich die Hoffnung auf eine Autonomie der Bürgerinnen und Bürger weit gehend verflüchtigt. Die großen Erfolge der Autonomie in den verflossenen Jahren sind nicht der Effekt breiter Partizipation und innerer Anteilnahme möglichst vieler Bürgerinnen und Bürger aller Sprachgruppen, vielmehr stehen sie für die Durchbrüche politischer Eliten, mehr noch, einer handverlesenen Gruppe von Machtträgern: des Landeshauptmanns, von Senator Zeller, Gianclaudio Bressa, dazu von Magnago II und Daniel Alfreider, dessen knebelbärtiger Charme, bald auch den Landtag erhellen wird.
Ihr Einsatz relegiert nicht nur das Gros von Bevölkerung und Partei, sondern auch die übrigen Parlamentarier und Regierungsmitglieder in die Rolle von Statisten, so sehr sich auch Abi Plangger, Renate Gebhard und der ergraute Hans Berger, dem wir übrigens zum Siebziger gratulieren, Francesco Palermo und „unser“ Florian engagieren, um zumindest als Komparsen bella figura zu machen.
Sie und wir blicken staunend auf die Erfolge, die – oft unerwartet – vom Olymp der Macher, der Regiekabine Kompatscher-Zeller wie Konfetti auf das staunende Volk, auf uns herabregnen, auch endlos-zähem Ringen erwachsen wie die Autobahnkonzession. Der Anfang 2013 geschlossene Pakt-SVP-PD wurde nicht nur sorgsam abgearbeitet, mehr noch, er wurde übererfüllt.
Was hingegen unterbelichtet blieb, ja sogar Besorgnis erregend abmagerte, war die Bürgerbeteiligung. Denn nunmehr, bald zwei Jahre nach Auftakt des Autonomiekonvents, ist deutlich geworden, welches Maß an Energie und Hoffnungen daran geknüpft waren. Diese Hoffnungen sind nun zerschellt, schubladisiert in einem Haupt- und drei Minderheitenberichten, die mehr den Charakter einer Beschäftigungstherapie tragen als den eines operativ wirksamen Dokuments, so sehr Konvents-Vorsitzender Tschurtschenthaler auch mit schmelzender Stimme den Erfolg der Arbeiten verkündet hat.
Aber immerhin hat der Konvent die inneren Kräfteverhältnisse in Südtirol zutage gefördert: Er demonstrierte zum einen die Stärke der sog. volkstumspolitischen Achse zwischen SVP und deutschpatriotischen Parteien, zugleich aber auch die lähmende Ohnmacht und die deprimierende Resignation der italienischen Sprachgruppe. Die autonomiepolitische Schieflage, mehr noch: die rachitische Schwäche der italienischen Parteien und die ethnische Unwucht traten auf dem Diagnosetisch des Konvents deutlich hervor. Unwucht und Schieflagen erwiesen sich nicht als zufällige und beiläufige Symptome, sondern als Grundkoordinaten der Südtiroler Gesellschaft.
Grüne Politik hat hier in der Persönlichkeit von Riccardo Dello Sbarba entschieden und mit Augenmaß dagegen gehalten. Der vielfach gewürdigte Einsatz unseres Kollegen hat nicht nur die Bruchlinien im Konvent und Gesellschaft scharf diagnostiziert, sondern in kompetenter Kooperation mit Laura Polonioli auch Alternativen zum Dokument der Mehrheit eindrucksvoll vorgestellt und bei Vertretern des PD einen Nachahmer-Effekt erzeugt.
Im Konvent tat sich zuvörderst Alt-LH Luis Durnwalder als Spaltpilz hervor, der die Implementierung der Selbstbestimmung, christlicher Werte und der Abschaffung der Region mit bewährter Stentorstimme einforderte, mit großem Gehör bei Öffentlichkeit und Medien. Von den Deutschpatrioten von Schützen und Selbstbestimmten freudig auf den Schild gehoben, versäumte Durnwalder keine Gelegenheit, um der aktuellen Regierung und zumal seinem Nachfolger, nicht zuletzt dem Obmann seiner Partei eins auszuwischen oder auch reinzuwürgen, um es in der Diktion unserer blauen Freunde zu sagen.
Der jüngste Geniestreich dieser merkwürdigen D-D-Allianz, von Durnwalder und Deutschpatrioten, ist der Vorstoß in Sachen Doppelpass. In dieses Anliegen, das die STF mit Nachdruck seit 2010 vorantreibt, stimmten nicht nur starke Teile der SVP-Landtagsfraktion ein, sondern auch der Verflossene schwang sich auf dieses Schlachtross, um damit ein Thema aufzugreifen, das wie ein anderes geeignet ist, unsere Gesellschaft zu spalten.
Geteilt hat das Thema vorerst nicht die Südtiroler selbst, die es bei aller Aufregung zum erheblichen Teil kalt lässt, da sie anstelle eines Doppelpasses lieber ein Viertel mehr Verdienst hätten.
Geteilt hat das Thema sondern vor allem die SVP, die sich in dieser Hinsicht wieder einmal als das bewiesen hat, was sie wirklich ist: Ein Mirakel der Widersprüche.
Die Haltung der Mehrheitspartei, Wasser zu predigen und Wein zu trinken, lässt sich am besten in einem Bild beschreiben, das der längst vergessene Kris Kristofferson einst dem Country-Sänger Johnny Cash gewidmet hat, in einem Porträt, das auch auf die edelweiße Position perfekt zutrifft. Die Hommage auf Johnny Cash schließt mit der unübertrefflichen Charakteristik::He’s a walking contradiction, partly truth and partly fiction. So ist auch die SVP – Ein wandelnder Widerspruch, Wahrheit und Wahn zugleich.
Als lebender Widerspruch, halb wirklich und halb erfunden, ja surreal, so präsentiert sich die Haltung der SVP in der zentralen Frage Doppelpass: In ihr geht es nicht um ein Optional für waschechte Südtiroler, sondern um den authentischen Versuch, voran getragen von den Freunden der STF, die Gesellschaft Südtirols nicht nur zu spalten, sondern sie vielmehr zu filettieren – in Anwärter auf einen Doppelpass, in Berechtigte und nicht Berechtigte, in Südtiroler der Serie A + I und jene der minderen Kategorie I.
Darin hat die STF Übung: Dass sich aber große Teil der SVP auf dieses Spiel im Doppelpass einlassen, ohne die Konsequenzen in aller Radikalität zu Ende zu denken, bezeugt vor allem eines: Jenseits der Kategorien des Mehr und Mehr hat die Partei offenbar verlernt, zentrale Fragen bis zum Schluss durch zu überlegen. Und dabei kommt die Konfliktscheu des Obmanns sehr zupass, der sich regelmäßig – um des lieben Friedens willen – zu haarsträubenden Formeln versteigt, über die dann – wie im Falle vin Doppelpass-  der europäische Geist als emotionale Glasur gestrichen wird.
Aber der Kern ist jener: Aus einer Autonomie der Bürgerinnen und Bürger, auf die wir noch zu Beginn der Ära Kompatscher hoffen konnten, ist mehr denn je eine Autonomie der Macht und der Eliten geworden, frei nach dem Motto von Kaiser Joseph II: „Alles für das Volk, nichts durch das Volk“. So ist das Füllhorn der Autonomie, das nunmehr seine letzten Gaben ausschüttet, da wieder magere Zeiten drohen, zwiespältig geblieben. Die Autonomie als ein zwar geschätztes, aber für den Bürger-Alltag nicht fassbares Instrument, ein Steuerrad des Gemeinwesens, das vor allem die deutsche und ladinische Sprachgruppe in Händen halten.
An Katalonien mag man aus Grüner Sicht viel kritisieren, zumal die vom LH erwähnte Brechstange von Puigdemont und Co. Nicht zu zweifeln aber ist im Falle Catalunyas an der Existenz und Handlungsfähigkeit einer aktiven Bürgergesellschaft, nach der wir auch in Südtirol Ausschau halten. Stattdessen aber verzieht sich die Gesellschaft allzu oft ins Private, ins Ehrenamt von Vereinen und Verbänden, nur zu gern in die Echokammer der asozialen Medien, aber nicht in aktives Eintreten für die Res publica. Der Wunsch nach Sicherheit, auf den die Haushaltsrede so stark abhebt, bedeutet in unserem Lande, in seiner Gesellschaft eine Haltung des steten Rückzugs, von Fleiß und Hilfsbereitschaft ohne Engagement. Von wegen „Mehr Eigenständigkeit wagen“, wie noch 2014 in der Auftaktrede des neuen LH ausgerufen, stattdessen wird weiterhin der starke Leader gewünscht mit einer Emphase, die auch LH Kompatscher längst in einen „Arno allgegenwärtig“ verwandelt hat, in der Nachfolge von Luis dem Landesweiten.
Der zweite Arm der Autonomie neben Legislative, Regierung und Bürgern in ihrem politischer Handeln ist die Landesverwaltung: Ihr hat die Haushaltsrede bemerkenswerte Aufmerksamkeit gewidmet. Vorab die Zahlen: Der engere Bereich der Landesverwaltung mit ca. 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Hilfskörperschaften, die Schule mit Lehrern und anderweitig Beschäftigten und schließlich das Gesundheitswesen, mit 9000 Personen. Insgesamt erreicht der Mitarbeiterstand ca. 30.000 und damit – militärisch gesprochen – doppelte Divisionsstärke.
Es sind mehrheitlich Frauen, die in der Landesverwaltung arbeiten, sodass dieser Sektor auch ein gerüttelt Maß an Frauenpolitik in Südtirol verantwortet. Daher bleibt auch grundlegend, dass die öffentliche Verwaltung im Bereich der Frauenrechte Beispiel gebend vorangeht, dass sie nicht Rechte abbaut, sondern als Stachel im Fleisch der privaten Wirtschaftssektoren wirkt. Diese mögen das größere Ausmaß an Teilzeit oder den ausgedehnteren Mutterschutz bzw. rudimentären Väterschutz als ungerecht empfinden, auch als uneinholbare Differenz. Das ist verständlich, sie sollten aber die Vorgaben vor allem als Orientierung betrachten, die es nachzuahmen gilt.
An der Landesverwaltung Südtirols ermisst sich zu einem guten Teil die Qualität der Autonomie, ihre Leistungsstärke ist auch der Gradmesser für den Erfolg unseres Autonomie-Modells. Wenn Sachbearbeiter und Sekretariate, wenn Lehrer und Direktionen, wenn Förster und Straßendienstarbeiter gut arbeiten, ist viel gewonnen, während andernfalls Leistungsabfall, Zeitverlust und Ressourceneinbußen drohen. Dies gilt erst recht für das Personal im Gesundheitsbereich, das für einen besonders sensiblen Sektor verantwortlich zeichnet. Und diese Bemerkungen gelten vor allem für die Führungskräfte, von deren Einsatzfreude, Ideen und Organisationskraft das Fortkommen der Autonomie, mehr noch das Wohlergehen Südtirols und seiner Bewohner wesentlich abhängt.
Wir begehen keine Diskriminierung, wenn wir festhalten: Die landeseigene Verwaltung liegt kirchturmhoch über dem Standard vieler staatlicher Einrichtungen, in puncto Bürgernähe, Effizienz und rascher Finalisierung. Das liegt an Motivation und Leistungsbereitschaft vieler Mitarbeiterinnen, deren Qualität oft genug positiv erstaunt. Nur wenige Beispiele: Die traumwandlerische Sicherheit eines Sachbearbeiters im Bereich Mobilität, der sämtliche Fahrpläne Südtirols im Schlaf herunter betet wie er deren Optimierungspotenzial kennt, die Urteilssicherheit von Expertinnen der Raumplanung, die ökologische Verantwortungsbewusstsein im Bereich der Umweltagentur, den juristischen Sachverstand auf vielen Ebenen, die Bemühungen um Verwaltungsvereinfachung.
Die jeweiligen Akteure und ihr dynamisches Handeln bekunden eine Hingabe nicht nur für das jeweilige Arbeitsfeld, sondern auch ihre Verantwortung für den guten Zustand der Autonomie des Landes, für das sie arbeiten, leben und oft genug auch  brennen.
Keine Frage auch, dass soviel Einsatz auch starke Nischen der Gleichgültigkeit, von Demotivation und Frustration gegenüber stehen. Gewiss, solche Bruchstellen gibt es nicht nur bei der öffentlichen Hand, sondern auch im privaten Bereich. Was aber besondere Sorgen bereitet, ist der Eindruck, dass Motivationsschwäche und Lustlosigkeit in den letzten Jahren sichtbar zugenommen haben.
Eine Verwaltung ist stets so gut wie ihre Führung: Sind daher leitende Positionen mittelmäßig oder sogar dürftig besetzt, dann fressen sich die Schwächen des Managements sofort nach unten durch. Sie zeigen Negativfolgen in Motivations- und Leistungsabfall, in Gleichgültigkeit und Aggressivität gegenüber Bürgerinnen und Bürgern. Sie beweisen sich dann aber auch in mangelnder Innovationsfähigkeit, die gerade für die Öffentliche Verwaltung grundnotwendig ist.
Wir sehen mit Sorge, wie in manchen Abteilungen und Amtsdirektionen Unlust Regie führt, wie sich Frust breit macht über das ungeklärte Zusammenwirken von Politik und Verwaltung, deren Ingerenz immer wieder spürbar ist. Wenn rechtliche Grundlagen und administrativ bewährte Praktiken auf politische Ziele hin geformt und zugeschnitten werden, dann schwächt dies langfristig die Verwaltung und die Kontinuität ihres Handelns.
Und erst recht gilt dies für die Auswahl der Führungskräfte, die mitunter auch in auffälliger Manier politischer Opportunität folgt. Lesen wir etwa das Interview der designierten Schulamtsleiterin in der letzten tageszeitung, so suchen wir vergeblich nach Profil und gefestigten Ansichten zur Schulentwicklung und ihrer Zukunft, nach einem geschärften Problembewusstsein im Zeichen von Migration und Digitalisierung sondern treffen vor allem beliebige Wellnessformeln von erschreckender Leere.
Die Aufgabe der ausgehenden Legislatur, vor allem aber der künftigen Periode ab 2019 wird es sein, die Landesverwaltung zu requalifizieren, zu motivieren und sie auf die digitale Zukunft nicht nur vorzubereiten, sondern sie in Südtirol zur Vorreiterin zu machen. Dieser durchgreifende Relaunch der Landesverwaltung wird umso notwendiger sein, da sich die Zahl der Mitarbeiter gewiss reduzieren wird. Zum einen aus Gründen der Einsparung, dann auch aus demografischen Motiven, die den Arbeitsmarkt auch für die alternde öffentliche Verwaltung leer fegt.
Diesen Prozess aufzunehmen und stärker denn je zu begleiten, wird über einen wesentlichen Aspekt der Autonomie entschieden, nicht nur im Hinblick auf den Kostenfaktor der Gehaltspositionen in Höhe von über einer Milliarde Euro.
Dies gilt besonders für das Gesundheitswesen. An dieser lange Zeit überaus bewegten Front herrscht nach dreieinhalb Jahren wieder ein wenig Ruhe, die aber eher so wirkt, als wären die Kontrahenten nur ermattet, ohne dass wirklich Frieden und dauerhafte Lösungen eingekehrt wären.
Lassen Sie mich vorab ein Wort an die Landesrätin richten: Zu Beginn der Legislatur war leicht absehbar, dass nun eine Gesundheitsreform von einschneidender Größenordnung kommen würde. Der LH hat Martha Stocker diese Aufgabe ebenso anvertraut wie die Agenden des Sozialen, des Sports und der Arbeit, also ein wahres Monsterressort, ganz so, als hätte sie nach der langen Durnwalder-Durststrecke, der sie von der Regierung fern hielt, sichtlichen Nachholbedarf.
Dass es dick kommen würde, war also gewiss, das Ausmaß der Herausforderungen hat die Befürchtungen der Amtsträgerin dann aber weit übertroffen. Nicht nur die Gesundheitsreform, sondern auch die ab Herbst 2014 einsetzende Flüchtlingsfrage hat als tonnenschwere Last die Schultern der Amts- oder besser Kreuzträgerin niedergedrückt. Die Herausforderungen wurden verstärkt durch die jüngst aufgeflammte Impfdebatte. Landesrätin Stocker hat all dies auf sich genommen, mit einem eisernen Pflichtbewusstsein, dem man die Bewunderung nicht versagen kann. Als kleine Dreingabe hat sie sich letzthin sogar noch das Thema Wolf als Kür aufgehalst und sich damit ein Südtiroler Lieblingsthema aufs Auge gedrückt.
Für die Mehrheitspartei bedeutete die Bürde, die Martha Stocker zu tragen hatte, jedoch Entlastung. Dass sie sich als Mater dolorosa oder besser Martha dolorosa bereitwillig alle sieben Plagen auflud, zog vor allem ihr den Zorn und die Giftpfeile von Öffentlichkeit und Opposition zu, während sich die Landesregierung und Mehrheit zwar nicht durchwegs, aber oft genug hinter dem Hitzeschild der Schmerzensrätin verbergen konnte. Dass sie den Kopf hin hielt, entspricht zum einen ihrem Naturell, ist aber auch bezeichnend für die Rolle, die Frauen in der Politik einnehmen: Auf glühenden Kohlen zu wandeln und sich die Finger zu verbrennen – oft genug für andere. Für die Mehrheitspartei mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass sich die Landesrätin gewissermaßen als Bad Bank einen Großteil der negativen Energie der Bürgerschaft aufhalste.
Ein Lehrstück also, dem einige Fragen folgen müssen: Macht es künftig Sinn, die Monsterressorts von Gesundheit und Sozialem weiter unter dem Dach eines Ressorts zu vereinen? Wäre es nicht zielführender, die in ihrem Gewicht deutlich verstärkten Agenden Soziales, Migration und Flucht als Schwerpunkt in eine eigene Hand zu geben, anstatt die gegenseitige Blockade der beiden Riesenressorts zu riskieren? Die ist für die künftige Legislatur ernstlich ins Auge zu fassen, ohne der Versuchung zu unterliegen, die Öffentlichkeit mit einer kleinen Regierungsteam zufrieden zu stellen.
Die Gesundheitsreform soll nun also greifen, mit dem Vorzug neuer Synergien und unter dem Eindruck anhaltender Personalsorgen. Die Verknüpfung, das Zusammenspiel von Krankenhäusern soll wirken, in der Hoffnung, die Kirchtürme einzuebnen, durch einen Strang breiter territorialer Zusammenarbeit von den Basisärzten über die Sprengel, die Krankenhäuser der Grundversorgung über die Bezirke bis ins Landeskrankenhaus. Dies gelingt aber nur dann, wenn den Bezirken weiterhin eine grundlegende Ebene des mittleren Managements eingeräumt wird, wenn die Bezirksdirektionen nicht den Eindruck haben, nur mehr Schachfiguren der Bozner Zentrale zu sein.
Daher sollten die Ergebnisse, die Bilanzführung mit ihren Kennzahlen weiter auf Bezirksebene sichtbar sein, der Spielraum bei Einkäufen und Einstellungen nicht zu sehr beschränkt werden. Wenn sich auf der Ebene von Brixen, Bruneck, Meran und den kleineren Häuser ein gutes mittleres Management entwickelt, das auch Spielräume, nicht Spielweisen vorfindet, entwickelt, besteht Aussicht, die Herausforderungen der kommenden Jahre zu überwinden.
Zu diesen zählt vorab der Mangel an Ärztinnen und Ärzten, deren Rekrutierung unter dem fünffachen Druck der Pensionierungen, der Nachwuchslücke, der EU-Arbeitszeitregelungen, des Verbots der Gettonisti und der Verlockungen der Privatmedizin auf hohe Hürden stößt. Wenn es gelingt, bereits ab der Matura gezielte Anregung und Begleitung zu geben, wenn die leidige Crux der Facharztausbildung endlich gelöst wird, lässt sich der Mangel vielleicht in Grenzen halten. Aber die Zeichen dafür stehen nicht gut und damit ist ein weiteres zentrales Aktionsfeld markiert, vor dem die Politik auch in Zukunft stehen wird.
Dagegen wird – so ist absehbar – auch in Südtirol der Bereich der Privatmedizin aufblühen, mit der Gefahr, dass eine der Leuchttürme der Autonomie, das wohl funktionierende, allen Bürgerinnen und Bürgern zugängliche Gesundheitswesen mit hohem Niveau zunehmend Risse bekommt. Nachwuchs und Motivation der Ärzteschaft wird nicht nur durch ihre stattliche Gehaltsposition gehoben, sondern vor allem durch neue Rahmenbedingungen und Handlungsfelder, die der Eigeninitiative und Forschung Raum geben. Sie wird aber auch gestärkt durch die Begleitung durch qualifiziertes medizinisches Personal, bei dem wiederum, wie in der Landesverwaltung, Frauen den Hauptpart übernehmen.
Ob die Generaldirektion in dieser strategischen, medizinisch und sozialen Kernfrage nicht nur Antreiberin ist, sondern auch jenes Motivationsformat aufbietet, das heute mehr denn je gefragt ist, ist fragwürdig. Wir sehen den GD vielmehr häufig, nach den Äußerungen der Ärzteschaft, zumal der eben pensionierten Primare, als Motivationshemmer von begrenzter Zugänglichkeit.
An der Frage der Medizin und ihrer zunehmenden Privatisierung und Vorzugsspuren zeigen sich die Haarrisse, die sich in den sozialen Zusammenhalt der Südtiroler Gesellschaft allmählich einfressen.
Es ist keineswegs so, dass die sozialen Systeme Südtirols schlecht aufgestellt wären, verfügen sie doch sozial- und familienpolitisch über eine Reihe von Sicherheitsankern, die vieles abfangen. Mehr noch: dass familienpolitisch Mittel übernommen und Leistungen ausgebaut wurden, kann niemand in Abrede stellen.
Aber es geht um die Kernfrage, warum ausgerechnet jetzt, zu einem Moment der brummenden Hochkonjunktur, in einer der 21 reichsten Regionen Europas, ein Sockel von Armen und Armutsgefährdeten im Ausmaß von ca. 15% verankert bleibt.. Ein Sockel, der sich trotz mancher Anstrengungen des Landes und der öffentlichen Hände nicht auflöst und in den Mittelstand einwandert, sondern in einer Position beeindruckender Dürftigkeit und Not verharrt.
Oft aufgezählt: die hohe Zahl an Mindestrentnern unterhalb der 500-Euro-Schwelle, hinzu kommen jene Personen, die etwa im Juni um die APE, die vorzeitige Pension angesucht und bis heute noch keinen Cent erhalten haben. Alleinerziehende, zumeist Frauen, die Niedriglöhner. Familien in sozial prekären Situation ,mit geringem Bildungsrad und oft nicht in der Lage, ihre persönliche Situation zielgerichtet zum Besseren zu wenden. Kein Wunder, wenn die Finanzielle Sozialhilfe, die Mietbeiträge mehr denn je gefordert sind, wenn dabei auch die Sozialsprengel nicht nur an die Grenze der finanziellen Ressourcen, sondern auch der persönlichen Anforderungen geraten.
Hinzu kommt, dies hat die Haushaltsrede als geradezu elektrisierendes Moment eingebracht, nun noch die Frage der künftigen Sicherheit der Pflege: Zum ersten Mal wird verhalten anerkannt, dass die steuerfinanzierten Mittel für die Pflege nicht mehr ausreichen dürften, dass es notwendig sein wird, auf andere Finanzierungsformen Regress zu nehmen.
Wir kennen die Zahlen: Noch 2006 gab es erst 10.500 Pflegebedürftige, Aktuell sind es bereits ca. 15.500, also rund 5000 mehr: Von diesen wurden vor einem Jahrzehnt 7400 zu Hause gepflegt, 2016 waren es bereits 11.300. Dies bedeutet rapiden Zuwachs, die dürren Zahlen belegen aber auch die starke Belastung der pflegenden Angehörigen wieder von – dreimal dürfen sie raten – Frauen.
Verhalten dagegen das Wachstum der Pflegeplätze in Heimen, die in einem Jahrzehnt  erst von 3100 auf 4100 angewachsen sind. Neben den rasch anschwellenden Kostenpositionen von ca. 250 Mio. ist also die Frage der Belastbarkeit der familiären Netzwerke ein Kernthema und damit verbunden die Bereitstellung von Pflegeplätzen. Die noch im heurigen Frühjahr zugesicherte dauerhafte Fundierung des bisherigen Pflegesystems steht nun zur Disposition, zumindest aber vor einem grundlegenden Wandel.
Damit aber ist klar, dass soziale Systeme und soziale Beziehungen, auch jene der Arbeitswelt, vor einem Umbruch stehen: Die Sozialsysteme bedürfen unter dem doppelten Druck von Demografie und Einkommensschwäche neuer Fundierung, die Lohnsituation in der Arbeitswelt hingegen einer grundlegenden Neubewertung.
Denn dass seit zwei Jahren die Reallöhne wieder steigen, kann den zuvor eingetretenen Verfall und die künftigen Herausforderungen nur begrenzt abfangen. Hier ist ein Nachschlag der Arbeitgeber durch territoriale Zusatzverträge unabdingbar, auch im Hinblick auf die anhaltende Entlastung der Unternehmen durch die Haushaltspolitik des Landes.
Der demografische Wandel, die Einkommensstärkung bedürfen aber auch einer entschiedenen Hinwendung zu Wirtschaftszweigen mit hoher Produktivität.
Qualifizierte und gut bezahlte Jobs gibt es vornehmlich dort, im Bereich der Industrie 4.0, worauf auch jüngst Unternehmerchef Federico Giudiceandrea mit Nachdruck hingewiesen hat. So bedeutet dies, dass Südtirol zur Stärkung seiner wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen den Pfad zum Aufbau industrieller Leitsektoren von hoher und ressourcen schonender Qualität mit aller Energie beschreiten muss: Über alpine Technologie, Lebensmittel und Energie hinaus müssen sich auch andere Branchen neu profilieren und das Exportfenster nützen, das sich in Südtirol seit wenigen Jahren  weit geöffnet hat. Wir wollen hoffen, dass NOI jenes Start-up-Klima in Südtirol schafft, dass wir bislang schmerzlich vermissen.
Die kommende Legislatur steht also vor einer Herkulesaufgabe: Vor dem Umbau der Sozialsysteme, einer Stärkung und besseren Pflege der Arbeitsbeziehungen und einer Neuaufstellung der wirtschaftlichen Produktivitätskerne. Diese drei Handlungsfelder stehen in engem Zusammenhang. Auch mit einer Diskussion über die Rolle des Tourismus, zu der wir Grünen weiterhin unsere entschiedene Position kundtun: Tourismus bleibt zentral für Wirtschaft und periphere Räume, als Brücke zur Landwirtschaft, aber in klar markierten Grenzen. Unsere Landschaft, unsere Umwelt, unsere Natur sind kein Optional und Genussland-Kulisse, sondern konstitutiv für Identität und Autonomie.
Südtirol sollte daher weniger Tirol nachahmen, sondern mehr Baden-Württemberg nachstreben. Kein Genussland werden, das sich am Ende selbst verzehrt, sondern eine ausstrahlungsstarke Region von großer Leuchtkraft, wo Schönheit und Lebensqualität, Produktivität und Innovation, soziale Sicherheit und gesellschaftlicher Zusammenhalt auch der Kulturen und Sprachgruppen ein magisches Dreieck bilden, das auch den Titel ‚Heimat‘ verdiente.
Und Südtirol sollte auch in einem anderen, zentralen Handlungsfeld der Zukunft von beiden lernen, von Tirol und Baden-Württemberg: Dieses Feld ist der Umgang mit Asylbewerbern, Flucht und Migration: In beiden Ländern hat ein rationaler und planvoller Umgang mit diesem Jahrhundertphänomen zu guten Ergebnissen geführt, worauf auch LH Kompatscher verweist. Nicht Alarmrufe und wütende Abwehr, sondern der Einsatz einer rational agierenden Verwaltung, einsatzbereiter Gemeinden und einer lebendigen Zivilgesellschaft lassen Tirol und viele Kommunen von Baden Württemberg ungleich höhere Anforderungen bewältigen, mit dem Erfolg, dass der Umgang mit Menschen auf der Flucht weit besser und planvoller verläuft.
Wir sind überzeugt, dass gegen das Jahrhundertphänomen Migration auf dem europäischen Kontinent keine Zäune helfen, keine zynische Abwehr, keine Lega, AfD oder FPÖ, sondern allein vorausschauende Politik, die die Versäumnisse der Vergangenheit zwar nicht zur Gänze, aber doch in einigen Bereichen wettmacht. Europa, die Staaten und wir werden Migration künftig mehr zu steuern haben, bereits in Afrika durch dort platzierte Hilfe, den Aufbau von Institutionen und Industrien, durch eigenes Konsumverhalten und die Möglichkeit zu begrenzter und gesetzlich gesteuerter Zuwanderung nach Europa unter klaren Kriterien.
Die Grenzen wie in Ungarn, Polen oder Tschechien dicht zu machen, wird auf Dauer nichts nützen: angesichts einer Bevölkerung auf dem afrikanischen Kontinent, die bis 2050 von 1,4 auf 2,4 Mrd. Menschen wachsen wird. Da helfen weder Zäune noch Repression, denn längst nicht alle aber ein konsistenter Teil dieser Menschen wird selbst höchste Mauern durchbrechen.
Wir werden in Europa nur durch rasche und zielgerichtete Aufnahmeverfahren, durch die klare Unterscheidung von Asyl und Migration und auch durch Rückverweisung die Bewegungen steuern können. Die aktuelle Situation im Süden Italiens oder auf griechischen Inseln ist nicht nur menschenverachtend, sondern auch kontraproduktiv, da sie Unrecht und Kriminalität produziert statt wirkungsvoller Hilfe. Und auch politische Bewegungen auf den Plan ruft, auf die wir gerne verzichten.
Die Flüchtlingsfrage ist lösbar. Die Zahl der Flüchtenden und Armutsmigranten erreicht weltweit 2017 voraussichtlich 70 Millionen, davon verbleiben 90% im Einzugsgebiet ihrer Herkunftsregion. Drei bis fünf Prozent, etwa 2 Millionen, suchen den Weg nach Europa, davon schaffen es jährlich 250.000. Für diese Ankommenden gibt es bekanntlich ein Verteilungsproblem.
Denn nochmals: die Flüchtlingsfrage ist im Rahmen Europas lösbar: Gewiss nicht durch die vollmundig propagierte Schließung der Mittelmeerroute. Sie wäre eine Maßnahme, so erfolgreich wie der Einsatz eines Spaghettisiebs als Wasserbehälter.
Sinnvoll sind zwei Maßnahmen:
Erstens: Verteilung und Kontingentierung. Wenn jeder der 28 EU-Staaten nach einem bereits ausgehandelten Schlüssel bei der Verteilung zum Zuge käme, wäre die Herausforderung von aktuell 2,5 Mio Migranten und Ásylbewerbern, 0,5% der EU-Bevölkerung, gut zu schultern. Aber wenn sich Staaten gleich im Dutzend von einer Kernaufgabe der EU verabschieden und Solidarität verweigern, sind dann auch Konsequenzen überfällig. Streichung von Strukturfonds, andere Maßnahmen.
Die zweite Aufgabe hieße Kontingentierung: Niemand zweifelt daran, dass es sich beim Großteil der Menschen, die Italien erreichen, um Armutsflüchtlinge handelt. Sie kommen nicht aus Syrien oder Afghanistan, sondern aus Nigeria, Gambia und Senegal, auch aus Bangla Desh. Sie sind meist keine Asylwerber. Ihr Weg nach Europa lässt sich nicht zur Gänze stoppen, das gebieten Humanität und Pragmatismus, die Rücksicht aber auf die eigene Belastbarkeit verlangt es, hier Limits einzuziehen.
Hier hilft der Vorschlag von Gerald Knaus, eines der Architekten des Türkei-EU-Deals:
Mit afrikanischen Staaten wie Nigeria, Gambia, Senegal bestimmte Jahresquoten auszuhandeln, diese mit konkreter und wirkungsvoller Wirtschaftshilfe verkoppeln. Zugleich Abkommen über die Rücknahme der Überquoten zu schließen. Bei selbstverständlicher Fortdauer des Asylrechts. Mit Ansuchen in den Botschaften in den Quellländern, auch allfälligen Hotspots.
Dies würde in ein bis zwei Jahren zu Resultaten führen, da diese in den Herkunftsländern ansetzen würden, nicht aber in Transitstaaten wie Niger oder Lybien, mit seiner zerfallenden Staatlichkeit und dem kalten Schlepper-Business. Damit würde Europa Verantwortung und Humanität beweisen und der eigenen Überforderung, erst recht jener Italiens, ein überfälliges Ende setzen.
Auf einen solchen Rahmen sollte sich Südtirol einstellen: Auf begrenzte Ankunft, die aber weit umfassender und besser zu steuern ist als bislang der Fall. Und mit besser betreuten Asylwerbern Die Betreuung von Asylwerbern und Armutsmigranten, ihre Eingliederung in Arbeitswelten ist eine strategische Aufgabe für die Zukunft, die aber bislang mit überschaubarer Professionalität betrieben wird.
An dieser Aufgabe aber wird sich auch beweisen, ob Südtirol zukunftsfähig ist: Es geht dabei mitnichten um Gutmenschentum, erst recht nicht um beinharte Abwehr, sondern um eine Aufgabe, die gesetzlich administrativ und organisatorisch, erst recht in ihrem Bildungsauftrag die Aufnahmegesellschaft auf den Prüfstand stellt.
Wer sich dieser Aufgabe verweigert, schwächt sich selbst. Weit klüger ist es, die Herausforderung anzunehmen, sie zu gestalten und an ihr zu wachsen, menschlich und als Gemeinwesen. Das ist der Weg, den viele deutsche Regionen beschreiten, auf dem sie bei aller Anstrengung und Überforderung auch ihre Zukunftsfähigkeit beweisen. Denn planvolle Hilfe heißt auch, der Not im eigenen Land besser gewahr zu werden und jene Armut zu sehen, die wir ansonsten gerne übersehen. Die Bewältigung der eigenen sozialen Herausforderungen und jene für die Flüchtenden gehen Hand in Hand. Die nächsten Jahre sind dafür entscheidend und diese Mehrheit muss sich bei allen Vorzügen auch in diesem feld besser dafür rüsten als bisher der Fall.
Hans Heiss

  1. 12. 2018

Der Tod des kurdischen Flüchtlingsjungen Adan am 8. Oktober in Bozen hat in Südtirol große Betroffenheit ausgelöst. Dies sollte die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung dazu anhalten, sich selbst kritisch zu hinterfragen. Die zuständige Landesrätin Martha Stocker aber, weist mit Argumenten, die den Tatsachen widersprechen, alle Verantwortung von sich.

  1. Im Interview mit der Tageszeitung ist nachzulesen, dass LR.in Stocker erst am 6. Oktober von dem Fall erfahren habe, und dass „von keiner Seite ein Antrag kam, die Familie in einer offiziellen Struktur unterzubringen“. Fakt ist jedoch, dass es praktisch jeden Tag Anfragen gab, die Familie unterzubringen. Neben Freiwilligen und Vereinen hat selbst der Sanitätsbetrieb bereits am 4. Oktober, als der Bub aus dem Krankenhaus entlassen wurde, an öffentlicher Stelle eine Unterkunft für ihn und seine Familie gefordert.Hier nochmals die Faktenlage: Am 4. Oktober um 10:09 morgens hat die Koordinatorin des STP- Ambulatoriums und Beauftragte des Sanitätsbetriebs für Flüchtlinge per E-Mail den Betrieb für Sozialdienste Bozen und das Landesamt für Sozialsprengel darüber informiert, dass Adan entlassen werde und er mit seiner Familie noch keine Übernachtungsmöglichkeit gefunden hätten. Die Koordinatorin bat Land und Sozialdienste schriftlich, eine Unterkunft für die Familie bereitzustellen. Der E-mail-Anhang enthielt die Entlassungsbescheinigung aus dem Krankenhaus, in der Dr. Federico Mercolini feststellt: “è affetto da distrofia muscolare di Duchenne, complicata da candiopatia dilatativa. Soffre inoltre di difetto di glucosio-6-fosfato-deidrogenasi. La patologia di Abdullah è molto complessa, invalidante e necessita di stretto monitoraggio e cure continue”. Seit dem 4. Oktober also waren die zuständigen Landesämter über Gesundheitszustand des Jugendlichen informiert und die Sozialdienste der Landesabteilung wurden um eine Unterkunft gebeten.                                                                  
  2. In der Pressekonferenz am 10. Oktober bzgl. der Entlassung aus dem Krankenhaus betonte LR.in Stocker mehrmals, es habe sich um eine „geschützte Entlassung“ gehandelt. Wenn sich Landesrätin Stocker hierbei auf das offizielle Vorgehen der „geschützten Entlassung“ bezieht, scheint dies jedoch nicht auf. Eine geschützte Entlassung sieht besondere Umstände für die Zeit nach der Entlassung aus dem Krankenhaus vor. Darunter eine enge Betreuung durch Hausarzt und Krankenpflegedienste. Vor allem wird davon ausgegangen, dass der Patient ein Zuhause habe wo er ordentlich versorgt wird. Genau weil es an all dem fehlte, hat die Koordinatorin die Landesämter kontaktiert, mit der dringenden Bitte, eine Unterkunft bereitzustellen. Adans Familie hatte keinen angemeldeten Wohnsitz, keinen Hausarzt und auch keine geeignete Unterkunft, wo der Bub ordentlich versorgt hätte werden können, so wie es eine geschützte Entlassung eigentlich vorsieht.                                                                                                                                    
  3. Die Landesrätin behauptet, dass die Familie stets eine Unterkunft gehabt hätte. Dabei unterschlägt sie jedoch, dass die verschiedenen Unterbringungen nicht die zuständigen Institutionen bereitstellten, sondern von Freiwilligen durch eine Spendensammlung organisiert wurden. Südtirols FlüchtlingshelferInnen müssen deshalb aktiv werden, weil viele Institutionen entweder ihrem Auftrag nicht nachkommen oder zu langsam und bürokratisch arbeiten. Darüber hinaus erwähnt die Landesrätin nicht, dass diese Unterkünfte nur provisorisch waren: eine Nacht hat die Familie auf dem Boden eines Jugendzentrums verbracht. Eine angemessene Unterbringung für ein schwer krankes Kind hätten nur die öffentlichen Institutionen gewährleisten können – und müssen. Deshalb ist es inakzeptabel, dass LR.in Stocker kontinuierlich wiederholt, dass die öffentliche Hand aus dem Grund untätig geblieben sei, weil sich Privatpersonen auf freiwilliger Basis um die Familie gekümmert haben. Freiwillige haben gehandelt, weil und nachdem die öffentliche Hand eben nicht reagiert hat. Wer behauptet, sei es JournalistInnen, oder PolitikerInnen wie Ulli Mair, dass die Freiwilligen „die Öffentlichkeit früher benachrichtigen“ mussten, äußert sich, ohne die Fakten zu kennen.
  4. „Ich habe immer mein Gesicht hingehalten“, sagt Stocker im Interview vom 12.10. Selbst das stimmt nicht. Die Landesrätin hat in dieser Woche nicht ein einziges Mal die direkte Auseinandersetzung mit einem kritischen Gegenüber akzeptiert, u. a. hat sie das Pro & Contra auf RAI –Südtirol abgelehnt, um dann allein im Mittagsmagazin aufzutreten. Sie reagiert auf Kritik mit Gegenvorwürfen und Defensivhaltung. Gerade in der gegenwärtigen Situation kann dies nicht akzeptiert werden.
  5. Abschließend sei noch angemerkt: Die Landesrätin wiederholt in diesen Tagen immer wieder, dass das Landesrundschreiben von 2016, welches die Aufnahme von geflüchteten Menschen stark einschränkt (und dessen Rücknahme selbst vom Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gefordert wurde), der Aufnahme dieser Familie nicht im Wege gestanden hätte. Wenn nun das restriktive Rundschreiben tatsächliche die Aufnahme dieser Familie erlaubt hat, ist dies umso schwerwiegender, da die Familie eben gerade nicht aufgenommen worden ist.

Wie das Schicksal des kleinen Adams ausgegangen wäre, hätte er rechtzeitig eine angemessene Unterbringung bekommen, kann niemand wissen. Eines ist aber sicher, mit dem problematischen Rundschreiben wird eine Haltung vorgegeben, die die gesamte Aufnahmepolitik des Landes kennzeichnet, nämlich die heimliche Parole „So wenig wie möglich“. Ganz so, als ob die knappe Bettenanzahl in einer Bozner Flüchtlingsunterkunft jene Menschen, die wegen Armut, Krieg und Hunger in Afrika oder Asien aufbrechen, davon abhalten könnte, in unser Land zu kommen.
Nicht nur Landesrätin Stocker ist für diese fehlgeleitete und unbedachte Flüchtlingspolitik verantwortlich, sondern die gesamte Landesregierung.
 
Bozen, am 12. Oktober 2017
 
Die Grüne Fraktion im Landtag
 
 

Herumschieben, Abschieben, Abwälzen: Vom Umgang mit den Umständen, die den jungen Adan das Leben gekostet haben. So kann es nicht weitergehen, Landesrätin Stocker, machen wir die Flüchtlingsagenda zur Chefsache.
In der heutigen Pressekonferenz der Landesregierung hat Landesrätin Stocker Stellung zum Tod des 13-jährigen Adan Stellung genommen. Sie weist in ihren Aussagen die Verantwortung der Landesverwaltung von sich und stellt klar, dass die Familie trotz des berüchtigten „Rundschreibens Critelli“ hätte vorübergehenderweise aufgenommen werden können.
Der Tod des Kindes wird dadurch noch mehr zu einem tragischen Absurdum und zum Symbol des Versagens der Flüchtlingspolitik des Landes Südtirol.
Wenn im Lande der humanitäre Ansatz ohne Wenn und Aber als Ausgangspunkt aller Interventionen stünde, dann wäre es niemals zur Verkettung der Umstände gekommen, die dem jungen Adan das Leben gekostet hätten.
Es ist nicht akzeptabel, dass die Landesrätin in ihrer Analyse die Verantwortung

  • nach unten abschiebt („das SIS ist in dieser ersten Einschätzung autonom“),
  • den Freiwilligen quasi die Schuld zuweist („Aufgrund der Mitteilung, dass eine Unterbringung für die gesamte Familie vorhanden ist, wurde keine weitere Suche nach einer Unterbringung eingeleitet. Wäre eine entsprechende Notwendigkeit gemeldet worden, wäre eine Aufnahme aufgrund der zusätzlichen Informationen zur Situation vom SIS sicherlich neu bewertet worden“)
  • oder gar die Familie selbst in die Pflicht nimmt (“Wenn sich dann jemand selbstständig aufgemacht hat vom Hotel Adria nach anderswohin, dann ist das eine freie Entscheidung“).

Wir erinnern daran, dass – in Ermangelung einer Unterbringung seitens der zuständigen Institutionen! – die Freiwilligen Geld gesammelt haben, um der Familie eine wenn auch notdürftige Unterkunft zu bieten und dass sie es waren, die sich die ganze Woche über um die Familie in höchster Not gekümmert haben. Ihnen auch indirekt die Verantwortung zuweisen, und zwar von Seiten der mächtigen Landesverwaltung, die mit ihren politischen und bürokratischen Vorgaben die Haltung der Aufnahme (bzw. der Abweisung) maßgeblich beeinflusst, ist absolut inakzeptabel und kleingeistig.
Es ist offensichtlich, dass die Landesrätin mit der Betreuung der Flüchtlingsagenden überfordert und/oder eindeutig schlecht beraten ist. Mit Defensivhaltung und bürokratischem Zynismus kann dieses komplexe gesellschaftliche Phänomen nicht angegangen werden. Landesrätin Stocker sollte besser nach Oben delegieren, als nach Unten abwälzen (wie wir es derzeit erleben) – und die Flüchtlingsagenda direkt an Landeshauptmann abgeben. Die Zeit ist eindeutig reif dafür.
Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa, Hans Heiss

Grüne Einführung in den Normensdschungel

In der heutigen Pressekonferenz der Grünen Landtagsfraktion haben Hans Heiss, Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba den Nachtragshaushalt, der in dieser Woche im Landtag behandelt wird, kommentiert. Heiss, Grünes Mitglied im zuständigen III. Gesetzgebungsausschuss des Landtags, hat seinen Minderheitenbericht erläutert. Darin weist er auf die Komplexität und Themenvielfalt des Gesetzesentwurfs hin und hält unter anderem fest:

Der heterogene Aufbau des Gesetzes, der hektische und unorganische Verlauf der Behandlung, die Überforderung von Einbringern und Ausschuss, schließlich auch des behandelnden Plenums liegen auf der Hand. Die pragmatischen Vorteile solcher Finanzgesetze haben einen hohen Preis, den der Intransparenz, Willkür und Bürgerferne. Sie sind ein Abbild des „für Normalverbraucher“ nur mehr schwer nachvollziehbaren Politikbetriebs und der wachsenden, kaum mehr zu schließenden Kluft zwischen den Mandataren und den Bürgerinnen/Bürgern unseres Landes.

Der Nachtragshaushalt diente ein weiteres Mal dazu, Aus- und Nachbesserungen, an bestehenden Gesetzen vorzunehmen. Der Gesetzentwurf deckt eine Vielzahl von Themen, von Bildung über die Gesundheit bis hin zu Energie, Sozialem, Handel und Verkehr, ab. Auf die entsprechenden Änderungen sind die drei Abgeordneten während der Pressekonferenz eingegangen. Sie werden im Minderheitenbericht näher erläutert.
Bozen, 25.07.2017

Der Nachtragshaushalt des Landes 2017 ist dank eines Verwaltungsüberschusses von knapp 122 Mio. erfreulich hoch, mit seinen Einnahmen lassen sich wichtige Anliegen erfüllen.
Weit weniger erfreulich, ja geradezu deprimierend war dagegen die Behandlung des dazu gehörigen Finanzgesetzes, dessen Bestimmungen den Haushaltsausschuss und die Mitglieder in ihrer Zuständigkeit überforderten.
Die für Haushaltsthemen zuständige Gesetzgebungskommission unter Präsident Tschurtschenthaler hatte über Fragen der Weiterbildung, des Bibliothekswesens, der Schulfürsorge und Hochschulbildung, das heiße Eisen Gratisenergie, die künftige Vergabe der Konzessionen für Mineralwasser, Strategien gegen den Mangel an Fachärzten, Familienförderung und Kinderhorte ebenso zu befinden wie über die Regelung des Wasserfahrzeugverkehrs in Südtirol (Rafting, Kanus, immerhin keine Flugzeugträger) und den Messesektor.
Gewiss hängen manche Bestimmungen eng mit Haushalt und Ausgaben des Landes zusammen, inhaltlich aber gehören die meisten der weit über 40 behandelten Artikel in andere Gesetzgebungskommissionen. des Landtags und haben im Haushaltsausschuss nichts verloren.
Dies gilt besonders für die Runderneuerung der Bildungsorganisation, die Landesrat Achammer kurzfristig aufs Tapet brachte. Das völlig umgekrempelte Bildungsressort mit neuen Abteilungen für Verwaltung und Pädagogik, vier Landesdirektionen und der neuen Figur des Bildungsdirektors wurde anstatt der dafür zuständigen Ersten Kommission dem erstaunten Haushaltsausschuss zur Behandlung vorgelegt.
LR Achammer sorgte auch für das Glanzlicht im Reigen vertauschter Zuständigkeiten, da er für den kurzfristig verhinderten LH und Finanzlandesrat Kompatscher in die Bresche sprang und in dessen Auftrag den Nachtrags-Haushalt darlegte.
Ein kleiner Erfolg für die Grünen war die Annahme eines Streichungsantrags gegen Artikel 6, mit dem Vergehen im Energiebereich saniert werden sollten. Dank der anwesenden Opposition und zweier mutiger SVP-Vertreter wurde der dreiste Sanierungsversuch abgeblockt.
07. 07. 2016
Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba
Brigitte Foppa

Ein neues Museumsgesetz für Südtirol ist nach bald 30 Jahren überfällig. Seit 1988, dem Zeitpunkt der Verabschiedung des bisher gültigen Gesetzes, hat sich der Bereich Museen in ganz Europa rapide weiter entwickelt. Auch in Südtirol erfuhr die Museumslandschaft eine sprunghafte Ausweitung ihres quantitativen und qualitativen Angebots, erst recht der Besucherzahlen.
1, 5 Millionen BesucherInnen (davon ca. 800.000 in den Landesmuseen) bestehen zum erheblichen Teil aus Gästen, aber auch aus Südtiroler BürgerInnen, denen Museen neben Bildung, Information und Freizeitspaß Anlass zu Stolz und Identifikation geben. Museen schaffen für Südtirol einen kulturellen und ökonomischen Mehrwert, der den personellen und finanziellen Einsatz der öffentlichen Hände mehr als rechtfertigt. Mit 62 fest angestellten Mitarbeitenden, ca. 150 saisonal Angestellten in bald zehn Landesmuseen und einem Jahresbudget von ca. 5 Mio. € an Beiträgen für alle Museen im Lande sowie ca. 6 Millionen Euro Personalkosten rechnet der Aufwand für Museen zu den lukrativsten Investments der öffentlichen Hand. Denn den finanziellen Aufwendungen stehen beträchtliche Einnahmen gegenüber, vor allem aber ehrenamtliche Eigenleistungen, die Bestand und Blüte der 47, nicht vom Land geführten kleineren Museen ermöglichen.
Was in den Museen möglich wäre…
Museen in Südtirol verdienen umso mehr Unterstützung, da ihre Tätigkeit und Einsatz im Vergleich zur Nachbarprovinz, dem Trentino, mit weit weniger Ressourcen und Geldaufwand erfolgt. Dort gibt es doppelt so viele hauptamtliche Beschäftigte, dort liegt das Budget des gesamten Bereiches gleichfalls auf doppelter Höhe, während die Besucherzahlen trotz der musealen Leuchttürme wie MART oder MUSE nur knapp den Südtiroler Anteil erreichen. Zukunfts-Dividende, die in diesem Bereich anreifen könnte.
Wir haben daher einen Entwurf erwartet, der Vertrauen in die enormen Chancen stärkt, die den Museen und Sammlungen in Südtirol innewohnen, in die Vermittlungskraft ihres Bildungsangebots, in die kreativen Leuchtspuren, mit denen exzellente Präsentationen BesucherInnen und Region anregen und erhellen. Einen Entwurf, der Autonomien und Handlungsstärke der Museen ertüchtigt und nicht zuletzt gezielt auf neue Segmente von Besuchern, wie SeniorInnen und MigrantInnen setzt.
… und was vorgesehen ist.
Der erste Eindruck ist jener eines knappen bis schütteren Textes, der sich einer inhaltlichen und strategischen Neuorientierung bzw. einer deutlichen Richtungnahme verschließt. Dieser Eindruck verbleibt auch nach der Bearbeitung des Entwurfes im Gesetzgebungsausschuss, welche einen praktisch unveränderten Text ins Plenum entlässt. Dieser wird der Vielfalt des Museumsbereichs nicht gerecht, sondern zeugt eher von ängstlicher Vorsicht.

  • Die beiden ersten Artikel legen die Definitionen und Ziele fest. Entgegen der Beschreibung im Titel des Gesetzes, das von „Museen und Sammlungen“ spricht, wird im Artikel 1 die Unterscheidung zwischen den beiden Begriffen nicht getroffen.
  • Unter den Zielen in Artikel 2 vermissen wir die pointierte Betonung der Forschungstätigkeit – die auf den Anteil der Bildung im lebensbegleitenden Lernen beschränkt wird, in Wirklichkeit aber einen eigenen Punkt verdienen würde.
  • Dasselbe gilt für die Kulturvermittlung, die als „qualitativ hochwertig“ definiert und als eigener Punkt im Gesetz festgelegt werden sollte, samt den dafür notwendigen Kriterien, Voraussetzungen und Maßnahmen.
  • In der Beschreibung der Aufgaben wäre eine deutlichere Zukunftsorientierung wünschenswert, etwa in der Nennung von kultureller Öffnung, sprachgruppenübergreifender Arbeitsweise oder mit der klaren Zielgruppenfestlegung, etwa auf bildungsungewohnte Milieus oder SeniorInnen.
  • Organisationsstruktur, Finanzierung und Personalregelung des Betriebes Landesmuseen: Der 2004, weniger aus funktionalen denn aus Gründen der politischen Personalunterbringung heraus geschaffene Betrieb wird zementiert und zentralisiert. Wir beobachten die „Hierarchisierung nach oben“ leider zunehmend in den Organisationsentscheidungen der Landesregierung (siehe Sanitätsreform oder die Diskussionen um das neue Führungskräftegesetz der Landesregierung). Gerade bei Museen schiene es wichtig, betriebliche Notwendigkeiten in Entscheidungsautarchie zu belassen.
  • Problematische Aspekte birgt der Personalartikel (Art.7). Es wurde letzthin, auch von unserer Seite, immer wieder auf den hohen Prekariatsanteil unter den Arbeitenden hingewiesen. Laut ASTAT-Bericht 2014 arbeiten in den Südtiroler Museen nur 14,5% mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag. Dies ist auf den saisonalen Betrieb vieler Museen zurückzuführen. Der Ansatz des LGE ist es, nun vermehrt Personal mit privatrechtlichen Verträgen einzustellen. Das ermöglicht mehr Flexibilität und praktische Umsetzbarkeit, führt aber auch zu unterschiedlichen Vertragsbedingungen innerhalb der Belegschaft.
  • Im dritten Abschnitt geht es um die Privatmuseen, deren „museumspolitische Ausrichtung“ (womit, wie aus der Antwort auf eine Nachfrage hervorging, die Finanzierungsentscheidungen gemeint sein dürften) künftig von einem Museumsbeirat gelenkt wird. Uns erschiene es wichtig, dass dieses Gremium nicht im vorgesehenen Ausmaß in Abhängigkeit von der Landesregierung stehen würde. Auch müssten Privatmuseen mit Finanzierungssicherheit rechnen können, dem Ermessensspielraum der Landesregierung sind, im Sinne von Vielfalt und Subsidiarität, engere Grenzen zu stecken. Große Zweifel bleiben auch angesichts des akuten Finanz-Engpasses, in dem sich die Privaten angesichts unvorhergesehener und nicht angekündigter Kürzungen befinden.

Grüne Gegengewichte
Wir Grüne haben versucht, in den Text des Gesetzes einige Öffnungen zu schreiben. Unsere über 20 Vorschläge von Abänderungsanträgen zielen darauf:

  • Museen und Sammlungen klarer voneinander abzuheben;
  • Ziele klarer zu definieren und die Zielgruppen stärker in den Blick zu nehmen;
  • Den Forschungsauftrag der Museen und deren Möglichkeiten im Zusammenhang mit anderen Einrichtungen stärker zu gewichten;
  • Den Vermittlungsauftrag von Museen stärker in Wert zu setzen;
  • Die Digitalisierung vor allem auch im Katalogbereich auf neuen Standard zu führen;
  • Die Autonomie der Landesmuseen gegenüber der Abteilung in den Mittelpunkt zu rücken und sie mit einer jeweils eigenen Direktion auszustatten;
  • Den neu eingeführten Museums-Beirat zu stärken und seine Aufgaben als beratendes, von Experten getragenes Gremium der Verwaltung an die Seite zu stellen.
  • Das Museion stärker in den Landeszusammenhang einzubinden;
  • Die Rolle der MitarbeiterInnen besser abzuklären und bessere vertragliche Absicherung zu bieten.

Bozen, 07.06.2017
L. Abg. Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba
Minderheitenbericht:
[gview file=“http://www.verdi.bz.it/wp-content/uploads/2017/06/2017-04-06-Minderheitenbericht-Museengesetz.pdf“]

Der neue Gesetzentwurf zur Führungsstruktur der Landesverwaltung setzt auf die Spitzenbeamten. Auf Kosten von Know-How und sozialer Gerechtigkeit – und mit Spitzengehältern bis zu 240.000 Euro!
Am 18.5. hat die Landesregierung den Gesetzentwurf zur Führungsstruktur der Landesverwaltung beschlossen. Damit schließt sich die erste, von vielen Stolpersteinen und ersten Opfern gekennzeichnete Phase dieses „Reformgesetzes“. Die Öffentlichkeit konnte mitverfolgen oder erahnen, welche Auseinandersetzungen sich in den Chefetagen von Verwaltung und Politik abspielten. Verschiedene Ansätze standen sich gegenüber: Die Frage, ob es die unterste Führungsebene zu stärken gälte (AmtsdirektorInnen, KoordinatorInnen) – oder aber ob die höchste (insbesondere die RessortdirektorInnen) weiter aufgewertet werden sollte.
Die Grüne Fraktion weist seit Langem darauf hin, dass die Ressortdirektionen, von der politischen Mehrheit ernannt, die „goldene Spitze der Pyramide“ darstellen (s. Anfrage in der Aktuellen Fragestunde vom 12.01.2016, und Antwort).
Die 23 Spitzenpositionen in den Ressortdirektionen kosten über 2 Millionen im Jahr. Die acht RessortchefInnen und drei SchulamtsleiterInnen verdienten im Jahr 2015 zwischen 77.000 und 142.700 Euro, dazu kommen Generaldirektor (128.700 Euro) und Generalsekretär (158.200 Euro) [alle Angaben sind Bruttogehälter, ohne allfällige Ergebniszulagen].
Es handelt sich um Personen (bis auf den Generaldirektor, der mit Auswahlverfahren ernannt wurde) aus dem Umfeld der LandesrätInnen, oft auch aus dem engsten politischen Vertrauenskreis, die für die Dauer der Legislaturperiode an die Spitze der Beamtenschaft gesetzt werden. Auf sie setzen heißt, die politische Ebene zu stärken. Der von der Landesregierung beschlossene LGE wertet diese Ebene auf, etwa dadurch, dass eine theoretische Gehaltsobergrenze eingeführt wird, die weit über den derzeitigen Gehältern liegt, nämlich bei 240.000 Euro. Eine gefährliche Entwicklung: Bekanntlich werden Höchstgrenzen schnell zu Normalgrenzen. Wie man diese Spitzengehälter politisch ernannter Führungskräfte den Normalverdienenden verständlich machen soll, ist schleierhaft.
Unserer Meinung nach sind die AmtsdirektorInnen, die Führungskräfte der untersten Verwaltungseinheiten, ernannt mit Wettbewerben oder anderen Auswahlverfahren, wesentliche Trägerinnen und Träger des Managements des Landes. Daneben arbeiten die KoordinatorInnen in inhaltlicher Nähe zu ihren Projekten und leisten wertvolle Arbeit. Während mit dem neuen Gesetz die Führungskräftezulage durch ein teureres, dem gesamtstaatlichen Muster folgendes System ersetzt wird, droht der Koordinierungszulage der KoordinatorInnen die ersatzlose Streichung. Dadurch werden die untersten Führungsebenen benachteiligt, das Wissen und die Kompetenzen, die die KoordinatorInnen im Lauf der Zeit erwerben, werden nicht gewürdigt.
Die Entmachtung der untersten Ebenen mit Aufwertung der obersten zieht sich durch den Entwurf, etwa wenn die Delegierung nach unten begründet werden muss, während es dem Ressortdirektor frei steht, „den Erlass von Verwaltungsakten an sich zu ziehen“.
Weitere Aspekte des Gesetzentwurfs werden im Laufe der Debatte im Ausschuss zutage treten und sicher auf Kritik stoßen.
Ein erstes Fazit unsererseits: Von Demokratisierungs- und Transparenzoffensive oder wenigstens einem Schub in diese Richtung ist bis auf Weiteres keine Rede. Ein weiteres Mal enttäuscht die Landesregierung genau in dem Bereich, in dem sie 2013 die größten Versprechen getätigt hatte – in der Trennung von Politik und Verwaltung, die immer mehr auf dem Spiele steht.
Bozen, 19.05.2017
Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hans Heiss

Bezüge von Landtagsorganen und Landesregierung: Grüne lehnen Zulagen für kleine Ämter strikt ab; die Bezüge der Landesregierung sind gesetzlichen Vorgaben anzupassen.

Der Südtiroler Landtag behandelt diese Woche endlich die seit langem anstehende Frage der Bezüge von Organen des Landtages und der Landesregierung.
Nachdem der Entwurf der Amtsentschädigungen für Regierung und Landtagsämter bereits im Dezember 2016 im Plenum des Landtags versuchsweise behandelt worden war, zog die Landesregierung angesichts der kontroversen und harten Diskussion die Notbremse und trat den Rückzug an. Das Gesetz wurde wieder der Gesetzgebungskommission übermittelt, worauf nach unzumutbarer Verzögerung nun ein neuer Anlauf erfolgt.
Hierzu in aller Deutlichkeit die Position der Grünen: Die Vorlage der vier Unterzeichner aus den Reihen des Präsidiums (Widmann, Bizzo, Tinkhauser und Renzler) ist in dieser Form nicht annehmbar. Der Entwurf sieht eine minimale Senkung der Zulagen der Landesregierung und Landtagsspitze vor, die über die Entschädigung als Abgeordnete hinaus für die Spitzenämter von Exekutive (Landeshauptmann und Landesräte) und Landtag (Präsident und Präsidium) zuerkannt werden.
Die vorgeschlagenen, steuerfreien Funktionszulagen zwischen 3300 und 4600 Euro (für LT-Präsident, Landesräte, LH) zum „normalen“ Abgeordnetengehalt entsprechen in dieser Höhe keinesfalls den gesetzlichen Vorgaben der Regierung Monti und den Vereinbarungen in der Staat-Regionen Konferenz, die in fast allen Regionen Italiens bereits umgesetzt wurden, im benachbarten Trentino bereits seit 2014. Auch wenn Verantwortung und Arbeitslast in der Landesregierung hoch sind, ist dennoch der gesetzliche Rahmen zu beachten, der deutliche Einschränkungen vorsieht.
Die Abgeordneten von Trentino und Südtirol haben die ihnen gleichfalls vorgeschriebene Absenkung seit 2013 vollzogen. Ihre Entschädigungen liegen um 8% unter der Marke von 2010 und deutlich unter jener der allermeisten Regionen Italiens. Fundierte Rechtsgutachten wie jenes von Giuseppe Caia weisen juristisch stichhaltig darauf hin, dass auch für Regierung und Landtagsspitze eine deutliche Absenkung zu erfolgen hat. Das Gegengutachten Falcon hat die Caia-Argumente nicht widerlegen können.
Die fortdauernde Erhöhung der Zulagen für die „hohen Ämter“ soll durch Boni für Fraktionssprecher und Präsidenten der Gesetzgebungskommissionen „versüßt“ und damit der Opposition schmackhaft gemacht werden. Die (bisher nicht bestehenden) Zulagen für die kleineren „Jobs“ weisen wir entschieden zurück und lehnen ihre Annahme für den Fall der Genehmigung des Gesetzes kategorisch ab. Die Grünen werden für die Tätigkeit als Fraktionssprecher keinen Euro annehmen; an der Spitze der Gesetzgebungskommissionen sitzen ohnedies nur Präsidenten der Mehrheit, deren Appetit unstillbar scheint.
Der vorliegende Gesetzesentwurf versucht, eine seit langem offene Frage kurz vor Ende der Legislatur zu klären, tut dies aber in unzumutbarer Form und widersprüchlicher Manier, der man das schlechte Gewissen von weitem ansieht. Wir Grüne werden uns auf diesen Handel weiterhin erhöhter Spitzenzulagen gegen Beruhigungs-Boni für die Opposition nicht einlassen.
Bozen, 09.05.2017
Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba
Brigitte Foppa

Die Gesetzgebungskommission allein zu Haus.

Mehr Geringschätzung ist kaum möglich, ebenso wenig mildernde Umstände.
Heute war der Zweite Gesetzgebungsausschuss einberufen, um über drei Gesetzentwürfe der Opposition zu beraten. Zwei davon betrafen den Tierschutz (s.u.), einer das Ausbringen von Herbiziden (dieser wäre vertagt worden). Erstunterzeichnerin war jeweils Abg. Brigitte Foppa für die Grüne Fraktion.
Während sich die Mitglieder des Ausschusses geschlossen einfanden, zum Teil nach weiter Anreise, ließen sich weder der zuständige Landesrat Arnold Schuler noch seine Beamtenschaft (z.B. der Landestierarzt Dr. Zambotto, bekanntlich einer der bestbezahlten Beamten im Lande) blicken. Der Ausschuss wurde vom Vorsitzenden Wurzer nach einer Viertelstunde Warten wieder entlassen.
Dass Gesetzentwürfe der Opposition abgelehnt werden, sind wir ebenso gewohnt wie die lapidaren und fast immer negativen Gutachten des Rates der Gemeinden (wie auch in diesem Fall zum LGE zu den Giftködern). Dass sich die Landesregierung aber nicht einmal der demokratischen Pflicht der Anwesenheit stellt  – schließlich können Gesetzentwürfe nicht behandelt werden, wenn die Regierung nicht anwesend ist – und damit zudem elementare Höflichkeitsregeln verletzt, ist wirklich inakzeptabel.
Der Landesrat hat in der Folge eine schriftliche Entschuldigung geschickt und die Abwesenheit mit einem „Missverständnis“ begründet. Das kann passieren. Professionelles Arbeiten und demokratisches Feingefühl sehen anders aus.
22.3.2017
Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba
Hinweis:
Die zwei genannten Gesetzentwürfe zum Tierschutz betreffen:
1. Das Verbot der Verwendung von Giftködern (Landesgesetzentwurf Nr. 113/16-XV)
2. Die Beiträge für den Tierschutz: Abänderung des Landesgesetzes vom 15. Mai 2000, Nr. 9 (Landesgesetzentwurf Nr. 116/17-XV)

Der neue Direktor der LPA, Marco Pappalardo, dient zwar dem Image Südtirols, vor allem aber jenem der Landesregierung

Die Ernennung von Marco Pappalardo, bisher Tourismus-Chef der IDM, zum Chef der Landespressagentur, hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck: Dass kein Journalist die Leitung der Landespressagentur übernimmt, der den Auflagen seiner Berufskategorie und der Ethik der „Vierten Gewalt“ verpflichtet ist, sondern ein Marketingfachmann, ist bedenklich.
Niemand zweifelt an den kommunikativen Fähigkeiten von Marco Pappalardo: Er hat die SMG nach dem Abgang von Christoph Engl 2013 übernommen und die touristische Marktbeobachtung und -bearbeitung geleitet – die Erfolge liegen auf der Hand. Dagegen ging die gleichfalls von ihm betreute Promo-Kampagne für den Flughafen Bozen nicht auf, sondern scheiterte krachend.
Dass Marco Pappalardo aber für eine objektive Berichterstattung über Südtirol und die Tätigkeit der Landesverwaltung sorgen kann, die Kriterien journalistischer Objektivität und Sorgfaltspflicht genügt, ist daher mehr als fraglich. Zwar ist bessere Imagepflege für Südtirol, zumal auf nationaler Ebene, dringend erforderlich. Nicht wünschenswert wäre aber, wenn die Landespressagentur unter Pappalardos geschickter Regie zum Promotion-Service der Landesregierung mutiert. Dann wäre auch die Bezeichnung der Agentur zu ändern – in SMG: Südtiroler Mehrheits-Garantin.
Wir Grüne bewerten daher diese Berufung als überaus problematisch und zugleich als empfindliche Schwächung der journalistischen Berufsgruppe zugunsten postfaktischer Versuchungen.
Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa,  LT-Abgeordnete
BZ, 21. 3. 2017