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Diese Pandemie stellt uns nicht nur vor große soziale und wirtschaftliche Herausforderungen, sondern wirft zunehmend auch ethische Probleme auf. Fragen wie etwa die Impf- und Testpflicht, oder nun der sogenannte „Grüne Pass“ sorgen selbst innerhalb von Familien für hitzige kontroverse Diskussionen.

In der nach einem Jahr Covid-19 durch wiederholte Lockdowns, Hoffnungslosigkeit, Zukunftsängste und mediale Konflikte aufgeheizten Stimmung scheint eine sachliche, auf gegenseitigem Respekt und Rücksicht gegründete Diskussion über diese Themen immer schwerer zu werden.

Verschärft wird diese Situation durch die eigenmächtigen und teils sogar autoritären Entscheidungen der Politik, welche am Beginn der Pandemie möglicherweise unvermeidbar waren, aber heute – ein Jahr später – durchaus kritisch hinterfragt werden sollen und müssen.

Für uns Verdi Grüne Vërc ist es von zentraler Bedeutung, dass Werte wie Konsens, Partizipation und Solidarität wieder zu unveränderbaren Fundamenten der politischen Entscheidungsfindung gemacht werden. Nur durch eine Versachlichung der Diskussion können praktikable und lösungsorientierte Ansätze erarbeitet werden, welche von der Gesellschaft als Ganzes geteilt werden und somit auch zum Erfolg im Kampf gegen die Pandemie führen können.

Unsere Stellungnahmen zu drei aktuellen Debatten:

Impfpflicht für Gesundheitspersonal:

Wie notwendig eine offene Diskussion ist, zeigt die von der italienischen Regierung überhastet eingeführte Impfpflicht für das Sanitätspersonal. Vor einem Jahr erhielt das Sanitätspersonal, welches ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit seit Anbeginn dieser Pandemie Übermenschliches geleistet hat, von der Bevölkerung den gebührenden Beifall.

Urlaube wurden gestrichen, unzählige Überstunden waren zu leisten – unter Arbeitsbedingungen, welche wir uns alle nicht vorstellen können. Die in Sanität und sozialen Einrichtungen Arbeitenden haben (bis jetzt) durchgehalten und dabei erhebliche psychologische Belastungen ertragen. Sie waren da für unsere Angehörigen und haben ihre Hand gehalten, damit sie nicht einsam und allein sterben mussten.

Sie sind Heldinnen und Helden des Alltages, welche zu Recht Wertschätzung für ihre Berufe einfordern.

Eigentlich müssten jetzt Prämien und Entlastung folgen. Indessen bewegt sich die Regierung Draghi in die gegenteilige Richtung. Wer sich nicht impfen lässt, wird ohne Einkommen suspendiert werden. Die Folgen solcher Suspendierungen für die Betreuungssicherheit – insbesondere im Pflegebereich – wurden offensichtlich überhaupt nicht berücksichtigt, aber auch ethisch-wissenschaftliche Überlegungen wurden kommentarlos vom Tisch gewischt.

Eine Impfentscheidung sollte, wenn möglich, immer freiwillig erfolgen und eine Impfpflicht ist daher ethisch nur vertretbar, wenn sie sich auf klare und eindeutige wissenschaftliche Notwendigkeiten stützen kann.

Genau dies ist bisher aber nicht der Fall. Die bisherigen wissenschaftlichen Studien belegen nur, dass eine Impfung schwere und tödliche Verläufe meist verhindern kann. Es ist aber nicht abschließend geklärt, dass eine Impfung auch dafür sorgt, dass die geimpfte Person niemanden mehr anstecken kann – dies gilt insbesondere für die nun vermehrt auftretenden Mutanten. Solange dies so ist, verhindert nach wie vor nur die Einhaltung aller Hygienemaßnahmen in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen eine mögliche Infektion. Das ist insbesondere zum Schutz von Menschen, die nicht geimpft werden können, unerlässlich.

Genau diese fehlende wissenschaftliche Evidenz, dass eine Impfung verlässlich vor einer Weitergabe des Virus schützt, ist der Grund, weshalb sich auch geimpfte Personen im Alltag weiterhin an die geltenden Regeln halten müssen. Warum das für das Personal im Gesundheitswesen nun nicht mehr gelten soll, bleibt ein Geheimnis.

Und auch wenn dieser Beweis eines vollständigen Schutzes vor einer Weitergabe des Virus erbracht ist, sollte eine Impfpflicht nur jene Bereiche betreffen, wo es um die Versorgung von Patient:innen geht, die man eben nicht anders schützen kann, als dass die Menschen, die sie versorgen, geimpft sind.

Wie allen Bürger:innen, so sollte man dem Personal im Gesundheitsbereich zugestehen, dass man sich schlicht vor einer medizinischen Behandlung fürchtet. Viele sind durch die Berichte über aufgetretene Nebenwirkungen verunsichert und diese Unsicherheit muss anerkannt werden. Wenn noch dazu nicht einmal der zu verabreichende Impfstoff frei gewählt werden kann, finden wir eine Impfpflicht einen zu massiven Eingriff in die Selbstbestimmung der Patientinnen und Patienten.

Und schließlich sollte auch ein weiterer Punkt bei der Diskussion um eine Impfpflicht nicht außer Acht gelassen werden: wissenschaftliche Studien haben nachgewiesen, dass die Einführung einer Pflichtimpfung immer zu einem Rückgang von freiwilligen Impfungen führt. Die ganze Diskussion wirkt sich also nachteilig auf die Impfbereitschaft der Gesamtbevölkerung aus. Somit funktioniert der Impfzwang auch nicht als gesundheitspolitische Strategie.

Wir vermissen in dieser Sache den beherzten Einsatz der Landesregierung gegenüber der Regierung Draghi. In anderen Bereichen hat man sich stets lautstark bemerkbar gemacht und wirkungsvoll protestiert. In dieser Sache war der Widerspruch lau und leise. Das schafft Druck auf das Personal und wird die Situation nur noch weiter verschlimmern.

Nasenflügeltests:

Auch die Einführung der verpflichtenden Nasenflügltests an Schulen zeigt, wie ein Verlassen der sachlichen Diskussionsebene nur zu einer Verschärfung von Konflikten und nicht zu tragfähigen Lösungen beiträgt. Es ist an sich ein sinnvolles Pilotprojekt, um eine Öffnung von Schulen in Präsenzunterricht zu ermöglichen und wir alle wissen, wie belastend geschlossene Schulen für Kinder und Jugendliche waren.

Aber eben weil es sich um ein Pilotprojekt handelt, hätten Kinder, deren Eltern sich gegen diese Tests ausgesprochen haben, nicht vom Schulbesuch ausgeschlossen werden dürfen. Der Schulbesuch ist ein verfassungsmäßiges Grundrecht und der Anspruch auf dieses Recht kann nur bei Vorliegen klarer Belege für dessen Notwendigkeit eingeschränkt werden. Nun ist es aber bei Weiten nicht so, dass ein negativer Nasenflügeltest für Sicherheit stehen würde.

Die Nasenflügeltests bzw. Antigen-Schnelltests taugen gar nicht für das Screening in Schulen, Betrieben oder gar der ganzen Bevölkerung. Denn das, was wir uns von ihnen erhoffen, können sie schlicht nicht leisten. Sie erkennen gerade einmal durchschnittlich 58 Prozent der symptomlos Infizierten, ergab unlängst eine Übersichtsstudie der unabhängigen internationalen Cochrane Collaboration, die Studien zu gängigen Schnelltests analysiert hat. Aber auch dieser Wert wird nur bei professioneller Probenentnahme erreicht. Und: bei Erwachsenen.

Michael Wagner, Mikrobiologe an der Uni Wien, welcher an der dritten Untersuchungsrunde der sogenannten Gurgelstudie an Österreichs Schulen arbeitet, schätzt, dass etwa drei Viertel der infizierten Schulkinder bis 14 Jahre bei zweiwöchentlich durchgeführten Schnelltests übersehen würden. Davon seien, so Wagner, »etwa 40 Prozent Infektiöse«.

Es ist daher mehr als fraglich, ob der Ausschluss von Kindern vom Präsenzunterricht wegen eines nicht erfolgten Nasenflügelabstriches wissenschaftlich gerechtfertigt werden kann.

Grüner Pass:

Wir verfolgen gespannt die derzeitige Diskussion um den sogenannten Grünen Pass. Er verspricht eine Rückkehr zur Normalität für jene, welche eine Impfung erhalten, die Krankheit überstanden oder einen aktuellen negativen Test vorweisen können. Das unterstützen wir.

Problematisch sehen wir im Detail die Unzuverlässigkeit und die derzeit nur partielle Zugänglichkeit zu den Schnelltests, zum anderen die fehlende Verfügbarkeit von Impfstoff. Schließlich gilt es noch zu klären, ob und wie der Pass für Menschen mit geringem Digitalisierungsgrad verwendbar ist – und welche Tests auch für Sonderfälle wie grenzüberschreitende Partnerschaften gelten oder ob damit nicht neue Problematiken entstehen.

Ein grüner Pass darf auf keinen Fall diskriminieren oder benachteiligen. Chancengerechtigkeit muss gegeben sein. Sonst werden Freiheiten zu Privilegien.

Stand: 19.04.2021

 

 

PRESSEMITTEILUNG.

Vorstellung des Landesgesetzentwurfs „Präventive Menschenrechtskontrolle“

Zwar haben theoretisch alle Menschen ein Recht auf Freiheit und auf ein selbstbestimmtes Leben. Unter bestimmten Bedingungen ist dieses Recht allerdings eingeschränkt. Die gravierendste Form dieser Einschränkung ist die Gefängnisstrafe. Es gibt aber noch andere Lebenssituationen, in denen wir faktisch eine Einschränkung der persönlichen Selbstbestimmung erfahren oder erfahren können: Wenn wir beispielsweise stationär ins Krankenhaus müssen oder zum Pflegefall werden, wenn wir alt sind und ins Altersheim kommen, wenn wir nicht (mehr) bei Bewusstsein sind, wenn wir in eine psychische oder soziale Krisensituation geraten, in einer Notunterkunft wohnen, wenn wir Gäste in einer Flüchtlingsunterkunft sind o.ä.

Auch unter eingeschränkten Freiheitsbedingungen müssen die Grundrechte garantiert werden.
In Österreich ist die Volksanwaltschaft für die Überwachung der Einhaltung der Menschenrechte in sämtlichen Einrichtungen, in denen Menschen mit einer bestimmten Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit leben, zuständig. Die Volksanwaltschaft ernennt dafür eine Kommission, die regelmäßig Besuche in Justizanstalten, Kasernen, psychiatrischen Einrichtungen, Alten- und Pflegeheimen, Krisenzentren, Wohngemeinschaften für Jugendliche sowie Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen durchführt.
Wie der ehemalige österreichische Volksanwalt, Dr. Günther Kräuter, bei der von unserer Volksanwältin organisierten Tagung im August 2016 im Südtiroler Landtag berichtete, wurden bei diesen Besuchen immer wieder Situationen vorgefunden, in denen die Grundrechte eingeschränkt waren. Personalmangel, Schichtarbeit, Überlastung, organisatorische Mängel, veraltete Strukturen – das sind nur einige der Gründe, die dem Problem zugrunde liegen können. Die Tatsache, dass Besuche durchgeführt werden, führe zu mehr Bewusstwerdung der Problematik und einer allgemeinen Verbesserung der Situation, so Kräuter.

In Italien und in Südtirol ist die Situation erst zum Teil rechtlich erfasst worden. Was die Rechte von Kindern und Jugendlichen angeht, so gibt es die Garantenfigur in der Kinder- und Jugendanwaltschaft. Der/Die Kinder- und Jugendanwalt/anwältin hat den gesetzlichen Auftrag zur Überwachung der Einhaltung der Menschenrechte, was Minderjährige betrifft.
Für die Grundrechte von Erwachsenen, die in einer Situation der eingeschränkten Freiheit leben, gibt es dahingegen keine präventive Handhabe. Die Volksanwaltschaft wäre dazu prädestiniert, die präventive Menschrechtskontrolle auszuüben, ist aber (noch) nicht mit dem nötigen Mandat ausgestattet. Diese gesetzliche Lücke soll mit dem Entwurf geschlossen werden, indem der Aufgabenbereich der Volksanwaltschaft durch die Ausübung der präventiven Menschrechtskontrolle erweitert wird.

Zum Inhalt des LGE:
Im Artikel 1 wird daher die Aufgabe der präventiven Menschenrechtskontrolle dem Aufgabenkatalog der Volksanwältin/des Volksanwalts hinzugefügt. Die Volksanwältin/Der Volksanwalt wird somit mit der Aufgabe betraut, Einrichtungen wie Krankenhäuser, Seniorenwohnheime, Pflegeeinrichtungen, Langzeitpflegeanstalten, Einrichtungen für psychisch Kranke oder Menschen mit Beeinträchtigung usw. regelmäßig zu besuchen und zu überprüfen und den Einrichtungen auch beratend zur Seite zu stehen. Dazu kann die Volksanwältin/der Volksanwalt auch unabhängige Kommissionen ernennen, die diese Tätigkeit begleiten und unterstützen. Die Einrichtungen müssen alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen und die Volksanwaltschaft muss ihrerseits auf die Erfordernisse der Einrichtungen Rücksicht nehmen.

Es soll ein klarer Schritt zur Sensibilisierung für die Rechte aller Menschen und deren Einhaltung auch in unserem Land gesetzt werden. Denn auch innerhalb bestimmter Umstände, die Freiheit und Selbstbestimmung einschränken, bestehen die Menschenrechte fort. Umso mehr braucht es hier Institutionen und Personen, die dafür sorgen, dass dies auch in der Realität so bleibt.

Bozen, 20.09.2019

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Hier der vollständige Landesgesetzentwurf, der Begleitbericht und das Gutachten des Rates der Gemeinden.

Der Rundumschlag des Vorsitzendes der SVP-Wirtschaft, Josef Tschöll ist nicht nur eine Beleidigung für die Oppositionsparteien und für die Gewerkschaften, sondern auch ein Beweis dafür, dass die SVP immer noch mit zweierlei Maß misst.

Während in den Gesetzgebungsausschüssen des Landtags und im Landtag selbst fast täglich die Handschrift der SVP-Vorfeldorganisationen mit Latten zu greifen ist, kritisiert der Vertreter der SVP Wirtschaft doch tatsächlich die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, welche die Oppositionsparteien über den Fortgang der Verhandlungen unterrichtet haben.

Seit Jahr und Tag steuert die SVP-Wirtschaft mit ihren Vorfeldorganisationen die Geldpolitik des Landes und hat es blendend verstanden, die Haushaltsmittel der letzten Jahre auf die Mühlen der Wirtschaft zu lenken. Jetzt den Entrüsteten zu geben, weil sich die Gewerkschaften an jene Parteien wenden, die ein offenes Ohr für die Anliegen der öffentlich Bediensteten haben, ist nicht nur unglaubwürdig sondern auch undemokratisch.

Vielleicht sollten sich die SVP-Wirtschaft und die SVP-Arbeitnehmer fragen, warum sie das Vertrauen der Gewerkschaften verloren haben? Die SVP bestimmt nämlich, dass die öffentlich Bediensteten mit dem derzeitigen Finanzierungsvorschlag der Landesregierung einen Kaufkraftverlust von über 10% im Vergleich mit dem Jahr 2010 in Kauf nehmen müssen.
Dass die Gewerkschaften dieser Politik nichts abgewinnen können, versteht sich von selbst.

Hanspeter Staffler
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba

ANFRAGE ZUR AKTUELLEN FRAGESTUNDE.

Mit den Beschlüssen der Landesregierung Nr. 62 vom 05.02.2019 und Nr. 131 vom 26.02.2019 werden die Höhe der Beiträge und Richtlinien für die Ausgabe von glutenfreien Produkten für Zöliakiebetroffene festgelegt. Hierbei wurde auch beschlossen, dass nur Produkte von den Verkaufsstellen ausgegeben werden dürfen, welche im staatlichen Register eingetragen sind UND über ein entfernbares Etikett mit Strichcode verfügen.

Da letzteres nur für Südtirol gilt, wird sich die Konsumfreiheit für Zöliakiekranke in unserem Land drastisch verringern.

Denn viele Produkte, die derzeit gekauft werden können, haben dieses Etikett nicht. Kleinere lokale Produzenten werden nicht den Aufwand für die neue Etikettierung auf sich nehmen. Große Hersteller hingegen (z.B. Barilla) werden es nicht tun, weil es sich für sie gar nicht lohnt, für den kleinen Südtiroler Markt eine eigene Etikettierung zu veranlassen.

Außerdem zeichnet sich ab, dass auf die Geschäfte, die glutenfreie Produkte verkaufen, ein neuer operativer Aufwand und Kostenaufwand auf die Geschäfte hinzukommen wird, weshalb diese an einem Verkauf nicht mehr interessiert sind und sich die Verkäufe in Apotheken verlagern. Dort wiederum sind die Produkte durchschnittlich um 13 % teurer als in Geschäften.

Daher richten wir folgende Fragen an die Landesregierung:

  1. Warum hat man sich diese Erschwernis der Etikettierung ausgedacht und wer ist dafür zuständig?
  2. Haben sich die Zuständigen mit Herstellern und Geschäften im Vorfeld abgesprochen?
  3. Warum steht im Schreiben des Sanitätsbetriebes an die Betroffenen vom 19.3.2019 nichts von der Etikettierung geschrieben?
  4. Welche Betriebe in Südtirol haben bereits die Etikettierung? Gab es Absprachen mit diesen Betrieben?
  5. Warum macht man es nicht wie im Trentino, wo man einfach mit Kassazettel abrechnen kann?
  6. Ist die beschlossene Vorgangsweise für die Landesregierung im Sinne der Betroffenen? Wird sich am Beschluss noch etwas ändern?

Bozen, 02.04.2019

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba
Hanspeter Staffler

Hier kann die Antwort der Landesregierung heruntergeladen werden. 

ANFRAGE ZUR AKTUELLEN FRAGESTUNDE.

Beim Verwaltungs- und Hilfspersonal in den Schulen stoßen wir zunehmend auf Hinweise, die auf erhöhte Arbeitsbelastung schließen lassen. Auch SchulverwalterInnen klagen darüber, dass etwa die Ersatzdienste bei Ausfall durch Krankheit sehr schwer zu erhalten sind. Ein Problem sind die Ranglisten, aus denen die Ersatzpersonen „gefischt“ werden müssen und die offenbar nicht ständig ajouriert werden. Dadurch müssen die Schulverwaltungen alle Eingetragenen durchtelefonieren, auch wenn diese schon längst in einer Anstellung sind. Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass die Aufgabenzulagen zentral vergeben werden.

Daher richten wir folgende Fragen an die Landesregierung:

  1. Wie oft werden die Ranglisten für Ersatzpersonal auf der Ebene des Hilfspersonals in den Schulen ajouriert?
  2. Wie werden die Aufgabenzulagen für das Verwaltungs- und Hilfspersonal vergeben? Welcher Ablauf ist hierzu vorgesehen? Woher weiß die Personalabteilung, wer in einer Schule welche Aufgabenzulage erhalten soll? In welchem Prozentsatz werden die Vorschläge der Schulführungskraft berücksichtigt?
  3. Welche Überlegungen gelten, damit die Vorschläge der Schulführungskraft nicht berücksichtigt werden?

Bozen, 25.03.2019

Landtagsabgeordnete
Brigitte Foppa
Riccardo Dello Sbarba

 

Es ist erstaunlich, wie passiv das Land dem Staat bei einer Angelegenheit zuschaut, die mitten in das Herz des Südtiroler Sozialwesens zielt: Der neue Reddito di cittadinanza der 5-Sterne-Lega-Regierung. Die Regierung hat am 18.1. das Dekret genehmigt. Jetzt stellt sich die Frage, ob die auf dem gesamten Staatsgebiet eingeführte Mindestsicherung auch in Südtirol gelten soll. Trotz Schutzklausel für die Provinzen mit Sonderstatut im Finanzgesetz 2019.

Erst einmal kann es nur als positiv gewertet werden, dass auch Italien eine universelle Mindestsicherung bekommt und damit einem wichtigen europäischen Sozialstaatsparameter entspricht. Südtirol hat kraft seiner Autonomie – Öffentliche Fürsorge und Wohlfahrt ist primäre Zuständigkeit des Landes – den Bereich seit den 70er Jahren nach bundesdeutschem Vorbild ausgestaltet und ist gut damit gefahren. Wichtigste Leistungen sind das Soziale Mindesteinkommen, der Mietbeitrag und die Sonderleistungen. Daneben gibt es noch andere Grundsicherungsleistungen des Landes wie die Leistungen für Zivilinvaliden, Blinde und Gehörlose. Allesamt sind in Ausübung der primären autonomen Befugnisse eingerichtet worden. Es sind wichtige Bausteine eines lokalen solidarischen Gemeinwesens. Die Sozialrente, welche ebenfalls eine steuerfinanzierte Sozialhilfeleistung ist, ist zwar weiter beim Staat bzw. INPS/NISF verblieben, wohl deshalb, weil die „Rente“ als eine Domäne des INPS/NISF angesehen wurde, und das Land daran „noch“ nicht rütteln wollte. Anders hatte man sich bei den Leistungen für Zivilinvaliden, Zivilblinden und Gehörlose entschieden, die 1978 zum Land kamen. Die Leistungen waren damals beim Innenministerium angesiedelt und sind im übrigen Staatsgebiet erst später ans INPS/NISF übergegangen.

Alle entwickelten Sozialstaaten verfügen über ein steuerfinanziertes universelles Grundsicherungssystem. Dieses ist zumeist zentral über Staatsgesetz eingerichtet und garantiert und regional/lokal verwaltet und finanziert, in der Überzeugung, dass die Rechte staatsweit verbrieft sein müssen und regional/lokal je nach Gegebenheit und unter Berücksichtigung der Besonderheit des Einzelfalles erbracht werden müssen. Sozialhilfe ist immer stark, wenn sie ein sicheres und rechtlich gut abgesichertes Grundgerüst hat und gleichzeitig vor Ort flexibel und dem Einzelfall entsprechend erbracht wird. Und Sozialhilfe bedeutet oft eine Vielzahl von Leistungen, welche, wenn sie nicht vor Ort koordiniert und integriert werden, Zersplitterung, Unübersichtlichkeit und somit Verwirrung für die Betroffenen mit sich bringen. Die Klienten, die MitarbeiterInnen der zuständigen Dienste und der Patronate können ein Lied davon singen.

Dass die dezentrale Gestaltungsmöglichkeit eine wichtige Handhabe für größere Qualität im System ist, sieht man in Südtirol am Beispiel Pflegesicherung, bei welcher es gelungen ist, verschiedene lokal und staatlich geregelte Leistungen (z.B. das Begleitgeld für Zivilinvaliden) in das Pflegegeld des Landes einzubauen, mit einer Anhebung der Leistungshöhe und einer wertvollen Vereinfachung der bürokratischen Abläufe. Auch der Umstand, dass die Rente für Zivilinvaliden, Blinde und Gehörlose in Südtirol monatlich 441,20.- € beträgt, anstatt 285,66,- € wie im restliche Staatsgebiet, ist der Ansiedlung der Leistung beim Land zu verdanken.

Laut Prof. Christoph Badelt/Wien steht der Sozialstaat vor der Herausforderung, das Leistungsniveau zu halten, den neuen Bedürfnissen anzupassen und die Bürokratie und die Abläufe zu vereinfachen. Aus diesem Grunde haben das Land (Landesrat Richard Theiner) und die Sozialpartner im Jahre 2012 einen Tisch eingerichtet, welcher einen Vorschlag unterbreitet hat, wie die finanziellen Grundsicherungsleistungen des Landes, der Region und des Staates beim Land zusammengefasst und in ein reformiertes und vereinfachtes Leistungssystem überführt werden können. Der Vorschlag ist leider in der Schublade verschwunden und trotz Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen (z.B. Durchführungsverordnung zum Autonomiestatut) nicht weiter verfolgt und umgesetzt worden.
Mit dem Reddito di cittadinanza scheint die Autonomie-Uhr nochmals nach hinten gedreht zu werden. Es steht außer Zweifel, dass die Leistung in den Kompetenzbereich „Öffentliche Fürsorge und Wohlfahrt“ fällt, bei welchem das Land primäre Zuständigkeit besitzt. Akzeptiert das Land, dass in einem wichtigen Bereich der sozialen Wohlfahrt der Staat das Sagen hat? Ist man sich der Auswirkungen auf die Gestaltungsmöglichkeit des Landes bewusst? Will man in Kauf nehmen, dass in Südtirol die Leistungen der Grundsicherung weiter aufgesplittert werden? Dass die Betroffenen zwischen INPS/NISF und Sozialsprengel hin und hergeschickt werden? Dass die Frage der Zumutbarkeit von Arbeit und andere für die Entscheidungspraxis im Einzelfall wichtigen Interpretationskriterien beim fernen INPS/NISF in Bozen und im fernen Rom entschieden werden? Dass das Zusammenspiel zwischen Leistungserbringer, begleitender Sozialarbeit und Arbeitsvermittlung auf noch mehr Stellen und Instanzen aufgesplittert werden? Die autonome Gestaltungsmöglichkeit des Landes gerade im Bereich einer primären Kompetenz aufgegeben anstatt ausgeweitet wird? Das alles mit der Begründung, dass der Reddito di cittadinanza über den Staat finanziert wird und somit die Landeskasse im Bereich Sozialhilfe entlastet wird? Wenn die Väter und Mütter der Autonomie so gedacht hätten, hätte Südtirol nicht ein Gesetz über die Grundfürsorge gemacht oder die Leistungen für Zivilinvaliden ans Land geholt.

Deshalb gibt es nur eine Option: a) Die staatliche Regelung über den Reddito di cittadinanza ist ein staatlicher Standard (livello essenziale), der auch für Südtirol verbindlich ist und von der autonomen Gesetzgebung des Landes eingehalten werden muss. b) Das Land behält den Bereich in der eigenen Zuständigkeit und Gestaltung, passt die Landesgesetzgebung dem neuen Standard an, behält das heutige Leistungsniveau bei und verbessert es wo notwendig und sinnvoll. c) Organisatorisch bleibt die Auszahlung bei den Sozialsprengeln; die Zusammenarbeit und Integration der Sozialhilfe mit dem Sozialdienst, der Arbeitsvermittlung, und den Bildungseinrichtungen ist wichtiges Organisationskriterium. d) Der Prozess der Vereinfachung und Zusammenführung der Leistungen der Grundsicherung wird weitergeführt und landesgesetzlich abgesichert, so wie das in der Regierungsvereinbarung zwischen SVP und Lega 2018-2023 vorgesehen ist (unter Punkt Sozialpolitik: Überprüfung der systematischeren Zusammenführung der bestehenden Sozialleistungen in ein Gesamtmodell bedarfsgerechter Mindestsicherung).

Ich bin überzeugt, dass eine solche Lösung bedarfsgerechter, einfacher und somit kostensparender bei höherem Leistungsniveau ist. Ohne die Übernahme der gesamten Grundsicherung – einschließlich des Reddito di cittadinanza – in die Zuständigkeit des Landes, wo sie laut Autonomiestatut hingehört, ist das nicht machbar.

Was tun? Art. 1 Abs. 1130 des Finanzgesetzes 2019 (G. 145/2018) enthält die Schutzklausel für die Autonomen Provinzen. Eine Entscheidung der Landesregierung und des Landtages ist dringend und unaufschiebbar, will man vermeiden, dass dem Südtiroler Wohlfahrtssystem schwerwiegender Schaden zugefügt wird.

Karl Tragust
23.1.19

BESCHLUSSANTRAG

Anfang Juni 2017 hat die Südtiroler Gleichstellungsrätin ihren Tätigkeitsbericht des letzten Jahres dem Landtag vorgestellt. Die Gleichstellungsrätin geht in ihrer Arbeit direkter oder indirekter Diskriminierung am Arbeitsplatz nach. Dafür begutachtet sie unter anderem die Arbeitssituation von Frauen und Männern in Betrieben mit über 100 Beschäftigten.

Aller zwei Jahre wird dazu ein entsprechender Bericht veröffentlicht. Die Anforderungen an die Inhalte des Berichts sind in Artikel 46 Absatz 1 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 198/2006 („Codice delle pari opportunità tra uomo e donna, a norma dell’articolo 6 della legge 28 novembre 2005, n. 246″) festgeschrieben: „Le aziende pubbliche e private che occupano oltre cento dipendenti sono tenute a redigere un rapporto almeno ogni due anni sulla situazione del personale maschile e femminile in ognuna delle professioni ed in relazione allo stato di assunzioni, della formazione, della promozione professionale, dei livelli, dei passaggi di categoria o di qualifica, di altri fenomeni di mobilità, dell’intervento della Cassa integrazione guadagni, dei licenziamenti, dei prepensionamenti e pensionamenti, della retribuzione effettivamente corrisposta.”. Sollten die Betriebe auch nach einer aufgeschobenen Frist den Bericht nicht einreichen, so werden sie mit Sanktionen belegt, die ggf. bis zur einer einjährigen Aussetzung eventuell gewährter Beiträge führen können (Artikel 46 Absatz 4 GvD Nr. 198/2006).

Im letzten Bericht zur Situation von Frauen und Männern in Südtiroler Unternehmen vom November 2016, der vom AFI verfasst und von der Gleichstellungsrätin veröffentlicht wurde, finden sich wichtige Informationen zum Stand der Gleichberechtigung in der Südtiroler Arbeitswelt. Im Bericht werden das Bestehen und die Problematik der „gläsernen Decke“ bestätigt. Frauen werden insbesondere durch die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf vom beruflichen Aufstieg abgehalten. Insgesamt ist der Weg in Führungspositionen für Frauen deutlich schwieriger als für Männer. Darüber hinaus sind es zumeist Frauen, die in unbefristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind. Es dauert auch länger als bei Männern, bis sie in eine unbefristete Stelle wechseln. Teil der prekären Arbeitsbedingungen ist auch die unfreiwillige Teilzeitanstellung. Und schließlich sind es die Frauen, die vorwiegend von der Elternzeit in Anspruch nehmen und sich dadurch dem Arbeitsleben länger fernbleiben.

In Punkt 5 des Tätigkeitsberichts 2016 der Gleichstellungsrätin steht außerdem: „Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurde 2016 begonnen, Interventionspläne mit den Sozialverbänden auszuarbeiten. Im Tätigkeitsjahr 2017 werden die Zahlen der öffentlichen Verwaltung veröffentlicht.“ Der Bericht wird also auf die öffentliche Verwaltung ausgedehnt und aus den Erhebungen leitet die Gleichstellungsrätin zusammen mit den Sozialverbänden notwendige Maßnahmen ab, um die Gleichstellung von Frauen und Männern in den Betrieben sicherzustellen.

Die gesamte Analysesituation ist allerdings unvollständig, da durch die bisherigen Regelungen nach Artikel 27 LGE Nr. 5/2010 und Artikel 46 GdV Nr. 198/2006 im Situationsbericht nur größere Unternehmen erfasst werden. Diese allein können für Südtirol noch kein umfassendes Bild abgeben, da es im Land vor allem sehr viele kleinere Unternehmen mit weniger als 100 Beschäftigten gibt, die jedoch einen gewichtigen Teil der Südtiroler Wirtschaft ausmachen (80% der Südtiroler Unternehmen haben weniger als 50 Beschäftigte, 30% der Unternehmen beschäftigen 10-49 Personen in ihrem Betrieb; Stand 2014, ASTAT). Als angemessene Betriebsgröße, die vom Gleichstellungsbericht zukünftig abgedeckt werden sollte, sind mittlere und kleine Unternehmen anzusehen, wobei letztere mehr als zehn und weniger als 50 Beschäftigte haben (gem. Artikel 2 des Anhangs der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, AZ K(2003) 1422). Auch in diesen Betrieben sollte die Gleichstellung von Frauen und Männern erhoben werden, um ein ausgewogeneres Bild der Situation zu haben und die Gleichstellungsmaßnahmen besser anpassen zu können. Nicht umsonst hatte Gleichstellungsrätin Morandini bei der Vorstellung des Berichts auf diese Notwendigkeit hingewiesen.

Daher beauftragt der Südtiroler Landtag die Südtiroler Landesregierung:

  1. Die Studie über die Situation der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Südtiroler Großbetrieben mit mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch auf Klein- und Mittelbetriebe (15 – 100 MA) auszudehnen.
  2. Die Modalitäten und Parameter werden in einer Arbeitsgruppe, geleitet von der Gleichstellungsrätin, ausgearbeitet.
  3. Dieser Bericht dient zur Ausarbeitung von Maßnahmen zur Umsetzung der Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsplatz.

Bozen, 22.01.2019

Landtagsabgeordnete

Brigitte Foppa

Hanspeter Staffler

Riccardo Dello Sbarba

60 Jahre nach Sigmundskron: Die vielschichtige Kundgebung ist auch symptomatisch für die Gegenwart
Der Tag von Sigmundskron am 17. 11. 1957 bleibt ein Stichdatum Südtirols: An die 35.000 Männer und Frauen bekundeten mit ihrer Präsenz und der begeisterten Aufnahme des Magnago -Appells „Los von Trient!“ ihre Wünsche nach Freiheit: Die meisten wünschten, der drückenden Kontrolle Roms und der Region zu entgehen und forderten eine eigene Landesautonomie, viele hofften auf ein „Los von Rom!“ und die Selbstbestimmung, kleinere Gruppen um Luis Amplatz waren sogar bereit, bewaffnet aufs Äußerste zu gehen.
So ist die beeindruckende Massenkundgebung von Sigmundskron kein bruchloser Ausdruck eines geschlossenen Volkswillens, sondern spielt auf mehreren Ebenen und ist von Widersprüchen durchzogen. Sechs Hauptaspekte charakterisieren das Ereignis:

  1. Der Wunsch nach Freiheit von staatlichem Druck machte sich nach 35 Jahren Faschismus und Zentralismus in der Kundgebung massiv Luft.
  2. Die bis dahin unnachgiebige Kontrolle durch die politische DC-Mehrheit in der Region mit geringen Zuständigkeiten für die Provinz Bozen verhöhnte die Autonomieversprechen von 1946 und 1948, sodass das „Los von Trient!“ eine nur angemessene Reaktion war.
  3. Hinter der Parole „Los von Trient!“ standen auch das Drängen auf Selbstbestimmung und die Bereitschaft einer Minderheit, dafür auch Gewalt einzusetzen.
  4. Sozial war die Kundgebung auch ein Aufbäumen gegen jahrzehntelange Benachteiligung und brachte das tiefe Empfinden anhaltender Ungerechtigkeit und fehlender Zukunftsaussichten in Südtirol, dem damaligen „Armenhaus der Alpen“, zum Ausdruck.
  5. Politisch setzte Sigmundskron Rom unter Druck und beeindruckte die italienische Öffentlichkeit; es setzte aber auch Österreich unter Zugzwang und nötigte der Wiener Regierung eine schärfere Gangart auf.
  6. Parteipolitisch war die Kundgebung eine Machtdemonstration der neuen SVP-Führung mit Obmann Magnago und den Drahtziehern Hans Dietl, Franz Widmann und anderen „Unnachgiebigen“, die im Mai 1957 im Handstreich die SVP übernommen hatten, gegen die bisherige Führung von Erich Amonn, Josef Raffeiner und Toni Ebner.

Sigmundskron war ein unerwarteter Erfolg größten Ausmaßes: Nicht nur die Forderungen der Mehrheitspartei SVP erhielten enormes Gewicht. Zugleich zeigte sich auch in der Nachkriegsgeschichte Südtirols erstmals nach 1946 mit großer Macht wieder der Wunsch nach politischer Partizipation der Bürgerinnen und Bürger.
Der intensiv empfundene Wunsch wurde rasch gezügelt: Obwohl die SVP den Druck der Basis bestens zu nutzen wusste, zog sie es anschließend doch vor, Partizipation und Volkswillen nach Möglichkeit klein zu halten.
Die weitere Lösung der Südtirolfrage wurde seitdem begnadeten Politkern wie Magnago und Moro wie anderen Verhandlern anvertraut, die die Südtirol-Autonomie im Alleingang und in überschaubarer Runde vorantrieben. Der geballte „Volkswille“ durfte nur kurz aufblitzen, breite Partizipation und Mitbestimmung blieben dem Machtwillen der SVP-Spitze stets untergeordnet.
So ist Sigmundskron zwar ein eindrucksvolles Signal und ein Fanal für eine Wende der Südtirolpolitik hin zu erweiterter Autonomie in Landeshand. Das Leuchtfeuer der Großdemo markiert aber auch die begrenzte Rolle der Volkssouveränität in Südtirol und zeigt die engen Grenzen gelebter Demokratie im Lande. Sigmundskron ist daher auch eine Mahnung zu neuer Aufwertung von Partizipation und Bürgerbeteiligung, die mehr sein muss als nur der eindrucksvolle Flankenschutz der politischen Eliten.
L-Abg. Hans Heiss, Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba
BZ, 16. 11. 2017

Die derzeitige Staatsbürgerschaftsregelung führt zu diversen sozialen Problemen für Kinder und Jugendliche. Wenn deren Eltern nämlich keine italiensiche Staatsbürgerschft haben, bekommen auch sie diese nicht automatisch, selbst wenn sie hier geboren worden sind, ihren gesamten Bildungsweg in unseren Schulen absolviert haben und perfekt die Sprache des Landes beherrschen. Aufgrund dessen sind Kinder und Jugendliche in Italien tagtäglich diskriminierungen ausgesetz.
Lesen Sie hier unseren Beschlussantrag.
[gview file=“http://www.verdi.bz.it/wp-content/uploads/2017/09/ious-soli.pdf“]


Seit Langem leiden Südtirols Patienten unter den langen Wartezeiten in der Sanität. Heute vernehmen wir von Generaldirektor Schael und der Landesregierung, dass dem Notstand mit der Aufstockung der Privatvisiten begegnet werden soll und dass dazu Verhandlungen laufen.
Aus unserer Sicht wird damit der öffentliche Auftrag des Gesundheitsdienstes massiv verzerrt, ja sogar verfehlt. Die Sanität wird mit Steuermitteln der Bevölkerung finanziert und hat somit den klaren Auftrag zur effizienten und rationellen Dienstleistung im Gesundheitsbereich. Hier rächen sich viele Versäumnisse, von der Informatisierung über die einheitliche Vormerkung bis hin zur rechtzeitigen Vorsorge gegen den absehbar eintretenden ÄrztInnenmangel.
Landesrätin Stocker hat unbestritten viele offene und vernachlässigte Baustellen von ihrem Vorgänger als Altlasten übernehmen müssen. Trotzdem ist es nicht der richtige Weg, auf jedes Gesamtproblem mit kleinen Notpflastern zu reagieren. Die Auslagerung der Visiten auf die private Tätigkeit der ÄrztInnen scheint uns so ein Notbehelf – allerdings mit dem Zusatzproblem, dass damit Einkommensunterschiede zu medizinischen Versorgungsunterschieden führen.
Das ist nicht im Sinne eines sozial gerechten, funktionalen öffentlichen Gesundheitswesens. Dies zeigt ein Vergleich: Stellen wir uns vor, wie es wäre, wenn der Lehrermangel mit Privatunterricht am Nachmittag „gelöst“ würde – das wäre ähnlich absurd. Der Protest der VerbraucherschützerInnen und die Zweifel auch innerhalb des Sanitätsbetriebes selbst, etwa von Sanitätsdirektor Lanthaler sind gerechtfertigt und sollten in der Chefetage des Südtiroler Gesundheitssystems nicht überhört werden.
 
Bozen, 06.09.2017
Brigitte Foppa, Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba